Bei der Entwicklung hormonaler Kontrazeptiva wurde zunächst versucht, den natürlichen Menstruationszyklus zu imitieren. Daher wurden für kombinierte Kontrazeptiva konventionelle Einnahmeschemata entwickelt, bei denen für 21 Tage eine Kombination von Ethinylöstradiol (EE) und einem Gestagen gegeben wird, gefolgt von einem hormonfreien Intervall von 7 Tagen. Im hormonfreien Intervall kommt es typischerweise zur Entzugsblutung. Neben diesem sog. konventionellen Einnahmemodus wurden hormonale Kontrazeptiva jedoch auch bald über einen längeren Zeitraum gegeben, daraus entwickelte sich der „Langzyklus“.

Im Folgenden wird der Langzyklus mit der konventionellen Pilleneinnahme verglichen, und es werden Vor- und Nachteile des jeweiligen Anwendungsmodus diskutiert. Die Anwendung des Langzyklus mit intravaginalen oder transdermalen Kontrazeptiva wird in diesem Beitrag nicht spezifisch besprochen. Es kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Kernaussagen, die zum oralen Langzyklus getroffen werden, auch für intravaginale und transdermale Systeme Gültigkeit besitzen.

Bedeutung der Menstruationsblutung

Aufgrund häufigerer Schwangerschaften und längerer Stillperioden mit Amenorrhö hatten Frauen in früheren Jahrhunderten vergleichsweise weniger Menstruationsblutungen als heute. Zur Zeit der „Jäger und Sammler“ hatten Frauen vermutlich weniger als 50 Blutungen im Laufe ihres Lebens, gegen Ende des 19. Jahrhunderts waren es durchschnittlich ca. 160, heute erlebt die „moderne Frau“ maximal etwa 450 Menstruationsblutungen (abzüglich Schwangerschaften/Stillperioden [50, 52]). Schon aus diesen Daten ergibt sich, dass die Wahrscheinlichkeit für eine Frau, unter zyklusabhängigen Beschwerden zu leiden, heute viel höher ist als früher.

Die Wahrscheinlichkeit für zyklusabhängige Beschwerden ist heute viel höher als früher

Der regelmäßigen Menstruationsblutung wurde bis zum Ende des 18. Jahrhunderts eine „reinigende und auch entgiftende Funktion“ zugeschrieben [53]. Es gibt jedoch keine physiologische Notwendigkeit für Frauen ohne Kinderwunsch, regelmäßige Menstruationsblutungen zu haben. Dabei muss allerdings beachtet werden, dass eine langjährige Oligo‑/Amenorrhö bei chronischer Anovulation – sofern noch eine basale endogene Östrogensekretion vorliegt – aufgrund des fehlenden zyklischen Gestageneffektes mit einem erhöhten Endometriumkarzinomrisiko einhergehen kann. Die Anpassung des „Pillenschemas“ an den 28-Tage-Zyklus bei der Entwicklung der ersten Generation hormonaler Kontrazeptiva folgte eher soziologischen und kulturellen Erwägungen (s. oben) als biologischen Überlegungen [22].

Es gibt eine Reihe zyklusabhängiger Beschwerden, die für die Betroffenen und auch aus medizinischer Sicht eine Verringerung der Anzahl der Menstruationen sinnvoll erscheinen lassen und bei denen die Anwendung der Pille im Langzyklus ein probates therapeutisches Konzept darstellt:

  • perimenstruelle Blutungsstörung,

  • prämenstruelles Syndrom (PMS),

  • Dysmenorrhö und

  • zyklusabhängige Migräne.

Ebenso zeigen bestimmte Erkrankungen eine ausgesprochen zyklusabhängige Beschwerdesymptomatik, z. B. Endometriose, Uterus myomatosus, Polyzystisches Ovarsyndrom (PCOS), und auch in diesen Fällen können die betroffenen Frauen von der Verringerung der Anzahl der Menstruationsblutungen profitieren [11, 15].

Unabhängig von diesem vorteilhaften Effekt des Langzyklus auf menstruationsbedingte Beschwerden entspricht eine seltenere Menstruationsblutung offensichtlich auch der Präferenz vieler Frauen. So zeigen internationale Untersuchungen, dass die Mehrheit der Frauen aller Altersgruppen weniger Menstruationen bevorzugen oder ganz auf die Blutungen verzichten würde – vorausgesetzt, es wären keine gesundheitlichen Nachteile damit verbunden [17, 20, 29, 52]. Diese Präferenz stellt sich in verschiedenen Kulturkreisen und Ethnien gleichermaßen dar. Darüber hinaus gibt es auch z. T. ganz pragmatische Gründe für die Empfehlung zum Langzyklus: Amerikanische Soldatinnen gaben an, dass sie insbesondere während des Einsatzes die Unterdrückung der Menstruationsblutung präferieren [44].

