Zusammenfassung
In Anlehnung an die Befunde der sekretorisch tätigen Ganglienzellen im peripheren vegetativen Nervensystem bei verschiedenen Tierspecies wurden die Ganglienzellen des Plexus uterovaginalis des Menschen untersucht. Die Parametrien stammten von Neugeborenen, von Frauen im geschlechtsreifen Alter, in verschiedenen Stadien der Schwangerschaft, in der Menopause sowie von Frauen, bei denen wegen eines Myoms oder Carcinoms der Uterus exstirpiert wurde. Die Untersuchungen gingen von der Problemstellung aus, ob in den verschiedenen Lebensaltern und unter verschiedenen endokrinologischen Bedingungen eine Veränderung der Ganglienzellen im Sinne einer Neurosekretion nachzuweisen sei. Bei der Durchsicht von ungefähr 2000 histologischen Schnitten dieser Ganglienzellen nach der Färbung mit Kresylviolett, Eisenhämatoxylin (Heidenhain), Chromhämalaun-Phloxin (Gomori), Hämatoxylin-Eosin und Azan (Heidenhain) konnten wir jedoch niemals eine signifikante Vermehrung derjenigen Zellveränderungen beobachten, die als Kriterien für neurosekretorisch tätige Ganglienzellen beschrieben wurden. Dabei wurde besonders auf das Auftreten von Vacuolen in den Ganglienzellen geachtet. Die als Beispiele beigefügten 7 Abbildungen lassen Vacuolen in den Ganglienzellen des Plexus uterovaginalis deutlich erkennen. Jedoch zeigt die genaue Beobachtung, daß diese Vacuolen meistens von pathologischen Veränderungen der Zellkerne begleitet sind. Dies legt den Gedanken nahe, daß das Auftreten von Vacuolen in der Zelle im Rahmen regressiver Vorgänge stattfindet. Inwieweit in den nur selten gefundenen Zellen mit Vacuolen ohne pathologische Kernveränderungen sich diese wirklich als Ausdruck gesteigerter Stoffwechselvorgänge deuten lassen, ist morphologisch nicht zu entscheiden. Wir glauben daher, daß eine Neurosekretion in den Ganglienzellen des Plexus uterovaginalis beim Menschen vorläufig noch als hypothetisch zu bezeichnen ist.
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Mit 7 Textabbildungen.
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Schenk, G., Walter, W. Zum problem der neurosekretion in peripheren vegetativen ganglien des menschen. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde 173, 309–321 (1955). https://doi.org/10.1007/BF00243383
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