Zusammenfassung
Gesteigertes Bewusstsein für die Problematik zunehmender Antibiotikaresistenzen und drohender Verlust geeigneter Therapieoptionen für Infektionen haben die Rahmenbedingungen in der Patientenversorgung verändert. In internationalen (WHO, ECDC) und nationalen Programmen und evidenzbasierten Leitlinien wurden Maßnahmen und Instrumente von Antibiotic Stewardship (ABS) konkretisiert. In Deutschland ist ABS im Krankenhaus im Infektionsschutzgesetz §23 verankert und Empfehlungen dazu in einer S3-Leitlinie. Das vorliegende Positionspapier stellt Ziele von ABS sowie erforderliche strukturelle und personelle Voraussetzungen für Krankenhäuser dar.
Für die erfolgreiche Arbeit des ABS-Teams sind die Sicherung einer qualifizierten Fort- und Weiterbildung, die Mandatierung, die Unterstützung und die Bereitstellung ausreichender Ressourcen durch die Krankenhausleitung unabdingbar. Das ABS-Team soll krankenhausweit und abteilungsübergreifend arbeiten. Aufgaben sind Ausarbeitung und Umsetzung eines auf die lokalen Bedürfnisse und Möglichkeiten des Krankenhauses zugeschnittenen ABS-Programms unter Berücksichtigung von Antiinfektivaeinsatz, Resistenzlage und Patientenschwerpunkten. Dazu kommen Erstellung und Implementierung hausinterner Empfehlungen zur Diagnostik, Prophylaxe und Therapie wichtiger Infektionen. Das ABS-Team soll interdisziplinär arbeiten und als Teammitglieder speziell qualifizierte Ärzte und Apotheker umfassen. ABS-beauftragte Ärzte unterstützen das ABS-Team und berücksichtigen abteilungsspezifische Belange. Es wird von einer Mindestpersonalstärke für das ABS-Team von 1 Vollzeitäquivalent (VZÄ) pro 500 Betten ausgegangen. Je nach Krankenhausschwerpunkten und Anforderungen wird ein Zusatzbedarf gesehen. Die Wochenarbeitszeitstunden für einen ABS-beauftragten Arzt einer mittelgroßen Abteilung wurden auf 0,1 VZÄ pro 100 Betten geschätzt.
Abstract
Increased awareness of the rising antimicrobial resistance problem and impending loss of suitable treatment options for infectious diseases have changed patient care. Antimicrobial/antibiotic stewardship (ABS) activities aiming to optimize antimicrobial treatment were specified in international (WHO, ECDC) and national programmes and evidence-based practice guidelines. In Germany, ABS in hospitals is enshrined in the Infection Protection Act §23 and in a national guideline. The position paper presents the goals and tasks of ABS as well as the necessary organisational and staff requirements.
Qualified training and education, mandates and support from hospital directors, and the provision of sufficient resources are essential prerequisites for the successful work of the ABS team. The ABS team should work hospital-wide across clinical services. Their main tasks are developing and implementing an ABS programme tailored to local needs and the conditions of the hospital, taking into account anti-infective drug prescribing, the resistance situation and case mix. Their tasks also include drafting and implementing in-house recommendations for diagnosis, prophylaxis and treatment of important infectious diseases. The ABS team should be interdisciplinary and include specially qualified doctors and pharmacists. Doctors commissioned for ABS should support this team and take the department-specific concerns into account. The document specifies a minimum ABS staff of one full-time equivalent (FTE) per 500 beds. Depending on the case mix and specialties, additional staff may be required. It proposes that there should be 0.1 FTE doctors commissioned for ABS per 100 beds.
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Hintergrund
Das gesteigerte Bewusstsein für die Problematik zunehmender Multiresistenzen und der drohende Verlust geeigneter Therapieoptionen für Infektionskrankheiten haben Veränderungen der Rahmenbedingungen in der Patientenversorgung zugunsten wirksamer Maßnahmen zur Eindämmung von Resistenzentwicklung und -verbreitung ermöglicht. Die gesetzlichen Grundlagen zur Umsetzung von Hygienemaßnahmen wurden verbessert. Die Sicherstellung einer rationalen Antiinfektivaverordnung mit dem Ziel einer Resistenzminimierung wird in vielen nationalen Programmen für alle Altersgruppen und Fachbereiche/Disziplinen gefordert (Antibiotic Stewardship, abgekürzt ABS). Entsprechende Maßnahmen und Instrumente wurden in mehreren Ländern in gesundheitspolitischen Empfehlungen und Leitlinien der Fachgesellschaften konkretisiert [1,2,3,4,5,6,7,8,9,10,11].
Mit ABS sind koordinierte, interdisziplinär abgestimmte Maßnahmen gemeint, die den Einsatz von Antiinfektiva in Krankenhäusern und anderen Gesundheitseinrichtungen, unter Berücksichtigung wissenschaftlicher Evidenz sowie von Daten zu Antibiotikaverbrauch und -resistenz, nachhaltig verbessern sollen [10,11,12,13]. In Deutschland und anderen Ländern wird seit einigen Jahren spezielle Fortbildung zu ABS von Fachgesellschaften und Ärztekammern angeboten [14]. ABS ist eine Qualifikation, die im Kontext der Infektionsmedizin den speziellen Aspekt eines verbesserten Antiinfektivaeinsatzes strukturiert und systematisch in die infektiologische Patientenversorgung integriert. ABS ist somit ein Bereich der Infektionsmedizin und eine wesentliche Komponente der Qualitätssicherung, ersetzt aber weder Infektiologie noch Mikrobiologie oder Hygiene. Die Ziele von ABS betreffen nicht nur den Krankenhausbereich, sondern ebenso die ambulante Humanmedizin und die Veterinärmedizin, in denen ein weiterer, großer Teil der Verordnung von Antiinfektiva erfolgt. Die Überlegungen in diesem Positionspapier beziehen sich jedoch nur auf den stationären Bereich. Für den ambulanten Bereich und die Veterinärmedizin sind eigene ABS-Strategien und -Methoden erforderlich.
