In den letzten Jahren hat sich „Bone bruise“ in der Unfallchirurgie als neuer Begriff und Verletzungsmuster etabliert. Synonym werden Bezeichnungen wie Knochenödem, -kontusion, Mikrofrakturen oder okkulte Knochenläsion usw. verwendet. Tatsächlich sind Entstehung, Klinik, Morphopholgie und Verlauf dieser häufigen Verletzung noch unklar.

Definition

Bone bruises sind knöcherne Verletzungen, die mittels konventioneller Röntgenaufnahmen und Computertomographie nicht erkannt werden können. Sie lassen sich nur mittels Magnetresonanztomographie feststellen. Mink u. Deutsch [12] definierten sie auf T1-gewichteten Aufnahmen als geografischen und nicht linearen Abschnitt mit Signalverlust des subkortikalen Knochens. In T2-gewichteten Aufnahmen dagegen weisen diese Läsionen eine Signalsteigerung bei intaktem Gelenkknorpel auf [12]. Seit damals wurden Bone bruises häufig beschrieben, besonders am Knie-, aber auch am Handgelenk, Fersenbein, Fuß- und Sprunggelenk, an der Wirbelsäule und der Hüfte [2, 4, 5, 10, 12, 13, 14, 15, 16, 18]. In Abb. 1 ist eine Bone bruise nach geschlossener Talusluxation gezeigt.

Abb. 1
figure 1

Bone bruise nach geschlossener Talusluxation

Entstehung

Der Unfallmechanismus ist weitgehend unklar. Am besten erklärt scheinen Bone bruises im Zusammenhang mit Rupturen des vorderen Kreuzbands. Bis zu 80% der VKB-Rupturen zeigen im MRT eine Bone bruise v. a. im lateralen Femurkondylus bzw. im posterolateralen Abschnitt der Tibia. Sie werden aber auch an stabilen Kniegelenken beobachtet [5, 6, 10, 13, 15, 17, 17, 22] und zeigen sich in ähnlicher Lokalisation nach Giving-way-Attacken bzw. spontanen Pivot-shift-Manövern bei chronischer vorderer Kniegelenkinstabilität. Man kann daraus schließen, dass der Unfallmechanismus, der zu einer Ruptur des vorderen Kreuzbands führt, auch eine Bone bruise verursachen kann. Neben dem Pivotieren wurden am Kniegelenk auch ein direktes Kontakttrauma („dash board“), eine Stauchung bei innenrotiertem, valgischem Kniegelenk und die Patellaluxationen als ursächlich beschrieben [17].

In anderen Lokalisationen werden Bone bruises vermutlich ebenfalls durch die gleichen Unfallmechanismen ausgelöst wie eigentliche Frakturen. So kann davon ausgegangen werden, dass sie durch einen Sturz auf das gestreckte Handgelenk am Kahnbein, an der Speiche oder fortgeleitet am Speichenkopf verursacht werden. Bone bruises nach Schulterluxationen sind in der Regel entsprechend Hill-Sachs-Läsionen lokalisiert.

Offen bleibt, wann bei entsprechendem Unfallmechanismus eine Bone bruise, wann eine komplette Fraktur entsteht, ebenso, welches Ausmaß an kinematischer Energie aufgebracht werden muss, um eine Bone bruise hervorzurufen. Die in Abb. 1 dargestellte Bone bruise des Talus enstand nach dessen ungewöhnlicher Luxation nach vorne und außen. Dazu erscheint ein hohes Ausmaß an traumatischer Energie notwendig. Trotzdem ist keine Fraktur und auch nur eine relativ kleinflächige Bone bruise entstanden.

Thompson et al. [19] beobachteten bei Hunden nach direkter Krafteinleitung auf das patellofemorale Gelenk Frakturen in kalzifizierten Knorpelabschnitten und Spalten im subchondralen Knochen. Vener et al. [21] wiesen elektronenmikroskopisch nach Belastungen von 1,9–2,8 kN auf die metakarpo- bzw. metatarsophalangealen Gelenke von Hunden Risse im kalzifizierten Knorpel und im subchondralen Knochen nach. Größere Belastungen führten zu Frakturen. Escalas u. Curell [8] entdeckten Ödeme und Einblutungen bei intakten subchondralen Knochenstrukturen im Kaninchenmodell. Aufschlussreicher erscheint die Untersuchung von Lahm et al. [11] in einem Tiermodell am Kniegelenk des Hundes, bei dem mit einer Krafteinwirkung von etwa 2100 N Bone bruises erzeugt werden konnten, die sich magnetresonanztomographisch darstellen ließen, bei ansonsten intakt gebliebenen intraartikulären Strukturen. In einer Kadaverstudie war eine Kraftausübung von 5,2 kN ausreichend, um subchondrale Frakturen an der Patella zu erzeugen [1]. Insgesamt ist aber nichts bekannt über

  • das Ausmaß an notwendiger traumatischer Energie,

  • die Richtung der Krafteinwirkung,

  • Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Knochenqualität oder anatomische Region und anatomische Besonderheiten,

die zur Entstehung einer Bone bruise führen oder diese begünstigen. Sie wurden bei Patienten im Alter von 10–79 Jahren in der Literatur berichtet [4, 6, 22].

