Zusammenfassung
Bone bruises sind eindeutige Folge eines Unfallgeschehens. Es handelt sich um Mikrofrakturen des spongiösen Knochens mit Einblutungen, Ödemen und Reparaturprozessen. Die Diagnose lässt sich nur mit Hilfe der MRT stellen. Sie ist angezeigt bei unauffälligem Röntgenbefund, anhaltenden Schmerzen, Funktionseinschränkungen und der Anamnese eines entsprechenden Traumas. Bei der Beurteilung des Befunds und der Interpretation in Zusammenhang mit einem Unfallereignis sind die langen Intervalle, in denen Bone bruises magnetresonanztomographisch nachweisbar sind, in Erwägung zu ziehen. Die Behandlung erfolgt symptomatisch und wird von den häufig vorliegenden Begleitverletzungen (z. B. Bandrupturen) bestimmt. Es gibt keine Anhaltspunkte für durch Bone bruise ausgelöste Spätschäden. Es ist davon auszugehen, dass insbesondere isolierte Verletzungen ohne Residuen ausheilen.
Abstract
Bone bruise injuries are unequivocally the result of an accident. They are microfractures of the cancellous bone with bleeding, oedema and repair processes. They cannot be diagnosed except by MRI examination, which is indicated when X-ray findings are unremarkable, pain persists, function is restricted and there is a history of an injury of the sort that might cause bone bruising. When the findings are evaluated and interpreted with reference to an accident it is necessary to take account of the long intervals in which bone bruises are demonstrable by MRI. Treatment is symptomatic and is determined by the concomitant injuries that often occur with bone bruise injuries (e.g. ligament ruptures). There is no reason to believe that bone bruise injuries trigger any delayed damage. We can assume that isolated injuries of this type in particular heal with no residual damage.
In den letzten Jahren hat sich „Bone bruise“ in der Unfallchirurgie als neuer Begriff und Verletzungsmuster etabliert. Synonym werden Bezeichnungen wie Knochenödem, -kontusion, Mikrofrakturen oder okkulte Knochenläsion usw. verwendet. Tatsächlich sind Entstehung, Klinik, Morphopholgie und Verlauf dieser häufigen Verletzung noch unklar.
Definition
Bone bruises sind knöcherne Verletzungen, die mittels konventioneller Röntgenaufnahmen und Computertomographie nicht erkannt werden können. Sie lassen sich nur mittels Magnetresonanztomographie feststellen. Mink u. Deutsch [12] definierten sie auf T1-gewichteten Aufnahmen als geografischen und nicht linearen Abschnitt mit Signalverlust des subkortikalen Knochens. In T2-gewichteten Aufnahmen dagegen weisen diese Läsionen eine Signalsteigerung bei intaktem Gelenkknorpel auf [12]. Seit damals wurden Bone bruises häufig beschrieben, besonders am Knie-, aber auch am Handgelenk, Fersenbein, Fuß- und Sprunggelenk, an der Wirbelsäule und der Hüfte [2, 4, 5, 10, 12, 13, 14, 15, 16, 18]. In Abb. 1 ist eine Bone bruise nach geschlossener Talusluxation gezeigt.
Entstehung
Der Unfallmechanismus ist weitgehend unklar. Am besten erklärt scheinen Bone bruises im Zusammenhang mit Rupturen des vorderen Kreuzbands. Bis zu 80% der VKB-Rupturen zeigen im MRT eine Bone bruise v. a. im lateralen Femurkondylus bzw. im posterolateralen Abschnitt der Tibia. Sie werden aber auch an stabilen Kniegelenken beobachtet [5, 6, 10, 13, 15, 17, 17, 22] und zeigen sich in ähnlicher Lokalisation nach Giving-way-Attacken bzw. spontanen Pivot-shift-Manövern bei chronischer vorderer Kniegelenkinstabilität. Man kann daraus schließen, dass der Unfallmechanismus, der zu einer Ruptur des vorderen Kreuzbands führt, auch eine Bone bruise verursachen kann. Neben dem Pivotieren wurden am Kniegelenk auch ein direktes Kontakttrauma („dash board“), eine Stauchung bei innenrotiertem, valgischem Kniegelenk und die Patellaluxationen als ursächlich beschrieben [17].