Spezielle Fortbildung und Weiterbildung
Die Zukunft der Fortbildung und Qualifizierung zu ABS kann ohne eine generelle Verständigung über die Zukunft der Infektionsmedizin in Deutschland und damit verbundene Regelungen für die Weiterbildung nicht adäquat gesteuert werden. [15, 16]. Der nicht unmittelbar klinisch tätige Arzt (Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin oder Facharzt mit Zusatzweiterbildung Krankenhaushygiene oder mit abgeschlossener strukturierter curricularer Fortbildung Krankenhaushygiene) bzw. Apotheker kann durch ABS-Expertise im Team dazu beitragen, dass sich die Antiinfektivastrategien verbessern. Ein relevanter Einfluss auf die individuelle komplexe infektionsmedizinische Patientenversorgung wird jedoch ohne eine gleichzeitige Stärkung der Infektiologie/Infektionsmedizin nicht substanziell gelingen.
Es wird durch die in der neuen (Muster‑)Weiterbildungsordnung 2018 für Ärzte verankerte Zusatz-Weiterbildung Infektiologie in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung oder in Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie oder in Hygiene und Umweltmedizin und durch die beantragte Implementierung der Infektiologie als eigenständige Facharztkompetenz im Gebiet innere Medizin (bislang lediglich in wenigen Landesärztekammern bestehend) zu einer bedeutsamen Aufwertung infektiologischer Qualifikation kommen. ABS als Teilqualifikation mit spezifischen interventionellen Inhalten und Methoden (Fallreviews, Punktprävalenzerhebungen, Audits, Feedbackverfahren) ist als eigener Weiterbildungsblock in den Inhalten der Zusatz-Weiterbildung und der geplanten Facharzt-Weiterbildung Infektiologie verankert. Damit ist die gegenwärtige Fortbildung zum ABS-Experten als Zwischenlösung zu verstehen. Bei den Apothekern erfolgte schon 2015 die Aufwertung infektiologischer Qualifikation durch die Etablierung der Bereichsweiterbildung Infektiologie, welche ABS als Bestandteil der Weiterbildung ebenfalls bereits enthält.
Gesetzliche Regelungen und evidenzbasierte Leitlinien
In Deutschland ist ABS im Krankenhaus unter Berücksichtigung von Verbrauchszahlen und Antibiotikaresistenz in Verbindung mit einer entsprechenden Qualitäts- und Qualifizierungsinitiative im Infektionsschutzgesetz §23 gesetzlich verankert worden [12, 13, 17]. Die Fachgesellschaften in Deutschland haben Empfehlungen für ABS in Akutkrankenhäusern in Form der S3-Leitlinie „Strategien zur Sicherung einer rationalen Antibiotika-Anwendung im Krankenhaus“ sowie in der ergänzenden S2k-Leitlinie „Antibiotic Stewardship – Konzeption und Umsetzung in der stationären Kinderheilkunde“ formuliert [9, 18]. Diese stützen sich auf internationale Leitlinien und Studien [2, 4, 7, 19,20,21,22,23,24,25,26,27], die nach Anwendung von ABS-Maßnahmen bessere Behandlungserfolge, eine erhöhte Patientensicherheit und Minimierung unerwünschter Arzneimittelwirkungen in allen Altersgruppen zeigen konnten. Als weitere Erfolge konnten über die Implementierung von ABS-Maßnahmen durch verkürzte Liegedauer und Reduktion eines übermäßigen Antiinfektivaeinsatzes auch Kostensenkungen und nicht zuletzt die angestrebte Eindämmung von Resistenzen und die Minimierung der Selektion von Clostridioides difficile belegt werden [21,22,23,24,25,26,27,28,29,30,31].
Geschultes Personal und ABS-Teams
Der Versuch, verschiedene Maßnahmen zum verbesserten Antiinfektivaeinsatz strukturiert und systematisch in die konkrete Patientenversorgung zu integrieren, verlangt Infektiologen bzw. ABS-geschultes Fachpersonal vor Ort. Zu den wichtigsten Voraussetzungen für effektive ABS-Maßnahmen gehören damit personelle Ressourcen. In Übereinstimmung mit Recherchen und Leitlinien aus dem In- und Ausland werden im vorliegenden Positionspapier ABS-Teams auch für deutsche Krankenhäuser gefordert. Im Folgenden werden ihre Aufgaben und ihre personelle und strukturelle Absicherung unter den hiesigen Rahmenbedingungen beschrieben.
Mandatierung und Unterstützung durch die Krankenhausleitung sowie die Bereitstellung ausreichender Ressourcen sind unabdingbare Voraussetzung für die erfolgreiche Arbeit des ABS-Teams.
Aufgaben und Qualifikationen
Die Krankenhausleitungen sollten ein ABS-Team berufen und in den klinischen Fachabteilungen/Fachabteilungsgruppen sollten ABS-beauftragte Ärzte als Ansprechpartner benannt werden. Das ABS-Team soll eine Geschäftsordnung haben, in der die Verantwortlichkeiten sowie die Zusammenarbeit mit klinischen Fachabteilungen oder deren Delegierten und den Krankenhauskommissionen geregelt sind.
Aufgaben des ABS-Teams
Das ABS-Team soll krankenhausweit und abteilungsübergreifend arbeiten. Seine Hauptaufgabe besteht in der Ausarbeitung und Umsetzung eines auf die lokalen Bedürfnisse, die Möglichkeiten und die Situation des Krankenhauses zugeschnittenen ABS-Programms unter Berücksichtigung von Daten zum Antiinfektivaeinsatz, zu Infektionserregern und zur Resistenz. Dazu gehören u. a. auch die Erstellung und Implementierung hausinterner Empfehlungen und Behandlungspfade zur Diagnostik, Prophylaxe und Therapie der wichtigsten Infektionskrankheiten. Eine Zusammenfassung der Aufgaben enthält Infobox 1.
