1 Einleitung

Sowohl nationale als auch internationale Studien zu unterschiedlichen Verdiensten von Männern und Frauen, dem „gender pay gap“, zeigen einen Verdienstnachteil von Frauen auf (Blau und Kahn 2000, 2003; Finke 2010; Holst und Busch 2010; Kunze 2008; Waldfogel 1998; Ziegler et al. 2010). So betrug im Jahr 2008 der unbereinigte „gender pay gap“ in Deutschland 23,2 % (Europäische Kommission 2010).

Die berufliche Geschlechtersegregation gilt als bedeutsamer Erklärungsfaktor für diese geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede. Typische Frauenberufe sind durch geringere mittlere Verdienste im Vergleich zu Männerberufen charakterisiert. Diese Beobachtung wurde in mehreren Studien in den USA untersucht (Cohen und Huffman 2007; England 1992; England et al. 1988; Jacobs und Steinberg 1995) und steht auch in Deutschland zunehmend im Mittelpunkt des Forschungsinteresses (Achatz et al. 2005; Busch und Holst 2010; Hinz und Gartner 2005; Leuze und Strauß 2009; Liebeskind 2004). Insgesamt existiert generell Einigkeit über die durchschnittlich geringere Entlohnung von Frauenberufen; jedoch ist die Frage nach den potenziellen Gründen für diese Beobachtung nicht abschließend beantwortet (Glauber 2012). Soziologische Theorien begründen Verdienstabschläge in Frauenberufen mit einer gesellschaftlichen und monetären Devaluation (also Abwertung) jener Berufe (vgl. zusammenfassend z. B. Achatz et al. 2005). Durch die Berücksichtigung theoriegeleiteter Indikatoren auf der Berufsebene besteht die Möglichkeit, jenen relativ unkonkreten Begriff der Devaluation genauer zu erfassen. So werden Frauenberufe möglicherweise nicht nur deshalb geringer entlohnt, weil es generell Frauenberufe sind, sondern auch deshalb, weil solche Berufe bestimmte Charakteristika aufweisen, die mit geringen Verdiensten einhergehen.

Die Berücksichtigung beruflicher Charakteristika erfolgte in den USA bereits in mehreren Studien (z. B. England et al. 1988; Kilbourne et al. 1994). Für Deutschland existiert bisher eine Studie, die zur Analyse von Mechanismen, die hinter der unterschiedlichen Entlohnung in Frauen- und Männerberufen stecken können, berufliche Faktoren berücksichtigt (Liebeskind 2004). Konkret zieht Liebeskind insbesondere berufliche Arbeitsinhalte heran, die gesellschaftlich als typisch „weiblich“ gelten, und die in Frauenberufen besonders häufig vorkommen. Hier kann eine monetäre Entwertung jener weiblich konnotierten Arbeit postuliert werden, eine Erklärungsmöglichkeit für Verdienstabschläge in Frauenberufen.

Der folgende Artikel knüpft an diese Studie an, geht jedoch in folgenden Punkten darüber hinaus:

  1. 1.

    Die vorliegende Studie bezieht explizit auch typisch männlich konnotierte Arbeitsinhalte (etwa technikbezogene Inhalte) ein, die in Männerberufen dominieren. Im Gegensatz zu einer Entwertung typisch weiblich konnotierter Arbeit wird von einer monetären Höherwertigkeit „männlicher“ Arbeit ausgegangen. Zudem werden auch unterschiedliche berufliche Überstundennormen in Frauen- und Männerberufen kontrolliert. Die Annahme ökonomischer Theorien ist, dass Frauenberufe durch vergleichsweise bessere Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit gekennzeichnet sind, was jedoch im Gegenzug mit Einkommensabschlägen einhergeht.

  2. 2.

    Auch wird in der vorliegenden Studie postuliert, dass die Verdiensteffekte der geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte für Frauen und Männer in unterschiedlicher Weise zum Tragen kommen. Dies wird unter Anwendung sozialpsychologischer Statustheorien, insbesondere der „Theorie der Erwartungszustände“, erklärt. Hier wird von geschlechtsspezifischen Kompetenz- und Leistungserwartungen ausgegangen, die Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt für geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte entgegengebracht werden. Jene Erwartungshaltungen bewirken, so die Annahme, stärkere Verdiensteinbußen bei den „weiblichen“ Arbeitsinhalten für Männer und geringere Verdienstzuschläge bei den „männlichen“ Arbeitsinhalten für Frauen. Jene sozialpsychologischen Ansätze zur Erklärung geschlechtsspezifischer Verdienstunterschiede erfahren in der deutschen Forschung bisher noch eine vergleichsweise geringe Aufmerksamkeit.

  3. 3.

    Schließlich findet ein Fixed-Effects-Panel-Modell Anwendung, mit deren Hilfe die unbeobachtete zeitkonstante Heterogenität, etwa zeitkonstante Aspekte verinnerlichter Geschlechterrollen oder Präferenzen, statistisch kontrolliert wird. Dadurch können unverzerrte Schätzer des Einflusses der Geschlechtersegregation und der Arbeitsinhalte auf die Verdienste ermittelt werden. Zudem wird der „gender pay gap“ einer Dekomposition unterzogen, um zu zeigen, wie hoch der Anteil der geschlechtsspezifischen Verdienstdifferenz ist, welcher durch die Segregation und die berufsspezifischen Arbeitsinhalte erklärt werden kann.

2 Theorien und Forschungsstand, Hypothesen

Zur Erklärung unterschiedlicher Verdienste in Männer- und Frauenberufen werden in der sozialwissenschaftlichen Forschung meist sowohl ökonomische als auch soziologische und (seltener) sozialpsychologische Theorien berücksichtigt. Obwohl die ökonomischen Theorien nicht im Zentrum der vorliegenden Studie stehen, müssen sie trotzdem bei der Erklärung von Verdienstabschlägen in Frauenberufen berücksichtigt werden. Entsprechende ökonomische Prädiktoren für die Verdienste sind in späteren Modellen zu kontrollieren.

Da in der späteren Analyse Stundenverdienste als abhängige Variable herangezogen werden, werden die im folgenden Abschnitt hergeleiteten Hypothesen entsprechend mit Bezug auf Stundenverdienste formuliert. Zwar beziehen sich die theoretischen Argumentationen nicht explizit auf Stundenlöhne, jedoch können bei ihnen (im Gegensatz zu Monatslöhnen) unterschiedliche Arbeitszeiten rechnerisch einbezogen werden, was ihre Anwendung insbesondere bei einem geschlechtsspezifischen Vergleich von Verdiensten bedeutsam macht. Die Verwendung von Stunden-, anstatt von Monatsverdiensten bei dieser Thematik wird in der Literatur als entsprechend wichtig erachtet (Finke 2010).

Ökonomische Ansätze

In ökonomischen theoretischen Ansätzen, insbesondere der Humankapitaltheorie, werden Verdienstunterschiede zwischen Frauen und Männern üblicherweise mit geschlechtsspezifischen Unterschieden in der Humankapitalakkumulation erklärt (Becker 1975). Frauen wählen demnach aufgrund ihrer stärkeren Zuständigkeit für die Familie als Ergebnis rationaler Kosten-Nutzen-Abwägungen vor allem Berufe, in denen die Kosten des Humankapitalverlusts während einer familiären Erwerbsunterbrechung und die damit einhergehenden Verdienstverluste möglichst gering sind. Das sind vor allem Tätigkeiten mit geringen Qualifikationsanforderungen und damit auch geringen Entlohnungen. Entsprechend ihren Präferenzen und unterschiedlichen Humankapitalakkumulationen „sortieren“ sich Frauen und Männer also in Berufe mit unterschiedlichen Qualifikationserfordernissen und damit auch unterschiedlichen Verdiensten (Polachek 1981; vgl. zusammenfassend Blau et al. 2006).

Allerdings weisen nationale und internationale Studien nach, dass auch nach statistischer Kontrolle sowohl individueller Humankapitalfaktoren als auch beruflicher Qualifikationsanforderungen ein signifikanter Verdienstabschlag für Erwerbstätige in Frauenberufen nachweisbar ist (Achatz et al. 2005; Busch und Holst 2010; Cohen und Huffman 2007; England et al. 1988; Kilbourne et al. 1994). Zudem haben laut einer Studie von England (1982) Frauen, die in Frauenberufen erwerbstätig waren, im Vergleich zu Frauen, die in Männerberufen tätig waren, bei Erwerbsunterbrechungen dieselben, und nicht etwa geringere Lohneinbußen.

Tam (1997) konnte allerdings die unterschiedlichen Verdienste in Frauen- und Männerberufen auf die beruflichen spezifischen Humankapitalerfordernisse zurückführen (Tam 1997). Genauer umfasst der Begriff „Humankapital“ sowohl eine allgemeine Komponente (schulische und berufliche Bildung) als auch eine spezifische Komponente (etwa Weiterbildungen während der Berufstätigkeit) (Mincer 1962). Nach den Ausführungen von Tam sind Frauenberufe nicht nur durch geringere allgemeine, sondern vor allem auch durch geringere spezifische Humankapitalerfordernisse geprägt, mit entsprechend negativen Folgen für die Verdienste. Männerberufe, die demnach häufiger hoch spezialisierte Berufe sind, erfordern meist zusätzliche berufsspezifische Weiterbildungen, was sich in einer höheren Entlohnung niederschlägt (siehe für die Kritik dieser Studie: England et al. 2000).