Zu den von Laien z. T. genannten Bedenken gegen das Verschieben oder die vollständige Unterdrückung der spontanen Menstruationsblutung gehören:

  • „Aufstau“ von Menstrualblut,

  • Entwicklung eines unnatürlichen Hormongleichgewichtes und

  • unbemerkter Eintritt einer Schwangerschaft.

Die Sorge des „Aufstaus“ von Menstrualblut sowie der Entwicklung eines unnatürlichen Hormongleichgewichtes entsprechen tatsächlich Laienvorstellungen und sind aus physiologischer Sicht nicht berechtigt. Der unbemerkte Eintritt einer Schwangerschaft ist – auch bei der Anwendung des Langzyklus – nicht völlig ausgeschlossen, stellt aber sicher ein extrem seltenes Ereignis dar. Eine potenziell häufige Nebenwirkung bei der Anwendung des Langzyklus sind Blutungsstörungen, die sich meist in der ersten Einnahmephase zeigen und anschließend sistieren.

Definitionen

In der Literatur zur Applikationsweise hormonaler Kontrazeptiva gibt es unterschiedliche Begriffe, die zur Beschreibung des Einnahmemodus verwendet werden. Die gebräuchlichsten Begriffe werden in Tab. 1 stichwortartig erläutert.

Tab. 1 Einnahmemodi hormonaler Kontrazeptiva

Entwicklung des Langzyklus bzw. des kontinuierlichen Regimes

Nachdem vor inzwischen mehr als 50 Jahren die ersten Kombinationspräparate auf den Markt kamen, wurden zunächst unterschiedliche Kombinationen von EE und Gestagenen erprobt. Darüber hinaus wurden nach und nach die Dosierungen des Östrogen- sowie Gestagenanteils reduziert. Neben den monophasischen Pillen wurden auch Zweiphasenpräparate sowie zwei-, drei- und vierstufige Kombinationspräparate entwickelt, sodass recht bald ein umfangreiches Portfolio verschiedener Pillenpräparate verfügbar war. Bei der Wahl des jeweiligen Präparates bzw. der individuellen Kontrazeptionsmethode orientiert sich die typische Anwenderin vor allem an folgenden Aspekten:

  • Sicherheit,

  • Einfachheit der Anwendung,

  • günstiges Blutungsprofil und

  • Freiheit von unerwünschten Nebenwirkungen.

Auch für die Anwendung des Langzyklus sind den Anwenderinnen die o. g. Aspekte wichtig, daher soll hierzu der Stand der Literatur dargestellt werden.

Kontrazeptive Sicherheit

Die Sicherheit einer Kontrazeptionsmethode wird üblicherweise mit dem Pearl-Index beschrieben. Für moderne Pillenpräparate erwartet man heute einen Pearl-Index deutlich unter 1. Dabei muss jedoch beachtet werden, dass der Pearl-Index in Zulassungsstudien für neue Pillenpräparate durch gutes Monitoring und Schulung der Probandinnen zwar meist deutlich unter 1 liegt, es in der Routineanwendung jedoch sehr viel häufiger zu Anwendungsfehlern und „Pillenversagern“ kommt und dass damit der tatsächliche Pearl-Index höher liegt. So konnte in einer 2017 veröffentlichten Studie [41] gezeigt werden, dass mindestens 47 % der Frauen aller Altersgruppen während eines Beobachtungzeitraums von 3 Monaten Einnahmefehler einräumen. Mehr als 8 % der Anwenderinnen gaben an, während des o. g. Zeitraums die Pilleneinnahme mindestens 4‑mal oder häufiger vergessen zu haben (Abb. 1).

Abb. 1
figure 1

Häufigkeit von Pilleneinnahmefehlern durch Anwenderinnen. (Mod. nach [41])

Diese Zahlen zeigen, weshalb schon seit vielen Jahren daran gearbeitet wird, durch andere Applikationsformen oder Einnahmeregimes Anwendungsfehler zu reduzieren und dadurch die kontrazeptive Sicherheit noch weiter zu erhöhen.