Infobox 1 Übersicht über Aufgaben und Funktionen des ABS-Teams
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Beauftragung durch die Krankenhausleitung mit der Planung und Implementierung eines krankenhausweiten ABS-Programms
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Planung und Ausarbeitung eines auf die hausinternen Bedürfnisse und die Situation des Krankenhauses zugeschnittenen ABS-Programms und von Strategien der Umsetzung in Kooperation mit den ABS-beauftragten Ärzten
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Organisation und regelmäßige Durchführung interner ABS-Teamtreffen mit Berichten
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Unterstützung der Integration von ABS in das Qualitätsmanagement des Krankenhauses; Festlegung von ABS-Qualitätsindikatoren und ggf. Zielbereichen
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Mitgliedschaft in Arzneimittelkommission und Hygienekommission, ggf. Infektionskommission
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Berücksichtigung der Anforderungen an Surveillance-Methoden zum Antiinfektivaverbrauch sowie zu Infektionserreger- und Resistenzstatistiken nach Infektionsschutzgesetz (IfSG), Mitgestaltung der krankenhausspezifischen Surveillance (interne und externe Qualitätssicherung) unter Berücksichtigung des hausinternen ABS-Programms und Bewertung sowie Kommunikation der Ergebnisse
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Planung und Durchführung von Punktprävalenzanalysen zu Antiinfektivaverordnungen und Adhärenz hausinterner Empfehlungen sowie Bewertung und Kommunikation der Ergebnisse
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Beteiligung bei der Erstellung und Implementierung hausinterner Empfehlungen und Behandlungspfade zur Diagnostik, Prophylaxe und Therapie der wichtigsten Infektionskrankheiten, basierend auf anerkannten internationalen oder nationalen Leitlinien unter Berücksichtigung der lokalen Epidemiologie und Gegebenheiten
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Beteiligung an der Ausarbeitung von hausinternen Empfehlungen zur Präanalytik mikrobiologischer Untersuchungen und Unterstützung bei deren Umsetzung; Beteiligung an der hausinternen Regelung zur Indikation notwendiger mikrobiologischer und laborchemischer Untersuchungen; Beteiligung an hausinternen Regelungen zur Mitteilung mikrobiologischer Befunde; Unterstützung bei der Interpretation mikrobiologischer Befunde
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Erstellung und Implementierung einer Antiinfektivahausliste, spezieller Sonderrezept- und Freigaberegelungen sowie Anwendungsbeschränkungen in Zusammenarbeit mit den Fachabteilungen
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Regelmäßige Durchführung von Fortbildungen/Schulungen/Informationsveranstaltungen zum Thema ABS
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Regelmäßig und bei Bedarf Durchführung von Antiinfektivavisiten mit den behandelnden Ärzten (sog. proaktive Verordnungsanalysen) auf Patientenebene (Visiten am Krankenbett oder Kurvenvisite)
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Bei Bedarf Absprache und Planung eines strategischen Wechsels von Substanzen oder Substanzklassen
Eine enge Kooperation mit der Krankenhausleitung, den klinischen Fachabteilungen und den dort benannten ABS-beauftragten Ärzten ist wesentlich und fördert die Akzeptanz aller Krankenhausmitarbeiter gegenüber dem ABS-Programm und dessen Erfolg. Das ABS-Team soll in der Arzneimittel- und Hygienekommission vertreten sein, jedoch eine eigene Antiinfektiva- oder ABS-Kommission etablieren. Eine Kooperation, beispielsweise in Form einer gemeinsamen Infektions- und Hygienekommission, kann je nach lokalen Gegebenheiten sinnvoll sein. Die Aufgaben des ABS-Teams können durch eine klinische Abteilung oder zentrale Einrichtung Infektiologie in Zusammenarbeit mit der Mikrobiologie, Krankenhaushygiene und Apotheke übernommen werden. Im Bereich ABS sollen zusätzlich zum Bereich Krankenhaushygiene eigenständige Strukturen etabliert sein und eng miteinander kooperieren. Krankenhaushygiene und ABS sind nicht deckungsgleich und können sich gegenseitig nicht ersetzen, sie ergänzen sich vielmehr in ihren präventiven Zielsetzungen. Neben überlappenden Themenfeldern haben beide Bereiche eigenständige Aufgabenfelder. Dazu gehören im Bereich ABS die Verbesserung der Infektionsdiagnostik und Antiinfektivabehandlungsqualität in Bezug auf Leitlinienadhärenz bei Wahl der Substanz, Dosis, Dauer, Therapiekontrolle, Eskalations- und Deeskalationsentscheidungen sowie die Minimierung von sekundären Folgen des Antiinfektivaeinsatzes wie Resistenzentwicklung und Erregerselektion, aber auch unerwünschte Arzneimittelwirkungen, Toxizitäten und Interaktionsrisiken.
Die Verfügbarkeit von Erreger- und Resistenzdaten, die durch das betreuende mikrobiologische Labor erhoben werden, ist eine Voraussetzung für effektive ABS-Maßnahmen. Während Daten der Erreger- und Resistenz-Surveillance von der Hygiene genutzt werden, um die Effektivität hygienischer und präventiver Interventionen zu überprüfen, dienen dieselben Daten zusammen mit Daten zum Antibiotikaverbrauch dazu, im Rahmen von ABS die Qualität des Antiinfektivaeinsatzes in Bezug auf Leitlinienadhärenz sowie Diagnose- und Behandlungsqualität zu bewerten und frühzeitig Resistenz- und Erregerselektionen zu erkennen. So kann eine sachgerechte Anpassung der infektiologischen Hausleitlinien und Behandlungspfade im Feedback mit den klinisch verantwortlichen Behandlungsteams erfolgen. Eine Unterstützung durch die IT-/EDV-Abteilung des jeweiligen Krankenhauses mit Bereitstellung von elektronischen Datensätzen zu Antiinfektivaverordnungen und Infektions- und Resistenzstatistiken, falls notwendig bis auf Patientenebene, ist eine wichtige Voraussetzung für die Planung, Umsetzung und Qualitätssicherung von ABS-Maßnahmen.
Das ABS-Team soll regelmäßig Treffen einberufen, die zu protokollieren und deren Protokolle zu archivieren sind. Es empfiehlt sich, ein Programm oder eine ABS-Strategie – gegebenenfalls mit quantitativen Zielen und unter Verwendung geeigneter Qualitätsindikatoren – zu verabschieden. Das ABS-Team informiert die ABS-beauftragten Ärzte regelmäßig über geplante ABS-Maßnahmen sowie über Fortschritte und Probleme des ABS-Programms.
Zusammensetzung des ABS-Teams und Qualifikation der Mitglieder
Das ABS-Team soll interdisziplinär arbeiten und als Teammitglieder speziell qualifizierte Ärzte und Apotheker umfassen (siehe unten). Die Leitung und die Stellvertretung des ABS-Teams soll aus mindestens zwei im Krankenhaus beschäftigten Mitgliedern bestehen, darunter mindestens ein Arzt mit einer Facharztanerkennung in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung. Die Leitung muss bei einem Arzt liegen.
