Zusammenfassung
Das Verhältnis von Druck und Zeit in jedem Augenblick des primären Druckanstieges in der linken Herzkammer, das in der Steilheit der Druckkurve seinen sichtbaren Ausdruck findet, wird — in Analogie zu der klassisch-physiologischen Deutung der Steilheit der isometrischen Kontraktion des isolierten Herzens — als Maß für die Kontraktionskraft des Herzens in situ betrachtet.
Die Steilheit des Druckanstieges erreicht während jeder Herzaktion, im Übergang der Anspannung in die Austreibung, ein Maximum. Ihre Druckkomponente entspricht dann dem enddiastolischen Aortadruck, ihre Zeitkomponente wird von der Druckanstiegszeit bestimmt. Die bekannte unterschiedliche Abhängigkeit beider Komponenten von hämodynamischen und von kardiodynamischen Faktoren gestattet eine Aufgliederung von beispielsweise pharmakodynamischen Einflüssen auf das Herz-Kreislauf-System nach ihrem vasculären und ihrem kardialen Wirkungsanteil.
Im Tierexperiment kann die Steilheit des intraventrikulären Druckanstieges direkt, durch mathematische Differentiation der Druckkurve, bestimmt werden. Aus ihr und dem zugehörigen Druck kann die Zeitkomponente berechnet werden.
Beim Menschen und auch bei größeren Versuchstieren läßt sich die Steilheit aus der Relation ihrer beiden Komponenten, dem diastolischen Blutdruck und der Druckanstiegszeit, berechnen.
Die verschiedenen Möglichkeiten einer pharmakodynamischen Beeinflussung der Steilheit des primären intrakardialen Druckanstieges werden diskutiert und durch Beispiele aus tierexperimentellen Reihenuntersuchungen klassischer und moderner Pharmaka belegt.
Das Verhältnis von Druck und Zeit (Druck-Zeit-Quotient) im Übergang der Anspannung in die Austreibung stellt ein Herz-Kreislauf-Funktions-Kriterium dar, das im Laboratorium beim Versuchstier und in der Klinik beim Menschen nach gleichen Gesichtspunkten ausgewertet werden kann.
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Meinem verehrten Lehrer, Herrn Prof. Dr. Dr. J. Schüller, unter dessen Leitung und Förderung die Grundlagen zu dieser Methodik entwickelt wurden, zum 75. Geburtstag gewidmet.
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Vorläufige Mitteilungen erfolgten auf der 25. Tagung und der 3. Frühjahrs-Tagung der Deutschen Pharmakologischen Gesellschaft in Basel (1959) bzw. Mainz (1962).
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Hamacher, J. Messung der Steilheit des isometrischen Druckanstieges im linken Ventrikel zur Differenzierung nach kardialem und vasculärem Wirkungsanteil. Naunyn - Schmiedebergs Arch 244, 429–441 (1963). https://doi.org/10.1007/BF00245078
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