Ein weiterer ökonomisch orientierter Ansatz, die These der „compensating differentials“, erklärt Verdienstunterschiede zwischen Frauen- und Männerberufen bereits mit unterschiedlich entlohnten beruflichen Charakteristika. Sie postuliert die Zahlung eines zusätzlichen „Schmerzensgeldes“ in typischen Männerberufen, da in jenen Berufen häufig körperlich unangenehme Aufgaben durchgeführt werden müssen, die mit der Gefahr gesundheitlicher Beeinträchtigungen einhergehen (Filer 1985). Dem Ansatz zufolge kompensiert zudem die höhere Entlohnung in Männerberufen bestimmte (nicht-monetäre) Vorzüge in Frauenberufen (England et al. 1988; Okamoto und England 1999). So wird der Nutzenverlust, der durch die geringeren Verdienste in Frauenberufen entsteht, in nicht-monetärer Form abgegolten, etwa durch bessere Möglichkeiten der Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Frauenberufe gelten laut der ökonomischen Theorien als solche, die sich zum Beispiel durch Teilzeittätigkeiten und flexible Arbeitszeiten besonders gut mit Familienverpflichtungen vereinbaren lassen. Daher selektieren sich dem Ansatz zufolge Frauen „freiwillig“ in diese Berufe und nehmen die dort geringeren Verdienste in Kauf (ebd.).

Jedoch zeigt die Forschung auch hier Ergebnisse, die der These der „compensating differentials“ widersprechen. Demnach weisen Berufe mit häufigen körperlich unangenehmen Arbeitsinhalten nicht durchgängig höhere Verdienste auf (Kilbourne et al. 1994). Auch können solche Arbeitsanforderungen nur einen geringen Teil zur Erklärung des geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiedes beitragen (vgl. dazu auch England et al. 1988). Auch für Deutschland findet sich kein bedeutsamer Effekt körperlicher Unannehmlichkeiten im Beruf auf die Verdienste (Liebeskind 2004). Zu den nicht-monetären Vorzügen besserer Vereinbarkeitsmöglichkeiten in Frauenberufen zeigt Glauber (2012) für die USA, dass Mütter (im Vergleich zu Nicht-Müttern) in Frauenberufen größere Verdienstabschläge aufweisen als Mütter in Männerberufen. Dieser Zusammenhang kann jedoch laut der Studie nicht auf bessere Vereinbarkeitsmöglichkeiten mit der Familie in Frauenberufen erklärt werden. Damit einhergehend sind in den USA Frauenberufe auch nicht durchweg besser mit Familienverpflichtungen vereinbar, wie es von den ökonomischen Theorien postuliert wird. Tatsächlich weisen Frauenberufe dort häufiger unflexible Arbeitszeiten als Männerberufe auf (Glass 1990; Glass und Camarigg 1992). Generell ist zudem das Argument der Freiwilligkeit des Verzichts auf höhere Gehälter aufgrund nicht-monetärer Vorzüge in Frauenberufen anzuzweifeln. Die bessere Vereinbarkeit in Frauenberufen auf Kosten der Entlohnung ist dagegen möglicherweise auch ein Relikt aus traditionellen Geschlechterordnungen der Vergangenheit. Solche Geschlechterordnungen können sich, in Anlehnung an den Institutionenansatz der Geschlechterforschung, in den Berufsstrukturen von Frauenberufen verfestigt haben, dort trotz eines gesellschaftlichen Wandels hin zu mehr Geschlechteregalität weiterwirken und damit in der Konsequenz auch traditionelle Familienstrukturen befördern (vgl. zu entsprechenden Argumentationen des Institutionenansatzes der Geschlechterforschung Krüger 2004).

Soziologische und sozialpsychologische Ansätze: Quantitative und qualitative Devaluation.

Anhand soziologischer und sozialpsychologischer Theorien lassen sich Verdienstunterschiede zwischen Frauen- und Männerberufen unabhängig vom Humankapital, von beruflichen Qualifikationsanforderungen und „compensating differentials“ erklären. In Anlehnung an diese Theorien hängen geringere Verdienste von Frauen generell sowie auch die speziellen Verdienstabschläge in Frauenberufen mit dem geringeren Status von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zusammen („gender status beliefs“, vgl. Ridgeway 2001). Frauen gelten, so die Annahme, auch aufgrund der ihnen gesellschaftlich zugeschriebenen Zuständigkeiten für die Haus- und Familienarbeit, als die weniger kompetente und leistungsfähige Personengruppe für die Anforderungen des Erwerbslebens, mit negativen Konsequenzen für ihren Status auf dem Arbeitsmarkt (Correll et al. 2007).Footnote 1 Männer werden demgegenüber auf dem Arbeitsmarkt den Ansätzen zufolge als kompetenter angesehen und erhalten einen höheren Status als Frauen. Entsprechend gilt nach der so genannten Theorie der Erhaltungszustände (Berger et al. 1977)Footnote 2 das Geschlecht im Erwerbsleben grundsätzlich als ein so genanntes „diffuses Statuscharakteristikum“ (Correll und Ridgeway 2006).

Jene geschlechtsspezifischen Kompetenz- und Leistungserwartungen sowie daraus folgende Statuszuschreibungen auf dem Arbeitsmarkt haben laut dieser Ansätze Konsequenzen für die Verdienste in Frauenberufen. Nach der so genannten Devaluationshypothese sind Berufe, in denen mehrheitlich Mitglieder der statusniedrigeren Gruppe (hier: Frauen) tätig sind, gesellschaftlich weniger anerkannt und werden damit auch monetär abgewertet (England 1992). Der geringere Status von Frauen auf dem Arbeitsmarkt „überträgt“ sich also auf die Berufe, die mehrheitlich von ihnen ausgeübt werden, mit entsprechenden Folgen für die Verdienste. Eine solche generelle Abwertung von Berufen, die in der Mehrheit von der statusniedrigeren Gruppe ausgeübt werden, wird im Folgenden als „quantitative Devaluation“ bezeichnet. Es ist also davon auszugehen, dass ein höherer Frauenanteil in einem bestimmten Beruf mit geringeren Verdiensten in solchen Beruf einhergeht, und zwar unabhängig von den beruflichen Qualifikationsanforderungen und individuellen Humankapitalakkumulationen.

Daraus ergibt sich folgende Hypothese:

H1:

Auch nach statistischer Kontrolle ausdifferenzierter Humankapitalprädiktoren bleibt ein signifikanter Verdienstabschlag in den Stundenverdiensten für Erwerbstätige in Frauenberufen im Vergleich zu Männerberufen bestehen (quantitative Devaluation).

Über die generelle Abwertung von Berufen, die mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden, hinausgehend, postulieren die beschriebenen Statustheorien aber auch eine Abwertung spezifischer, mit Frauen assoziierter Arbeitsprofile. Es handelt sich um berufliche Anforderungen und Arbeitsinhalte, die gesellschaftlich als typisch „weiblich“ gelten, also etwa familien- und hausarbeitsnahe Tätigkeiten (Kilbourne et al. 1994). Auch hier „überträgt“ sich der geringere Status von Frauen auf dem Arbeitsmarkt auf die Tätigkeitsprofile, die mit Frauen in Verbindung gebracht werden. Laut diesem Theoriezweig kann entsprechend postuliert werden, dass Frauenberufe nicht nur deshalb geringer entlohnt werden, weil die Berufe mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden (quantitative Devaluation). Frauenberufe werden auch deshalb geringer entlohnt, weil sie häufig Tätigkeiten beinhalten, die weiblich konnotiert sind und eine kulturell geringere Wertigkeit aufweisen, etwa pflegerische oder erzieherische Aufgaben. Umgekehrt ist anzunehmen, dass Männerberufe häufig typisch männlich konnotierte Arbeitsinhalte (zum Beispiel technikbezogene Inhalte) haben, die auf dem Arbeitsmarkt im Vergleich zu weiblich konnotierten Arbeitsinhalten prestigeträchtiger und monetär aufgewertet sind. Die Annahme einer unterschiedlichen Entlohnung von Frauen- und Männerberufen aufgrund geschlechtlich konnotierter Arbeitsinhalte wird im Folgenden als „qualitative Devaluation“ bezeichnet.

Für die USA wurde gezeigt, dass Personen, die Berufe mit pflegerischen Arbeitsinhalten ausüben, Verdienstabschläge und Personen, die Berufe mit physischen (etwa technikbezogenen) Anforderungsprofilen ausüben, Verdienstzuschläge aufweisen (Kilbourne et al. 1994). Für Deutschland zeigte Liebeskind (2004) den negativen Zusammenhang „weiblicher“ Arbeitsinhalte auf die Verdienste ebenfalls für Schreibarbeiten, Reinigungs- und Verkaufstätigkeiten. Zudem verringerte sich in jenem Aufsatz der negative Effekt der Erwerbstätigkeit in einem Frauenberuf auf die Verdienste nach Aufnahme der berufsspezifischen Arbeitsinhalte und wurde insignifikant (ebd.). Geschlechtsspezifische Arbeitsinhalte können damit als Mediatoren des Zusammenhangs zwischen der Segregation und den Verdiensten angesehen werden.

Aus diesen Überlegungen wird folgende Hypothese formuliert:

H2:

Geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte erklären die unterschiedlichen Stundenverdienste von Erwerbstätigen in Frauen- und Männerberufen (qualitative Devaluation):

H2a:

Personen, die in Berufen mit weiblich (männlich) konnotierten Arbeitsinhalten

arbeiten, weisen Verdienstabschläge (Verdienstzuschläge) in Stundenverdiensten auf.

