FormalPara Zusammenfassung

Der demographische Wandel beeinflusst den Arbeitsmarkt in Krankenhäusern in besonderem Maße. Einerseits steigt die Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen und damit nach Personal, andererseits sinkt das Angebot an potenziellen Arbeitskräften. Dieser Beitrag enthält eine Analyse der Arbeitsmarktsituation in Krankenhäusern auf Basis administrativer Daten der Bundesagentur für Arbeit für den Zeitraum von 2013 bis 2021. Die personelle Struktur hängt eng mit der Berufsstruktur zusammen und ist geprägt von einem sehr hohen Anteil an Frauen und Teilzeitbeschäftigten. In den beschäftigungsstärksten Berufen offenbaren sich teils deutliche Arbeitskräfteengpässe, an denen auch das überdurchschnittlich hohe Lohnwachstum in den letzten Jahren nichts geändert hat. Individuelle Verlaufsanalysen zeigen, dass die Beschäftigten in den zentralen Berufen zwar häufig erwerbstätig bleiben, aber nicht zwangsläufig in ihrem ursprünglichen Beruf oder in Krankenhäusern. Die Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit für die Krankenhäuser, sich als attraktive Arbeitgebende mit guten Arbeitsbedingungen zu positionieren, um Strategien für die Suche nach Arbeitskräften erfolgreich umsetzen zu können.

Demographic change has a profound impact on the labour market in hospitals. On the one hand, the demand for health services and thus for personnel is increasing, while on the other hand, the supply of potential workers is decreasing. This article analyses the labour market situation in hospitals on the basis of administrative data from the German Federal Employment Agency for the period from 2013 to 2021. The employment structure is closely interlinked with the occupational structure and characterized by a very high proportion of women and part-time employees. The most important occupations feature significant labour shortages which could not even be reduced by the above-average wage growth in recent years. Tracing individual employment pathways shows that although employees in the central occupations often remain employed, but not necessarily in their original occupation or in hospitals. The results underline the need for hospitals to position themselves as attractive employers with good working conditions in order to successfully implement strategies for finding employees.

1 Einleitung

Der demographische Wandel führt dazu, dass in Zukunft weniger Menschen in Deutschland leben werden. Dabei wird die Zahl der Älteren deutlich steigen, die Zahl der Jüngeren aber sinken. Auf dem Arbeitsmarkt äußern sich diese Entwicklungen in einem starken Rückgang des Arbeitsangebots (Fuchs et al. 2021). So wird die Babyboomer-Generation in den nächsten Jahren den Arbeitsmarkt verlassen und in Rente gehen. Die nachfolgenden Jahrgänge können diesen Verlust an Arbeitskräften aufgrund ihrer geringeren Stärke nur teilweise ersetzen (Fuchs und Weyh 2018). Da schon heute in allen Bereichen des Arbeitsmarktes Fachkräfte gesucht werden, ist für die Zukunft mit einer Zunahme der Konkurrenz um qualifizierte Arbeitskräfte innerhalb, aber auch zwischen Branchen zu rechnen.

Die Krankenhäuser werden von der demographischen Entwicklung in besonderem Maße betroffen sein. So ist zu erwarten, dass eine größere Zahl an älteren Menschen mehr Patientinnen und Patienten und damit eine erhöhte Nachfrage nach Gesundheitsleistungen mit sich bringt (Schwinger et al. 2020). Als Konsequenz müsste das Gesundheits- und Sozialwesen bis 2040 die Branche mit den meisten Erwerbstätigen sein (Hummel et al. 2021). Damit dürften sich aber die bereits heute existierenden Fachkräfteengpässe in den Gesundheits- und Pflegeberufen weiter verschärfen (Statistik der BA 2022). Für die Krankenhäuser stellt sich daher die Frage, wie sie sich in dem zunehmenden Wettbewerb um Arbeitskräfte positionieren und welche Strategien sie zur Fachkräftesicherung ergreifen können.

Dieser Beitrag bietet einen Überblick über die aktuelle Arbeitsmarktsituation in Krankenhäusern und liefert damit eine fundierte Grundlage für die Diskussion möglicher Personalstrategien. Nach der Analyse der Beschäftigungsentwicklung und -struktur gehen wir detailliert auf die wichtigsten Berufe in Krankenhäusern ein. Ausgewählte Indikatoren zum Fachkräftebedarf zeigen dabei auf, wie angespannt die Situation in den Berufen derzeit ist. Ein Grund für Personalknappheit kann in einem möglicherweise geringen Verbleib der Beschäftigten in den einzelnen Berufen gesehen werden. Wir widmen uns daher der Dauer des beruflichen Verbleibs in den vier zentralen Berufen und führen hierfür auf Individualebene Verlaufsanalysen über einen Zeitraum von insgesamt 20 Jahren durch.

