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Scholars in Action

Zur Autoreferentialität philologischen Wissens im Wandel medialer Praktiken

Scholars in action

Media evolution and the autoreferentiality of philological knowledge

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Deutsche Vierteljahrsschrift für Literaturwissenschaft und Geistesgeschichte Aims and scope Submit manuscript

Zusammenfassung

Warum kennen die Philologien kein Analogon zu den in den Naturwissenschaften etablierten »science studies«, das die Praktiken, Medien und Kommunikationsformen der Wissensproduktion beschriebe? Eine Analyse der spezifisch geisteswissenschaftlichen Praxis der Wissensbildung scheint anhand der materiellen Grundlagen philologischer Forschung lohnend, aufgrund der Selbstreferenz philologischen Wissens ohne empirische Fremdbeobachtung möglich sowie angesichts des zunehmenden Einsatzes digitaler Technologien für die Erfassung, Analyse und Erstellung von Texten in den Philologien geradezu dringlich. Der Beitrag spannt einen Bogen von der Reflexion philologischer Arbeitsformen bei Walter Benjamin und Roland Barthes zur praxeologischen Analyse wissenschaftlicher »Papierarbeit« bei Bruno Latour und fragt, mit welchen Modifikationen dieser Arbeitsformen künftig zu rechnen sein wird.

Abstract

Why has the approach within natural science studies to analyze the practices, media, and social formats of knowledge production not yet been adopted within the study of philology? Due to the material basis of textual scholarship, the autoreferentiality of philological knowledge, and the growing challenges of digitization, this approach seems worthwhile, possible without additional empirical observation, and almost urgent at this turning point within the history of the humanities when texts are more and more presented, analyzed, and written with the help of computers. The article analyzes early reflections of philological practices by Walter Benjamin and Roland Barthes in the light of more recent praxeological analyses of scholarly »paperwork« by Bruno Latour and discusses possible modifications of these practices in the near future.

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Notes

  1. Vgl. als Überblick Mario Biagioli (Hrsg.), The Science Studies Reader, New York 1999; als Abgrenzung von philosophischen Erkenntnistheorien Hans-Jörg Rheinberger, Historische Epistemologie – zur Einführung, Hamburg 2007.

  2. Es existieren hierzu seit einigen Jahren Ansätze, die sich allerdings bislang gegen den vorherrschenden Krisendiskurs innerhalb der philologischen Disziplinen kaum durchsetzen konnten: Vgl. z.B. Marie Antoinette Glaser, Literaturwissenschaft als Wissenschaftskultur. Zu den Praktiken, Mechanismen und Prinzipien einer Disziplin, Hamburg 2005; Jürgen Paul Schwindt (Hrsg.), Was ist eine philologische Frage?, Frankfurt a. M. 2009; Pál Kelemen, Ernö Kulcsár Szabó, Ábel Tamás (Hrsg.), Kulturtechnik Philologie. Zur Theorie des Umgangs mit Texten, Heidelberg 2011 sowie vor allem und für das vorliegende Vorhaben besonders anschlussfähig Steffen Martus, Carlos Spoerhase, »Praxeologie der Literaturwissenschaft«, Geschichte der Germanistik 35/36 (2009), 89–96 sowie Dies., »Historische Praxeologie. Quellen zur Geschichte philologischer Praxisformen 1800-2000«, Zeitschrift für Germanistik 23/2 (2013), 221–404.

  3. Vgl. im Anschluss an Pierre Bourdieu, Homo Academicus, Frankfurt a.M. 1988 z.B. Peter J. Brenner, Geist, Geld und Wissenschaft. Arbeits- und Darstellungsformen von Literaturwissenschaft, Frankfurt a.M. 1993 sowie darüber hinaus die Bände von Jürgen Fohrmann, Wilhelm Voßkamp (Hrsg.), Wissenschaftsgeschichte der Germanistik im 19. Jahrhundert, Stuttgart 1994, und Jörg Schönert (Hrsg.), Literaturwissenschaft und Wissenschaftsforschung, Stuttgart 1999, in dem der Beitrag von Rembert Hüser als Pilotstudie für die institutionenanalytische Dimension des hier skizzierten Programms gelesen werden kann.