H2b:

Geringere Stundenverdienste von Erwerbstätigen in Frauenberufen sind durch dort

stärker vorhandene weiblich konnotierte Arbeitsinhalte erklärbar. Höhere Stundenverdienste von Erwerbstätigen in Männerberufen sind durch dort stärker vorhandene männlich konnotierte Arbeitsinhalte erklärbar.

Schließlich können für die geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte geschlechtsspezifische Effekte auf die Verdienste postuliert werden; eine Annahme, die nach dem Wissen der Autorin in Deutschland noch nicht überprüft wurde. So existieren laut der Theorie der Erwartungszustände neben „diffusen Statuscharakteristika“ (wie Geschlecht) auch „spezifische Statuscharakteristika“, anhand derer die Personen zusätzlich in statushöhere und –niedrigere Personen klassifiziert werden (Berger et al. 1977). Diese spezifischen Statuscharakteristika beinhalten spezielle Kompetenzerwartungen, welche an die Personen herangetragen werden. Eine solche spezifische Annahme ist, Männern eine höhere Kompetenzerwartung für Aufgaben entgegenzubringen, die in unserer Gesellschaft als typisch „männlich“ gelten, während Frauen für typisch „weibliche“ Tätigkeiten als besonders kompetent erachtet werden. Geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte sind laut dieser Überlegungen mit geschlechtsspezifischen Kompetenzerwartungen verknüpft und stellen „spezifische Statuscharakteristika“ dar (Correll und Ridgeway 2006). Beinhaltet die Arbeitsaufgabe entsprechend typisch männlich konnotierte Aufgaben, erhalten Männer einen Statusvorteil, während Frauen für weiblich konnotierte Arbeitsaufgaben einen Statusvorteil erhalten.

Aus diesen Überlegungen kann angenommen werden, dass sich solche spezifischen Statusvorteile möglicherweise positiv und Statusnachteile negativ auf die Verdienste auswirken. Die Verdiensteinbußen für die Erwerbstätigkeit in Berufen mit „weiblichen“ Arbeitsinhalten sind damit für Männer möglicherweise höher, weil ihnen für solche Tätigkeiten eine vergleichsweise geringe Kompetenzerwartung entgegengebracht wird. Gleichzeitig profitieren sie aber, so die Annahme, stärker als Frauen von den Verdienstvorteilen der Erwerbstätigkeit in Berufen mit „männlichen“ Arbeitsinhalten, da sie für diese Tätigkeiten als besonders kompetent eingeschätzt werden. Umgekehrt sind bei Frauen die Verdiensteinbußen für typisch „weibliche“ Tätigkeitsinhalte durch die ihnen entgegengebrachte höhere Kompetenzerwartung möglicherweise schwächer. Gleichzeitig profitieren sie aber auch im geringerem Maße als Männer, so die Annahme, von der monetären „Aufwertung“ männlich konnotierter Arbeitsinhalte, basierend auf den ihnen entgegengebrachten geringeren Kompetenzerwartungen für „männliche“ Tätigkeitsinhalte. Entsprechend ist sozusagen in der „Summe“ anzunehmen, dass sich sowohl die Verdiensteinbußen für „weibliche“ Tätigkeitsinhalte als auch die Verdienstvorteile für „männliche“ Tätigkeitsinhalte stärker für Männer als für Frauen zeigen.

Damit wird folgende abschließende Hypothese formuliert:

H3:

Die geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte haben geschlechtsspezifische Effekte auf die Stundenverdienste:

H3a:

Die Verdienstabschläge in den Stundenverdiensten für weiblich konnotierte

Arbeitsinhalte und die Verdienstzuschläge für männlich konnotierte Arbeitsinhalte sind für Männer höher.

H3b:

Die Arbeitsinhalte erklären unterschiedliche Stundenverdienste in Frauen- und

Männerberufen stärker für Männer.

3 Daten, Variablen

Die Auswertungen basieren auf den Wellen 2000–2010 des Sozio-oekonomischen Panels, Version 27 (SOEP.V27) (Wagner et al. 2007). Bei dem SOEP handelt sich um eine repräsentative Wiederholungsbefragung privater Haushalte und deren Mitglieder in Deutschland, die seit 1984 jährlich in Westdeutschland und seit 1990 auch in Ostdeutschland durchgeführt wird. Als Untersuchungsgruppe werden Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter herangezogen, also Arbeiter, Angestellte, Beamte und Selbständige zwischen 18 und 64 Jahren. Erklärt werden soll der „logarithmierte Bruttostundenverdienst“. Dieser wurde auf Basis des Bruttomonatsverdienstes geteilt durch die bezahlte Arbeitszeit berechnet (vgl. zu diesem Vorgehen zur Ermittlung des Bruttostundenlohns anhand der bezahlten Arbeitszeit Finke 2010).Footnote 3 Für Erwerbstätige ohne Verdienstangaben werden die vom SOEP bereitgestellten imputierten Verdienste herangezogen (Grabka und Frick 2003).Footnote 4 Durch die Logarithmierung des Verdienstes als abhängige Variable können die Regressionskoeffizienten als prozentuale Änderung des Verdienstes interpretiert werden, wenn sich die jeweilige unabhängige Variable um eine Einheit erhöht (Wooldridge 2009). Zudem erfolgt durch eine solche Transformation eine „Normalisierung“ der Verteilung der Verdienste. Insbesondere bezüglich Extremwerten wird die Verteilung also korrigiert, sodass die Verdienste annähernd normalverteilt sind.

Die zentrale unabhängige Variable ist der Frauenanteil im ausgeübten Beruf. Hier wurde pro Beruf der Berufsklassifikation des Statistischen Bundesamtes, Version 1992 (Dreisteller) (Statistisches Bundesamt 1992), der jeweilige Frauenanteil an allen Erwerbstätigen in diesem Beruf jahresspezifisch im Mikrozensus ermittelt und anschließend über die Berufsklassifikation dem SOEP zugespielt. Darauf aufbauend wurden die Berufe in Männerberufe (Frauenanteil von 0–30 %), Mischberufe (Frauenanteil von über 30 und unter 70 %) und Frauenberufe (Frauenanteil von 70–100 %) kategorisiert (Jacobs 1989; Trappe 2006).

Alle weiteren berufsbezogenen Variablen wurden in der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung 2005/2006 gebildet. Dabei handelt es sich um eine Repräsentativbefragung von 20 000 Erwerbstätigen in Deutschland, die gemeinsam vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) und der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) durchgeführt wurde (Hartmann 2006). Die Operationalisierung von Variablen zu den Berufscharakteristika, also spezifischen Merkmalen von Berufen, erfolgte in der Erwerbstätigenbefragung anhand der Aggregation von Individualangaben über die Berufe. Die aggregierten berufsspezifischen Werte wurden anschließend über die Berufsklassifikation dem SOEP zugespielt (vgl. zu dieser Strategie auch Liebeskind 2004). Die so gebildeten Variablen beziehen sich allerdings lediglich auf die Jahre 2005/2006. Es ist jedoch möglich, dass sich die berufsspezifischen Werte über die Jahre verändern. Daher wurden im SOEP lediglich die Wellen 2000–2010 herangezogen mit dem Ziel, möglichst viele Jahre zu umfassen und gleichzeitig möglichst dicht an dem Untersuchungsjahr der Erwerbstätigenbefragung zu liegen.

Die Ermittlung beruflicher Charakteristika erfolgte durch die Bildung berufsspezifischer Mittelwerte aus den im jeweiligen Beruf arbeitenden Personen in der Erwerbstätigenbefragung. Es wurde der Gewichtungsfaktor verwendet, der in dem Datensatz zur Verfügung gestellt wird. Die Berufe mussten eine Fallzahl von mindestens 20 aufweisen, um einen gültigen Wert zugewiesen zu bekommen. Die Abgrenzung der Berufe erfolgte auch hier mit der Berufsklassifikation des Statistischen Bundesamtes, Ausgabe 1992 (Dreisteller). Bei Berufen mit einer Fallzahl von weniger als 20 wurden die jeweiligen beruflichen Informationen aus dem höher aggregierten Zweisteller der Berufsklassifikation imputiert. Auch hier wurden nur Berufe mit mindestens 20 Fällen berücksichtigt.Footnote 5

Die geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte wurden anhand einer Fragebatterie der Erwerbstätigenbefragung gebildet, die alltägliche Arbeitsinhalte mit jeweils drei Ausprägungen (nie, manchmal, häufig) abfragt. Jedoch ist es nicht trivial zu entscheiden, welche Arbeitsinhalte als „männlich“ und welche als „weiblich“ zu klassifizieren sind. Um zu verhindern, eine Kategorisierung in „männliche“ und „weibliche“ Inhalte auf reinem Alltagswissen basierend durchzuführen, wurde für die Variablen zu den Arbeitsinhalten eine Hauptkomponenten-Faktoranalyse durchgeführt. Obwohl diese Methode eigentlich nur für metrische Variablen geeignet ist (Langer 1999), wurde mit einer solchen Strategie getestet, ob Arbeitsinhalte, die ad hoc eher als männlich oder weiblich konnotiert gelten, auf demselben Faktor hohe Faktorladungen aufweisen, sodass das latente Konstrukt hinter diesem Faktor als Geschlechtstypik von Arbeitsinhalten interpretiert werden kann. Tatsächlich wies die Faktorlösung 4 Faktoren auf, von denen einer eher „männliche“ Inhalte und einer eher „weibliche“ Inhalte mit hohen Faktorladungen vereint. Aus jenen beiden Faktoren wurden jeweils die besonders hoch ladenden Variablen ausgewählt. Aus diesen wurden zwei Summenindizes gebildet.