2 Daten und Abgrenzungen

2.1 Datengrundlagen

Als zentrale Datengrundlage dient die Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit (BA), die alle sozialversicherungspflichtig und geringfügig Beschäftigten in Deutschland umfasst. Selbstständige, Beamtinnen und Beamte, mithelfende Familienangehörige oder Soldatinnen und Soldaten sind nicht erfasst. Das bedeutet, dass niedergelassene Ärztinnen und Ärzte oder freiberuflich tätige Krankenschwestern und -pfleger nicht in den Daten enthalten sind. Auch die Bewerberinnen und Bewerber für die berufliche Erstausbildung in Pflegeberufen sind nicht enthalten, da es sich nicht um anerkannte Ausbildungsberufe nach dem Berufsbildungsgesetz handelt (Statistik der BA 2022).

Die Beschäftigungsstatistik der BA erlaubt zwar die Analyse soziodemographischer Merkmale der Beschäftigten, aber keine direkten Auswertungen auf Individualebene. Um den Beschäftigungsverlauf einzelner Personen über die Zeit hinweg nachzuverfolgen, greifen wir daher zusätzlich auf die Beschäftigten-Historik (BeH) des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zurück. Die BeH wird durch das IAB aus den Prozessdaten der BA aufbereitet. Sie enthält vollständige und historisierte Verwaltungsdaten der Rentenversicherungsträger. Abgebildet werden personenbezogene Zeiträume, in denen eine Person sozialversicherungspflichtig und/oder geringfügig beschäftigt war. Dies stellt einen großen Vorteil gegenüber der Krankenhausstatistik (Statistisches Bundesamt 2022a) dar, die keine Analysen von Erwerbsbiographien zulässt.

Obgleich die verwendeten Datenquellen sehr viele Informationen enthalten, unterliegen sie einigen Limitationen. So ist es im Gegensatz zur Krankenhausstatistik nicht möglich, Aussagen zu nicht direkt bei den Krankenhäusern angestellten Personen zu treffen (z. B. Wäscherei, Reinigungsdienste), da keine Informationen zu Verflechtungen zwischen Betrieben vorliegen. Ebenfalls können aufgrund fehlender Informationen zur Zahl der gearbeiteten Stunden lediglich Aussagen dazu getroffen werden, ob eine Person in Voll- oder Teilzeitbeschäftigung tätig ist. Weiterhin stehen in Bezug auf ausländische Beschäftigte nur Informationen zur Staatsangehörigkeit zur Verfügung. Internationale Zu- und Abwanderung kann damit nur sehr eingeschränkt abgebildet werden.

2.2 Abgrenzungen

Mit Ausnahme des Entgelts wird hier die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung in Krankenhäusern in Deutschland zum Stichtag 30. Juni. jeden Jahres seit 2013 betrachtet. Die statistische Abgrenzung der Krankenhäuser wird durch die amtliche Statistik bestimmt. Nach der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008) sind dies alle Betriebe, die zur Gruppe 86.1 gehören. Darunter fallen medizinische Tätigkeiten in Allgemeinkrankenhäusern, Fachkliniken, Hochschul-, Vorsorge- und Rehabilitationskliniken (Statistisches Bundesamt 2007).

Die Entgelte in der Beschäftigungsstatistik der BA umfassen die Bruttomonatsentgelte, die im Meldeverfahren zur Sozialversicherung erhoben werden, jeweils zum Stichtag 31. Dezember. Dazu gehören alle laufenden oder einmaligen Einnahmen aus einer Beschäftigung, also auch Sonderzahlungen, Schichtzuschläge oder sonstige Zulagen. Die Auswertungen werden aufgrund der fehlenden Angaben zur Zahl der gearbeiteten Stunden durchgehend auf sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigte (ohne Auszubildende) eingeschränkt (BA 2012, S. 4). Das Entgelt der Beschäftigten wird als MedianentgeltFootnote 1 ermittelt.