Die Teammitglieder sollen nach Möglichkeit über infektionsmedizinische Qualifikationen gemäß den Weiterbildungsordnungen für Ärzte (Facharzt für innere Medizin und Infektiologie, Fachärzte mit Zusatz-Weiterbildung Infektiologie, Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie, Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin und Apotheker (Bereichsweiterbildung Infektiologie)) verfügen. Die konkrete Zusammensetzung des ABS-Teams und die Wahl der Teamleitung richten sich nach hausinternen Gegebenheiten wie Krankenhausgröße, personelle Ausstattung, Spezialisierung u. a. Insbesondere in Krankenhäusern, in denen Fachärzte oder Apotheker mit infektionsmedizinischer Qualifikation nicht verfügbar sind, kann die Übertragung der Leitung des ABS-Teams an Fachärzte mit abgeschlossener Fortbildung zum ABS-Experten erfolgen.
Die Tätigkeit von interdisziplinären ABS-Teams gilt als kosteneffektiv und ist mit (nachhaltigen) positiven Wirkungen im Bereich Patientensicherheit und Resistenzminimierung verbunden. Die Einrichtung von ABS-Teams mit entsprechender Ausstattung wird bereits vielfach als Qualitätsindikator (Strukturqualität) für Akutkrankenhäuser betrachtet [27, 32].
Aufgaben im ABS-Team je nach Qualifikation
Klinisch tätiger Facharzt mit infektionsmedizinischer Qualifikation.
Facharzt in einem Gebiet der unmittelbaren Patientenversorgung mit Zusatz-Weiterbildung Infektiologie, Facharzt für innere Medizin und Infektiologie oder übergangsweise ein klinisch tätiger Facharzt mit abgeschlossener Fortbildung zum ABS-Experten, zum Infektiologen (DGI) oder pädiatrischen Infektiologen (DGPI).
Klinisch tätige Fachärzte mit infektionsmedizinischer Qualifikation besitzen besondere Kenntnisse und Erfahrungen in der klinischen Diagnostik und Therapie komplexer Infektionen, in der speziellen Antiinfektivatherapie – gerade auch bei mehrfach resistenten Erregern – sowie der individuellen Prophylaxe, Verlaufsbeurteilung und Nachsorge, im Management von Infektionen bei Immundefekten, Fremdkörperinfektionen, importierten Infektionen, der Sepsis und des septischen Schocks. Ärzte mit der entsprechenden Qualifikation werden damit vor allem in größeren Krankenhäusern und in Krankenhäusern mit hohem Spezialisierungsgrad gebraucht für die Erstellung von evidenzbasierten, detaillierten hausinternen Empfehlungen, für Antiinfektivavisiten und für die sachgerechte Interpretation der Daten zum Antiinfektivaverbrauch sowie zur Mitarbeit bei der Interpretation von Infektionserreger- und Resistenzstatistiken. Sie sind besonders geschult und qualifiziert, durch infektiologische Konsiliartätigkeit sachgerechte Infektionsdiagnostik und rationale Antiinfektivaverordnung auch im komplexen Einzelfall zu sichern, die Umsetzung hausinterner Empfehlungen zu verbessern und ein direktes Feedback an die Kollegen der verschiedenen Fachabteilungen zu geben [33,34,35,36,37,38].
Sie können ihre Expertise beim Entwurf und der Konsentierung von hausinternen Empfehlungen einbringen und im Sinne dieses Positionspapiers die rationale Antiinfektivaverordnung auch am Krankenbett unterstützen. Sie können nach Absprache die regelmäßige Durchführung krankenhausinterner Fortbildungen, Schulungen und Informationsveranstaltungen organisieren und sollen die Möglichkeit erhalten, selbst spezifische Fortbildungsangebote wahrzunehmen (infektiologische Fortbildung und ABS-Refresher-Kurse). Die Fortbildung zum ABS-Experten soll in von den Landesärztekammern anerkannten Kursen, die 200 Unterrichtsstunden umfassen, in Anlehnung an das von der Deutschen Gesellschaft für Infektiologie (DGI) ausgearbeitete Curriculum erfolgen [39].
Mikrobiologe.
Facharzt für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie.
Mikrobiologen sind für die mikrobiologische Diagnostik zuständig und beraten Krankenhäuser in der sachgerechten Labordiagnostik von Infektionserregern und bei der Antiinfektivatherapie. Sie unterstützen eine qualitativ hochwertige Infektionsmedizin durch gezielte Diagnostik, schnelle Befunderstellung und -übermittlung [40,41,42]. Ihre Expertise wird benötigt für die Erstellung von hausinternen Empfehlungen zur mikrobiologischen Präanalytik und Labordiagnostik sowie für die Gestaltung und Übermittlung mikrobiologischer Befunde nach nationalen und internationalen Qualitätsstandards [43]. Klinisch-mikrobiologische Visiten durch Mikrobiologen, die in der infektiologischen Konsiliartätigkeit erfahren sind, können den rationalen Einsatz von Antiinfektiva unterstützen [44]. Mikrobiologen und/oder Krankenhaushygieniker erstellen mit aktuellen und geprüften Daten eine auch für die Bewertung von ABS-Maßnahmen geeignete Infektionserreger- und Resistenzstatistik.
Krankenhaushygieniker.
Facharzt für Hygiene und Umweltmedizin (oder Facharzt mit Zusatz-Weiterbildung Krankenhaushygiene oder mit abgeschlossener strukturierter curricularer Fortbildung Krankenhaushygiene).
Krankenhaushygieniker sind für die Prävention, Surveillance und Bekämpfung nosokomialer Infektionen und der Ausbreitung ihrer Erreger zuständig. Zu den Aufgaben des Hygienikers gehören auch die Prävention und Kontrolle der Verbreitung von Infektionserregern im belebten und unbelebten Umfeld (mittels Reinigung, Desinfektion, Sterilisation, Schutzmaßnahmen etc.), die Beratung der Krankenhausleitung und die Kommunikation von Hygienemaßnahmen an das medizinische Personal sowie die Koordination des Managements von Ausbrüchen. Die Ursachenanalyse von Infektionsausbrüchen ist eine zentrale Aufgabe des Hygienikers, zu ihr gehört auch die Bewertung von Herkunft und Verbreitungswegen der ausbruchsverantwortlichen Erreger. Bei Auftreten antibiotikaresistenter oder spezieller pathogener Erreger, z. B. C. difficile, ist die Kenntnis der Antibiotikaverbräuche und ihres Einflusses auf Erreger und Resistenzen essenziell.
