Zusammenfassung
Es wurden 7 Fälle von Amaurotischer Idiotie (3 infantile, 3 spätinfantile und 1 juvenile Form) sowie ein Fall von Gargoylismus histochemisch untersucht. Die Ganglienzellen speichern in allen Fällen ein Lipoidgemisch mit einer zuckerhaltigen Komponente. Diese stimmt mit dem von Klenk auf chemisch-analytischem Weg isolierten Gangliosid überein. Mit steigendem Alter nimmt das Ausmaß des Speicherprozesses ab und die Glykolipoidkomponente tritt innerhalb des Gemisches der Speichersubstanzen zurück.
Durch die histochemischen Untersuchungen wurde erstmals das Gangliosid auch in den speichernden Ganglienzellen bei spätinfantiler und juveniler Amaurotischer Idiotie nachgewiesen. Die einzelnen Unterformen der Amaurotischen Idiotie sind nunmehr als altersbedingte Varietäten der gleichen Erkrankung anzusehen.
Die Metachromasie der Speichersubstanzen beruht offenbar auf dem Neuraminsäurebaustein des Gangliosids.
Mittels der Behren sschen Methode wurden die gangliosidhaltigen Zellen isoliert und auf ihren Neuraminsäuregehalt geprüft.
Bei den Speichersubstanzen in den Mikrogliazellen handelt es sich um sekundär resorbierte Stoffe aus den Ganglienzellen. Das Gangliosid scheint in der Mikroglia komplex umgebaut worden zu sein; es ist stärker metachromatisch und mit Fettlösungsmitteln nur schwer extrahierbar. Die histochemischen und morphologischen Besonderheiten des Gargoylismus gegenüber der Amaurotischen Idiotie werden kurz dargelegt.
Literatur
Behrens, M.: Untersuchungen an isolierten Zell- und Gewebsbestandteilen. Z. physiol. Chem. 209, 59 (1932).
„Zell- und Gewebetrennung“. Handbuch der biologischen Arbeitsmethoden (Abderhalden) Abt. V, Teil 10, S. 1363.
Bielschowsky, M.: Zur Histopathologie und Pathogenese der Amaurotischen Idiotie mit besonderer Berücksichtigung der cerebellaren Veränderungen. J. Psychol. u. Neur. 26, 123 (1921).
Brante, G.: Gargoylismus als Lipoidose, Fetteund Seifen 53, 457 (1951).
Gargoylismus
a mucopolysaccharidosis. Scand. J. Clin. Laborat. Invest. 4, 43 (1952).
Gedigk, P.: Histochemische Darstellung von Kohlenhydraten. Klin. Wschr. 1952, 1057.
Hallervorden, J.: Spätfälle von Amaurotischer Idiotie. Verh. dtsch. Ges. Path. 31. Tagung S. 103 (1938).
Klenk, E.: Über die Ganglioside des Gehirns bei infantiler Amaurotischer Idiotie vom Typ Tay-Sachs. Ber. dtsch. Chem. Ges. 75, 1632 (1942).
Über die Ganglioside, eine neue Gruppe von zuckerhaltigen Gehirnlipoiden. Z. physiol. Chem. 273, 76 (1942).
Über die Verteilung der Neuraminsäure im Gehirn bei der familiären Amaurotischen Idiotie und bei der Niemann-Pickschen Krankheit. Z. physiol. Chem. 282, 8 (1947).
Die Lipoide im chemischen Aufbau des Nervensystems. Naturwissenschaften 40, 449 (1953).
Kufs, H.: Über die konstitutions- und vererbungspathologischen Grundlagen der Kombination der lipoidzelligen Splenohepatomegalie (Niemann-Pick) mit der infantilen Form der Amaurotischen Idiotie. Z. Neur. 117, 753 (1928).
Letterer, E.: Allgemeine Pathologie und pathologische Anatomie der Lipoidosen. Verh. dtsch. Ges. Path. 31. Tagung, S. 12 (1938).
Lison, L.: Zit. n. Romeis, B. „Mikroskopische Technik“. München 1948.
McManus, J. F. A., and J. E. Cason: Carbohydrate Histochemistry studied by Acetylation Techniques. J. of Exper. Med. 91, 651 (1950).
Pearse, E.: Histochemistry, London 1953.
Author information
Authors and Affiliations
Additional information
Die Untersuchung wurde mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft durchgeführt.
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Diezel, P.B. Histochemischer Nachweis des Gangliosids in Ganglien- und Gliazellen bei Amaurotischer Idiotie und Isolierung der lipoidspeichernden Zellen nach der Methode von M. Behrens. Deutsche Zeitschrift f. Nervenheilkunde 171, 344–350 (1954). https://doi.org/10.1007/BF00243236
Received:
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/BF00243236