Männlich konnotierte Arbeitsinhalte umfassen:

  • Reparieren, Instandsetzen,

  • Herstellen und Produzieren von Waren und Gütern sowie

  • Überwachen, Steuern von Maschinen, Anlagen, technischen Prozessen.

Weiblich konnotierte Arbeitsinhalte umfassen:

  • Pflegen, Betreuen, Heilen sowie

  • Bewirten, Beherbergen, Speisen bereiten.

Auf die gleiche Weise wurde zudem ein Summenindex zu „geschlechtsneutralen Arbeitsinhalten“ gebildet. Hier wurden Variablen herangezogen, die auf den beiden übrigen Faktoren hohe Faktorladungen aufwiesen:

  • Informationen sammeln, Recherchieren, Dokumentieren,

  • Beraten und Informieren sowie

  • Organisieren, Planen und Vorbereiten von (nicht eigenen) Arbeitsprozessen.

Für die Summenindizes wurden zur Verminderung fehlender Werte die jeweils gültigen Werte der herangezogenen Variablen aufsummiert und durch die Anzahl der gültigen Werte dividiert (vgl. zu dieser Strategie auch Taylor 2010). Anschließend wurden die so berechneten Werte transformiert, sodass die einen Wertebereich von 0 bis 1 aufwiesen.Footnote 6

Darüber hinaus verweist die Forschung auf die gesellschaftliche Annahme höherer Kompetenzen in Mathematik von Männern im Vergleich zu Frauen (Correll 2001). Gleichzeitig stellen Mathematikkenntnisse insbesondere in hoch qualifizierten Männerberufen mit mathematisch-technischem Inhalt (so genannte MINT-Berufe) notwendige Qualifikationen dar. Zudem sind solche Berufe von einer besonders hohen Persistenz der Segregation geprägt (Solga und Pfahl 2009). Die Forschung verdeutlicht, dass Frauen nur schwer in jene Berufe Zutritt finden (ebd.), und dass sie dort häufig als „kulturelle Störfaktoren“ (Plicht und Schreyer 2002) wahrgenommen werden. Damit sind Mathematikanforderungen offenbar für das Verständnis geschlechtsspezifischer Kompetenzerwartungen auf dem Arbeitsmarkt besonders bedeutsam. Aus diesen Gründen wird zur Erfassung der erforderlichen Mathematikkenntnisse als zusätzlicher „männlicher“ Arbeitsinhalt der Indikator „Kenntnisse im Bereich Mathematik, Fachrechnen, Statistik“ (0 „Keine Kenntnisse/Grundkenntnisse; 1 „Fachkenntnisse“) über die Berufe aggregiert. Aufgrund seines besonderen Stellenwertes wurde diese Information separat erfasst und nicht in den Summenindex zu den „männlichen“ Arbeitsinhalten integriert.

Über die beruflichen Variablen zu den geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalten hinausgehend wurden weitere Berufscharakteristika gebildet und in den Modellen kontrolliert, um den Überlegungen zu der These der „compensating differentials“ Rechnung zu tragen. So könnten etwa Berufe mit häufig „männlichen“ Arbeitsinhalten auch deshalb Verdienstzuschläge aufweisen, weil dort gleichzeitig körperlich unangenehme Arbeitsaufgaben vorherrschen, für die ein „Schmerzensgeld“ gezahlt wird. Daher wurde ein Summenindex zur Abbildung körperlich belastender Aufgaben gebildet, aus folgenden Variablen:

  • Im Stehen arbeiten,

  • Heben und Tragen schwerer Lasten,

  • Bei Rauch, Staub oder unter Gasen, Dämpfen arbeiten,

  • Unter Kälte, Hitze, Nässe, Feuchtigkeit oder Zugluft arbeiten,

  • Mit Öl, Fett, Schmutz, Dreck arbeiten sowie

  • Unter Lärm arbeiten.

Berufe mit „weiblichen“ Arbeitsinhalten könnten auch, Überlegungen der ökonomischen Theorien folgend, deshalb geringer entlohnt werden, weil solche Berufe nicht-monetäre Vorzüge durch geringere zeitliche Belastungen und bessere Vereinbarkeitsmöglichkeiten mit der Familie aufweisen. Daher wurde der Anteil Personen pro Beruf ermittelt, die angaben, Überstunden zu leisten. Der Indikator steht für eine entsprechende Berufsnorm zur Bereitschaft von Überstunden, die etwa in Männerberufen aus einer „männlichen Lebenswelt“ heraus entstanden sein kann, und mit denen etwa Frauen (insbesondere Mütter) in Männerberufen konfrontiert sein können.

Generell ist zu der hier durchgeführten Operationalisierung beruflicher Charakteristika anzumerken, dass es sich bei den so erzeugten beruflichen Variablen nicht um standardisierte, objektive Maße handelt, sondern um Werte, die auf Selbsteinschätzungen der Individuen in der Erwerbstätigenbefragung beruhen. Ähnlich wie beim Geschlecht selbst ist anzunehmen, dass auch geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte einer sozialen Konstruktion unterworfen sind (vgl. z. B. Wetterer 1995 zur sozialen Geschlechterkonstruktion in Professionalisierungsprozessen). Bei einer Selbsteinschätzung von Arbeitsinhalten dürften daher internalisierte Geschlechterrollen, reproduziert durch Prozesse eines „doing gender“ in Interaktionen im Erwerbsleben (West und Zimmerman 1987), eine nicht unwesentliche Rolle spielen. Merkmale der Arbeit, die eher als geschlechtsuntypisch gelten, etwa körperlich anspruchsvolle Aufgaben und männlich konnotierte Arbeitsinhalte für Frauen und weiblich konnotierte Arbeitsinhalte für Männer, könnten von den Individuen in der Erwerbstätigenbefragung „heruntergespielt“ werden, um nicht implizit gegen die internalisierten Geschlechterrollen zu verstoßen. Dies trägt möglicherweise bei der Bildung von Berufscharakteristika dazu bei, etwa körperlich anstrengende Aufgaben in Frauenberufen, in denen per Definition vorwiegend Frauen arbeiten, zu unterschätzen. Leider ist es bisher nicht möglich, dieses Problem zu umgehen, da in Deutschland keine Standardinstrumente zur Klassifizierung von Berufen nach den interessierenden beruflichen Charakteristika existieren.

Neben diesen beruflichen Merkmalen wurden weitere als wichtig erachtete Individualinformationen, die im SOEP vorliegen, zur Erklärung von Verdiensten und Verdienstunterschieden zwischen Frauen und Männern kontrolliert. Eine Übersicht über alle Variablen und ihrer Verteilungen findet sich in Tab. 1.

Tab. 1 Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Übersicht über Variablen, nach Frauen und Männern, 2000–2010. (Quelle: SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Humankapital.

Als erklärende individuelle Humankapitalvariablen werden, orientiert an der Lohngleichung nach Mincer (1974), die Bildung, abgebildet durch den höchsten beruflichen Bildungsabschluss, die Berufserfahrung in Jahren (Teilzeit plus Vollzeit, die Teilzeit geht dabei mit dem halben Gewicht ein) und die Berufserfahrung zum Quadrat (zur Erfassung des abnehmenden Grenznutzens) berücksichtigt. Zudem wird die Betriebszugehörigkeitsdauer in Jahren als Indikator für betriebsspezifisches Humankapital aufgenommen. Um die beruflichen Qualifikationsanforderungen abbilden zu können, wird zum einen die erforderliche Ausbildung im ausgeübten Beruf (allgemeine Qualifikationsanforderungen), zum anderen die Information, ob für die Berufsausübung spezielle Lehrgänge oder Kurse erforderlich sind (spezifische Qualifikationsanforderungen), kontrolliert. Beide Variablen werden im SOEP direkt als Individualinformationen erfasst.

Organisationsmerkmale.

In der sozialwissenschaftlichen Forschung wird den Organisationen eine immer größere Bedeutung für die Erklärung geschlechtsspezifischer Ungleichheiten auf dem Arbeitsmarkt zugewiesen (Achatz 2008; Allmendinger und Hinz 2007). Daher wird zum einen die Unternehmensgröße in die Modelle aufgenommen. Verdienstmöglichkeiten in größeren Unternehmen, so die Annahme, sind hier höher als in kleinen Unternehmen (Lengfeld 2010). Gleichzeitig arbeiten Frauen häufiger in den geringer entlohnenden kleineren Unternehmen, eine weitere Erklärungsmöglichkeit für den „gender pay gap“ (Holst et al. 2009).

Zudem macht die Forschung deutlich, dass Wirtschaftsbranchen zur Erklärung des „gender pay gap“ beitragen, denn Männer arbeiten häufiger in dem höher entlohnenden produzierenden Gewerbe, Frauen eher im Dienstleistungssektor (Holst und Busch 2010). Daher wird kontrolliert, ob die Personen im produzierenden Gewerbe arbeiten, ermittelt anhand der Klassifikation der Wirtschaftszweige (NACE). Von einer stärker ausdifferenzierten Kategorisierung der Wirtschaftsbranchen wurde aufgrund der hohen Multikollinearität mit der Variable des Frauenanteils im Beruf abgesehen. Zusätzlich wird aber in den Modellen kontrolliert, ob die Personen in der Privatwirtschaft oder im öffentlichen Dienst arbeiten.Footnote 7

Weitere Kontrollvariablen.