Die Ziele von ABS ergänzen daher die Strategien zur Prävention von Antibiotikaresistenzen oder der Selektion pathogener Erreger, da auch sie der Kontrolle der Infektionserreger durch Minimierung der antibiotikaassoziierten Risiken dienen. ABS stellt damit eine wichtige Schnittstelle zu den präventiven Aufgaben der Krankenhaushygiene dar, auch wenn das Präventionspotenzial von ABS und Hygiene je nach Erreger unterschiedlich ist.
Fachapotheker.
Fachapotheker mit Bereichsbezeichnung Infektiologie (oder Fachapotheker mit abgeschlossener Fortbildung zum ABS-Experten oder vertretungsweise Fachapotheker für klinische Pharmazie).
Fachapotheker verfügen über besondere pharmakotherapeutische Kenntnisse und bringen diese in Arzneimittel- und Hygienekommissionen sowie in die Erstellung hausinterner Empfehlungen und Arzneimittellisten ein. Sie beraten die verordnenden Ärzte zur klinischen Relevanz unerwünschter Arzneimittelwirkungen, zu Interaktionen, zur Dosisoptimierung und -individualisierung. Sie sind für die Gestaltung, Umsetzung und Einhaltung der Antiinfektivahausliste mitverantwortlich. Die dafür erforderlichen speziellen Rezeptfreigabe- oder Sonderrezeptregelungen werden von Apothekern maßgeblich mitgestaltet [30, 44, 45]. Die Aufarbeitung von Arzneimittelverbrauchs- und Kostendaten für Surveillance- und Benchmarkzwecke gehört ebenfalls zu den Aufgaben des Apothekers. Sie bedienen sich dabei u. a. auch der Computerized-Physician-Order-Entry-Systeme (CPOE).
ABS-beauftragte Ärzte an der Schnittstelle zwischen ABS-Team und Fachabteilung
ABS-beauftragte Ärzte unterstützen das ABS-Team und stellen die Berücksichtigung abteilungsspezifischer Belange in der Antiinfektivatherapie und bei den ABS-Maßnahmen sicher. Die Befähigung zum ABS-beauftragten Arzt wird im Rahmen des 40-stündigen Grundkurses (Modul 1) des Curriculums Antibiotic Stewardship (ABS) der Bundesärztekammer erworben [39]. Diese Fortbildung kann bereits in der Weiterbildung zum Facharzt absolviert werden und wird für die Fortbildung zum ABS-Experten anerkannt. Die Herausforderungen der Antiinfektivatherapie in der Pädiatrie erfordern eine Fortbildungsmaßnahme mit spezifischen pädiatrischen Belangen.
Von den klinischen Fachbereichen als ABS-Beauftragte ernannte Ärzte arbeiten bei der Erstellung hausinterner Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie fachgebiets- oder fachbereichsrelevanter Infektionskrankheiten mit und unterstützen die Kollegen der Fachabteilung bei der Implementierung hausinterner Empfehlungen auf den Stationen. Darüber hinaus stellen ABS-beauftragte Ärzte die hausinternen Empfehlungen in den Fachabteilungen bzw. -bereichen vor und sollen für fachbereichsinterne Schulungen zur Verfügung stehen. Die ABS-beauftragten Ärzte sollen regelmäßig spezifische Fortbildungen zu rationaler Antibiotikaverordnung und Infektionsdiagnostik anbieten. Ferner sollen sie ebenfalls die Möglichkeit erhalten, selbst entsprechende Fortbildungsangebote wahrzunehmen (infektiologische Fortbildung, Fortbildung in der Infektionsdiagnostik und ABS-Refresher-Kurse).
Eine Ernennung seitens der Fachabteilungen zum ABS-beauftragten und hygienebeauftragten Arzt (mit beiden Funktionen in Personalunion) kann bei entsprechender Qualifikation sinnvoll sein. ABS-beauftragte Ärzte sind Ansprechpartner des mikrobiologischen Labors zur Sicherstellung einer leitliniengerechten Präanalytik und Übermittlung mikrobiologischer Befunde und sollen den verantwortlichen Krankenhaushygieniker bei Ausbruchsuntersuchungen im Fachbereich (auf den Stationen) unterstützen. Eine Zusammenfassung der Aufgaben enthält Infobox 2.
Infobox 2 Übersicht über Aufgaben und Funktionen des ABS-beauftragten Arztes
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Beauftragter der klinischen Fachabteilung/Fachabteilungsgruppe
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Teilnahme an den ABS-Teamsitzungen nach Bedarf (in der Geschäftsordnung geregelt)
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Mitwirkung bei der Kommunikation der Daten zu Antibiotikaverbrauch sowie zu Infektionserreger- und Resistenzstatistik in der Fachabteilung
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Mitarbeit bei der Durchführung von Punktprävalenzanalysen in der Fachabteilung
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Mitarbeit bei der Erstellung hausinterner Empfehlungen zur Diagnostik und Therapie fachgebietsrelevanter Infektionen und deren Implementierung sowie Vorstellung dieser Empfehlungen im Rahmen der fachabteilungsinternen Fortbildung
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Unterstützung bei der Umsetzung einer leitliniengerechten hausinternen Präanalytik und Ansprechpartner des mikrobiologischen Labors zur Sicherstellung einer leitliniengerechten Übermittlung mikrobiologischer Befunde
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Unterstützung bei der Umsetzung spezieller Sonderrezept‑, Freigaberegelungen und Anwendungsbeschränkungen
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Patientenfallbasierte Schulungen im Rahmen der fachabteilungsinternen Fortbildung
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Teilnahme an Antiinfektivavisiten des ABS-Teams in der Fachabteilung
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Unterstützung bei fachbereichsbezogenen Ausbruchsuntersuchungen und eventuell notwendigen Änderungen diagnostischer Algorithmen und Antibiotikastrategien
Personalbedarf
Die Personalbedarfsermittlung stützt sich auf Leitlinien und gesundheitspolitische Empfehlungen, Erfahrungen in der internationalen Literatur sowie auf Angaben zu den Grunddaten und Planungsgrundlagen für deutsche Krankenhäuser 2015 (Quellen: Statistisches Bundesamt bzw. Deutsche Krankenhausgesellschaft). Sie bezieht sich auf die Krankenversorgung und bezieht hier auch Krankenhäuser der Grund- und Regelversorgung sowie Schwerpunktkrankenhäuser mit ein, die im Rahmen der Krankenhausplanung mit den entsprechenden Ressourcen ausgestattet werden sollten, um entsprechende infektiologische Kompetenz in der Basisversorgung breiter aufzustellen. Insbesondere im Bereich der Universitätskrankenhäuser bzw. größerer akademischer Lehrkrankenhäuser der Tertiärversorgung ergibt sich zusätzlicher Bedarf durch Lehre und Forschung sowie Weiterbildungstätigkeit. Dieser Bedarf ist nicht Gegenstand des vorliegenden Positionspapiers und bedarf separater Berücksichtigung und Berechnung.