  4. Glenn W. Most (Hrsg.), Collecting Fragments/Fragmente sammeln, Göttingen 1997; Editing Texts/Texte edieren, Göttingen 1998; Commentaries/Kommentare, Göttingen 1999; Historicization/Historisierung, Göttingen 2001; Disciplining Classics/Altertumswissenschaft als Beruf, Göttingen 2002. Als Anschluss an Most versteht sich auch die Reflexion gegenwärtiger philologischer Praxis bei Hans Ulrich Gumbrecht, Die Macht der Philologie, Frankfurt a.M. 2003.

  5. Vgl. Walter Erhart (Hrsg.), Grenzen der Germanistik. Rephilologisierung oder Erweiterung?, Stuttgart 2004; Ralf Klausnitzer, Carlos Spoerhase (Hrsg.), Kontroversen in der Literaturtheorie/Literaturtheorie in der Kontroverse, Publikationen zur Zeitschrift für Germanistik 19 (2007); Mario Grizelj, Oliver Jahraus (Hrsg.), Theorietheorie. Wider die Theoriemüdigkeit in den Geisteswissenschaften, München 2011; Achim Geisenhanslüke (Hrsg.), Textkulturen. Literaturtheorie nach dem Ende der Theorie, München 2015.

  6. Vgl. als diesbezüglich explizite Positionierungen z.B. die Beiträge von Werner Hamacher und Friedrich Kittler in Schwindt (Anm. 2), 21–61 bzw. 288–303 oder den zweiten Teil von Roland Barthes, Kritik und Wahrheit, Frankfurt a.M. 1967, 57–91. Auf die materialgeschichtliche Grundlage philologischen Arbeitens hat zuletzt ausführlich Christian Benne, Die Erfindung des Manuskripts. Zur Theorie und Geschichte literarischer Gegenständlichkeit, Frankfurt a.M. 2015 hingewiesen.

  7. Bruno Latour, Science in action. How to follow scientists and engineers through society, Cambridge 1987, 4.

  8. Peter-André Alt, Die Verheißungen der Philologie, Göttingen 2007, 13.

  9. Vgl. Christoph König, Philologie der Poesie. Von Goethe bis Peter Szondi, Berlin, Boston 2014, 40.

  10. August Boeckh, Encyklopädie und Methodologie der philologischen Wissenschaften, Leipzig 1877, 10.

  11. Vgl. zur Verortung dieser berühmten Formel in Boeckhs Konzeption der Philologie und ihrem Bezug zur Geschichte der Hermeneutik Frithjof Rodi, »›Erkenntnis des Erkannten‹ – August Boeckhs Grundformel der hermeneutischen Wissenschaften«, in: Hellmut Flashar, Karlfried Gründer, Axel Horstmann (Hrsg.), Philologie und Hermeneutik im 19. Jahrhundert. Zur Geschichte und Methodologie der Geisteswissenschaften, Göttingen 1979, 68–83.

  12. Dabei kommt es für den hier vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, ob Boeckhs Formel vom ›Erkennen des Erkannten‹ die Tätigkeit der Philologie tatsächlich treffend beschreibt – so kann das ›vom menschlichen Geist Producirte‹ als Gegenstand der Philologie wohl kaum einfach mit dem ›Erkannten‹ gleichgesetzt werden. Auf die Unzulässigkeit dieser Identifikation ist bereits vor Diltheys entsprechender Kritik im 19. Jahrhundert hingewiesen worden: Vgl. z.B. Hermann Paul, Grundriss der germanischen Philologie, Strassburg 1891, 1f. Für den vorliegenden Zusammenhang ist aber die autoreflexive Kennzeichnung der philologischen Erkenntnis relevant, die Boeckh stellvertretend für viele andere philologische Selbstbeschreibungen vor und nach ihm markiert. Diese unterschiedlichen fachhistorischen Filiationen des autoreflexiven Verständnisses von philologischem Wissen können im Folgenden nicht im Einzelnen verfolgt werden und wären über Boeckhs kulturhistorische Konzeption hinaus um verschiedene ästhetische und mediale Lesarten zu ergänzen, wie sie hier anhand von Benjamin und Barthes nur angedeutet werden können. Vgl. aktuell auch Eva Geulen, Peter Geimer, »Was leistet Selbstreflexivität in Kunst, Literatur und ihren Wissenschaften«, DVjs 89/4 (2015), 521–533.