Morphologie

Sie ist ebenfalls ungeklärt. Bezeichnungen wie Ödem, Einblutung, Mikrofrakturen usw. versuchen, den MRT-Befund zu erläutern. Erst histologische Untersuchungen von Knochenbiopsien aus Bone bruises zeigten, dass es sich um Mikrofrakturen des spongiösen Knochens mit umgebenden Ödemen und Einblutungen in das Fettmark handelt. Zwischen intakten Knochenlamellen befinden sich Nekrosen im Fettmark, Protrusionen von hyalinen Knorpelfragmenten, fragmentierte Knochenbälkchen sowie einsprossende Kapillaren und Zeichen der fokalen Knochenneubildung (Abb. 2).

Abb. 2
figure 2

Histologie einer Bone bruise

Mit Hilfe der Rotationskryotomie konnte die Verletzung auch makroskopisch entsprechend zu den MR-tomographischen Befunden erhoben werden (Abb. 3) [13, 14].

Abb. 3
figure 3

Rotationskryotomie einer Bone bruise

Klinisches Erscheinungsbild

Es ist ebenfalls nicht eindeutig definiert. Im Vordergrund stehen

  • Schmerzen,

  • Gelenkerguss und

  • klinisch kaum relevante Schwellungen.

In einer szintigraphischen Untersuchung von Kniegelenken nach vorderer Kreuzbandruptur wiesen v. a. jene Patienten erhebliche Schmerzen auf, die eine vermehrte szintigraphische Anreicherung zeigten. Es stellt sich somit die Frage, ob diese Patienten gleichzeitig eine Bone bruise erlitten hatten und ob ihnen diese Schmerzen bereitete. In dieser Studie fehlen MR-Tomographien [9].

In Abb. 4 und 5 sind ausgedehnte Bone bruises des Kniegelenks bei 2 42-jährigen Frauen gezeigt, die nach Unfall beim Joggen (Abb. 4) bzw. nach Skisturz (Abb. 5) zu Stande kamen. Die Skiverletzung stellte einen Zufallsbefund dar, war völlig asymptomatisch und bedurfte keinerlei Behandlung. Die beim Joggen entstandene Verletzung dagegen bereitete erhebliche Schmerzen über mehr als 3 Monate hinaus und erforderte eine komplette Sportkarenz.

Abb. 4
figure 4

Bone bruise des Kniegelenks einer 42-jährigen Frau nach Unfall beim Joggen

Abb. 5
figure 5

Bone bruise des Kniegelenks einer 42-jährigen Frau nach Skisturz

Therapie

Auch hierüber besteht keine Klarheit. Es gibt keine Untersuchungen, die ein Behandlungskonzept für Bone bruises evaluierten. Empfehlungen bei isolierten Verletzungen richten sich nach der anatomischen Lokalisation und dem Ausmaß der Beschwerden. So sind bei erheblichen Schmerzen neben lokalen physikalischen Maßnahmen die Einnahme von Analgetika und bei betroffener unterer Extremität evtl. eine schmerzadaptierte Teilbelastung angezeigt. Eine Einschränkung der sportlichen Aktivitäten bis zu 3 Monaten muss erwogen werden. Bei gleichzeitig bestehenden anderen Verletzungen, wie Bandrupturen, steht deren Therapie im Vordergrund und bestimmt das Vorgehen [4, 5, 6, 10, 13].

Verlauf

Er ist ungeklärt. Es gibt Studien, in denen Bone bruises über einen längeren Zeitraum beobachtet, jedoch keine MR-tomographischen Verlaufskontrollen durchgeführt wurden [3, 5, 6, 15, 18, 20, 21]. Nachweise von Veränderungen wurden bis zu 2 Jahre nach dem Unfall berichtet [15]. Abb. 6 zeigt eine Bone bruise injury bei einem Kind im Verlauf von 12 Wochen. Bretlau et al. [3] beobachteten unter 35 Patienten mit Bone bruises diese 4 Monate nach dem Unfall noch bei 69% bzw. 12 Monate nach Unfall noch bei 12% der Patienten. Davies et al. [6] fanden sie bei allen Patienten noch 12–14 Wochen nach dem Unfall. Wright et al. [22] berichteten, dass nach isolierten Bone bruises im Kniegelenk alle Patienten die volle Sportfähigkeit innerhalb von 7 Monaten wieder erreichten.

Abb. 6
figure 6

MR-tomographische Veränderungen einer Bone bruise bei einem Kind im Verlauf von 12 Wochen