ABS-Team
Die deutsch-österreichische S3-Leitlinie hat die notwendige personelle Infrastruktur zur Durchführung von ABS-Programmen in Akutkrankenhäusern konkretisiert und empfiehlt eine Ausstattung von (mindestens) 1 Vollzeitstellenäquivalent (VZÄ) für ABS-Teammitglieder pro 500 Betten, mit der ein Basisbündel von ABS-Maßnahmen in vielen Fällen kostenneutral durchführbar sein sollte [18]. Studien, die den Personalbedarf je nach Ausgangsposition und Zielerreichung bezüglich Antiinfektivaverordnungsqualität und Resistenzminimierung exakt quantifizieren können, sind bisher nicht verfügbar. Eine exakte Bezifferung des optimalen Personalbedarfs ist demnach erschwert, doch lassen sich aus Beschreibungen in der Literatur zum Personaleinsatz und aufgrund des geschätzten Zeitbedarfs (siehe Anhang) gemäß Aufgabenbeschreibung des ABS-Teams eine solche Mindestpersonalstärke und ein Zusatzbedarf je nach Krankenhausgröße und -struktur schätzen und begründen.
Es erscheint notwendig und wird angeregt, Kosteneffektivitätsstudien in Auftrag zu geben, die eine genauere Abschätzung der Investitionen in Personal und Infrastruktur unter Berücksichtigung des Versorgungsauftrags der Krankenhäuser erlauben und auch Möglichkeiten und Chancen regionaler Vernetzung in Deutschland aufzeigen.
Basisbedarf: 1 Vollzeitstellenäquivalent pro 500 Betten
Nach verschiedenen Studien sind im Mittel mindestens 30 % der Antiinfektivaverordnungen in Akutkrankenhäusern optimierbar [46]. Bei einer durchschnittlichen Antibiotikabehandlungsinzidenz bei Krankenhauspatienten von ~30 %, einem Anteil daran von 30 % mit dringlichem Beratungsbedarf und einer mittleren Verweildauer von ~1 Woche bedeutet dies, dass pro 500 Betten ein individueller Beratungsbedarf in der Größenordnung von rund 40–50 Fällen pro Woche entsteht (500 × 0,3 × 0,3 = 45). Dies entspricht wiederum den Ergebnissen eines jüngeren US-amerikanischen Surveys, in dem für Akutkrankenhäuser eine Rate von rund 10 Empfehlungen pro 100 Betten (und Woche) ermittelt wurde, um Fehler bezüglich Angemessenheit der Antibiotikabehandlung zu korrigieren oder zu vermeiden [47]. Alleinige apothekenbasierte Indikationsprüfungen können effektiv sein [48], jedoch eine ärztliche Beurteilung – optimalerweise fachärztlich-infektiologische Expertise mit Konsil am Krankenbett – nicht komplett ersetzen. Nimmt man einen Zeitbedarf von 30–60 min pro Beratungsfall an, ergeben sich 20–50 h pro Woche (0,5–1,25 VZÄ) bei einem 500-Betten-Krankenhaus für infektiologische Konsile, ABS-Visiten und teilweise apothekenbasierte Indikationsprüfungen (30 min × 40 Fälle = 20 h, 60 min × 50 Fälle = 50 h, in der Tab. 1 (im Anhang) wurden 25 h pro Woche angenommen). Hinzu kommen Aufgaben, die nicht direkt patientenbezogen sind, ABS-Teamsitzungen/Mitarbeit in Gremien, Surveillance, Schulungen, Leitlinienarbeit etc.
Für kleinere Krankenhäuser (70–150 Betten) hat man kürzlich einen Zeitbedarf von insgesamt 5–10 h pro Woche (entsprechend rund 33 h pro Woche pro 500 Betten) ermittelt [49]. In einem jüngeren Konsensusreport aus den Niederlanden [50] wird angegeben, dass die Personalstärke – abhängig von der Krankenhausgröße und auch den angestrebten ABS-Zielen und -Maßnahmen – bei mindestens 0,87–1,1 (bei 300 Betten), 1,15–1,79 (bei 750 Betten) und 1,43–1,68 (bei 1200 Betten) VZÄ liegt. Dies entspricht einem Basisbedarf von 0,7–1,45 VZÄ pro 500 Betten – ähnlich also den Schätzungen von anderer Seite eines Mindestpersonalbedarfes von ~1 VZÄ pro 500 Betten. Bei Intensivierung des Programms mit zusätzlichen Zielsetzungen und Anforderungen sowie in der Initialphase der Implementierung ist der Bedarf höher [50]. In einem US-amerikanischen Survey wurde ein Bedarf von durchschnittlich 1,3 VZÄ (Ärzte und Apotheker) bei Krankenhäusern mit einer Bettenzahl von 100–300 ermittelt. Bei größeren Krankenhäusern war der durchschnittliche Bedarf entsprechend höher (1,6 VZÄ [300–500 Betten], 2,2 VZÄ [501–1000 Betten], 3,6 VZÄ [>1000 Betten]; [51]).