Die Berufe, welche die in den Krankenhäusern beschäftigten Personen ausüben, werden anhand der Klassifikation der Berufe 2010 (KldB 2010) systematisiert. Hierbei verwenden wir die fünfstelligen Berufsgattungen, die gleichzeitig Aufschluss über das Anforderungsniveau der Tätigkeit zulassen (BA 2011). Dieses bezeichnet den Komplexitätsgrad eines Berufs und geht davon aus, dass für seine Ausübung ein bestimmtes Niveau an Fähigkeiten und Kenntnissen vorhanden sein muss (Paulus und Matthes 2013). Da die KldB 2010 erst seit dem Jahr 2012 verfügbar ist, greifen wir für die Abbildung eines möglichst langen Zeitraums bei den Verlaufsanalysen auf die Klassifikation der Berufe 1988 zurück (Fuchs und Fritzsche 2019). Betrachtet werden alle Personen, die im Zeitraum 1998 bis 2020 erstmals in einer der vier beschäftigungsstärksten Berufsgruppen in Krankenhäusern in der Beschäftigtenhistorik verzeichnet sind. Dies sind die Krankenschwestern, -pfleger und Hebammen, die Ärztinnen und Ärzte, die Helfer in der Krankenpflege und die Sprechstundenhelfer (sie entsprechen der Berufsgruppe der medizinischen Fachangestellten in der KldB 2010). Um im Rahmen der Verlaufsanalysen ein Ausscheiden durch Verrentung auszuschließen, berücksichtigen wir nur Personen, die am Ende des Beobachtungszeitraums 2020 nicht älter als 64 Jahre sind. Rückkehrende in den Beruf bzw. die Beschäftigung, z. B. nach Elternzeiten, sind hingegen in die Verlaufsanalysen mit einbezogen.

3 Ergebnisse

3.1 Beschäftigungsentwicklung und -struktur

Im Jahr 2021 arbeiteten 1.510.381 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Krankenhäusern. Das entspricht 4,5 % aller Beschäftigten in Deutschland. Ihre Zahl ist in den vergangenen Jahren stetig gewachsen (Abb. 3.1). Zwischen 2013 und 2018 lag der Zuwachs mit einem Plus von 6,6 % noch etwas unter demjenigen der Gesamtbeschäftigung (11,0 %). Seit 2019 ist in den Krankenhäusern jedoch eine überdurchschnittliche Dynamik zu verzeichnen. Auch der leichte Einbruch bei der Gesamtbeschäftigung von 2019 auf 2020 im Zuge der Covid-19-Pandemie von −0,3 % ließ sich in den Krankenhäusern nicht beobachten.

Abb. 3.1
figure 1

Entwicklung der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung insgesamt und in Krankenhäusern (Index 2013 = 100). (Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen. © IAB)

Die Beschäftigten in Krankenhäusern unterscheiden sich in wesentlichen soziodemographischen Merkmalen von allen Beschäftigten (Abb. 3.2). Während Frauen mit einem Anteil von 46,3 % nur knapp die Hälfte aller Beschäftigten stellen, machen sie in den Krankenhäusern drei Viertel der Belegschaft aus. In engem Zusammenhang mit dem hohen Frauenanteil steht die große Bedeutung der Teilzeitarbeit: 40 % aller Beschäftigten in Krankenhäusern arbeiten in Teilzeit, während es insgesamt betrachtet nur 29,3 % sind. Zudem sind die Beschäftigten in Krankenhäusern im Durchschnitt etwas jünger als in anderen Wirtschaftsbereichen, wie die etwas höheren Anteile der unter 35-Jährigen zeigen. Der Anteil der Beschäftigten mit einer ausländischen Staatsangehörigkeit ist wiederum unterdurchschnittlich ausgeprägt. Die größte Gruppe machen dabei Beschäftigte mit einer türkischen Staatsangehörigkeit aus (11.473 Personen bzw. 0,8 %). Jeweils rund 0,5 % aller Beschäftigten besitzen eine kroatische, rumänische, bosnische, italienische, polnische oder serbische Staatsangehörigkeit.