Seit den 1970er-Jahren wird zum Langzyklus bzw. zur kontinuierlichen Pilleneinnahme geforscht

Seit den 1970er-Jahren gibt es Forschungsaktivitäten zum Langzyklus bzw. zur kontinuierlichen Pilleneinnahme [32]. Das erste Präparat wurde 2003 von der US-amerikanischen Behörde FDA (Food and Drug Administration) ausdrücklich für den Langzyklus zugelassen. Dabei handelte es sich um ein Kombinationspräparat mit 30 µg EE und 150 µg Levonorgestrel für die kontinuierliche Anwendung über 84 Tage (entsprechend 4 Blistern) mit nachfolgend 7 hormonfreien Tagen. In den folgenden Jahren wurden Modifikationen dieses Einnahmeschemas entwickelt, insbesondere wurde das hormonfreie Intervall durch ein „low-dose“ EE-Intervall ersetzt. Damit kann ein noch besserer Effekt auf die Suppression der Ovulation erzielt werden und Symptome, die potenziell auf den Östrogenabfall zurückzuführen sind, konnten damit reduziert werden. Um die – gerade in der Anfangsphase – oftmals auftretenden Blutungsstörungen zu reduzieren wurden Präparate mit aufsteigender EE-Dosis zur Anwendung im Langzyklus entwickelt, z. B. Quartette® (Fa. TEVA; 42 d: 150 µg LNG + 20 µg EE, dann 21 Tage: 150 µg LNG + 25 µg EE, dann 21 Tage: 150 µg LNG + 30 µg EE, dann 7 Tage: 10 µg EE).

Bislang ist unklar, ob ein solches Regime den „low-dose“ Präparaten mit fixer Kombination überlegen ist. So konnte auch für LoSeasonique® (Fa. TEVA; 84 Tage: 100 µg LNG + 20 µg EE; anschließend 7 Tage: 10 µg EE; [27]) ein günstiges Anwendungsprofil gezeigt werden.

Das einzige derzeit auf dem Markt zugelassene Präparat zur kontinuierlichen Anwendung – ohne hormonfreies Intervall – ist Lybrel® (Fa. Wyeth). Es enthält eine fixe Kombination aus 90 µg LNG + 20 µg EE.

In Deutschland sind derzeit 2 zugelassene Präparate für den Langzyklus mit Pause verfügbar:

  • Seasonique® (30 µg EE + 0,15 mg LNG über 84 Tage, gefolgt von 7 Tabletten mit 10 µg EE) und

  • VELMARI Langzyklus® (Fa. Exeltis: 20 µg EE + 3 mg DRSP [Drospirenon] über maximal 120 Tage, dann 4 Tage Pause).

Bei der konventionellen Einnahme der Pille kommt es während des hormonfreien Intervalls zum Anstieg von follikelstimulierendem Hormon (FSH). Dies kann zur Rekrutierung von Follikeln führen, die sich auch noch in der ersten Woche des neuen Einnahmezyklus weiterentwickeln. Einnahmefehler in dieser ersten Phase der Pillenanwendung sind daher mit dem höchsten Risiko einer unerwünschten Schwangerschaft verbunden [52]. Die Verkürzung des hormonfreien Intervalls, z. B. auf 4 statt 7 Tage, führt bereits zu einer höheren kontrazeptiven Sicherheit, da die Follikelreifung sehr viel besser unterdrückt wird als bei einem 7‑tägigen hormonfreien Intervall [26]. Das vollständige Auslassen des hormonfreien Intervalls mit kontinuierlicher Einnahme von EE und Gestagen führt dementsprechend zu einer noch besseren Suppression der Follikelreifung und damit zu einer höheren Sicherheit [2, 7, 23].

In ihrer Metaanalyse [31] unter Einschluss von 161 Studien konnten auch London und Jensen die Vorteile eines „low-dose“ Östradiolintervalls gegenüber einem hormonfreien Intervall im Hinblick auf die ovarielle Suppression und die daraus resultierende kontrazeptive Sicherheit aufzeigen. Dies wird in einer Arbeit von Fiala et al. [21] bestätigt. Ungeachtet des Effektes auf die ovarielle Suppression erscheint den meisten Anwenderinnen der Langzyklus einfacher umsetzbar zu sein als das klassische Schema, da das fehlende bzw. seltene einnahmefreie Intervall weniger Fehlermöglichkeiten bei der Fortsetzung der Pilleneinnahme bietet [17]. Dennoch konnte aufgrund der Heterogenität der in dieser Cochrane-Analyse zusammengefassten Studien ein signifikanter Vorteil des Langzyklusschemas in der kontrazeptiven Sicherheit nicht abschließend belegt werden.