  13. Vgl. aber, um wenigstens ein Gegenbeispiel zu nennen, welches allerdings selbst den hier geäußerten Befund grundsätzlich bestätigt, Jörg Paulus, »Theoretische Philologie. Annäherung an eine disziplinäre und methodische Leerstelle«, in: Cord-Friedrich Berghahn, Renate Stauf (Hrsg.), Philologie als Kultur (Themenheft der Germanisch-Romanischen Monatsschrift), Heidelberg 2009, 33–50.

  14. Vgl. zuletzt die Themenhefte »Turn, Turn, Turn? Oder: Braucht die Germanistik eine germanistische Wende« der Zeitschrift für Literaturwissenschaft und Linguistik 172 (2013) und »Zur Lage der Literaturwissenschaft. Aktuelle Bestandsaufnahmen und Perspektiven« der DVjs 89/4 (2015).

  15. Vgl. Stephen Nichols, »Why Material Philology? Some Thoughts«, Zeitschrift für deutsche Philologie 116 (1997), (Themenheft »Philologie als Textwissenschaft. Alte und neue Horizonte«), 10–30; Matthew Restall, »A History of the New Philology and the New Philology in History«, Latin American Research Review 38/1 (2003), 113–134.

  16. Vgl. Clifford Geertz, Dichte Beschreibung. Beiträge zum Verstehen kultureller Systeme, Frankfurt a.M. 1983.

  17. Alt (Anm. 8), 15.

  18. Als welche Benjamin die Philologie definiert. Walter Benjamin, Brief an Theodor W. Adorno, Paris, 09.12.1938, in: Ders., Briefe, hrsg. Gershom Scholem und Theodor W. Adorno, Frankfurt a.M. 1966, II, 790–799, hier: 794.

  19. Peter Szondi, »Über philologische Erkenntnis« [1962], in: Ders., Schriften 1, hrsg. Jean Bollack u.a., Frankfurt a.M. 1978, 263–286, hier: 265f.

  20. Vgl. Gumbrecht (Anm. 4), 132–137.

  21. Vgl. in diesem Sinne auch Friedrich Kittler, »Philologische und homerische Frage«, in: Schwindt (Hrsg.) (Anm. 2), 288–304.

  22. In letzter Konsequenz mag diese Partizipation an einer literarischen Kultur einerseits und einer wissenschaftlichen andererseits besagen, dass die Philologie »zum einen ein Textcorpus nach seinen Grenzen, seiner Zugehörigkeit, seinen internen und liminalen, seinen ›pragmatischen‹ Strukturen, nach den Tropen, die es durchläuft, und den Bedeutungen, die es generiert« »definiert« und dass sie zum anderen »diese Setzungen fort[setzt]: sie wiederholt […], aber […] in dieser Wiederholung« »ändert« und »Grenzkonflikte in mikroskopischen und makroskopischen Bereichen« »erzeugt«. M.a.W: Die Philologie stellt die analytischen Konstruktionen, die sie produziert, auch selbst immer schon infrage: »Die Philologie, so definitorisch sie vorgehen mag, indefiniert.« (Werner Hamacher, »Für – die Philologie«, in: Schwindt [Hrsg.] [Anm. 2], 21–60, hier: 36f.)

  23. Vgl. Lothar Müller, Weiße Magie. Die Epoche des Papiers, München 2012; Volker Hess, Andrew Mendelsohn (Hrsg.), Themenheft »Papertechnology: Ein Forschungsinstrument der frühneuzeitlichen Wissenschaft«. NTM. Zeitschrift für Geschichte der Wissenschaften, Technik und Medizin 21/1 (2013); Lisa Gitelman, Paper Knowledge. Toward a Media History of Documents (Sign, Storage, Transmission), Durham, London 2014.

  24. Vgl. hierzu Thomas Steinfeld, Der leidenschaftliche Buchhalter. Philologie als Lebensform, München, Wien 2004.

  25. Der damit aufgerissene Fragehorizont ist Gegenstand eines größeren Projektvorhabens, zu dem der vorliegende Beitrag konzeptuelle Vorüberlegungen präsentiert. Für die kritische Diskussion dieser Vorlage und zahlreiche wichtige Anregungen danken wir den Teilnehmerinnen und Teilnehmern des Workshops »Paperless Culture? Philological Practice and Knowledge in the Digital Age« im April 2016 an der Universität zu Köln.

