Zusammenfassung
Eruptive Epidermoidzysten stellen eine seltene Nebenwirkung von Imiquimod zur Behandlung von Basalzellkarzinomen dar. Bis dato wurden 8 Fälle in der Literatur beschrieben. Wir präsentieren den Fall einer 75-jährigen kaukasischen Patientin mit einem 8‑mal rezidivierten Basalzellkarzinom der Nase. Nach mehrfachen Exzisionen und Therapie mit Vismodegib erhielt die Patientin schließlich Imiquimod 5 % Creme in der Standarddosierung 5‑mal wöchentlich für die Dauer von 6 Wochen. Zwei Monate nach dem Absetzen von Imiquimod zeigten sich eruptive Epidermoidzysten.
Abstract
Eruptive epidermoid cysts are a rare adverse event of imiquimod treatment for basal cell carcinoma. Up to date, 8 cases have been described in the literature. We present the case of a 75-year-old Caucasian woman with recurrent basal cell carcinoma on the nose. After multiple excisions and treatment with vismodegib, imiquimod 5% cream was administered 5 times per week over 6 weeks. Two months after the end of treatment, the patient presented with eruptive epidermoid cysts.
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Imiquimod (IMI) ist ein lokaler Immunmodulator und als topische 5‑%-Rezeptur zur Behandlung von superfiziellen Basalzellkarzinomen (BCC), aktinischen Keratosen und Condylomata acuminata zugelassen [1]. Des Weiteren zeigte sich bei Verwendung von IMI 5 % Creme im „off label use“ auch eine therapeutische Wirksamkeit bei Lentigo maligna, nodulären BCC und kutanen Plattenepithelkarzinomen [1,2,3]. Das zugelassene Behandlungsschema für superfizielle BCC ist 5‑mal pro Woche über 6 Wochen [1]. Häufig werden kutane Nebenwirkungen wie Erytheme, Erosionen, Krusten, Blutungen, Schmerzen und Juckreiz beschrieben [1]. Seltener sind jedoch systemische Nebenwirkungen wie Fieber, Lymphknotenschwellungen, Induktion von kutaner Autoimmunität und eruptive Epidermoidzysten [1, 4,5,6,7,8]. Wir berichten über eine Patientin, die nach Therapie mit IMI 5 % Creme eruptive Epidermoidzysten entwickelte, und fassen die Literatur zu dieser Nebenwirkung zusammen.
Befund
Wir berichten über eine 75-jährige kaukasische Frau mit multiplen rezidivierenden Basalzellkarzinomen an der Nase. Die erste Exzision eines nodulären BCC an der Nasenspitze fand 2007 statt. In den folgenden 6 Jahren unterzog sie sich weiteren 6 Operationen, unter anderem einer plastischen Rekonstruktion nach Rhinoplastik, aufgrund der multiplen Rezidive (Tab. 1). Im Jahr 2015 präsentierte sie sich schließlich mit einem neuerlichen Rezidiv (Abb. 1a) und wollte sich keinem weiteren operativen Eingriff unterziehen, weshalb die alternativen Therapieoptionen Radiotherapie und systemische Therapie mit Vismodegib vorgeschlagen wurden. Weil die Patientin auch die Radiotherapie verweigerte, wurde die Therapie mit 150 mg Vismodegib täglich begonnen. Nach 2 Monaten musste Vismodegib auf 150 mg jeden 2. Tag aufgrund von Störungen des Geschmackempfindens und Muskelkrämpfen reduziert werden. Nach dem 3. Monat Therapie mit Vismodegib zeigte sich klinisch und dermatoskopisch eine komplette Remission, und die Therapie wurde beendet, regelmäßige Follow-up-Untersuchungen alle 2 Monate wurden vereinbart. Bereits bei der ersten Untersuchung nach 2 Monaten war ein Rezidiv sichtbar. Radiotherapie wurde erneut abgelehnt, und so wurde die Therapie mit IMI 5 % Creme 5‑mal wöchentlich über 6 Wochen eingeleitet. Sechs Wochen später zeigte sich eine ausgeprägte Lokalreaktion mit Erythem, Schuppung und Krusten, und die IMI-Therapie wurde beendet (Abb. 1b). Im Rahmen der nächsten Untersuchung, 2 Monate nach dem Absetzen von IMI 5 % Creme, war eine gelblich-weißliche, perlmuttartig schimmernde, mikronoduläre Plaque im behandelten Areal ersichtlich (Abb. 1c). Dermatoskopisch zeigten sich mehrere kleine gelblich-weißliche Schollen und hyperkeratotische Plugs in Haarfollikeln, jedoch lagen keine dermatoskopischen Hinweise für ein BCC-Rezidiv vor (Abb. 2a). Daraufhin wurde ein IMI-induzierter kutaner Lupus erythematodes vermutet, und es wurden 2 Biopsien vom unteren und oberen Anteil der Plaque genommen. Die histopathologische Untersuchung der beiden Präparate zeigte eine polypoide Läsion. In der Dermis zeigte sich eine rupturierte infundibuläre Zyste mit laminiertem orthokeratotischen und kompaktem verhornten Material umgeben von fibrosiertem Granulationsgewebe. Auch histopathologisch lag kein Hinweis auf ein BCC-Rezidiv vor.