Gesundheitliche Risiken und Endometriumschutz

Thromboembolische Ereignisse

Um die Sicherheit eines Kontrazeptivums zu beurteilen, muss man sich mit der Inzidenz typischer Nebenwirkungen beschäftigen. Jede Einnahme eines kombinierten hormonalen Kontrazeptivums führt zu einem Anstieg des Risikos für thromboembolische Ereignisse. Es konnte gezeigt werden, dass das Risiko für ein thrombembolisches Ereignis im ersten Jahr der Anwendung eines Pillenpräparates vergleichsweise hoch ist und danach deutlich abfällt. Darüber hinaus ist das Risiko u. a. von der in dem Kombinationspräparat enthaltenen EE-Dosis und dem jeweiligen Gestagen abhängig [14]. Im Vergleich weisen die Pillenpräparate der ersten Generation mit einem EE-Anteil >50 µg ein höheres VTE(venöse Thrombembolie)-Risiko auf als neuere Präparate mit 10–30 µg EE. Es gibt keinen Hinweis darauf, dass EE-Dosierungen <30 µg mit einer weiteren Reduktion des VTE-Risikos verbunden sind.

Für die Pillenanwendung im Langzyklus wurde ein Anstieg des VTE-Risikos vermutet, da es zu einer höheren EE-Exposition kommt. In einer aktuellen Cochrane-Analyse [17] konnten die Autoren in 12 kontrollierten Studien nachweisen, dass es bei Anwendung der Pille im Langzyklus oder der kontinuierlichen Gabe zu keinem Anstieg des VTE-Risikos im Vergleich zur zyklischen Anwendung kommt. Nappi et al. [39] konnten aufzeigen, dass die Anwendung des Langzyklus im Vergleich zum konventionellen Regime zu keiner signifikanten Änderung der Gerinnungsparameter führt.

Stoffwechseleffekte beim Langzyklus

Eine Frage, der man bereits sehr früh in der Entwicklung von Präparaten zur kontinuierlichen oder Langzyklusanwendung nachgegangen ist, betrifft die Effekte auf den Stoffwechsel. Es konnte gezeigt werden, dass zwischen der zyklischen (21 d) und der kontinuierlichen oder Langzyklusanwendung kein Unterschied im Hinblick auf den Lipid‑, Kohlehydrat-, und Gerinnungsstoffwechsel besteht. Ebenso konnte nach einem Jahr Anwendung kein Unterschied im Effekt auf die SHBG(„sex hormone binding globulin“)-Sekretion gesehen werden [45].

Wirkung am Endometrium

Eine längerdauernde Oligo‑/Amenorrhö bei Frauen, die sich keiner hormonellen Therapie unterziehen, geht mit einem erhöhten Risiko zur Entwicklung einer endometrialen Hyperplasie bzw. einem Anstieg des Endometriumkarzinomrisikos einher – sofern noch eine basale endogene Östrogensekretion vorliegt. Bei Frauen, die eine hormonale Kontrazeptionsmethode anwenden, ergibt sich keine Notwendigkeit für eine (regelmäßige) Menstruationsblutung: die Gestagenkomponente sorgt für eine entsprechende Suppression der endometrialen Proliferation. Zwar führt das hormonfreie Intervall zum Abbluten des Endometriums, eine physiologische Notwendigkeit lässt sich jedoch daraus nicht ableiten [6].

Anderson et al. [3] untersuchten den Effekt des Langzyklus mit „low-dose“ EE (10 µg) statt hormonfreiem Intervall bei 63 Frauen vor und nach Pillenanwendung über ein Jahr. Es konnte kein pathologischer Effekt auf das Endometrium nachgewiesen werden, und nach Absetzen des Präparates kam es prompt wieder zur normalen Zyklizität [3]. Auch Edelman et al. [17] konnten in ihrer Metaanalyse zwischen dem Langzyklus und der konventionellen Anwendung keinen Unterschied im Hinblick auf eine endometriale Pathologie nachweisen, sodass davon auszugehen ist, dass der Langzyklus/die kontinuierliche Anwendung im Vergleich zur zyklischen Gabe kein Risiko für die Entstehung einer Hyperplasie bzw. eines Endometriumkarzinoms darstellt.

Beim Langzyklus mit niedrigdosierten Präparaten über 2 Jahre kam es nicht zu einer „post pill amenorrhea“

Bei Anwendung der Pillen früherer Generationen kam es – aufgrund der höheren Dosierung und der damit einhergehenden stärkeren Suppression der Hypophyse – zum Teil zu einer „post pill amenorrhea“ und damit zu einer verzögerten Rückkehr zur normalen Fertilität. Bei Anwendung des Langzyklus mit den heute üblichen niedrigdosierten Präparaten über einen Zeitraum von 2 Jahren konnte eine solche Verzögerung nicht nachgewiesen werden [2, 28].