  26. Dies im Anschluss an das Kapitel »Zwei ungleiche Brüder« bei Geisenhanslüke (Anm. 5), 127–129.

  27. Vgl. zu den Schwierigkeiten einer theoretischen Klassifikation von Barthes’ Werk die Ausführungen bei Gabriele Schabacher, Topik der Referenz. Theorie der Autobiographie, die Funktion »Gattung« und Roland Barthes’ Über mich selbst, Würzburg 2007, 185–195; zu den Versuchen und Fallstricken, Benjamin als paradigmabildenden Theoretiker zu rezipieren, Nicolas Pethes, »Medium Benjamin. Forschungspolitische Anmerkungen zur Historizität von Theorie«, in: Amália Kerekes, Nicolas Pethes, Peter Plener (Hrsg.), Archiv – Zitat – Nachleben. Die Medien bei Walter Benjamin und das Medium Benjamin, Frankfurt a.M. u.a. 2005, 185–201.

  28. Walter Benjamin, Gesammelte Schriften, hrsg. Hermann Schweppenhäuser und Rolf Tiedemann, 7 Bde., Frankfurt a.M. 1972–1989, I, 65. Zitate aus dieser Ausgabe werden im Folgenden mit der Sigle GS sowie der römischen Band- und arabischen Seitenzahl in Klammern im laufenden Text nachgewiesen. Auf eine Diskussion der Forschungsliteratur zu Benjamins Dissertation wird im vorliegenden Zusammenhang aufgrund von dessen exemplarischer Funktion für die übergeordnete Fragestellung des vorliegenden Aufsatzes verzichtet. Vgl. aber Uwe Steiner, Die Geburt der Kritik aus dem Geiste der Kunst. Untersuchungen zum Begriff der Kritik in den frühen Schriften Walter Benjamins, Würzburg 1989 sowie Michele Salonia, Walter Benjamins Theorie der Kritik, Berlin 2011.

  29. Eine Gleichsetzung von ›Kritik‹ und ›Philologie‹ wäre insofern ungenau, als Erstere neben Grammatik, Hermeneutik u.a. nur einen Teil des philologischen Tätigkeitsspektrums ausmacht. Schlegel definiert Kritik allerdings als »Ideal einer Philologie« (Friedrich Schlegel, »Philosophie der Philologie«, in: Kai Bremer, Uwe Wirth [Hrsg.], Texte zur modernen Philologie, Stuttgart 2010, 89–100, hier: 90). Diese Definition ist für die vorliegenden Überlegungen insofern anschlussfähig, als das im wörtlichen Sinne ›kritische‹ Vermögen der Differenzierung tatsächlich Grundlage aller philologischen Operationen ist, also auch derjenigen, die im konkreteren editions- oder materialphilologischen Sinne ›Textkritik‹ betreiben. Vgl. für eine genauere Ausdifferenzierung des Verhältnisses von Kritik und Philologie aber Ulrich Breuer, Ana-Stanca Tabarasi-Hoffmann, Der Begriff der Kritik in der Romantik, Paderborn 2015.

  30. Vgl. Csaba Szabó, »Lose Blätter zu Benjamins Zeitschriften«, in: Kerekes, Pethes, Plener (Hrsg.) (Anm. 27), 135–156.

  31. Vgl. Heinrich Kaulen, »›Die Aufgabe des Kritikers‹. Walter Benjamins Reflexionen zur Theorie der Literaturkritik 1929–1931«, in: Wilfried Barner (Hrsg.), Literaturkritik – Anspruch und Wirklichkeit, Stuttgart 1990, 318–336.

  32. Vgl. Davide Giuriato, Mikrographien. Zu einer Poetologie des Schreibens in Walter Benjamins Kindheitserinnerungen (1932-1939), München 2006, 45–58.

  33. Vgl. Vivian Liska, »Die Mortifikation der Kritik. Zum Nachleben von Walter Benjamins Wahlverwandtschaften-Essay«, in: Heinz Brüggemann, Günter Oesterle (Hrsg.), Walter Benjamin und die romantische Moderne, Würzburg 2009, 247–262.