Abb. 3.2
figure 2

Strukturmerkmale der Beschäftigten in Krankenhäusern 2021 (Anteile in %). Anmerkung: Fehlende Angaben zum Berufsabschluss sind nicht abgebildet. Sie betreffen 1,1 % der Beschäftigten in den Krankenhäusern und 8,8 % insgesamt. (Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen. © IAB)

Die Mehrzahl der Beschäftigten in Deutschland verfügt über einen anerkannten Berufsabschluss. Diese Dominanz ist in den Krankenhäusern mit einem Anteil von 65,7 % noch stärker ausgeprägt. Ebenso fällt der deutlich höhere Anteil an Beschäftigten auf, die eine akademische Ausbildung absolviert haben. Dementsprechend hoch ist der Anteil an Beschäftigten, die einer hoch komplexen Tätigkeit nachgehen. Auffällig ist auch der geringere Helfenden-Anteil in Krankenhäusern. Insgesamt weisen die Beschäftigten in Krankenhäusern damit ein vergleichsweise hohes Qualifikationsniveau auf.

3.2 Die wichtigsten Berufe

Das Aufgabenspektrum der Krankenhäuser spiegelt sich deutlich in der Berufsstruktur wider, denn es dominieren die medizinischen Berufe. Über ein Drittel der Beschäftigten arbeitet als Fachkraft in der Gesundheits- und Krankenpflege (Tab. 3.1). Für sie wiederum stellen die Krankenhäuser sehr wichtige Arbeitgebende dar, 70 % von ihnen sind dort beschäftigt. Ihre Zahl ist seit 2013 um 11 % gestiegen und damit etwas geringer als die Beschäftigung in Krankenhäusern insgesamt. Die anderen Berufsgruppen folgen weit abgeschlagen. So haben die sozialversicherungspflichtig beschäftigten Ärztinnen und Ärzte, die an zweiter Stelle stehen, nur einen Anteil von 7,4 %. Helferinnen und Helfer in der Gesundheits- und Krankenpflege stellen die drittgrößte Gruppe. Ihre Zahl ist gegenüber 2013 rund dreimal so stark gestiegen wie die der Fachkräfte. Unter den TOP-10-Berufen weist aber das stärkste Wachstum mit rund 50 % die Gruppe der medizinischen Fachangestellten auf. Sie stellen damit die viertgrößte Berufsgruppe in deutschen Krankenhäusern. Einen Beschäftigungsrückgang gab es bei den Spezialistinnen und Spezialisten in der Fachkrankenpflege und den Fachkräften in den medizinisch-technischen Berufen. Unter den nichtmedizinischen Berufen machen die Verwaltungsfachkräfte im Sozial- und Gesundheitswesen mit einem Anteil von 2,6 % die größte Gruppe aus. Sie verzeichneten einen überdurchschnittlichen Beschäftigungszuwachs, während die Zahl der Büro- und Sekretariatsfachkräfte zurückging.

Tab. 3.1 Die wichtigsten Berufe in den Krankenhäusern 2021. (Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen. © IAB)

Der hohe Frauenanteil, der die Beschäftigungsstruktur in den Krankenhäusern charakterisiert (Abb. 3.2), lässt sich auf die große Bedeutung an hauptsächlich von Frauen ausgeübten Berufen zurückführen. Sie umfassen sowohl die Pflege- als auch die medizinisch-technischen Berufe und die Verwaltungsberufe. Unter den medizinischen Fachangestellten machen Männer nicht einmal 2 % aus. Im Gegensatz dazu liegt der Frauenanteil in der Ärzteschaft, die Teil der akademischen medizinischen Berufe ist, nur leicht über dem der Männer. Die Führungspositionen in der Human- und Zahnmedizin schließlich sind zu mehr als zwei Dritteln mit Männern besetzt. In diesen Geschlechterverteilungen drückt sich zum einen die historische Entwicklung des traditionell von Männern dominierten ärztlichen Berufsfeldes und der von Frauen besetzten Pflege aus (Schäfer und Gottschall 2016; Bogai 2019). Zum anderen zeigt sich auch in den Krankenhäusern die generelle Unterrepräsentanz von Frauen in den obersten Führungsriegen (Kohaut und Möller 2022).