Anwendung des Langzyklus bei zyklusabhängigen Erkrankungen

Endometriose

Die Endometriose imponiert klinisch vor allem durch die Symptome Dysmenorrhö, Blutungsstörungen und Infertilität. Es handelt sich um eine östrogenabhängige Erkrankung, und die Ausprägung der Symptomatik unterliegt – entsprechend den zyklischen hormonellen Veränderungen – starken Schwankungen mit einem perimenstruellen „peak“. Die Unterdrückung der Menstruationsblutung bzw. der zyklischen Hormonschwankungen stellt daher ein lang bewährtes Behandlungskonzept bei Endometriose dar. Durch Gabe eines Kombinationspräparates kommt es zu einer deutlichen Suppression der ovariellen Steroidsynthese sowie einem signifikanten SHBG-Anstieg. Die Gestagenwirkung führt zu einer Atrophisierung der Endometrioseläsionen, dies wird durch die effektive Suppression der endogenen Östradiolsekretion verstärkt. Zwar führt das mit dem Kontrazeptivum zugeführte EE zu einer Unterdrückung der Östrogenmangelsymptome, doch der proliferative Effekt auf Endometrioseläsionen ist eher gering.

Bei Anwendung des konventionellen Regimes führt das hormonfreie Intervall durch die Unterbrechung der ovariellen Suppression zu einem Anstieg der endogenen Steroidsekretion. Dies wiederum führt zur Verstärkung der Endometriosesymptome, und im hormonfreien Intervall kann es sehr wohl zur Proliferation der Endometriosezellen kommen.

Vercellini et al. [51] verglichen den Effekt des Langzyklus mit dem der konventionellen Pillengabe bei Patientinnen nach Operation einer Endometriose: 50 Patientinnen, die postoperativ bei zyklischer Anwendung eines Kombinationspräparates erneut endometriosetypische Beschwerden entwickelt hatten, wurden auf einen Langzyklus (kontinuierliche Gabe) umgestellt. Es kam zu einer signifikanten Verbesserung des Schmerz-Scores. Dieses Outcome wurde in einer rezenten Metaanalyse [55] bestätigt. Ihre Autoren konnten 4 Studien identifizieren, in denen die postoperative Anwendung des Langzyklus bei Endometriose untersucht wurde: Es fand sich eine deutliche Reduktion der Dysmenorrhö und des unspezifischen Unterbauchschmerzes, ebenso traten Rezidivendometriome deutlich seltener auf.

Zusammenfassend lässt sich damit sagen, dass die Anwendung des Langzyklus für Frauen mit Endometriose ein etabliertes Behandlungskonzept darstellt, das gegenüber dem konventionellen Regime deutliche Vorteile aufweist.

Uterus myomatosus

Auch Myome gehören – wie die Endometriose – zu den östrogenabhängigen Erkrankungen. Klinisch stehen die Symptome Dysmenorrhö, Menorrhagie und Infertilität im Vordergrund. Es wurde beschrieben, dass die Inzidenz von Myomen durch Gabe kombinierter Kontrazeptiva reduziert werden kann. Gleichwohl muss man davon ausgehen, dass nicht das Auftreten der Myome an sich, sondern die myomtypischen Symptome unterdrückt werden, und daher die Diagnose seltener gestellt wird [35]. Bei myombedingten Blutungsstörungen kann die Gabe eines Kombinationspräparates zu einer Verbesserung der Symptomatik führen. Die Vorteile des Langzyklus beim Uterus myomatosus ergeben sich somit analog zur Darstellung bei der Endometriose.

Das Polyzystische Ovarsyndrom

Das PCOS gehört zu den häufigsten Endokrinopathien. In Mitteleuropa sind 5–8 % der Frauen betroffen. Klinisch stehen die Symptome Blutungsstörungen (Oligo‑/Amenorrhö), Hyperandrogenismus und Infertilität im Vordergrund. Die Verordnung eines Kombinationspräparates im konventionellen Regime zur Zyklusregulation gehört zu den etablierten therapeutischen Optionen. Gleichzeitig kommt es durch das Kombinationspräparat zur einer signifikanten Reduktion der ovariellen Androgensekretion sowie zu einem Anstieg der SHBG-Sekretion und damit zur Verminderung des Anteils freier Androgene. Mit Beginn des hormonfreien Intervalls bei der konventionellen Anwendung steigt auch der Androgenspiegel erneut an, und es kommt zu einer tendenziellen Verschlechterung des Hyperandrogenismus.

Aus therapeutischer Sicht wird somit eine gleichbleibende Suppression der Androgensekretion angestrebt, daher stellt der Langzyklus für diese Situation die Therapie der Wahl dar.

Caruso et al. [10] konnten nachweisen, dass es bei Anwendung des kontinuierlichen Regimes (Hormongabe über 192 Tage; Kombinationspräparat: 20 µg EE + 3 mg DRSP) zu einer signifikanten Verbesserung des Ferriman-Gallwey-Scores kam. Ebenso besserten sich die Seborrhö sowie die Akne deutlich. Im Hormonstatus fand sich vor allem eine Reduktion der Gesamt-Testosteron-Serumkonzentration sowie des FAI (Freies-Androgen-Index). Der SHBG-Spiegel stieg erwartungsgemäß signifikant an.

