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„Für Spinoza noch zu früh“ – Theorie-Eröffnungszüge

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Topik der Theorie

Part of the book series: LiLi: Studien zu Literaturwissenschaft und Linguistik ((LiLi,volume 6))

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Zusammenfassung

Gerade jetzt, wo man meinen möchte, dass Theorie historisch geworden sei und somit ‚eingeordnet‘, ‚kontextualisiert‘ oder ‚angewendet‘ werden könnte, muss man sehen, dass die Angehörigen der Theorie sich über weite Strecken hinweg durch die Weigerung kennzeichneten, Marx, Freud, Saussure etc. ‚historisch‘ zu nehmen oder sie, alternativ dazu, für gegenwärtige Belange dienstbar zu machen. Der Artikel liest die Vertreter der Theorie also selbst als Leser und beobachtet, dass sie die Lektüre ihrer Vorgänger-Toten mit bestimmten Auftaktformeln flankierten, welche einer doppelten Funktion gehorchten: die Toten außerhalb der Verfügung der Gegenwart zu stellen und umgekehrt diese Gegenwart deren Verfügung zu unterstellen.

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Notes

  1. 1.

    Beispiele dieser Diagnose liefern Hans Ulrich Gumbrecht: „Die Gegenwart wird (immer) breiter“. In: ders.: Präsenz. Berlin 2012, S. 66–90, hier: S. 66; David Graeber: Bürokratie. Die Utopie der Regeln. Stuttgart 2016, S. 165f.; Guillaume Paoli: Die lange Nacht der Metamorphose. Über die Gentrifizierung der Kultur. Berlin 2017, S. 55. Zum 30jährigen Dauerdiskurs über das ‚Ende der Theorie‘ vgl. Nancy Easterlin/Barbara Riebling: After Poststructuralism. Interdisciplinarity and Literary Theory. Illinois 1993; Thomas Docherty: After Theory. Edinburgh 1996; Wendell Harris: Beyond Poststructuralism. The Speculations of Theory and the Experience of Reading. Pennsylvania 1996; Martin McQuillan u. a. (Hg.) (1999): Post-Theory. New Directions in Criticism. Edinburgh 1999; Terry Eagleton: After Theory. London 2003; Colin Davis: After Poststructuralism. Reading, Stories and Theory. London/New York 2004; Achim Geisenhanslüke: Textkulturen. Literaturtheorie nach dem Ende der Theorie. Paderborn 2015; Eva Horn: „Herbst der Theorie“. In: Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1 (2016), S. 119f.

  2. 2.

    Zur Figur der „Rückkehr zum Ursprung“ vgl. Michel Foucault: „Was ist ein Autor? (Vortrag)“. In: ders.: Dits et Ecrits. Schriften 1954–1969, Bd. 1. Hg. von Daniel Défert. Frankfurt a. M. 2001, S. 1003–1041, besonders S. 1025–1027.

  3. 3.

    Georges Bataille: Hegel, der Mensch und die Geschichte. Berlin 2018, S. 55 (Übersetzung leicht modifiziert).

  4. 4.

    Louis Althusser u. a.: Das Kapital lesen. Münster 2018, S. 19f.

  5. 5.

    Maurice Merleau-Ponty: „Der Philosoph und sein Schatten“. In: ders.: Das Auge und der Geist. Philosophische Essays. Hamburg 2003, 243–275, hier: S. 243.

  6. 6.

    Roland Barthes: Sade Fourier Loyola. Frankfurt a. M. 1974, S. 94.

  7. 7.

    Foucault: „Was ist ein Autor?“, S. 1022–1025.

  8. 8.

    Ebd., S. 1026.

  9. 9.

    Ernesto Laclau/Chantal Mouffe: Hegemonie und radikale Demokratie. Zur Dekonstruktion des Marxismus. Wien 1991, S. 38.

  10. 10.

    Peter Sloterdijk: Über die Verbesserung der guten Nachricht: Nietzsches fünftes ‚Evangelium‘. Rede zum 100. Todestag von Friedrich Nietzsche, gehalten in Weimar am 25. August 2000. Frankfurt a. M. 2001, S. 7.

  11. 11.

    Gilles Deleuze/Félix Guattari: Was ist Philosophie? Frankfurt a. M. 2000, S. 57.

  12. 12.

    Jacques Derrida: Marx‘ Gespenster. Der verschuldete Staat, die Trauerarbeit und die neue Internationale. Frankfurt a. M. 2003, S. 33, Kursivierung im Original. „Noch einmal kehrt hier das, was vor uns zu liegen scheint, die Zukunft, im vorhinein wieder: aus der Vergangenheit, von hinten.“ (Ebd., S. 24)

  13. 13.

    Friedrich Nietzsche: Ecce Homo. In: ders. Kritische Studienausgabe, Bd. VI. Hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München/New York 1980, S. 255–374, hier: S. 298.

  14. 14.

    Zur Figur der Rettung der Toten im Archiv vgl. Henning Trüper: Seuchenjahr. Berlin 2021, S. 148f. Sie geht natürlich zurück auf Benjamins These, dass den Lebenden die „schwache messianische Kraft mitgegeben“ sei, die Toten rückwirkend zu erlösen. Unseren Auftaktformeln geht es indes weniger um eine Verantwortung für die Toten als um eine Verantwortung vor ihnen. Erlösen wir sie oder erlösen wir uns nicht vielmehr durch sie bzw. vor ihnen? Vgl. Walter Benjamin: „Über den Begriff der Geschichte“. In: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. II.1. Unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno hg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Frankfurt a. M. 1977, S. 691–704, hier: S. 693f.