Die überdurchschnittlich stark ausgeprägte Teilzeitbeschäftigung in Krankenhäusern lässt sich im Wesentlichen auf zwei Ursachen zurückführen, die nach Berufsgruppen variieren. Laut Becka et al. (2016) nehmen die klassischen Gründe für Teilzeitarbeit von Frauen wie Familien- und Kindererziehungsphasen oder Haushaltsführung bei den Büro- und Verwaltungsberufen eine große Bedeutung ein. In den Gesundheitsberufen kommt als weiterer Grund das Belastungspotenzial einer Vollzeitstelle hinzu. Speziell für die Pflegekräfte stellen die hohen Arbeitsbelastungen schließlich den dominierenden Grund für Teilzeit dar (DIP 2022). Auch die Lage der Arbeitszeiten, die sich unter anderem aus Schichtarbeit ergibt, spielt hier hinein (DGB-Index Gute Arbeit 2018).

3.3 Die Arbeitsmarktsituation in den wichtigsten Berufen

Im Folgenden befassen wir uns mit der Frage, wie die derzeitige Arbeitsmarktlage in den zehn zentralen Berufen in den Krankenhäusern aussieht und wie hoch der jeweilige Arbeitskräftebedarf ist. Hierfür orientieren wir uns an der Fachkräfteengpassanalyse der BA (BA 2022; Statistik der BA 2022) und berechnen fünf Indikatoren, die in Tab. 3.2 aufgeführt sind. Ihre Gesamtbetrachtung erlaubt es, Aussagen zum möglichen Bedarf in den einzelnen Berufen zu treffen (Fuchs und Fritzsche 2019). Da es um die Berufe an sich geht, umfasst die Analyse alle Beschäftigten in den zehn Berufen. Eine Einschränkung auf die Tätigkeit in Krankenhäusern findet hier nicht statt.

Tab. 3.2 Ausgewählte Indikatoren zum Fachkräftebedarf. (Quelle: Statistik der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen. © IAB)

Neben der Beschäftigungsentwicklung, die die realisierte Nachfrage nach Arbeitskräften abbildet, sind Informationen zur Entwicklung der nicht realisierten Nachfrage zentral. Diese zeigt den Mehr- und Ersatzbedarf an Personal an und wird hier abgebildet durch die Veränderung der Zahl der bei der BA gemeldeten offenen Stellen. In fünf der zehn zentralen Berufe fiel der Anstieg zwischen 2013 und 2022 überdurchschnittlich stark aus. Unter den Verwaltungsfachkräften im Sozial- und Gesundheitswesen und den medizinischen Fachangestellten hat sich die Zahl der gemeldeten offenen Stellen sogar mehr als verdreifacht. Ergänzend gibt die durchschnittliche abgeschlossene Vakanzzeit an, wie lange eine bei der BA gemeldete offene Stelle länger unbesetzt war als vom Arbeitgebenden geplant. Sie bietet demnach Informationen über den zeitlichen Aufwand, der betrieben werden muss, um eine ausgeschriebene Stelle tatsächlich zu besetzen. Insgesamt lag die abgeschlossene Vakanzzeit mit 131 Tagen bei etwas mehr als vier Monaten. In vier zentralen Berufen der Krankenhäuser lag dieser Wert zum Teil aber weitaus höher. Beispielsweise dauerte es durchschnittlich über ein dreiviertel Jahr länger als geplant, um eine Stelle als Spezialistin oder Spezialist in der Fachkrankenpflege zu besetzen, und rund sieben Monate waren es bei einer Stelle als Spezialistin oder Spezialist in der Physiotherapie.

Eine Möglichkeit, offene Stellen zu besetzen, bietet die Einstellung arbeitsloser Bewerberinnen und Bewerber. Das Verhältnis von Arbeitslosen zu gemeldeten offenen Stellen in einem Beruf stellt daher einen weiteren wichtigen Indikator dar. Aktuell liegt dieser insgesamt bei 2,7, d. h. auf eine bei der BA gemeldete offene Stelle kommen rechnerisch 2,7 Arbeitslose. In vier der zentralen Berufe in Krankenhäusern liegt dieses Verhältnis bei unter 1 – allein schon rechnerisch können also die gemeldeten offenen Stellen nicht mit Arbeitslosen besetzt werden. Übereinstimmend liegt der berufsspezifische Arbeitslosenquotient, der sich als Anteil der Arbeitslosen an der Summe aus Arbeitslosen und sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten in einem Beruf errechnet, bei acht der zentralen Berufe unterhalb des Durchschnitts aller Berufe. Vor allem unter den Fachkräften in der Gesundheits- und Krankenpflege sowie den Berufen der Fachkrankenpflege gibt es so gut wie keine Arbeitslosen, die als mögliche Personalreserven in Frage kommen. Dies gilt in noch stärkerem Maße für die Ärztinnen und Ärzte sowie für die Führungskräfte in der Human- und Zahnmedizin, deren geringe Fallzahlen an Arbeitslosen noch nicht einmal Auswertungen zulassen.