Bei PCOS häufig auftretende Komorbiditäten können Kontraindikationen für die Verordnung eines KOK darstellen

Um einen möglichst guten antiandrogenen Effekt zu erzielen, sollten Präparate gewählt werden, die einen antiandrogenen Gestagenanteil enthalten (Cyproteronacetat, Chlormadinonacetat, Dienogest oder DRSP), während auf Gestagene mit partieller Androgenwirkung (z. B. Levonorgestrel) eher verzichtet werden sollte. Es gilt dann zu beachten, dass diese Präparate keine Zulassung für den Langzyklus haben, und es sich damit um einen Off-label-Use handelt. Darüber hinaus muss für den Einsatz von Kombinationspräparaten – gleichgültig ob im konventionellen Regime oder als Langzyklus – beachtet werden, dass Frauen mit PCOS oftmals eine erhebliche Komorbidität aufweisen (Adipositas, Fettstoffwechselstörungen, metabolisches Syndrom etc.) und sich daraus ggf. Kontraindikationen für die Anwendung hormonaler Kombinationspräparate ergeben können.

Insgesamt hat sich die Anwendung von antiandrogenen Kombinationspräparaten im Langzyklus bei Frauen mit PCOS und Hyperandrogenismus bewährt und wird in dieser Form auch in den aktuellen Leitlinien und Empfehlungen aufgeführt [5, 19, 24].

Prämenstruelles Syndrom

Als prämenstruelles Syndrom werden komplexe körperliche und emotionale Beschwerden im Zusammenhang mit dem Menstruationszyklus bezeichnet, die 4–14 Tage vor dem Eintreten der Blutung auftreten und typischerweise mit Beginn der Regel sistieren. Der Schweregrad der Symptome variiert. Bei ausgeprägten Beschwerden spricht man auch von prämenstrueller dysphorischer Störung (PMDS). Insgesamt sind ca. 70–90 % der prämenopausalen Frauen von körperlichen und psychischen Veränderungen in der Lutealphase betroffen, bei 3–8 % aller Frauen besteht eine zyklusabhängige ausgeprägte psychische Symptomatik. Dabei kommt es zu dysphorisch-gereizter oder depressiver Stimmung, Anspannung und Wut [16, 43, 54].

Die Ursache des PMS/PMDS war lange unklar. Es gibt Hinweise auf eine genetische Disposition [18]. Derzeit geht man davon aus, dass die ovariellen Steroide modulierende Wirkung sowohl auf exzitatorische als auch inhibitorische Neurotransmitter ausüben. Dadurch zeigen die betroffenen Patientinnen eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Östradiol und Progesteron. Beide Steroide interagieren mit dem Serotoninmetabolismus und entfalten u. a. damit zentrale Wirkungen mit entsprechendem Effekt auf Kognition und Stimmung.

Dementsprechend ist seit Jahren die Gabe serotonerg wirksamer Substanzen (Venlafaxin, Clomipramin etc.) als Therapie des PMS/PMDS etabliert („off label use“). Die positive Wirkung mit schnellem Wirkeintritt und einer Ansprechrate von ca. 85 % wurde in placebokontrollierten Doppelblindstudien gezeigt [13, 42].

Als Alternative bzw. in Ergänzung zu der Gabe von SSRI („selective serotonin reuptake inhibitors“) bzw. SNRI („selective noradrenaline reuptake inhibitors“) kann eine effektive Ovulationshemmung durch hormonale Kontrazeptiva vorgenommen werden. Im Vergleich zur zyklischen Gabe hat sich der Langzyklus als signifikant wirksamer erwiesen [47, 48].

Kommt es durch Gabe eines Ovulationshemmers nicht zu einer signifikanten Besserung der Symptomatik, so muss die Diagnose PMS/PMDS kritisch hinterfragt werden, denn definitionsgemäß treten das PMS bzw. das PMDS in anovulatorischen Zyklen nicht auf. Es sollten dann z. B. eine Depression oder eine bipolare Störung ausgeschlossen werden.

Migräne

Etwa 18 % aller Frauen leiden unter Migräne. Im Alter von 30–39 Jahren sind 24 % der Frauen betroffen. Das Verhältnis Frau/Mann beträgt 3:1 [30]. Klinisch unterscheidet man 2 Formen der Migräne: mit bzw. ohne Aura. Bei Frauen mit Migräne ohne Aura zeigt sich in ca. 50 % eine klare Zyklusabhängigkeit [33, 34].