Vor allem für Frauen werden Familienverpflichtungen als erwerbs- und karrierehinderlich angesehen, in Form eines „family gap“ (Waldfogel 1998). Daher werden mit dem Familienstand und der Anzahl Kinder unter 16 Jahren im Haushalt entsprechende familiäre Kontexte kontrolliert. Weiterhin mag eine bessere Bezahlung in Männerberufen auf die dort möglicherweise höheren Aufstiegschancen und besser bezahlten Führungspositionen zurückzuführen sein. Dass Personen in Männerberufen häufiger Führungskräfte sind als Personen in Frauenberufen, wurde für Deutschland gezeigt (Holst und Busch 2010). Um mögliche Verdienstnachteile in Frauenberufen und Verdienstvorteile in Männerberufen um die hierarchische Position der Personen zu bereinigen, wird daher die Führungsposition in den Modellen berücksichtigt. Anhand der Stellung im Beruf werden als Führungskräfte hier Angestellte mit hoch qualifizierten Tätigkeiten oder Leitungsfunktionen oder Angestellte mit umfassenden Führungsaufgaben verstanden (Holst und Busch 2010).Footnote 8

Weiterhin wird die Information, ob die Personen in Ost- oder Westdeutschland leben, kontrolliert. Zum einen sind die Arbeitsmarktchancen in Ostdeutschland generell etwas schlechter als in Westdeutschland, zum anderen sind aber die Arbeitsmarktstrukturen in Ostdeutschland als egalitärer bezüglich Geschlechterrollen im Vergleich zu Westdeutschland anzusehen (Trappe und Rosenfeld 2004; Trappe 2006). Daher könnten in Ostdeutschland die geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede in geringerem Maße als in Westdeutschland auftreten. Schließlich werden die Stellung im Beruf und die Nationalität (deutsch versus andere) berücksichtigt. Auch die Untersuchungsjahre („Jahresdummies“) fließen in die Analyse ein.

4 Methoden

Für die Verdienstschätzung werden lineare Fixed-Effects-Regressionen berechnet (Allison 2009). Solche Modelle bieten den Vorteil, die zeitkonstante unbeobachtete Heterogenität zu kontrollieren. Dies betrifft unbeobachtete Merkmale von Personen, die über den Beobachtungszeitraum nicht variieren, etwa Kohorteneffekte und zeitkonstante Aspekte verinnerlichter Geschlechterrollen, Präferenzen oder Persönlichkeitsmerkmalen. Zum Beispiel können sich verinnerlichte Geschlechterrollen ebenfalls auf die Verdienste auswirken und Effekte anderer Variablen gleichzeitig verzerren. So können geringere Verdienste von Frauen in Frauenberufen auch auf internalisierte traditionelle Geschlechterrollen zurückzuführen sein. Solche traditionellen Geschlechterrollen von Frauen begünstigen möglicherweise einerseits ihre geschlechtstypische Berufswahl und senken andererseits ihre Motivation, höhere Verdienste auszuhandeln. Mit Fixed-Effects-Modellen ist es möglich, Verdienstunterschiede zwischen Erwerbstätigen in Frauen- und Männerberufen um solche und ähnliche Effekte zu bereinigen.

Das Ziel der Fixed-Effects-Modelle ist die Eliminierung der „personenspezifischen Konstante“, konkret des zeitkonstanten Anteils des personenspezifischen Fehlerterms (für die detaillierte Herleitung des Verfahrens siehe methodischer Anhang). Diese Eliminierung erfolgt durch Differenzbildung aller Variablen und (zeitkonstanten und zeitlich variierenden) Fehlerterme von den jeweiligen personenspezifischen Mittelwerten (Allison 2009). Da die personenspezifischen Mittelwerte der zeitkonstanten Terme mit den ursprünglichen Werten identisch sind, heben sich bei dieser Differenzbildung sowohl die Terme für die zeitkonstanten unabhängigen Variablen als auch für die zeitkonstanten Fehlerterme gegenseitig auf; die zeitkonstante unbeobachtete Heterogenität ist damit eliminiert. Die Koeffizienten der Fixed-Effects Modelle zeigen Effekte individueller Veränderungen in den unabhängigen Variablen von ihren Mittelwerten auf Veränderungen in der abhängigen Variable von ihrem Mittelwert über die Zeit auf.Footnote 9

In einem weiteren Schritt wurde eine Oaxaca/Blinder-Dekomposition angewendet (Blinder 1973; Oaxaca 1973).Footnote 10 Mit einer solchen Dekomposition ist es möglich, Gruppenunterschiede (hier: zwischen Frauen und Männern) in der abhängigen Variable (hier: Verdienste) einer genaueren Analyse zu unterziehen. Konkret wird bei der Oaxaca/Blinder-Dekomposition der geschlechtsspezifische Mittelwerteunterschied in den Verdiensten (der „gender pay gap“) in zwei Komponenten zerlegt (vgl. zu der mathematischen Herleitung und Erläuterung auch Achatz et al. 2005). Die eine Komponente zeigt den Anteil des Verdienstdifferenzials auf, der auf geschlechtsspezifische Mittelwerteunterschiede in den berücksichtigten unabhängigen Variablen (gewichtet mit dem variablenspezifischen Regressionskoeffizienten der Männer) zurückzuführen ist. Man bezeichnet diese Komponente als „erklärten“ Anteil oder Merkmalseffekt M. Er quantifiziert also zum Beispiel den Anteil des „gender pay gap“, der auf geschlechtsspezifische Humankapitalakkumulationen oder auch auf die Verortung von Frauen und Männern in unterschiedlichen (höher und geringer entlohnten) Berufen zurückgeht. Die andere Komponente, der so genannte „nicht erklärte“ Anteil, auch Resteffekt R genannt, zeigt den Anteil des „gender pay gap“ auf, der nicht auf geschlechtsspezifische Unterschiede in den berücksichtigten Variablen zurückgeführt werden kann. Er zeigt also den Anteil auf, der durch die unterschiedliche Entlohnung der aufgenommenen Variablen (geschlechtsspezifische Differenz in den variablenspezifischen Regressionskoeffizienten, gewichtet mit dem jeweiligen Variablenmittelwert der Frauen) sowie durch weitere unbeobachtete Merkmale (geschlechtsspezifische Differenz in den Modellkonstanten) zu erklären ist.

Mit einem solchen Verfahren kann zusammenfassend aufgezeigt werden, ob die berufliche Geschlechtersegregation einerseits und die geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte andererseits bedeutsam zur Erklärung des „gender pay gap“ beitragen.

5 Ergebnisse

Deskription.

Abbildung 1 bildet (gepoolt für die Jahre 2000–2010) die mittleren Stundenverdienste sowie den „gender pay gap“ für erwerbstätige Frauen und Männer im erwerbsfähigen Alter ab. Frauen weisen einen durchschnittlichen Stundenverdienst von knapp 14 € auf, Männer knapp 18 €. Der Unterschied in den Stundenverdiensten beträgt also rund 4 €, und die mittleren Frauenverdienste betragen somit rund 76 % der Männerverdienste. Damit liegt der „gender pay gap“ bei rund 24 % und entspricht in etwa den offiziellen Statistiken in Deutschland (dort 23 % im Jahr 2008, vgl. Europäische Kommission 2010).

Abb. 1
figure 1

Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Bruttostundenverdienste und „Gender Pay Gap“ in segregierten Berufen, gepoolt 2000–2010. a Bruttostundenverdienste nach Geschlecht (Mittelwerte in Euro). b „Gender Pay Gap“ (in Prozent). (Quelle:SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Gleichzeitig variieren die Verdienste zwischen Erwerbstätigen in Männer-, Misch- und Frauenberufen. Die geringsten Verdienste weisen insbesondere Frauen in Frauenberufen auf. Allerdings ist der Zusammenhang nicht linear. Vor allem bei Männern, aber auch bei Frauen, finden sich die höchsten Verdienste in Mischberufen. Dieses Ergebnis entspricht auch anderen Studien, die auf eine entsprechende Nicht-Linearität in dem Zusammenhang zwischen Segregation und Arbeitsmarkt-Outcomes hinweisen (Magnusson 2009). Ein Grund dafür kann darin gesehen werden, dass Männerberufe nicht nur hoch qualifizierte Berufe in hohen hierarchischen Positionen, sondern auch gering entlohnte Arbeiterberufe beinhalten. Das kann den Verdienstmittelwert in Männerberufen herabsenken.