  34. Vgl. zur Phasenbildung in der Theoriebildung und Schreibpraxis Barthes’ auch Ottmar Ette, LebensZeichen. Roland Barthes zur Einführung, Hamburg 2011.

  35. Roland Barthes, Das semiologische Abenteuer, Frankfurt a.M. 1988, 11f., das folgende Zitat ebd., 12.

  36. Roland Barthes, »Von der Wissenschaft zur Literatur«, in: Ders., Das Rauschen der Sprache. Kritische Essays IV, Frankfurt a.M. 2006, 9–17, hier: 9. Zitate aus diesem Band werden im Folgenden mit der Sigle RS und der Seitenzahl in Klammern im laufenden Text nachgewiesen.

  37. Vgl. zu Barthes’ eigenem Sprach- bzw. Schriftgebrauch Andrew Brown, Roland Barthes. The Figures of Writing, Oxford 1992.

  38. Zu der barthesschen Konzeption einer so ästhetischen wie ethischen Kraft des Literarischen vgl. Norbert-Bertrand Barbe, Roland Barthes et la théorie esthétique, Mouzeuil-Saint-Martin 2001 und Christian Martin, Roland Barthes e l’éthique de la fiction, New York u.a. 2003.

  39. Zum Wandel von Barthes’ eigenen Schreibweisen vgl. ausführlich Carlo Brune, Roland Barthes. Literatursemiologie und literarisches Schreiben, Würzburg 2003.

  40. Vgl. hierzu Daniela Langer, Wie man wird, was man schreibt. Sprache, Subjekt und Autobiographie bei Nietzsche und Barthes, München 2005.

  41. Roland Barthes, Am Nullpunkt der Literatur, Frankfurt a.M. 1982, 9.

  42. Roland Barthes, Kritik und Wahrheit, Frankfurt a.M. 1962, 68; die nachfolgenden Zitate aus diesem Text werden unter Angabe der Sigle KW und der Seitenzahl in Klammern im laufenden Text nachgewiesen.

  43. Zur Kontextualisierung und Reichweite des Ironiebegriffs bei Barthes vgl. Christoph Leitgeb, Barthes’ Mythos im Rahmen konkreter Ironie. Literarische Konstruktionen des Eigenen und Fremden, München 2008.

  44. Roland Barthes, Variationen über die Schrift. Variations sur l’écriture, Mainz 2006, 7; nachfolgende Zitate aus diesem Text werden unter Angabe der Sigle VS und der Seitenzahl in Klammern nachgewiesen.

  45. Zur Einordnung der Vorlesungen und ihrer Beziehung zur früheren Theoriebildung Barthes’ vgl. Jürgen Pieters, Kris Pint (Hrsg.), Roland Barthes Retroactively: Reading the Collège de France Lectures, Edinburgh 2008.

  46. Roland Barthes, Die Vorbereitung des Romans, Frankfurt a.M. 2007, 59; nachfolgende Zitate aus diesem Text werden unter Angabe der Sigle VR und der Seitenzahl in Klammern nachgewiesen. Vgl. Natalie Binczek, »Praxeologie der Vorlesung. Einige Fallgeschichten«, in: Lucia Aschauer, Horst Gruner, Tobias Gutmann (Hrsg.), Fallgeschichten. Text- und Wissensformen exemplarischer Narrative in der Kultur der Moderne, Würzburg 2015, 233–251; [Martin Jörg Schäfer], »Konversionen. Von der Arbeit zur Kunst und wieder zurück«, in: Netzwerk Kunst & Arbeit, art works. Ästhetik des Postfordismus, Berlin 2015, 27–53.

  47. Roland Barthes, Lektion, Frankfurt a.M. 1980, 65.

  48. So aus wissenschafts- und medienhistorischer Sicht Christoph Hoffmann, Daten sichern. Schreiben und Zeichnen als Verfahren der Aufzeichnung, Zürich 2008, 15.

  49. Vgl. Donald McKenzie, Bibliography and the Sociology of Texts, London 1986 und Jerome McGann, A Critique of Modern Textual Criticism, Charlottesville, London 1992 sowie mit Blick auf die Veränderungen, welche die Philologie im Rahmen der Digitalisierung des textuellen Universums erfährt, ders., A New Republic of Letters. Memory and Scholarship in the Age of Digital Reproduction, Cambridge, London 2014.