Ursächlich scheint vor allem die zyklusabhängige Fluktuation der Östrogenspiegel bedeutsam zu sein. So lässt sich in vielen Fällen sehr zuverlässig nachweisen, dass es jeweils beim Abfall der Östrogenspiegel zur Migräneattacke kommt. Die fluktuierenden Östrogenspiegel haben vor allem über das Serotoninsystem einen starken Einfluss auf die Modulation der neuronalen Exzitabilität sowie die Schmerzperzeption. Fluktuierende Östradiolspiegel führen darüber hinaus zu einer Veränderung des Prostaglandineffektes am Gefäßsystem – ein Mechanismus, dem bei der Entstehung zentraler vaskulärer Spasmen eine Bedeutung zukommt [33, 38].

Es konnte gezeigt werden, dass die Anwendung eines hormonalen Kontrazeptivums Migräneattacken auslösen oder triggern kann. Dabei lassen sich 2 Situationen unterscheiden: Migräneattacke während der Pilleneinnahme vs, Migräneattacke im hormonfreien Intervall. Dies hat inzwischen Einzug gehalten in die internationale Klassifikation der Migräne (Headache Classification Committee of the International Headache Society [25]).

Offensichtlich lassen sich jedoch in vielen Fällen Migräneattacken durch möglichst konstante, wenig fluktuierende Östrogenspiegel vermeiden. Das Ziel besteht vor allem darin den „estrogen drop“ am Ende des Zyklus bzw. im hormonfreien Intervall bei konventioneller Pillenanwendung zu vermeiden. Damit bietet der Langzyklus gegenüber dem konventionellen Regime deutliche Vorteile.

Vielfach lassen sich Migräneattacken durch möglichst wenig fluktuierende Östrogenspiegel vermeiden

Im Übrigen wurde auch versucht, bei Anwendung der Pille im konventionellen Regime das Auftreten der Migräneattacken durch Östrogengabe im „hormonfreien“ Intervall zu verhindern: Sowohl die Gabe von 0,9 mg konjugierter Östrogene während des hormonfreien Intervalls als auch die Anwendung transdermaler Östrogene waren geeignet, die Häufigkeit der Migräneattacken signifikant zu reduzieren [8].

Dazu passt die Beobachtung, dass im Vergleich zwischen einem Langzyklus mit hormonfreiem Intervall sowie einem Langzyklus mit low-dose-EE signifikant häufiger Migräneattacken im hormonfreien Intervall auftreten [9].

Sulak et al. [49] konnten zeigen, dass die Umstellung vom konventionellen Regime auf einen Langzyklus zur signifikanten Reduktion der Migräneattacken führt. Dementsprechend auf den Langzyklus eingestellte Patientinnen berichteten über eine signifikante Verbesserung der Lebensqualität. Auch 6 Monate nach Studienende wendeten noch 75 % der Studienteilnehmerinnen dieses Einnahmeschema weiterhin an [12].

Zur Behandlung von Frauen mit Migräne wurde auch der Vaginalring im Langzyklus angewendet. Auch bei dieser Applikationsform lässt sich eindrücklich aufzeigen, dass es im Vergleich zur zyklischen Anwendung zu einer signifikanten Verbesserung der Migränesymptomatik kommt – dies gilt sowohl für Migränepatientinnen mit Aura als auch für solche ohne Aura.

Eine Zusammenfassung der aktuellen Daten zum Langzyklus und Migräne findet sich in der Metaanalyse von Edelman et al. [17]. Daraus lässt sich ableiten, dass der Langzyklus gegenüber der zyklischen Gabe signifikante Vorteile für Patientinnen mit Migräne aufweist. Einschränkend muss man sagen, dass Langzyklusvarianten mit und ohne hormonfreies Intervall sowie unter Verwendung unterschiedlicher Kombinationspräparate eingeschlossen wurden.

Ein grundsätzliches Problem gilt es bei Migräne mit Aura zu beachten: In den aktuellen Leitlinien ist die Verordnung eines hormonalen Kombinationspräparates bei Frauen mit Migräne mit Aura kontraindiziert. In diesen Fällen kann geprüft werden, ob als Alternative die kontinuierliche Langzeitgabe eines reinen Gestagenpräparates in Frage kommt. In einem Vergleich zwischen Kombinationspräparat und Gestagenpräparat konnte für Migränepatientinnen eine gleichermaßen ausgeprägte Reduktion der Migräneattacken nachgewiesen werden, sodass die Verordnung eines POP(„progesterone only pill“)-Präparates für diese Patientinnen eine veritable Option darstellt [37].