In anderen Lokalisationen werden Bone bruises vermutlich ebenfalls durch die gleichen Unfallmechanismen ausgelöst wie eigentliche Frakturen. So kann davon ausgegangen werden, dass sie durch einen Sturz auf das gestreckte Handgelenk am Kahnbein, an der Speiche oder fortgeleitet am Speichenkopf verursacht werden. Bone bruises nach Schulterluxationen sind in der Regel entsprechend Hill-Sachs-Läsionen lokalisiert.
Offen bleibt, wann bei entsprechendem Unfallmechanismus eine Bone bruise, wann eine komplette Fraktur entsteht, ebenso, welches Ausmaß an kinematischer Energie aufgebracht werden muss, um eine Bone bruise hervorzurufen. Die in Abb. 1 dargestellte Bone bruise des Talus enstand nach dessen ungewöhnlicher Luxation nach vorne und außen. Dazu erscheint ein hohes Ausmaß an traumatischer Energie notwendig. Trotzdem ist keine Fraktur und auch nur eine relativ kleinflächige Bone bruise entstanden.
Thompson et al. [19] beobachteten bei Hunden nach direkter Krafteinleitung auf das patellofemorale Gelenk Frakturen in kalzifizierten Knorpelabschnitten und Spalten im subchondralen Knochen. Vener et al. [21] wiesen elektronenmikroskopisch nach Belastungen von 1,9–2,8 kN auf die metakarpo- bzw. metatarsophalangealen Gelenke von Hunden Risse im kalzifizierten Knorpel und im subchondralen Knochen nach. Größere Belastungen führten zu Frakturen. Escalas u. Curell [8] entdeckten Ödeme und Einblutungen bei intakten subchondralen Knochenstrukturen im Kaninchenmodell. Aufschlussreicher erscheint die Untersuchung von Lahm et al. [11] in einem Tiermodell am Kniegelenk des Hundes, bei dem mit einer Krafteinwirkung von etwa 2100 N Bone bruises erzeugt werden konnten, die sich magnetresonanztomographisch darstellen ließen, bei ansonsten intakt gebliebenen intraartikulären Strukturen. In einer Kadaverstudie war eine Kraftausübung von 5,2 kN ausreichend, um subchondrale Frakturen an der Patella zu erzeugen [1]. Insgesamt ist aber nichts bekannt über
-
das Ausmaß an notwendiger traumatischer Energie,
-
die Richtung der Krafteinwirkung,
-
Einflussfaktoren wie Alter, Geschlecht, Knochenqualität oder anatomische Region und anatomische Besonderheiten,
die zur Entstehung einer Bone bruise führen oder diese begünstigen. Sie wurden bei Patienten im Alter von 10–79 Jahren in der Literatur berichtet [4, 6, 22].
Morphologie
Sie ist ebenfalls ungeklärt. Bezeichnungen wie Ödem, Einblutung, Mikrofrakturen usw. versuchen, den MRT-Befund zu erläutern. Erst histologische Untersuchungen von Knochenbiopsien aus Bone bruises zeigten, dass es sich um Mikrofrakturen des spongiösen Knochens mit umgebenden Ödemen und Einblutungen in das Fettmark handelt. Zwischen intakten Knochenlamellen befinden sich Nekrosen im Fettmark, Protrusionen von hyalinen Knorpelfragmenten, fragmentierte Knochenbälkchen sowie einsprossende Kapillaren und Zeichen der fokalen Knochenneubildung (Abb. 2).