Die Verdienste sind damit nicht in Männerberufen am höchsten, wohl aber besonders für Frauen in Frauenberufen am geringsten. Es zeigt sich also deskriptiv ein (allerdings nicht linearer) Zusammenhang zwischen der Erwerbstätigkeit in einem segregierten Beruf und dem Bruttostundenverdienst. Auch sind in Frauenberufen die Verdienstabschläge für Frauen extremer als für Männer: So beträgt in jenen Berufen der „gender pay gap“ 27 %, während er in Misch- und Männerberufen zurückgeht (Männerberufe: 13 %).Footnote 11

Sollten die Unterschiede in den Verdiensten zwischen segregierten Berufen tatsächlich durch geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte vermittelt sein, so ist zunächst zu klären, ob die geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte überhaupt zwischen Frauen-, Misch- und Männerberufen variieren. Insgesamt sind geschlechtsneutrale Tätigkeiten dominante Arbeitsinhalte bei den Erwerbstätigen im erwerbsfähigen Alter. Sie sind besonders häufig für Erwerbstätige in Mischberufen und besonders selten für Erwerbstätige in Männerberufen typische Arbeitsinhalte. Weiblich konnotierte Arbeitsinhalte finden sich vor allem in Frauenberufen und höchst selten in Männerberufen. Männlich konnotierte Arbeitsinhalte sind meist in Männerberufen typische Arbeitsinhalte. Hier zeigt sich ein besonders deutlicher Abstand zu Misch- und Frauenberufen. Auch werden Fachkenntnisse in Mathematik am häufigsten in Männerberufen gefordert (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte in Männer-, Misch- und Frauenberufen (Mittelwerte). (Quelle: SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Tabelle 2 weist anhand von jeweils drei beispielhaften Männer-, Misch- und Frauenberufen nochmals die jeweiligen Werte der Indikatoren zu den geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalten aus.

Tab. 2 Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Beispiele für Frauen-, Misch- und Männerberufe mit geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalten. (Quelle: SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Multivariate Analyse.

Tabelle 3 zeigt die Determinanten der logarithmierten Bruttostundenverdienste, basierend auf linearen Fixed-Effects-Regressionen. Die Modelle wurden getrennt für Frauen und Männer berechnet und durch ein Interaktionsmodell wurde ermittelt, ob sich die Koeffizienten zwischen Männern und Frauen bedeutsam voneinander unterscheiden. Die Effektstärken des Modells sind insgesamt eher gering, denn hier wird lediglich die Varianz innerhalb der Personen in der Berechnung berücksichtigt, also nur jene Varianz, die durch individuelle Veränderungen in den Variablen über die Zeit zustande kommt.

Tab. 3 Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Determinanten der Bruttostundenverdienste 2000–2010. (Quelle: SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Als zentrale berufsbezogene Variable beinhaltet das Modell zunächst nur den kategorisierten Frauenanteil im ausgeübten Beruf (Modell 1). Sowohl Frauen als auch Männer weisen, wenn sie in Frauen- oder Mischberufen im Vergleich zu Männerberufen tätig sind, geringere Bruttostundenverdienste auf. Bei Frauen liegen in Frauenberufen die Verdienste um 3,3 % unter denjenigen in Männerberufen. Bei Männern beträgt der Verdienstunterschied zwischen Frauen- und Männerberufen 1,9 % und ist damit etwas geringer. Der Wert unterscheidet sich jedoch nicht signifikant von dem der Frauen. Die in der Deskription aufgezeigten höheren Verdienste in Mischberufen im Vergleich zu Männerberufen bestätigen sich also nicht im multivariaten Modell. Kontrolliert um wichtige Drittvariablen und um die zeitkonstante unbeobachtete Heterogenität sind tatsächlich die Verdienste für beide Geschlechter in Männerberufen am höchsten. Die Verdienstdifferenzen zwischen Frauen-, Misch- und Männerberufen sind dabei nicht mehr durch Humankapitalunterschiede zwischen den Personen in jenen Berufskategorien erklärbar: Sowohl das individuelle Humankapital als auch die Qualifikationserfordernisse der Tätigkeit sind in den Modellen kontrolliert. H1 lässt sich somit bestätigen.

In einem weiteren Analyseschritt gilt es nun herauszufinden, inwieweit diese Verdienstabschläge in Misch- und Frauenberufen im Vergleich zu Männerberufen auf geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalten in jenen Berufen beruhen – Arbeitsinhalten, die unterschiedliche Wertigkeiten auf dem Arbeitsmarkt aufweisen. Dafür wurde das Modell um die beruflichen Indikatoren zu den geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalten ergänzt (Tab. 4, Modell 2). Weiblich konnotierte Arbeitsinhalte zeigen tatsächlich, wie es auch schon Liebeskind (2004) und Kilbourne und andere (1994) herausgestellt haben, negative Effekte auf die Verdienste. Dieser Effekt kann als eine „qualitative Devaluation“ interpretiert werden. Arbeitsinhalte, die gesellschaftlich als typisch „weiblich“ gelten, werden demnach gesellschaftlich und damit auch monetär abgewertet. Gleichzeitig zeigt sich, dass die Erwerbstätigkeit in einem Beruf mit häufig „männlichen“ Arbeitsinhalten positiv auf den Verdienst wirkt. Dies mag mit einer gesellschaftlichen Aufwertung von Tätigkeiten, die gesellschaftlich als typisch „männlich“ gelten, zusammenhängen. H2 lässt sich zunächst bestätigen.

Tab. 4 Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Determinanten Bruttostundenverdienste 2000–2010 – Mediatoren berufliche Charakteristika. (Quelle: SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Jedoch ergeben sich hier Unterschiede in den Koeffizienten von Frauen und Männern. Sowohl der negative Effekt „weiblicher“ Arbeitsinhalte als auch der positive Effekt „männlicher“ Arbeitsinhalte auf die Verdienste zeigt sich nur für Männer. Bei Frauen bewirken „männliche“ Arbeitsinhalte sogar Verdienstabschläge. Diese geschlechtsspezifischen Effekte können mit Hilfe sozialpsychologischer Statustheorien erklärt werden. So sind laut jenen Theorien mit den geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalten geschlechtsspezifische Kompetenzerwartungen verbunden: Männern wird, so die Annahme, eine höhere Kompetenz für „männliche“, Frauen eine höhere Kompetenz für „weibliche“ Tätigkeiten zugeschrieben. Die daraus resultierenden Statusvorteile mögen entsprechend positiv auf die Verdienste wirken, sodass die Verdiensteinbußen für typisch „weibliche“ Tätigkeitsinhalte für Frauen geringer und die Verdienstzuschläge für typisch „männliche“ Tätigkeitsinhalte für Männer höher sind. H3a kann bestätigt werden.

Dementsprechend zeigt sich für Männer und Frauen eine unterschiedliche Intensität der vermittelnden Wirkung geschlechtlich konnotierter Arbeitsinhalte auf die Verdienstabschläge in Frauenberufen. Bei Männern wird der signifikante Effekt des kategorisierten Frauenanteils im Beruf nach Aufnahme der Arbeitsinhalte schwächer und insignifikant. Bei Frauen ändert sich der Effekt der Erwerbstätigkeit in einem Frauen- oder Mischberuf auf die Verdienste nur marginal. Die Verdienstabschläge in Frauen- und Mischberufen im Vergleich zu Männerberufen sind also vor allem bei den Männern, weniger bei den Frauen, durch geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte erklärbar. Damit lässt sich auch H3b bestätigen. Der vermittelnde Effekt, den Liebeskind (2004) in einem gemeinsamen Modell für Männer und Frauen für weiblich konnotierte Arbeitsinhalte aufzeigte, geht also offenbar stärker auf Männer als auf Frauen zurück.

Die Erwerbstätigkeit in einem Beruf, in dem geschlechtsneutrale Arbeitsinhalte häufig zum Arbeitsalltag gehören, wirkt sowohl bei Frauen als auch bei Männern positiv auf die Verdienste. Dieser positive Effekt mag damit zusammenhängen, dass solche Arbeitsaufgaben ein vergleichsweise hohes gesellschaftliches Prestige in der „Wissensgesellschaft“ (Kraemer und Bittlingmayer 2001) aufweisen. Insbesondere die unternehmensbezogenen Dienstleistungsbereiche (Forschung und Entwicklung, Markt- und Meinungsforschung, IT-Beratung), in denen jene Arbeitsinhalte besonders häufig nachgefragt werden dürften, werden im Zuge des sektoralen Wandels immer bedeutsamer und erhöhen den Bedarf an qualifizierten Fachkräften (vgl. zu dieser Entwicklung Allmendinger und Ebner 2006). Das mag sich positiv auf die Verdienste auswirken. Die Beobachtung, dass sich der Effekt neutraler Arbeitsinhalte auf die Verdienste nicht signifikant zwischen Frauen und Männern unterscheidet, deutet darauf hin, dass solche Arbeitsinhalte möglicherweise auch weniger stark mit geschlechtsspezifischen Kompetenzerwartungen besetzt sind.

Das berufliche Charakteristikum bezüglich erforderlicher Fachkenntnisse in Mathematik weist interessanterweise keinen bedeutsamen Effekt auf die Bruttostundenverdienste auf. Es wäre zu erwarten gewesen, dass Berufe, in denen solche Fachkenntnisse besonders gefordert werden, aufgrund des hohen gesellschaftlichen Prestiges dieser Anforderungsprofile ebenfalls höhere Verdienste zahlen. Weitere Analysen verdeutlichen, dass für Männer tatsächlich entsprechend positive Verdiensteffekte zu beobachten sind, wenn man die neutralen Arbeitsinhalte aus den Modellen herausnimmt. Berufe mit erforderlichen Fachkenntnissen in Mathematik sind häufig auch solche mit geschlechtsneutralen Arbeitsinhalten. Beide Berufscharakteristika weisen eine positive Korrelation miteinander auf (Zahlen nicht dargestellt).