  50. Ian Hacking, The Taming of Chance, Cambridge 1990, 9.

  51. Vgl. John Forrester, »If p, then what? Thinking in Cases«, History of the Human Sciences 9/3 (1996), 1–25.

  52. Ian Hacking, Einführung in die Philosophie der Naturwissenschaften, Stuttgart 1996, 246.

  53. Ebd., 229.

  54. Bruno Latour, Steve Woolgar, Laboratory Life. The Construction of Scientific Facts, Princeton 1979, 45. Die nachfolgenden Zitate aus diesem Buch werden in Klammern mit der Sigle LL und der Seitenzahl nachgewiesen.

  55. Vgl. die Hinweise unter https://www.literatur.hu-berlin.de/de/praxeologie.

  56. Vgl. Carlos Spoerhase, »Das ›Laboratorium‹ der Philologie? Das philologische Seminar als Raum der Vermittlung von Praxiswissen«, in: Andrea Albrecht u.a. (Hrsg.), Theorien, Methoden und Praktiken des Interpretierens, Berlin, München, Boston 2015, 53–80. Den Vergleich zwischen naturwissenschaftlichem Labor und germanistischem Seminar stellt Wilhelm Scherer nach seiner Berufung auf die neu gegründete Professur für neuere deutsche Literaturgeschichte in Berlin an, um seiner Forderung nach der Anschaffung einer Bibliothek als unabdingbares ›Arbeitsmaterial‹ Nachdruck zu verleihen.

  57. Vgl. ebd., 53: »Der Diskurs über den epistemologischen Raum des Seminars dient der Diskussion der handwerklichen Dimension der Auffindung und Anwendung von Wissen (Scherer), der Beschreibung der personalen Dimension der Wissensübertragung (Zacher) und der Charakterisierung der institutionellen Dimension der Ausbildung eines Habitus (Dilthey).«.

  58. Ebd., 62. Auch dieser Zusammenhang ist im philologischen Reflexionswissen schon vor aller Praxeologie thematisiert worden: Vgl. die Überlegungen von Roland Barthes, für den Seminar- und Textarbeit stets eng miteinander verknüpft gewesen sind, in: »An das Seminar« (RS 363–373), sowie Ders., Wie zusammen leben, Frankfurt a.M. 2007.

  59. Hans-Jörg Rheinberger, Experimentalsysteme und epistemische Dinge. Eine Geschichte der Proteinsynthese im Reagenzglas, Göttingen 2001, 8f.

  60. Vgl. Steffen Martus, »Epistemische Dinge der Literaturwissenschaft?«, in: Albrecht (Anm. 56), 23–51.

  61. Ebd., 26.

  62. Ebd., 31. Vgl. auch ebd., »Die ›Praxeologie der Literaturwissenschaft‹ reagiert […] insbesondere auf drei Probleme, die konventionelle Beschreibungen der Literaturwissenschaft nicht oder nicht besonders erfolgreich in den Griff bekommen: zum einen auf krisenhafte Erfahrungen im Bereich der Lehre, zum zweiten auf die eigentümliche Folgenlosigkeit von Theoriedebatten und zum dritten auf die bemerkenswerte Diskrepanz zwischen programmatischen Äußerungen und konkreter Textarbeit.«

  63. Rheinberger (Anm. 59), 80, weist auf diesen Zusammenhang unter dem Stichwort »extimes Räsonnieren« hin: »Danach hat das stumme Wissen des Forschers seine äußere Form und seinen Ort in der technischen Apparatur des Experimentalsystems, während die beiläufige Aufmerksamkeit umgekehrt diese Apparatur mit ihren Werkzeugen auf der Seite des Forschers verkörpert.« Die Frage nach denjenigen Prinzipien, die in der Philologie einem solchem extimen Räsonieren zugrunde liegen, stellt sich folglich in einer Situation mit umso größerer Dringlichkeit, in der sich die technologischen Bedingungen, mit denen dieses Räsonieren in dem angedeuteten ›stummen‹ oder ›beiläufigen‹ Verhältnis steht, wandeln.

  64. Bruno Latour, »Drawing Things Together. Die Macht der unveränderlich mobilen Elemente«, in: Andréa Belliger, David Krieger (Hrsg.), ANThology, Bielefeld 2006, 259–308, hier: 276ff. und 293ff.

