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Die histogenetischen Grundlagen des Zahnwechsels der nordeuropäischen Pleuronectes-Arten (Heterosomata, Teleostei)

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Zeitschrift für Zellforschung und Mikroskopische Anatomie Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

  1. 1.

    Von der Gattung Pleuronectes (Teleostei, Heterosomata) sind die Arten Pl. platessa (Scholle), Pl. flesus (Flunder), Pl. microcephalus (Limande) und Pl. cynoglossus (Rotzunge) durch einen periodischen Zahnwechsel ausgezeichnet. Die schnell wachsenden jugendlichen Individuen der ersten beiden Arten und wahrscheinlich auch die der übrigen wechseln dagegen die Zähne noch kontinuierlich wie Pl. limanda (Kliesche), deren Gebiß wie das jugendlicher Schollen und Flundern nicht an harte Molluskennahrung angepaßt ist.

  2. 2.

    Die Kieferzähne einer Zahnfamilie verdanken jeweils einer sich einsenkenden Epithelzunge ihre Entstehung. Diese bildet an ihrer Spitze eine seitlich auswachsende Zahnglocke, füllt dann wuchernd den Raum zwischen dem zugehörigen Gebrauchszahn und dieser Anlage und schiebt sich schließlich zungenförmig hierüber hinweg, um dahinter eine neue Zahnglocke aufzubauen. Äußeres und inneres Schmelzepithel sind in ihren peripheren Teilen aus jugendlichen kuboiden Zellen aufgebaut. Die Zellen der inneren Schicht differenzieren sich weiter spitzenwärts zu langgestreckten Schmelzzellen. Über der verhärteten Zahnspitze bilden schließlich beide Schichten der Zahnglocke durch Auflockerung und Proliferation ihrer Zellen eine massige lockere Schutzhülle, die sich später den überwuchernden Epithelzungen dicht anlegt.

  3. 3.

    Bei periodisch ausgerichtetem Zahnwechsel stellen die Epithelzungen ihr Längenwachstum ein, wenn sie die aufgebaute junge Zahnanlage überwuchert haben. Sie bilden unter der Spitze des heranwachsenden Zahnes blasig-kolbige Auftreibungen, die, ebenso wie die massigen Wucherungen zwischen den Zahnanlagen, als Polster gegen Druckschäden durch die harten Panzer der Beutetiere gedeutet werden.

  4. 4.

    Das Dentin wird von langgestreckten Dentinoblasten aufgebaut. Es ist bei den zierlichen Zähnen jugendlicher Fische sehr fein strukturiert, fast homogen und kanälchenfrei. Mit zunehmender Massigkeit der Zähne treten Dentinkanälchen auf; sie werden bei den großen Muschelfressern sehr grob. Dies führt zu einer Lockerung der Zahnstruktur. Gleichsinnig nimmt der Einbau von Kapillaren in die Dentinsubstanz zu, damit auch die Eignung der Gebrauchsfläche der Zähne für das Zerknacken harter Molluskenschalen, denen sich die durch grobe Dentinkanälchen und zahlreiche eingemauerte Kapillaren aufgerauhte Knackfläche dichter anlegt als eine harte Zahnspitze.

  5. 5.

    Die wellige Verformung der wachsenden Zahnbasis erreicht raumbedingt bei den massigen Schlundzähnen großer Schollen und Flundern ihr Extrem, eine oft fast harmonikaartige Einfaltung. Diese ermöglicht den weitgehenden Aufbau von Zähnen, die sonst in dem für die Zahnanlage zur Verfügung stehenden Raum keineswegs Platz fänden. Die Dentinoblastenschicht löst sich bei starker Faltung von ihrem Prädentin und beult in den Pulparaum aus. Mit dem Einschwenken der wachsenden Zähne in die Gebrauchsstellung strecken sich die Falten ihrer Basis und beschleunigen dadurch ihren Aufbau ganz außerordentlich. Die Zahnglocke ist in diesem Falle keine starre Gußform, sondern induziert die Struktur der Zahnwand so, als ob die raumbedingte Verformungen gar nicht vorhanden wären.

  6. 6.

    Auch bei den sich aufrichtenden Kieferzähnen kommt es an der labialen Basis vielfach zu einer Ablösung der Dentinoblastenschicht. Dies führt im Zusammenwirken mit den entstehenden Fibrillenstrukturen, die sich unter die abrupt verbreiterte labiale Zahnbasis vorschieben und dabei einen Querspalt frei lassen, zu charakteristischen Federgelenken. Klieschen behalten dauernd eine derartige Zahnstruktur, Schollen und Flundern verlieren mit zunehmender Massigkeit der Zähne deren federnde Gelenkigkeit.

  7. 7.

    Während der starken Dentinproduktion nach Aufrichtung der Zähne deutet sich in der Zahnspitze vielfach eine Gruppenbildung der Fibrillen und Dentinoblasten an, die eine unregelmäßig zipfeiförmige Auflockerung der Dentinbildungszone im Gefolge hat. Ihre damit eingeleitete Vergrößerung läßt bei den kräftigsten Plattfischzähnen erste Ansätze zu einer Forcierung der Dentinproduktion durch Aufteilung der Pulpa erkennen, die für die Zähne der Katfische und Wasserkatzen charakteristisch ist.

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Die Untersuchungen, für deren Förderung ich Herrn Professor Kändler herzlich danke, wurden durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft unterstützt.

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Lühmann, M. Die histogenetischen Grundlagen des Zahnwechsels der nordeuropäischen Pleuronectes-Arten (Heterosomata, Teleostei). Zeitschrift für Zellforschung 42, 443–480 (1955). https://doi.org/10.1007/BF00330505

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