Der letzte Indikator in Tab. 3.2 bildet den altersbedingten Ersatzbedarf ab. Er entsteht dadurch, dass die älteren Beschäftigten in Rente gehen und ersetzt werden müssen, wenn die Zahl der Beschäftigten konstant bleiben soll. In sechs Berufen fällt der Anteil der mindestens 60-Jährigen an allen Beschäftigten überdurchschnittlich hoch aus. Unter den Führungskräften in der Human- und Zahnmedizin ist sogar rund ein Fünftel 60 Jahre und älter.

Zusammengefasst weisen die Indikatoren zur Arbeitsmarktsituation auf einen deutlichen Fachkräftebedarf in den zentralen Berufen in Krankenhäusern hin. Die angespannte Arbeitsmarktsituation zeigt sich anhand des teils stark gestiegenen Zusatzbedarfs und der großen Probleme, die offenen Stellen zu besetzen. Von Seiten der Arbeitslosen ist keine Entlastung zu erwarten. Auch in Umfragen kommen die Stellenbesetzungsprobleme zum Ausdruck. Demnach haben sie im Pflegedienst der Allgemein- und Intensivstationen dramatisch zugenommen und viele Stellen können nicht besetzt werden. Neben anderen Faktoren wird insbesondere der Renteneintritt als ein wichtiger Grund für eine zukünftige Verschlechterung der Stellensituation in der Pflege angegeben (Deutsches Krankenhausinstitut 2022).

Anhand der Entwicklung des Entgelts lässt sich ebenfalls ableiten, ob die Nachfrage nach einem Beruf gestiegen ist. Grundsätzlich erhalten Beschäftigte in Krankenhäusern einen höheren Lohn als in anderen Bereichen (Abb. 3.3). Dies gilt für alle TOP-10-Berufe. Auch der seit 2013 zu beobachtende Lohnzuwachs von 22,9 % übertrifft denjenigen unter allen Beschäftigten (19,0 %). Insbesondere die Physiotherapeutinnen und -therapeuten, die medizinischen Fachangestellten und Beschäftigte im medizinisch-technischen Laborbereich haben hiervon profitiert. Aus diesem Blickwinkel heraus ist eine Beschäftigung in einem Krankenhaus also durchaus attraktiv. Allerdings fielen die Lohnzuwächse in den beiden erstgenannten Berufsgruppen außerhalb der Krankenhäuser noch deutlich höher aus.

Abb. 3.3
figure 3

Median der monatlichen Bruttoarbeitsentgelte in den zentralen Berufen 2021 (in Euro) und Veränderung gegenüber 2013 (in %). (Quelle: Beschäftigungsstatistik der Bundesagentur für Arbeit, eigene Berechnungen. © IAB)

3.4 Verbleib in Beschäftigung und im Beruf

Für das Abwägen möglicher Strategien zur Fachkräftesicherung sind Informationen zum Verbleib der Beschäftigten in ihrem Beruf von großer Bedeutung. Daher werden in diesem Kapitel mithilfe von Individualdaten des IAB Längsschnittuntersuchungen für die vier größten Berufsgruppen in Krankenhäusern vorgenommen. Zuerst soll herausgefunden werden, wie lange die Personen überhaupt sozialversicherungspflichtig beschäftigt sind (Beschäftigungsverbleib). Zweitens wird gefragt, wie lange sie in ihrem Beruf beschäftigt sind (Berufsverbleib). Schließlich interessiert uns, wie lange die Beschäftigten sowohl in ihrem Beruf als auch in einem Krankenhaus tätig sind (Berufs- und Branchenverbleib). Hierbei betrachten wir jedoch nicht, ob sie immer im gleichen Krankenhaus beschäftigt bleiben.