Dass sich mit einer Personalstärke in der Größenordnung 1 VZÄ pro 500 Betten ein Basisbündel von ABS-Maßnahmen in der Regel mindestens kostenneutral realisieren lässt, zeigen verschiedene Studien. Die bisher berichteten Kosteneinsparungen (Medikamente, Diagnostik) betrugen in einer jüngeren Literaturübersicht in den entsprechenden Studien zwischen 9000 US$ und >2 Mio. US$ pro Krankenhaus [52]. Es liegen auch Berichte über Nettoeinsparungen vor. So wurden am University of Maryland Medical Center (Baltimore, Maryland, USA) mit einer Personalausstattung von (umgerechnet) 1,5 VZÄ pro 500 Betten Nettoeinsparungen (über Arzneimittelkosten, 500 US$ pro Bett und Jahr, unter Berücksichtigung der Kosten des ABS-Programms) über 7 Jahre erzielt [53]. In einem deutschen Universitätskrankenhaus wurden über 2 Jahre Nettoeinsparungen (ebenfalls nur Arzneimittelausgaben betreffend, 500 € pro Bett und Jahr) mit einem Personaleinsatz von 2 VZÄ pro 500 Betten erzielt [54]. In einer kürzlich publizierten Studie [31] war eine Investition in Fachpersonal in dieser Höhe auch in einem schwedischen Krankenhaus für den Krankenhausträger mindestens kostenneutral (Reduktion der Arzneimittelausgaben inkl. Pflegepersonalzeit – ohne Berücksichtigung der Erlöseffekte durch kürzere Liegedauern und erhöhte Fallzahlen). In einer niederländischen Studie wurden im Rahmen der Tätigkeit eines ABS-Teams innerhalb eines Jahres Nettoeinsparungen mit hoher Rentabilität (Vollkosten für eine Beratung/Konsil ~80 €, Einsparung ~500 € pro Fall durch verkürzte Verweildauer, weniger Krankenpflegeaufwand, geringere Arzneimittelkosten) erzielt [28].
Das vorliegende Positionspapier geht entsprechend der obigen Angaben ebenfalls von einer begründbaren Mindestpersonalstärke für das ABS-Team in der Größenordnung von 1 VZÄ pro 500 Betten aus. Dies ist im Einklang mit den Empfehlungen der europäischen Gesundheitsbehörden (ECDC), die für die Durchführung kosteneffektiver ABS-Programme und unter Verweis auf die notwendige Sicherung einer optimierten Versorgungs- bzw. Verordnungsqualität 1–3 VZÄ pro 500 Betten fordern [27]. Der über 1 VZÄ hinausgehende Bedarf pro 500 Betten wurde dort vor allem aufgrund eines französischen Surveys aufgenommen, der einerseits neben Infektiologen weitere Disziplinen im ABS-Team berücksichtigt und außerdem auch einen Zusatzbedarf bei größeren Krankenhäusern mit Spezialdisziplinen wiedergibt (siehe unten).
Bei der Berechnung der Mindestpersonalstärke sollen für die zugrunde zu legende Bettenzahl psychiatrische, psychotherapeutische/psychosomatische, nuklearmedizinische und Rehabilitationsbetten (außer Akutrehabilitation) nicht mitgezählt werden.
Gerade in kleinen Krankenhäusern wird sich ein eigenständiges ABS-Team je nach den lokalen Gegebenheiten aus einem oder mehreren infektiologisch qualifizierten Krankenhausärzten, dem vor Ort angestellten Krankenhaushygieniker, der gleichzeitig ABS-Experte sein kann, sowie je nach Präsenz einem infektiologisch qualifizierten Pharmazeuten und einem beratenden Mikrobiologen, die ebenfalls ABS-fortgebildet sein sollten, zusammensetzen.
Die Doppelqualifikation Infektiologe/ABS-Experte und Krankenhaushygieniker sollte gefördert, die jeweiligen Stellenanteile gemäß Größe des Krankenhauses addiert werden. Alternativ könnte der errechnete ABS-Stellenanteil auch auf mehrere ABS-qualifizierte Personen verteilt werden.
Zusatzbedarf bis zu 0,5 Vollzeitstellenäquivalente bei bestimmten Krankenhausschwerpunkten
Neben der Mindestpersonalstärke wird je nach Krankenhausschwerpunkten (komplexitätsbedingt) und Anforderungen ein Zusatzbedarf gesehen. Hierzu gibt es keine systematischen Untersuchungen. Diese Sichtweise stützt sich aber auf Erfahrungswerte in deutschen Krankenhäusern und entspricht im Wesentlichen auch den bisherigen internationalen Erfahrungen und auch den Empfehlungen der ECDC und anderer Institutionen. So wurde in Frankreich früher als Mindestpersonalstruktur eine Rate von 0,375 VZÄ pro 500 Betten („référent d’antibiotiques“) angegeben [55], jedoch aus der Praxis mit Hinweis auf einen wesentlich höheren Bedarf (insgesamt 3,3 VZÄ pro 500 Betten) korrigiert [56]. Bezogen auf 500 Betten wurden dort für die einzelnen Fachdisziplinen im ABS-Team folgende Bedarfszahlen (VZÄ) genannt: ~1,8 Infektiologen, ~1,25 Apotheker, ~0,3 Mikrobiologen/Hygieniker [56]. Ein über 1 VZÄ pro 500 Betten hinausgehender Bedarf findet sich auch in der australischen ABS-Empfehlung (2 VZÄ pro 500 Betten; [57]), in einer früheren US-amerikanischen Studie (~1,5 VZÄ für mittelgroße Krankenhäuser; [58]) sowie auch in den neuen Vorgaben der US-amerikanischen Centers for Medicare & Medicaid Services zu neuen Qualitätsstandards für Krankenhäuser (~1,4 VZÄ pro 500 Betten; [59]). Die oben genannte niederländische Arbeitsgruppe schätzte den Bedarf für ein intensiviertes Programm auf (umgerechnet) 1,3–2,1 VZÄ pro 500 Betten [50].
In den Beratungen zum vorliegenden Positionspapier wurde mehrheitlich dafür gestimmt, dass folgende Krankenhausmerkmale und Schwerpunkte einen Zusatzpersonalbedarf für das ABS-Team von je 0,5 VZÄ definieren sollen – unabhängig von der Zahl der für diese Schwerpunkte vorgehaltenen Betten:
-
Krankenhäuser mit Organtransplantationszentrum bzw. -einheiten,
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Krankenhäuser mit einem Schwerpunkt in der Hämatologie inkl. allogener Stammzelltransplantation,
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Krankenhäuser mit Fachabteilung für Kinder- und Jugendmedizin inkl. Neonatologie,
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Krankenhäuser mit eigenen Schwerpunkten im Bereich orthopädischer Gelenkersatz und/oder Herzchirurgie und/oder Neurochirurgie (wenn nur eine (0,2 VZÄ) oder 2 (0,4 VZÄ) der Disziplinen vorhanden sind, entsprechende Reduktion),
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Krankenhäuser mit mehr als 4 intensivmedizinischen Behandlungseinheiten/Stationen oder mehr als 50 Intensivbetten oder einer eigenen (bettenführenden) Fachabteilung Intensivmedizin.