  65. Latour (Anm. 7), 42; vgl. ebd., 38: »To survive or to be turned into a fact, a statement needs the next generation of papers.« Die Gegenüberstellung von »science in the making« und »ready made science« findet sich ebd., 4, dass »Wahrheit nichts anderes ist als symbolisierte, also aktuell verfügbare Anschlußfähigkeit«, in Niklas Luhmann, Die Wissenschaft der Gesellschaft, Frankfurt a.M. 1990, 201.

  66. Vgl. zu dieser Fortführung von Jonathan Cullers anti-foundational philology das Vorwort von Pál Kelemen in: Kelemen, Kulcsár Szabó, Tamás (Anm. 2), 9–16, zitiert von S. 9.

  67. Karin Knorr-Cetina, Die Fabrikation von Erkenntnis. Zur Anthropologie der Naturwissenschaft, Frankfurt a.M. 1984, 162.

  68. Vgl. Helmut Zedelmaier, Martin Mulsow (Hrsg.), Praktiken der Gelehrsamkeit in der Frühen Neuzeit, Tübingen 2001; Markus Krajewski, Zettelwirtschaft. Die Geburt der Kartei aus dem Geiste der Bibliothek, Berlin 2002; Christoph Benjamin Schulz, Poetiken des Blätterns, Hildesheim 2015.

  69. Latour (Anm. 7), 69.

  70. Vgl. Fotis Jannidis, »Methoden der computergestützten Textanalyse«, in: Vera und Ansgar Nünning (Hrsg.), Methoden der literatur- und kulturwissenschaftlichen Textanalyse. Ansätze – Grundlagen – Modellanalysen, Stuttgart 2010, 109–132.

  71. Vgl. aber Jörgen Schäfer, »Reassembling the Literary. Toward a Theoretical Framework for Literary Communication in Computer-Based Media«, in: Ders., Peter Gendolla (Hrsg.), Beyond the Screen. Transformations of Literary Structures, Interfaces and Genres, Bielefeld 2010, 25–70.

  72. Vgl. aber Stan Ruecker, »Interface as Mediating Actor for Collection Access, Text Analysis, and Experimentation«, in: Susan Schreibman, Ray Siemens, John Unsworth (Hrsg.), A New Companion to Digital Humanities, Chichester 2016, 397–407, hier: 400–406.

  73. Dies auch im Anschluss an Gitelman (Anm. 23), die mit Blick auf die Wissenschaftskommunikation Fallstudien zur Reproduktion von Quellenmaterial in den 1930er Jahren (Chapter 2) und der pdf-Technologie (Chapter 4) vorstellt. Vgl. auch McGann (Anm. 49), den Artikel »Digitalisieren« von Jan Distelmeyer in Heiko Christians, Matthias Bickenbach, Nikolaus Wegmann (Hrsg.), Historisches Wörterbuch des Mediengebrauchs, Köln 2015, 162–178, sowie als aktuelle Bestandsaufnahme der Forschungsdiskussion Susan Schreibman, Ray Siemens, John Unsworth (Hrsg.), A New Companion to Digital Humanities, Chichester 2016.

  74. Vgl. James Mussell, The Nineteenth-Century Press in the Digital Age, New York 2012.

  75. Vgl. Hannu Salmi, Artikel »Digitalisierung«, in: Ute Frietsch, Jörg Rogge (Hrsg.), Über die Praxis des kulturwissenschaftlichen Arbeitens, Bielefeld 2013, 113–117 (zum »Close Reading« ebd., 84–89).

  76. Katherine N. Hayles, »How we Read: Close, Hyper, Machine«, ADE Bulletin 150 (2010), 62–79; dies., How We Think. Digital Media and Contemporary Technogenesis, Chicago 2012, 55; Lutz Koepnick, »Can Computers Read?«, in: Matt Erlin, Lynne Tatlock (Hrsg.), Distant Readings. Topologies of German Culture in the Long Nineteenth Century, Rochester 2014, 333–345.

  77. Franco Moretti, »Conjectures on World Literature« [2000], in: Ders., Distant Reading, London, New York 2013, 43–62, hier: 48.