Akzeptanz der Methode, Abbruchgründe

Blutungsprofil

Blutungsstörungen gehören zu den am häufigsten genannten Gründen für einen Wechsel des Kontrazeptivums bzw. für das Absetzen kontrazeptiver Maßnahmen. Das Behandlungsziel bei Anwendung des Langzyklus besteht ja typischerweise darin, die Häufigkeit und Stärke der Menstruationsblutung zu reduzieren, jedoch erkauft man sich diesen Effekt mit einem initialen Anstieg der Durchbruchs- bzw. Abbruchblutungen. In einer Phase-III-Studie [4] mit Anwendung eines kontinuierlichen Regimes brachen 18,5 % der Probandinnen die Studie aufgrund von Blutungsstörungen ab. Anderson und Hait [1] verglichen das konventionelle Regime mit dem Langzyklus (84/7) bei 682 Frauen und konnten bei einer Anwendungsdauer von einem Jahr aufzeigen, dass bei Anwendung des Langzyklus die Anzahl der Blutungstage im Vergleich zum konventionellen Regime signifikant reduziert wurde (35 vs. 53 Tage). Im Langzyklus fanden die Autoren einen initialen Anstieg azyklischer Blutungen, jedoch nahm die Anzahl dieser Blutungen nach dem vierten Langzyklus ab und glich sich dem konventionellen Regime an [1]. Auch Miller und Hughes [36] berichteten im Langzyklus über initial häufigeres Spotting, jedoch kam es nach dem neunten Monat der Anwendung zu einer signifikant geringeren Zahl von Spotting-Episoden im Vergleich zum konventionellen Schema. Mit Dauer der Anwendung nimmt typischerweise beim Langzyklus auch die Amenorrhörate zu. So berichteten Miller und Hughes [36] während der ersten 3 Monate über eine Amenorrhörate von 16 %, die nach 10–12 Monaten Anwendung auf 72 % stieg. In einer weiteren Vergleichsstudie zeigten Reid et al. [46], dass bei Anwendung des Langzyklus die Amenorrhörate von 63,6 % am Ende des ersten Anwendungsjahres auf 80,7 % am Ende des zweiten Anwendungsjahres stieg.

Akzeptanz

Die Daten zur Akzeptanz des Langzyklus stellen sich in der Literatur z. T. widersprüchlich dar: Die Metaanalyse von Edelman et al. [17] zeigt bei Anwendung des Langzyklus keinen signifikanten Anstieg der Patientinnenzufriedenheit. Dabei muss berücksichtigt werden, dass – sowohl beim Langzyklus als auch beim konventionellen Regime – die Scores zur Zufriedenheit sehr hoch angesiedelt waren und es daher schwierig ist, einen weiteren signifikanten Anstieg nachzuweisen. In einer aktuellen Studie von Nappi et al. [40] wurden 260 Frauen im Langzyklusarm mit 3616 Frauen im konventionellen Arm verglichen. Im Langzyklusarm fanden sich eine signifikant höhere Patientenzufriedenheit (p = 0,001) und signifikant weniger Studienabbrüche (p = 0,04) im Vergleich zum konventionellen Regime. Dies war vermutlich auf einen signifikanten Effekt auf die Blutungsstärke (p = 0,029) und einen günstigen Einfluss auf blutungsassoziierte Schmerzen zurückzuführen.

Coffee et al. [12] fanden auch 6 Monate nach Abschluss der einjährigen Beobachtungsperiode im Langzyklus nur eine geringe Anzahl von Probandinnen, die das Präparat abgesetzt hatten. Auch dies spricht für eine gute Akzeptanz der Methode.

Fazit für die Praxis

  • Im Langzyklus erfolgt die Hormongabe für >28 Tage, üblicherweise über 84 Tage – gefolgt von einem hormonfreien Intervall bzw. niedrigdosiertem EE.

  • Neben dem „starren“ Schema mit 84 Tagen Hormongabe haben sich auch eine flexible bzw. modifizierte Anwendung sowie die kontinuierliche Hormongabe – ohne hormonfreies Intervall – etabliert.

  • Der Langzyklus bietet Vorteile bei zyklusabhängigen Beschwerden und wird bevorzugt bei Endometriose, Uterus myomatosus und Hyperandrogenismus beim PCOS eingesetzt; die Anwendung kann aber auch aufgrund individueller Präferenz erfolgen.

  • Während der ersten Phase des Langzyklus treten Blutungsstörungen/Spotting gehäuft auf. Mit zunehmender Dauer der Anwendung bleiben die Blutungsstörungen aus, und es kommt bei der Mehrzahl der Frauen zur (gewünschten) Amenorrhö.

  • Die Patientin sollte darüber aufgeklärt werden, dass in Deutschland die meisten Pillenpräparate nicht zur Anwendung im Langzyklus zugelassen sind („off-label-use“).