Modell 3 in Tab. 4 beinhaltet als zusätzliche berufliche Charakteristika diejenigen zu den „compensating differentials“, also körperlich unangenehme Aufgaben und berufsspezifische Überstundenormen. Die Zusammenhänge der weiblich und männlich konnotierten Arbeitsinhalte sind gegenüber diesen weiteren Berufsmerkmalen weitgehend robust. Wie in anderen Studien auch schon gezeigt, haben körperlich unangenehme Arbeitsinhalte (etwa: Heben schwerer Lasten), im Gegensatz zu den humankapitaltheoretischen Annahmen, keinen eigenständigen Effekt auf die Verdienste. Hohe berufliche Überstundenormen wirken sich demgegenüber aber tatsächlich positiv auf die Verdienste aus. Erwerbstätige in Berufen, in denen Überstunden sehr üblich sind, weisen signifikant höhere Bruttostundenverdienste auf als Personen in Berufen, in denen Überstunden weniger üblich sind. Umgekehrt weisen also Personen in Berufen, in denen Überstundenerfordernisse vergleichsweise gering sind, Verdienstabschläge auf. Zudem verringert sich nach Aufnahme dieser Variable der Verdienstabschlag in Frauenberufen nun auch für Frauen. In Frauenberufen sind also geringe Verdienste durch geringere berufliche Überstundennormen mit erklärbar. Ob dieser Verdienstabschlag im Sinne der These der „compensating differentials“ als nicht-monetärer Vorteil zu interpretieren ist (da hier möglicherweise die Vereinbarkeitsmöglichkeiten mit der Familie besser sind), der freiwillig (und zwar laut des Modells von Frauen und Männern gleichermaßen) in Kauf genommen wird, oder eher als Ergebnis von institutionalisierten Geschlechterrollen, kann hier nicht abschließend beantwortet werden.

Insgesamt bleibt im vollständigen Modell bei den Frauen im Gegensatz zu den Männern ein (schwach) signifikanter Verdienstabschlag in Frauenberufen bestehen. Prozesse einer „quantitativen Devaluation“ mögen also bei Frauen eher als bei Männern eine Rolle für unterschiedliche Verdienste in Frauen- und Männerberufen spielen, während sich bei Männern die unterschiedlichen Verdienste in Frauen- und Männerberufen vollständig durch Prozesse einer „qualitativen Devaluation“ erklären lassen.

Dekomposition

Schließlich bleibt zu klären, wie hoch die Erklärungsleistung der beruflichen Geschlechtersegregation sowie der geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte für den Verdienstunterschied zwischen Frauen und Männern (den „gender pay gap“) ist.

Tabelle 5 stellt die Ergebnisse der Dekomposition dar. Hier sind detailliert für die einzelnen unabhängigen Variablen die Merkmalseffekte („erklärte Effekte“) abgetragen. Die Dekomposition wurde für Modell 1 (nur mit dem kategorisierten Frauenanteil im ausgeübten Beruf als berufsbezogene Variable) und Modell 3 (mit allen beruflichen Charakteristika) berechnet. Da sich die Dekomposition auf die logarithmierten Bruttostundenverdienste bezieht, sind die Einheiten des Verdienstdifferenzials und der Merkmalseffekte „logarithmierte Euro“. Aufgrund dieser recht unhandlichen Interpretation werden die Effekte im Folgenden vereinfacht als „Einheiten“ dargestellt.Footnote 12

Tab. 5 Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Determinanten der Bruttostundenverdienste 2000–2010 – Dekomposition Verdienstdifferenzial (Merkmalseffekte M). (Quelle: SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Der „erklärte Anteil“ des Verdienstdifferenzials in Modell 1 beträgt gut 86 %. Dieser Wert ist höher als derjenige des Statistischen Bundesamtes (dort 63 % für das Jahr 2006, vgl. Finke 2010). Knapp 14 % des Verdienstunterschiedes zwischen Frauen und Männern sind nicht durch geschlechtsspezifische Mittelwerteunterschiede in den unabhängigen Variablen erklärbar. Ein sehr hoher Anteil des Merkmalseffektes geht auf die geringere Berufserfahrung von Frauen im Vergleich zu Männern zurück (vgl. Tab. 1). Der Merkmalseffekt für die Berufserfahrung und sein Quadrat beträgt 0,1833 Einheiten (0,2876–0,1043) und entspricht damit mehr als der Hälfte des Verdienstdifferenzials (0,1833/0,2802). Diskontinuierliche Erwerbsverläufe mit Erwerbsunterbrechungen und Teilzeittätigkeiten von Frauen sind also offenbar nach wie vor zentral für die geschlechtsspezifischen Verdienstunterschiede. Die Wichtigkeit der unterschiedlichen Berufserfahrung von Männern und Frauen für den „gender pay gap“ wird in anderen Studien tendenziell unterschätzt, da die Berufserfahrung häufig aufgrund fehlender Informationen mit Hilfe des Alters und der Ausbildungsjahre approximiert wird (z. B. Achatz et al. 2005; Finke 2010). Auch spielt für die hohe Erklärungsleistung der Berufserfahrung in dem vorliegenden Modell eine Rolle, dass die Teilzeiterfahrung hier nur mit dem halben Gewicht einfließt. Summiert man die Vollzeit- und Teilzeiterfahrung ungewichtet, wird der Merkmalseffekt der Berufserfahrung ebenfalls kleiner (Zahlen nicht dargestellt). Neben der Berufserfahrung leisten aber auch die höhere hierarchische Positionierung von Männern sowie ihre häufigere Erwerbstätigkeit im (höhere Verdienste zahlenden) produzierenden Gewerbe und in größeren Unternehmen nicht unerhebliche Beiträge zur Erklärung des „gender pay gap“.

Auch die Beobachtung, Frauen häufiger als Männer in geringer entlohnten Frauenberufen anzutreffen, trägt bedeutsam zum Verdienstdifferenzial bei. Die Merkmalseffekte für den Indikator „Mischberuf“ und für den Indikator „Frauenberuf“ weisen signifikante Erklärungsleistungen auf. Genauer macht zum Beispiel die Beobachtung, dass Frauen häufiger als Männer in geringer entlohnten Frauenberufen arbeiten, 3 % des Verdienstdifferenzials aus (0,0085/0,2802).

Nach Aufnahme der beruflichen Charakteristika (Modell 3) wird die Erklärungsleistung der Segregation auf das Verdienstdifferenzial insignifikant. Die Arbeitsinhalte weisen teilweise hohe Erklärungsbeiträge zum Verdienstdifferenzial auf. Insbesondere ist der berufsbezogene Indikator zu den weiblich konnotierten Arbeitsinhalten bedeutsam. Die Beobachtung, dass Frauen häufiger als Männer in geringer entlohnenden Berufen mit „weiblichen“ Tätigkeitsprofilen arbeiten, trägt 5 % zur Erklärung des Verdienstdifferenzials bei (0,0139/0,2802). Aber auch die häufigere Erwerbstätigkeit von Männern in Berufen mit „männlichen“ Arbeitsinhalten leistet einen signifikanten Erklärungsbeitrag zum Verdienstdifferenzial. Demgegenüber schwächen die geschlechtsneutralen Arbeitsinhalte die Erklärungsleistung der Arbeitsinhalte auf den „gender pay gap“ ab, da Frauen etwas häufiger als Männer in Berufen mit neutralen Arbeitsinhalten anzutreffen sind (vgl. Tab. 1). Schließlich leistet auch die Beobachtung, Frauen häufiger in Berufen mit geringeren Überstundennorm und damit geringeren Verdiensten anzutreffen, einen signifikanten Erklärungsbeitrag zum „gender pay gap“.

In Tab. 6 sind die Merkmalseffekte der unabhängigen Variablen nochmals gruppiert und aufsummiert für jede Variablengruppe dargestellt. Die höchste Erklärungsleistung des „gender pay gap“ (71 % in Modell 3) geht auf Humankapitalunterschiede, insbesondere auf die Berufserfahrung zurück. Der zweitgrößte Posten zeigt sich bei den Organisationsmerkmalen. Die Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern in verschiedenen Wirtschaftsbranchen sowie in Unternehmen unterschiedlicher Größe weist rund 7 % zur Erklärung des Verdienstdifferenzials auf. Dies unterstreicht nochmals die Bedeutsamkeit von Organisationsmerkmalen zur Erklärung von Geschlechterungleichheiten im Erwerbsleben.

Tab. 6 Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter: Determinanten der Bruttostundenverdienste 2000–2010 – Dekomposition Verdienstdifferenzial (Merkmalseffekte M) – Variablengruppen. (Quelle: SOEP.V27 2000–2010, eigene Berechnungen)

Die Erwerbstätigkeit von Frauen und Männern in Berufen mit unterschiedlichen monetär ab- oder aufgewerteten Arbeitsinhalten spielt ebenfalls eine wichtige Rolle zur Erklärung des „gender pay gap“. Jener Posten trägt in Modell 3 ebenfalls rund 7 % zur Erklärung des Verdienstdifferenzials bei. Kontrolliert um die berufsbezogenen Charakteristika, bewirkt die berufliche Geschlechtersegregation sogar einen Rückgang der Erklärungsleistung für den „gender pay gap“ (allerdings nicht signifikant) um knapp 3 %. Dies geht aus dem negativen Vorzeichen des Merkmalseffekts hervor. Wenn man die anderen Berufscharakteristika dagegen nicht kontrolliert (Modell 1), dann werden deren Merkmalseffekte sozusagen auf denjenigen zur Segregation „übertragen“. Die Verortung von erwerbstätigen Frauen und Männern in geschlechtlich segregierten Berufen macht dann gut 3 % des Verdienstdifferenzials aus. Damit erklärt sich auch die nur unwesentliche Zunahme des gesamten Merkmalseffekts in Modell 3 von 86 auf 87 % nach Aufnahme der berufsbezogenen Charakteristika, obwohl letztere bedeutsame Erklärungsleistungen aufweisen. Die eigentliche Zunahme des gesamten Merkmalseffektes durch diese Variablen zu den Berufscharakteristika wird durch die gleichzeitige Abnahme des Merkmalseffektes zur Segregation wieder aufgehoben. Die Betrachtung beruflicher Charakteristika ist damit also zentral, um die Faktoren zu erkennen, die sich hinter der Segregation als Erklärungsdimension für den „gender pay gap“ verbergen.