Mit Hilfe der Rotationskryotomie konnte die Verletzung auch makroskopisch entsprechend zu den MR-tomographischen Befunden erhoben werden (Abb. 3) [13, 14].
Klinisches Erscheinungsbild
Es ist ebenfalls nicht eindeutig definiert. Im Vordergrund stehen
-
Schmerzen,
-
Gelenkerguss und
-
klinisch kaum relevante Schwellungen.
In einer szintigraphischen Untersuchung von Kniegelenken nach vorderer Kreuzbandruptur wiesen v. a. jene Patienten erhebliche Schmerzen auf, die eine vermehrte szintigraphische Anreicherung zeigten. Es stellt sich somit die Frage, ob diese Patienten gleichzeitig eine Bone bruise erlitten hatten und ob ihnen diese Schmerzen bereitete. In dieser Studie fehlen MR-Tomographien [9].
In Abb. 4 und 5 sind ausgedehnte Bone bruises des Kniegelenks bei 2 42-jährigen Frauen gezeigt, die nach Unfall beim Joggen (Abb. 4) bzw. nach Skisturz (Abb. 5) zu Stande kamen. Die Skiverletzung stellte einen Zufallsbefund dar, war völlig asymptomatisch und bedurfte keinerlei Behandlung. Die beim Joggen entstandene Verletzung dagegen bereitete erhebliche Schmerzen über mehr als 3 Monate hinaus und erforderte eine komplette Sportkarenz.
Therapie
Auch hierüber besteht keine Klarheit. Es gibt keine Untersuchungen, die ein Behandlungskonzept für Bone bruises evaluierten. Empfehlungen bei isolierten Verletzungen richten sich nach der anatomischen Lokalisation und dem Ausmaß der Beschwerden. So sind bei erheblichen Schmerzen neben lokalen physikalischen Maßnahmen die Einnahme von Analgetika und bei betroffener unterer Extremität evtl. eine schmerzadaptierte Teilbelastung angezeigt. Eine Einschränkung der sportlichen Aktivitäten bis zu 3 Monaten muss erwogen werden. Bei gleichzeitig bestehenden anderen Verletzungen, wie Bandrupturen, steht deren Therapie im Vordergrund und bestimmt das Vorgehen [4, 5, 6, 10, 13].
Verlauf
Er ist ungeklärt. Es gibt Studien, in denen Bone bruises über einen längeren Zeitraum beobachtet, jedoch keine MR-tomographischen Verlaufskontrollen durchgeführt wurden [3, 5, 6, 15, 18, 20, 21]. Nachweise von Veränderungen wurden bis zu 2 Jahre nach dem Unfall berichtet [15]. Abb. 6 zeigt eine Bone bruise injury bei einem Kind im Verlauf von 12 Wochen. Bretlau et al. [3] beobachteten unter 35 Patienten mit Bone bruises diese 4 Monate nach dem Unfall noch bei 69% bzw. 12 Monate nach Unfall noch bei 12% der Patienten. Davies et al. [6] fanden sie bei allen Patienten noch 12–14 Wochen nach dem Unfall. Wright et al. [22] berichteten, dass nach isolierten Bone bruises im Kniegelenk alle Patienten die volle Sportfähigkeit innerhalb von 7 Monaten wieder erreichten.