Diagnose
Daraufhin wurde die Diagnose „eruptive Epidermoidzysten nach Imiquimod-Therapie eines rezidivierenden Basalzellkarzinoms“ gestellt.
Therapie und Verlauf
Die Patientin wurde genau über das Erscheinungsbild der eruptiven Epidermoidzysten aufgeklärt und entschied sich gegen eine therapeutische Intervention. In den weiteren Verlaufskontrollen trat 6 Monate nach der Diagnosestellung „eruptive Epidermoidzysten“ ein neuerliches BCC-Rezidiv auf, das die Patientin auch nach eingehender Aufklärung nicht weiter behandeln lassen wollte.
Diskussion
Das plötzliche Auftreten von eruptiven Epidermoidzysten ist eine seltene Nebenwirkung nach topischer Therapie von BCC mit IMI 5 % Creme. Seit 2005 sind bis dato 8 Fälle in der Literatur beschrieben (Tab. 2; [5,6,7,8]). Die Stanzbiopsien nach Therapieende mit IMI 5 % wiesen in allen Fällen eruptive Epidermoidzysten und keine Hinweise auf BCC-Rezidive auf. Sieben der 8 bis dato publizierten Fälle erhielten IMI 5 % Creme als Monotherapie, in 1 Fall wurde IMI als Therapie beim ersten Rezidiv nach der chirurgischen Resektion angewandt [7], gegenteilig zu dem hier beschriebenen Fall mit multiplen Vorbehandlungen.
Eruptive Epidermoidzysten sind benigne kutane Läsionen, die dermatoskopisch durch ein hyperkeratotisches gelblich-weißliches Areal, das an „Popcorn“ erinnert, und histopathologisch durch multiple infundibuläre Keratin-gefüllte Zysten umgeben von einem lymphohistiozytären Infiltrat charakterisiert sind [8]. Obwohl lineare irreguläre Gefäße in manchen Fällen beobachtet wurden, unterscheidet sich die Morphologie dermatoskopisch eindeutig vom BCC [8]. Aufgrund dieser eindeutigen Unterscheidung in der Dermatoskopie schlugen Diluvio et al. vor, Stanzbiopsien zu vermeiden und den posttherapeutischen Verlauf nur dermatoskopisch zu kontrollieren [8]. Die gewöhnliche Therapie von eruptiven Epidermoidzysten ist die Exzision, jedoch wurde auch die Erbium:YAG-Laser-Fenestration als Alternative in ästhetisch besonders relevanten Lokalisationen vorgeschlagen [9]. Marty et al. und Nasca et al. behandelten eruptive Epidermoidzysten erfolgreich mit topischen Retinoiden (Tab. 2; [5, 6]).
Die Pathogenese der eruptiven Epidermoidzysten nach IMI-Therapie ist momentan noch unklar. Es konnte gezeigt werden, dass IMI 5 % Creme zu einer Aktivierung von Haarfollikelstammzellen und prämaturem Haarzykluseintritt führt, wenn es in der mittleren oder späten Telogenphase appliziert wird. Dieser Mechanismus wird durch entzündlich infiltrierende Makrophagen und die inflammatorischen Zytokine CCL-2 und TNF(Tumornekrosefaktor)-α induziert [10]. Daraus kann geschlossen werden, dass eruptive Epidermoidzysten nach IMI 5 % Creme-Therapie aufgrund der chronischen inflammatorischen Reaktion nach lokaler Zytokin-Upregulation entstehen könnten [6].
Fazit für die Praxis
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Häufige Nebenwirkungen einer topischen Imiquimod-Therapie sind Erytheme, Erosionen, Krusten, Blutungen, Schmerzen und Juckreiz.
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Doch auch an die seltenen Nebenwirkungen wie Fieber, Lymphknotenschwellungen, Induktion von kutaner Autoimmunität und eruptive Epidermoidzysten sollte man denken.
Literatur
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Dillies A‑S, Gras-Champel V, Fraitag-Spinner S et al (2017) Éruption de kystes épidermiques après application d’imiquimod topique. Ann Dermatol Venereol 144:212–215
Diluvio L, Campione E, Paternò EJ et al (2009) Peculiar clinical and dermoscopic remission pattern following imiquimod therapy of basal cell carcinoma in seborrhoeic areas of the face. J Dermatolog Treat 20:124–129
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Amberg N, Holcmann M, Stulnig G, Sibilia M (2016) Effects of Imiquimod on hair follicle stem cells and hair cycle progression. J Invest Dermatol 136:2140–2149
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Woltsche, N., El-Shabrawi-Caelen, L., Deinlein, T. et al. Eruptive Epidermoidzysten nach Imiquimod-Therapie eines rezidivierenden Basalzellkarzinoms. Hautarzt 70, 363–366 (2019). https://doi.org/10.1007/s00105-019-4359-y
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