6 Zusammenfassung

In der vorliegenden Arbeit wurde die Segregation als Bestimmungsgrund sozialer Ungleichheiten zwischen den Geschlechtern untersucht. Der Fokus lag auf Verdiensten von Männern und Frauen sowie dem „gender pay gap“. Es stand nicht nur die Frage im Zentrum, ob Erwerbstätige in Frauenberufen tatsächlich signifikant geringere Verdienste aufweisen als Erwerbstätige in Männerberufen, und ob die Segregation bedeutsam zur Erklärung des „gender pay gap“ in Deutschland beiträgt. Das Forschungsinteresse galt auch den Faktoren, die hinter solchen Verdienstabschlägen in Frauenberufen stehen, und die über in ökonomischen Theorien postulierten unterschiedlichen Qualifikationsanforderungen in segregierten Berufen hinausgehen. Ausgehend von soziologischen und sozialpsychologischen Statustheorien wurde postuliert, die geringere Entlohnung in Frauenberufen würde auf dort vorherrschende weiblich konnotierte Arbeitsinhalte zurückgehen, die auf dem Arbeitsmarkt ein geringes Prestige aufweisen und daher eine monetäre Abwertung erfahren. Männerberufe dagegen erhalten, so die Annahme, aufgrund der dort häufig vorkommenden „männlichen“ Arbeitsinhalte ein hohes Prestige und eine monetäre Aufwertung. Die Analyse der Hypothesen erfolgte mit Daten des Sozio-oekonomischen Panels 2000–2010 für Erwerbstätige im erwerbsfähigen Alter unter Anwendung linearer Fixed-Effects Modelle zur statistischen Kontrolle der unbeobachteten zeitkonstanten Heterogenität.

In den Modellen bestätigte sich insgesamt die Segregation als eine wichtige Dimension sozialer Ungleichheit bezüglich Bruttostundenverdiensten zwischen den Geschlechtern. Sowohl für Frauen als auch für Männer wirkte die Erwerbstätigkeit in einem Frauenberuf negativ auf die Verdienste. Diese Verdienstnachteile ließen sich zum Teil mit gesellschaftlich abgewerteten „weiblichen“ beziehungsweise aufgewerteten „männlichen“ Arbeitsinhalten erklären: Männlich konnotierte Arbeitsinhalte wirkten verdienststeigernd, weiblich konnotierte Arbeitsinhalte verdienstsenkend. Zudem vermittelte die Aufnahme jener berufsspezifischen Charakteristika in das Modell den Verdiensteffekt der Erwerbstätigkeit in einem Frauenberuf. Frauenberufe weisen also, so die Schlussfolgerung, nicht per se deshalb geringere Verdienste auf, weil sie mehrheitlich von Frauen ausgeübt werden (quantitative Devaluation), sondern auch deshalb, weil jene Berufe bestimmte Arbeitsinhalte aufweisen, die tendenziell Frauen zugeschrieben werden (qualitative Devaluation).

Allerdings zeigten sich sowohl die Verdienstabschläge weiblich konnotierter Arbeitsinhalte als auch die Verdienstzuschläge männlich konnotierter Arbeitsinhalte nur für Männer. Entsprechendes galt für den vermittelnden Effekt der geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalte auf den Zusammenhang zwischen der Segregation und den Verdiensten. Diese Geschlechtsspezifik in den Effekten ist, einhergehend mit sozialpsychologischen Statustheorien, mit unterschiedlichen Kompetenzerwartungen erklärbar, die Frauen und Männern für geschlechtlich konnotierte Arbeitsinhalte entgegengebracht werden. Mit solchen Kompetenzerwartungen gehen entsprechende Statusvor- oder nachteile einher, welche wiederum, so die postulierte Annahme, positiv oder negativ auf die Verdienste wirken. Damit sind, so die Folgerung, gleichzeitig die Verdiensteinbußen für weiblich konnotierte Arbeitsinhalte für Frauen geringer als für Männer; die Verdienstzuschläge für männlich konnotierte Tätigkeitsinhalte sind demgegenüber für Männer höher als für Frauen. Mit anderen Worten wirken offenbar vor allem bei Männern spezifische Mechanismen einer „qualitativen Devaluation“, während bei Frauen möglicherweise eher Mechanismen einer „quantitativen Devaluation“ eine Rolle für Verdienstabschläge in Frauenberufen spielen. Hier besteht weiterer Forschungsbedarf, den Zusammenhang zwischen Segregation und Verdiensten insbesondere bei Frauen konkreter aufzuklären.

Allerdings zeigte sich insbesondere bei Frauen, dass geringere Bruttostundenverdienste in Frauenberufen zum Teil auch auf die in Frauenberufen geringeren Überstundenormen zurückgehen. Der Theorie der „compensating differentials“ zufolge stellt eine solche geringere zeitliche Belastung in Frauenberufen einen nicht-monetären Vorzug dar, da dadurch bessere Vereinbarkeitsmöglichkeiten mit Familienverpflichtungen gegeben sind. Gleichzeitig mag die Beobachtung von Verdienstabschlägen in Berufen mit geringeren Überstundenormen auch mit institutionalisierten Geschlechterrollen in Frauenberufen zusammenhängen.

Schließlich zeigte eine Oaxaca/Blinder-Dekomposition, dass, neben der unterschiedlichen Berufserfahrung von Frauen und Männern und ihrer Verortung in unterschiedlichen Organisationen, die berufsspezifischen Charakteristika zu den geschlechtlich konnotierten Arbeitsinhalten bedeutsam zur Erklärung des „gender pay gap“ beitragen. Nach Aufnahme jener Indikatoren schwand die Erklärungsleistung der Segregation für den „gender pay gap“. Die Betrachtung beruflicher Charakteristika kann damit als zentral angesehen werden, um zu erkennen, welche Faktoren hinter den Verdienstabschlägen in Frauenberufen einerseits und hinter der Erklärungsleistung der Segregation für den „gender pay gap“ andererseits stehen.

Die Ergebnisse der Verdienstschätzungen können zur so genannten „comparable worth“-Debatte beitragen, welche eine monetäre Aufwertung typischer „Frauentätigkeiten“ fordert (England 1992; Krell und Winter 2011). Eine Verringerung des „gender pay gap“ kann demnach nicht nur durch einen verstärkten Eintritt von Frauen in Männerberufe herbeigeführt werden, sondern auch durch eine höhere Entlohnung von Berufen mit weiblich konnotierten Arbeitsinhalten. Hier gilt es, gesellschaftliche Stereotype abzubauen, die haushalts- und personennahe Dienstleistungen im Vergleich zu etwa technikbezogenen Berufen als geringerwertig auf dem Arbeitsmarkt ansehen. Mit anderen Worten: „Der erste Schritt zur Veränderung ist die Aufdeckung ungerechtfertigter, verschiedener Maßstäbe für Frauen und Männer im Arbeitsleben. Eine wichtige Aufgabe ist es Ungleichheit zu erkennen und positive Ansätze zu zeigen, die Klischees und Stereotype überwinden“ (Deutscher Gewerkschaftsbund 2008).

Zusammenfassend verdeutlichte die Analyse zum einen die horizontale berufliche Geschlechtersegregation als eine nach wie vor bedeutsame Dimension sozialer Ungleichheit zwischen den Geschlechtern. Dies stellt die gesellschaftliche Relevanz der Segregation nochmals heraus. Zum anderen leistete sie einen wichtigen Erklärungsbeitrag zu der Frage, wie die Verdienstnachteile in Frauenberufen zu erklären sind. Über einen reinen Residualansatz hinausgehend wurde die geschlechtsspezifisch wirkende Bedeutsamkeit beruflicher Charakteristika, die Verdienstabschläge in Frauenberufen vermitteln können, verdeutlicht. Demnach sind es insbesondere für Männer nicht nur Prozesse einer quantitativen, sondern auch Prozesse einer qualitativen Devaluation, welche die geringeren Verdienste in Frauenberufen erklären. Die Ergebnisse hinterfragen damit auch einmal mehr die humankapitaltheoretischen Erklärungen einer „gerechtfertigten“ unterschiedlichen Entlohnung in Frauen- und Männerberufen. Vielmehr spielen offenbar gesellschaftliche und monetäre Abwertungsprozesse, die über geschlechtlich konnotierte Kompetenzerwartungen vermittelt sind, eine zentrale Rolle. Zur Berücksichtigung dieser geschlechtsspezifischen Kompetenzerwartungen sollte die zukünftige Forschung daher einen stärkeren theoretischen und empirischen Fokus auf sozialpsychologische Statustheorien legen, wie der Theorie der Erwartungszustände. Jene sozialpsychologische Theorie findet in der deutschen Forschungslandschaft bisher noch zu wenig Anwendung.