Literatur
Atkinson PJ, Haut RC (1995) Subfracture insult to the human cadaver patellofemoral joint produces occult injury. J Orthop Res 13: 936–944
Bohndorf K (1999) Imaging of acute injuries of the articular surfaces (chondral, osteochondral and subchondral fractures). Skeletal Radiol 28: 545–560
Bretlau T, Tuxoe J, Larsen L et al. (2002) Bone bruise in the acutely injured knee. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 10: 96–101
Brown KW, Morrison WB, Schweitzer ME et al. (2004) MRI findings associated with distal tibiofibular syndesmosis injury. AJR Am J Roentgenol 182: 131–136
Costa-Paz M, Muscolo DL, Ayerza M et al. (2001) Magnetic resonance imaging follow-up study of bone bruises associated with anterior cruciate ligament ruptures. Arthroscopy 17: 445–449
Davies NH, Niall D, King LJ et al. (2004) Magnetic resonance imaging of bone bruising in the acutely injured knee-short term outcome. Clin Radiol 59: 439–445
Dienst M, Blauth M (2000) Bone bruise of the calcaneus. A case report. Clin Orthop 378: 202–205
Escalas F, Curell R (1994) Occult posttraumatic bone injury. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 2: 147–149
Fritschy D, Daniel DM, Rossman D et al. (1993) Bone imaging after acute hemarthrosis. Knee Surg Sports Traumatol Arthrosc 1: 20–27
Hofmann S, Kramer J, Breitenseher M et al. (2003) Das schmerzhafte Knochenmarködem im Kniegelenk. Arthroskopie 16: 88–101
Lahm A, Uhl M, Edlich M et al. (2005) An experimental canine model for subchondral lesions of the knee joint. Knee 12: 51–55
Mink JH, Deutsch AL (1989) Occult cartilage and bone injuries of the knee: detection, classification, and assessment with MR imaging. Radiology 170: 823–829
Rangger C, Klestil T, Kathrein A et al. (1996) Influence of magnetic resonance imaging on indications for arthroscopy of the knee. Clin Orthop 330: 133–142
Rangger C, Kathrein A, Freund MC et al. (1998) Bone bruise of the knee. Acta Orthop Scand 69: 291–294
Roemer FW, Bohndorf K (2002) Long-term osseous sequelae after acute trauma of the knee joint evaluated by MRI. Skeletal Radiol 31: 615–623
Saifuddin A (2001) MRI of acute spinal trauma. Skeletal Radiol 30: 237–246
Sanders TG, Medynski MA, Feller JF et al. (2000) Bone contusion patterns of the knee at MR imaging: Footprint of the mechanism of injury. Radiographics 20: S135–151
Teli M, De Roeck N, Horowitz MD et al. (2004) Radiographic outcome of vertebral bone bruise associated with fracture of the thoracic and lumbar spine in adults. Eur Spine J, published online
Thompson R, Oegema TR, Lewis JL et al. (1991) Osteoarthritic changes after acute transarticular load. J Bone Joint Surg Am 73-A: 990–1001
Vellet AD, Marks PH, Fowler PJ et al. (1991) Occult posttraumatic osteochondral lesions of the knee: prevalence, classification, and short-term sequelae evaluated with MR imaging. Radiology 178: 271–276
Vener MJ, Thompson RC, Lewis JL et al. (1992) Subchondral damage after acute transarticular loading: an in vitro model of joint injury. J Orthop Res 10: 759–765
Wright RW, Phaneuf MA, Limbird TJ et al. (2000) Clinical outcome of isolated subcortical trabecular fractures (bone bruise) detected on magnetic resonance imaging in knees. Am J Sports Med 28: 663–667
Interessenkonflikt
Es besteht kein Interessenkonflikt. Der korrespondierende Autor versichert, dass keine Verbindungen mit einer Firma, deren Produkt in dem Artikel genannt ist, oder einer Firma, die ein Konkurrenzprodukt vertreibt, bestehen. Die Präsentation des Themas ist unabhängig und die Darstellung der Inhalte produktneutral.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Rights and permissions
About this article
Cite this article
Rangger, C., Goost, H., Kabir, K. et al. Bone bruise. Trauma Berufskrankh 8 (Suppl 2), S178–S181 (2006). https://doi.org/10.1007/s10039-006-1134-y
Issue Date:
DOI: https://doi.org/10.1007/s10039-006-1134-y
Schlüsselwörter
- Bone bruise
- Mikrofrakturen des spongiösen Knochens
- Magnetresonanztomographie
- Begleitverletzungen
- Ausheilung