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Sexsurveyforschung in Deutschland und Europa

Die Studie Liebesleben: Pilotstudie zu sexuellen Erfahrungen, Einstellungen und Beziehungen von Erwachsenen in Deutschland

Sex survey research in Germany and Europe

Liebesleben (LoveLives): A pilot study into the sexual experiences, attitudes and relationships of adults in Germany

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Bundesgesundheitsblatt - Gesundheitsforschung - Gesundheitsschutz Aims and scope

Zusammenfassung

Erstmalig in Deutschland wird gegenwärtig eine bundesweite Pilotstudie zu sexuellen Erfahrungen, Einstellungen und Beziehungen von Erwachsenen (18 bis 75 Jahre) am Hamburger Institut für Sexualforschung und Forensische Psychiatrie durchgeführt. Im Vordergrund der Pilotstudie stehen die Prüfung der Verständlichkeit und Länge eines Fragebogens sowie der Vergleich zweier Erhebungsmethoden im Hinblick auf die Reliabilität und Repräsentativität der Ergebnisse sowie auf die Verweigerungsrate. Zu diesem Zweck sollen Face-to-Face-Interviews (n = 500) und postversandte Fragebögen (n = 500) als Verfahren miteinander verglichen werden. Erhoben werden Daten zur Sexualität unter besonderer Berücksichtigung der HIV-/STI-Prävention. Die Studie legt die WHO-Definition sexueller Gesundheit zugrunde und schließt damit an die existierende Sexsurveyforschung in Europa und den westlichen Industrienationen an: Vergleichbare Surveys wurden in den letzten 10 Jahren mit verschiedenen Methoden in mehr als 30 europäischen Ländern durchgeführt. Der inhaltliche Fokus der Studie liegt auf dem seit einigen Jahren in Deutschland beobachteten Anstieg bestimmter sexuell übertragbarer Infektionen (STI). Der Artikel gibt einen Überblick über die vorliegende Sexsurveyforschung in Europa. Es wird deutlich, dass die bisherigen Studien bezüglich der gewählten Methodik, der Stichprobentechniken und der inhaltlichen Schwerpunktsetzungen sehr heterogen sind, sodass bislang keine geeigneten Daten für Ländervergleiche vorliegen.

Abstract

At the Hamburg Institute for Sex Research in Germany, a nationwide study is currently being carried out into the sexual experiences, attitudes and relationships of adults (18–75 years). The main focus of this pilot study is to test the comprehensibility and length of a data collecting instrument as well as the comparison of two data collecting methods with regard to reliability and representativeness of the results as well as of the refusal rate. To this end face-to-face interviews (n = 500) and questionnaires sent by post (n = 500) are to be compared with each other as methods. The data to be collected relates to sexuality, particularly the prevention of HIV and other sexually transmitted infections (STIs). The WHO definition of sexual health forms the basis for the study and thus connects up with the existing sex survey research in Europe and western industrial nations. Comparable surveys have been conducted over the past ten years in more than 30 European countries using a variety of methods. The focus of the study is placed upon the increase that has been observed for several years now in certain STIs. The article provides an overview of existing sex survey research in Europe. It becomes clear that the studies conducted so far are very heterogeneous with regard to chosen method, sampling techniques and the choice of content focus, so that no suitable data for cross-national comparability are currently available.

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Notes

  1. Das Forschungsvorhaben wird in Kooperation mit dem Sozialforschungsinstitut Kantar EMNID durchgeführt.

  2. Kinsey entschied sich gegen eine Zufallsstichprobe, weil er in Anbetracht seines Themas und der Zeit eine sehr hohe Verweigererquote erwartete. Es versuchte stattdessen in bestimmten Gruppen (Studierende, Frauengruppen, religiöse, politische und professionelle Gruppen, die ihn zu Vorträgen einluden) sog. 100 %-Stichproben zu gewinnen, was ihm allerdings nur in etwa einem Viertel der Fälle auch gelang.

  3. Die Natsal-Studien erreichten einen erheblichen Einfluss auf Präventionsstrategien und Public-Health-Politik in Großbritannien. Die Ergebnisse wurden ausgesprochen hochrangig publiziert und erlangten international Verbreitung und Ansehen. Für eine Übersicht über die Studie und zahlreiche Publikationen siehe u. a. www.natsal.ac.uk sowie http://www.thelancet.com/journals/lancet/issue/vol382no9907/PIIS0140-6736%2813%29X6059-3.

  4. Die Finanzierung der englischen und der US-amerikanischen Studien aus staatlichen Mitteln wurde von den damaligen Regierungen ausdrücklich abgelehnt, die Forschungsvorhaben waren politisch brisant und wurden hochkontrovers diskutiert [23].

  5. Die Sektion „Sexuelle Gesundheit der Deutschen STI-Gesellschaft“ hat Indikatoren zur sexuellen Gesundheit in Deutschland verabschiedet. Ziel ist es, auf Grundlage von Vorlagen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine aussagekräftige und dennoch überschaubare Liste von Indikatoren zur sexuellen Gesundheit in Deutschland zu präsentieren. Dabei sollen die gewählten Indikatoren die deutsche Situation gut abbilden, aber dennoch eine hohe internationale Vergleichbarkeit gewährleisten [25].

  6. So ist der Goldstandard der Surveyforschung fraglos das Face-to-face-Interview, das jedoch bei großen Fallzahlen hohe Kosten verursacht. Onlinebefragungen beispielsweise sind deutlich kostengünstiger, haben aber schlechtere Teilnahmequoten, kaum Repräsentativität sowie Probleme der Stichprobenverzerrungen. Sie eignen sich aber aufgrund der hohen Anonymität evtl. gut, um bestimmte sexuelle Minderheiten anzusprechen.

  7. Sexuell übertragbare Infektionen (engl. „sexually transmitted infections“; STI) – früher auch Geschlechtskrankheiten genannt – sind ein wichtiger Aspekt sexueller Gesundheit; wobei Krankheitslast, Verbreitung und Ansteckungsgefahr besondere Herausforderungen darstellen. Je nach Erkrankung und Behandlung können STI mit erheblichen Einschränkungen des sexuellen und gesundheitlichen Wohlbefindens einhergehen.

  8. Aufgrund einer erweiterten Meldeverordnung laut dem Infektionsschutzgesetz (IfSG) im Bundesland Sachsen liegen für dieses Bundesland aktuelle Meldedaten, z. B. für Chlamydieninfektionen und Gonorrhö, vor, die als Hinweis auf steigende Neuinfektionen gewertet werden können.

  9. Wir danken Dr. Verena Klein, Dr. Urszula Martyniuk und Dipl.-Psych. Franziska Brunner für die umfangreichen Recherchen und die wertvolle Mitarbeit bei der Entwicklung des Erhebungsinstruments.

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S. Matthiesen, A. Dekker, U. von Rueden, C. Winkelmann, J. Wendt und P. Briken geben an, dass kein Interessenkonflikt besteht.

Das Vorgehen bei der Befragung von Menschen wurde von der Ethikkommission der Hamburger Psychotherapeutenkammer geprüft und bewilligt.

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Matthiesen, S., Dekker, A., von Rueden, U. et al. Sexsurveyforschung in Deutschland und Europa. Bundesgesundheitsbl 60, 971–978 (2017). https://doi.org/10.1007/s00103-017-2598-6

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