Abb. 3.4 enthält die aggregierten Erwerbsverläufe aller Personen, die zwischen 1998 und 2020 zum ersten Mal in einer der vier abgebildeten Berufsgruppen in einem Krankenhaus gemeldet wurden. Mit Ausnahme der Ärztinnen und Ärzte ist der generelle Beschäftigungsverbleib recht hoch. Nach 20 Jahren befinden sich noch rund 80 % der examinierten Krankenschwestern und -pfleger und der medizinischen Fachangestellten sowie 71 % der Helfer in der Krankenpflege in sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung. Allerdings finden auch Wechsel in andere Berufe statt: Nur 57 % der Krankenschwestern und -pfleger üben nach 20 Jahren noch ihren ursprünglichen Beruf aus. Besonders auffällig ist der Verlauf bei den Helfern in der Krankenpflege, denn schon nach zwei Jahren hat mehr als die Hälfte den Beruf gewechselt. Eine Erklärung könnte die Inanspruchnahme beruflicher Weiterbildung (Statistik der BA 2022) bieten, nach deren erfolgreichem Abschluss die ehemaligen Helfer als Pflegefachkräfte weiter beschäftigt werden würden.

Abb. 3.4
figure 4

Beschäftigungs-, Berufs- und Branchenverbleib in den vier größten Berufsgruppen in Krankenhäusern (1998–2020, Index Beobachtungsbeginn = 100). Anmerkungen: Die Linien zeigen den jeweiligen Durchschnitt über alle Einzelkohorten an. Da eine Durchschnittsbildung über zu wenige Beobachtungen verzerrt sein kann, beträgt die maximale Beobachtungsdauer 20 Jahre. (Quelle: Beschäftigten-Historik des IAB, eigene Berechnungen. © IAB)

Erwartungsgemäß sinkt der Anteil derjenigen Personen, die sowohl in ihrem Beruf als auch in den Krankenhäusern beschäftigt bleiben, über die Zeit am stärksten. Von den Krankenschwestern und -pflegern arbeitet nach 20 Jahren weniger als die Hälfte in ihrem Beruf in Krankenhäusern. Hinter der Differenz zum reinen Berufsverbleib von gut 10 Prozentpunkten verbergen sich diejenigen Personen, die aus dem Krankenhausbetrieb ausscheiden und in einer anderen Branche als Pflegefachkräfte weiter beschäftigt sind. Während diese Differenz bei den Helfern in der Krankenpflege recht gering ausfällt, ist sie bei den medizinischen Fachangestellten wiederum stark ausgeprägt. Möglicherweise gibt es für diese Berufsgruppe in anderen Branchen noch bessere Beschäftigungsalternativen als für Krankenschwestern und -pfleger.

Unter den Ärztinnen und Ärzten sinkt im Gegensatz zu den anderen drei Berufsgruppen der Beschäftigungsverbleib fast im gleichen Ausmaß wie der Berufsverbleib. Diese Besonderheit lässt sich zum einen damit erklären, dass mit dem Eintritt in eine Selbstständigkeit die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung endet. Zum anderen finden vergleichsweise wenige Berufswechsel statt. Eher noch verlassen Ärztinnen und Ärzte das Krankenhaus und wechseln hierfür in ein anderes Angestelltenverhältnis.

4 Fazit

Das sinkende Erwerbspersonenpotenzial verschärft den Wettbewerb um Arbeitskräfte in Deutschland. Gleichzeitig wird sich die zunehmende Zahl der älteren Menschen in einer erhöhten Nachfrage nach Gesundheitsdienstleistungen niederschlagen. Für die Arbeitsmarktsituation in den Krankenhäusern ist daher mit einer Verschärfung der bereits heute existierenden Engpässe zu rechnen. Es stellt sich damit die Frage, wie Krankenhäuser sich in dem zunehmenden Wettbewerb um Arbeitskräfte positionieren und welche Strategien sie zur Fachkräftesicherung ergreifen können. Dies ist nicht zuletzt angesichts der hohen Relevanz der Krankenhäuser für die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung zentral.

In diesem Beitrag haben wir die Arbeitsmarktsituation in den Krankenhäusern einer umfangreichen Analyse unterzogen. Die Beschäftigung ist seit 2013 stetig gewachsen, und der leichte Einbruch bei der Gesamtbeschäftigung im Zuge der Covid-19-Pandemie fand in den Krankenhäusern nicht statt. Besonderheiten zeigen sich in einem sehr hohen Anteil an Frauen und Teilzeitbeschäftigten, und auch die Qualifikationsstruktur liegt über dem branchenübergreifenden Durchschnitt. Dies hängt mit den wichtigsten Berufen in den Krankenhäusern zusammen, die zur Behandlung und Pflege der Patientinnen und Patienten erforderlich sind. So arbeitet über ein Drittel der Beschäftigten als Fachkraft in der Gesundheits- und Krankenpflege. Die hohen Arbeitsbelastungen stellen für viele von ihnen den dominierenden Grund für eine Teilzeitbeschäftigung dar. Zugleich stehen die Krankenhäuser vor großen Problemen bei der Besetzung offener Stellen in fast allen zentralen Berufen. Daran hat offensichtlich auch das teils überdurchschnittlich hohe Lohnwachstum nichts geändert. Ein Grund für die großen Probleme, freie Stellen zu besetzen, könnte mit dem Wechsel der Beschäftigten in andere Berufe und sogar in andere Branchen zusammenhängen.