  78. Franco Moretti, »The Novel: History and Theory« [2008], in: Ders. (Anm. 77), 159–178, hier: 164.

  79. Franco Moretti, Graphs, Maps, Trees. Abstract Models for a Literary History, London, New York 2005, 1.

  80. So widmet sich etwa das letzte Kapitel von Latours Science in Action der kulturspezifischen Faktengenerierung durch die Erstellung von Landkarten als immutable mobiles in der europäischen Kolonialgeschichte.

  81. Franco Moretti, »Network Theory, Plot Analysis« [2011], in: Ders. (Anm. 77), 211–240, hier: 212, sowie Matthew L. Jockers: Macroanalysis. Digital Methods and Literary History, Urbana u.a. 2013. Zur Kritik an einem »misleading sense of pseudoscientific objectivity in the humanities« um den Preis des mit der Lektüre verbundenen kritischen Reflexionspotentials vgl. Todd Kontje, »The Case for Close Reading after the Descriptive Turn«, in: Matt Erlin, Lynne Tatlock (Hrsg.), Distant Readings. Topologies of German Culture in the Long Nineteenth Century, Rochester 2014, 133–152, zitiert von: 147.

  82. Margaret Cohen, The Sentimental Education of the Novel, Princeton 1999, 23.

  83. Anne Burdick u.a., Digital_Humanities, Cambridge MA, London 2012, vii. Dieses Manifest von Burdick, Drucker, Lunenfeld, Presner und Schnapp ist gleichwohl eine überaus differenzierte und reflektierte Bestandsaufnahme der gegenwärtigen philologischen Situation, die um die Probleme der Selektivität, Hierarchie und Normalisierung von Wissensartikulation in digitalen Medien durchaus weiß (vgl. ebd., 76ff.).

  84. Vgl. hierzu unter Abwägung der Vor- und Nachteile einer Buchorientierung des Wissensbegriffs Adrian Van der Weel, Changing our Textual Minds. Towards a Digital Order of Knowledge, Manchester 2011.

  85. Vgl. Robert Darnton, The Case for Books. Past, Present, and Future, New York 2009, 60.

  86. Vgl. Michael Hagner, Zur Sache des Buches, Göttingen 2015.

  87. Vgl. J.F. Burrows, »›Delta‹: A measure of stylistic difference and guide to likely authorship«, Literary and Linguistic Computing 17 (2002), 267–287; vgl. Fotis Jannidis, Gerhard Lauer, »Burrow’s Delta and Its Use in German Literary History«, in: Matt Erlin, Lynne Tatlock (Hrsg.), Distant Readings. Topologies of German Culture in the Long Nineteenth Century, Rochester 2014, 29–54.

  88. Vgl. Matt Erlin, »The Location of Literary History: Topic Modeling, Network Analysis, and the German Novel, 1731–1864« und Allen Beye Riddell, »How to Read 22,198 Journal Articles: Studying the History of German Studies with Topic Models«, in: Erlin, Tatlock (Hrsg.) (Anm. 87), 55–90 und 91–114.

  89. Vgl. Jannidis (Anm. 70), hier der Hinweis auf S. 113; zur das Evidenzversprechen solcher Erhebungen diskursgeschichtlich relativierenden Genealogie der Digital Humanities aus statistischen Ansätzen in der Frühgeschichte der europäischen Ethnologie vgl. Marcus Twellmann, »›Gedankenstatistik‹. Vorschlag zur Archäologie der Digital Humanities«, Merkur 69/10 (2015), 19–30.

  90. Jannidis, Lauer (Anm. 87), 49.

  91. Knorr-Cetina (Anm. 67), 270.

  92. Vgl. Jannidis, Lauer (Anm. 87), 31 sowie Burdick u.a. (Anm. 83), 41: »Composite analysis preserves individual elements but uses the patterns among them to show something about the whole set of discrete elements.«

  93. Vgl. ebd., 117 (»Design emerges as the new foundation for the conceptualization and production of knowledge.«) oder den zweiten Teil (»Creation«) in: Schreibman, Siemens, Unsworth (Anm. 73), 67–197.

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Krause, M., Pethes, N. Scholars in Action. Dtsch Vierteljahrsschr Literaturwiss Geistesgesch 91, 73–108 (2017). https://doi.org/10.1007/s41245-017-0032-4

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