Tab. 2 zeigt beispielhaft die Berechnung des Personalbedarfs für ein fachabteilungsübergreifendes ABS-Team.
Die exakte Aufteilung der Aufgaben und Stundenzahlen muss und kann nur unter Berücksichtigung der Verfügbarkeit von Fachpersonal vor Ort, der konkreten Struktur der klinischen Schwerpunkte und im Einvernehmen mit der ABS-Teamleitung definiert werden. Zu berücksichtigen sind bei den Stellenanteilen für Hygieniker die Empfehlungen der Kommission für Krankenhaushygiene und Infektionsprävention (KRINKO) zu personellen Voraussetzungen für eine sachgerechte Krankenhaushygiene [60, 61].
Dem ABS-Team ggf. (zeitlich begrenzt) zugeordnete Ärzte in Weiterbildung in den einschlägigen infektionsmedizinischen Fächern übernehmen im Rahmen ihrer Weiterbildung Aufgaben in der Versorgung und sind daher in die Stellenkalkulation einzubeziehen. Dabei kann in den ersten beiden Jahren der Weiterbildung die Kapazität des Weiterzubildenden mit 50 % des Beschäftigungsumfanges und ab dem 3. Jahr der Weiterbildung mit 90 % des Beschäftigungsumfanges angerechnet werden.
ABS-beauftragte Ärzte
In Abhängigkeit von Krankenhausgröße und Spezialisierungsgrad der klinischen Fachabteilungen sollten zusätzlich sogenannte ABS-beauftragte Ärzte in den klinischen Fachabteilungen bzw. für definierte Fachabteilungen oder Fachabteilungsgruppen ernannt werden, um bei der Erstellung und Umsetzung lokaler Empfehlungen zur Diagnostik, Therapie und Prophylaxe von Infektionen die Belange spezieller Fächer zu berücksichtigen [18]. Die Beschreibung dieser Verantwortlichkeiten und Aufgaben ist in Analogie zur vorgeschlagenen Krankenhaushygienestruktur zu verstehen (Krankenhaushygieneteam mit Facharzt bzw. Krankenhaushygieniker – abteilungsübergreifend – plus hygienebeauftragte Ärzte pro klinischer Fachabteilung als Ansprechpartner und in die Hygienekommission delegierte Ärzte). Hygiene- und ABS-beauftragte Ärzte der Fachabteilungen können diese Funktionen in Personalunion wahrnehmen.
Alle krankenhausinternen Fachabteilungen mit unmittelbarer Patientenversorgung sowie die intensivmedizinischen Versorgungbereiche, die über eine eigene ärztliche Leitung verfügen, sollen jeweils einen ABS-beauftragten Arzt benennen (außer Psychiatrie, Psychotherapie/Psychosomatik, Nuklearmedizin). Fachabteilungsgruppen (z. B. innere Medizin, Chirurgie) können zusammengelegt werden, wenn sie gemeinsam eine Bettenzahl von 100 nicht überschreiten und dies fachlich als adäquat bewertet wird. Belegarztabteilungen sowie kleine Abteilungen (<15 Betten) können grundsätzlich durch ABS-beauftragte Ärzte anderer Fachabteilungen mit unmittelbarer Patientenversorgung mitbetreut werden.
Die Wochenarbeitszeitstunden für einen ABS-beauftragten Arzt einer mittelgroßen bettenführenden Abteilung (40–80 Betten) wurden von der Autorengruppe des Positionspapiers geschätzt. Sie dürften hochgerechnet etwa 0,1 VZÄ pro 100 Betten betragen, aufgrund der Komplexität bestimmter Schwerpunkte auch mehr. Dies ist bei Freistellungen bzw. Stellenplänen zu berücksichtigen.
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Kommission ART
Prof. Dr. Dr. rer. nat. Marianne Abele-Horn; Dr. Dr. Katja de With; Prof. Dr. Julia Seifert (ehemaliges Mitglied)
PEG
Prof. Dr. Dr. rer. nat. Marianne Abele-Horn
RKI
Dr. Tim Eckmanns, Dr. Nicole Schmidt
ADKA
Dr. Matthias Fellhauer
DGHM
Prof. Dr. Georg Häcker
DGI
Prof. Dr. Winfried Kern
DGPI
Prof. Dr. Johannes G. Liese
DGKH
Dr. Peter Walger
Funding
Open Access funding provided by Projekt DEAL.
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Consortia
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Interessenkonflikt
Dieses Positionspapier wurde ehrenamtlich und ohne Einflussnahme kommerzieller Interessengruppen im Auftrag der Kommission Antiinfektiva, Resistenz und Therapie erarbeitet von Prof Dr. Dr. rer. nat. Marianne Abele-Horn, Dr. Dr. Katja de With, Dr. Matthias Fellhauer, Prof. Dr. Georg Häcker, Prof. Dr. Winfried Kern, Prof. Dr. Johannes G. Liese, Prof. Dr. Julia Seifert und Dr. Peter Walger. Vom RKI waren beteiligt: Dr. Tim Eckmanns und Dr. Nicole Schmidt. Das Positionspapier wurde durch die Autorengruppe vorbereitet und nach ausführlicher Diskussion in der Kommission abgestimmt.
Für diesen Beitrag wurden von den Autoren keine Studien an Menschen oder Tieren durchgeführt. Für die aufgeführten Studien gelten die jeweils dort angegebenen ethischen Richtlinien.
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Bundesverband Deutscher Krankenhausapotheker e. V. (ADKA)., Deutsche Gesellschaft für Hygiene und Mikrobiologie e. V. (DGHM)., Deutsche Gesellschaft für Infektiologie e. V. (DGI). et al. Strukturelle und personelle Voraussetzungen für die Sicherung einer rationalen Antiinfektivaverordnung in Krankenhäusern. Bundesgesundheitsbl 63, 749–760 (2020). https://doi.org/10.1007/s00103-020-03152-5
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