Um auch weiterhin die Versorgung der Patientinnen und Patienten in den Krankenhäusern gewährleisten zu können, müssen angesichts der großen Probleme bei der Personalsicherung vielfältige Hebel in Bewegung gesetzt werden. Maßnahmen, die auf das Aktivieren von Potenzial unter der bestehenden Belegschaft abzielen, betreffen zum Beispiel die Ausweitung des Arbeitszeitvolumens der vielen Teilzeitkräfte (Tab. 3.1). Hierfür müssten allerdings die oftmals belastenden Arbeitsbedingungen insbesondere der Pflegekräfte verbessert werden (Auffenberg et al. 2022; DGB-Index Gute Arbeit 2018). Eine zunehmende Überlastung geht – nicht nur in Deutschland – mit einer sinkenden Arbeitsfähigkeit einher, was wiederum zu Fehlzeiten und vorzeitigem Berufsausstieg führt (Hayes et al. 2012; Heinen et al. 2013).

Unter den Maßnahmen, die die Rekrutierung von zusätzlichem Personal betreffen, steht die Gewinnung von jungen Menschen für eine Ausbildung in den Pflegeberufen an vorderster Stelle. Das im Januar 2020 in Kraft getretene Pflegeberufegesetz führte die Ausbildungen in der Gesundheits- und Krankenpflege, der Gesundheits- und Kinderkrankenpflege sowie der Altenpflege zur Pflegefachkraft zusammen und sollte dadurch unter anderem die Pflegeberufe attraktiver machen. Im Jahr 2021 haben über 61.000 Auszubildende eine Ausbildung zur Pflegefachkraft begonnen, was einem Zuwachs von 7 % gegenüber 2020 entspricht (Statistisches Bundesamt 2022b). Ob sich Jugendliche eine Pflegeausbildung vorstellen können, hängt auch davon ab, welches Image Pflegekräfte haben (Ebbinghaus 2022). Um eine größere Zielgruppe zu erschließen, sollte daher neben der gesellschaftlichen Relevanz stärker hervorgehoben werden, dass Pflegeberufe sehr anspruchsvoll sind und ein hohes Maß an Kompetenzen und Qualifikationen erfordern.

Nicht zuletzt stellt die Anwerbung von Fachkräften aus dem Ausland eine Möglichkeit der Fachkräftegewinnung dar. Bei der Beschäftigung ausländischer Ärztinnen und Ärzte sowie Pflegekräfte liegt Deutschland zwar etwas hinter anderen Ländern zurück, allerdings hat sich insbesondere der Anteil von Ärztinnen und Ärzten aus dem Ausland in den letzten Jahren deutlich erhöht (OECD 2019). Auch für die nächsten Jahre wird in den Krankenhäusern ein Mehrbedarf an ausländischen Fachkräften gemeldet (Deutsches Krankenhausinstitut 2022). Im Rahmen des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes wurden seit März 2020 von staatlicher Seite neue Perspektiven für Fachkräfte aus Nicht-EU-Ländern geschaffen. Damit ist der deutsche Arbeitsmarkt nicht mehr nur für Hochqualifizierte vollständig geöffnet, sondern auch für Personen mit anerkannter Berufsausbildung (Statistik der BA 2022). Die neuen Kolleginnen und Kollegen müssen dabei beim Spracherwerb und bei der Integration in den beruflichen und privaten Alltag in Deutschland gut begleitet werden, um sie dauerhaft zu halten. Für die Krankenhäuser gilt es also, mit Hilfe eines adäquaten Mix aus verschiedenen Strategien zur Fachkräftesicherung auch in Zukunft die Versorgung der Patientinnen und Patienten zu sichern.