  15. 15.

    Michel Foucault: Die Ordnung der Dinge. Frankfurt a. M. 1974, S. 320.

  16. 16.

    Ebd., S. 322.

  17. 17.

    Ebd., S. 320.

  18. 18.

    Und wenn dies geschieht, wird dann den namenlosen toten Niemanden jenes merkwürdige Eigenleben zugebilligt, das vormals einem Nietzsche vorbehalten war: Von den Dokumenten der sogenannten infamen Menschen heißt es, „dass diese ‚Novellen‘, die da plötzlich über zweieinhalb Jahrhunderte Schweigen hinweg auftauchten, mich tiefer ins Mark erschüttert haben als das, was man gewöhnlich die Literatur nennt“. Auch mit Blick auf den anonymen Diskurs finden sich dann die einschlägigen Einstiegsformeln, etwa in der Behauptung, „dass diese absolut ruhmlosen Leute aus der Mitte so vieler Toter immer noch gestikulieren, immer noch ihre Wut, ihren Kummer oder ihre unbezwingliche Entschlossenheit ausdrücken, sich auszulassen“ (Michel Foucault: „Das Leben der infamen Menschen“. In: ders.: Dits et Ecrits. Schriften. 1976–1979, Bd. 3. Hg. von Daniel Défert. Frankfurt a. M. 2003, S. 309–332, hier: S. 311 u. 318).

  19. 19.

    Jacques Derrida: Ein Portrait von Geoffrey Bennington und Jacques Derrida. Frankfurt a. M. 1994, S. 16.

  20. 20.

    Giorgio Agamben: „Was ist Zeitgenossenschaft?“, in: ders.: Nacktheiten. Frankfurt a. M. 2010, S. 21–36, hier: S. 21.

  21. 21.

    Maurice Blanchot: „Museumskrankheit“, in: ders.: Die Freundschaft. Berlin 2011, S. 58–68, hier S. 59.

  22. 22.

    Theodor W. Adorno: Drei Studien zu Hegel. Frankfurt a. M. 1963, S. 7.

  23. 23.

    Zum „philosophischen Kauderwelsch“ vgl. Deleuze/Guattari: Was ist Philosophie?, S. 128.

  24. 24.

    Ludwig Wittgenstein: „Bemerkungen über die Farben. Über Gewißheit. Zettel. Vermischte Bemerkungen.“ In: ders.: Werkausgabe, Bd. 8. Frankfurt a. M. 1984, S. 462.

  25. 25.

    In diesem Sinne begnügt sich Derrida, wenn er das Gespenstische thematisiert, auch nicht mit der Forderung ‚Geister zu sehen‘, sondern von Geistern gesehen zu werden. Vgl. zu diesem „Visiereffekt“ Derrida: Marx’ Gespenster, S. 20–23.

  26. 26.

    Adorno: Drei Studien, S. 9.

  27. 27.

    Ebd.

  28. 28.

    Dieser Spiritismus ist der systematische Ort, wo sich die Motive ‚Tod des Autors‘ und ‚Gespenstisches‘ kreuzen. Tote Autoren sind nämlich untote, wiedergängerische Autoren. Vgl. Roland Barthes: „Tod des Autors“. In: ders.: Das Rauschen der Sprache. (Kritische Essays IV). Frankfurt a. M. 2005, S. 57–63 u. Derrida: Marx‘ Gespenster.

  29. 29.

    Boris Groys: Politik der Unsterblichkeit. Vier Gespräche mit Thomas Knoeffel. München/Wien 2002, S. 33.

  30. 30.

    Jacques Derrida: Ein Portrait von Geoffrey Bennington und Jacques Derrida, S. 16.

  31. 31.

    Hans Robert Jauß: Literaturgeschichte als Provokation. Frankfurt a. M. 1970, S. 173.

  32. 32.

    Harold Bloom: Shakespeare. Die Erfindung des Menschlichen. Berlin 2000, S. 21.

  33. 33.

    Peter Sloterdijk: Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger. Frankfurt a. M. 2001, S. 336.

  34. 34.

    Ebd., S. 337.

  35. 35.

    Zur Frage einer strukturellen Unüberbietbarkeit der letzten Theorie-Generation am Beispiel von Derrida vgl. Christoph Paret: „‚Wenn der Epigone kommt, ist die Party vorbei‘. Geoffrey Bennington, Jacques Derrida und die Post-Theorie“. In: Merkur 867 (2021), S. 18–28.

Literatur

  • Adorno, Theodor W.: Drei Studien zu Hegel. Frankfurt a. M. 1963.

    Google Scholar 

  • Agamben, Giorgio: „Was ist Zeitgenossenschaft?“, in: ders.: Nacktheiten. Frankfurt a. M. 2010, S. 21–36.

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  • Althusser, Louis u. a.: Das Kapital lesen. Münster 2018.

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  • Barthes, Roland: „Tod des Autors“. In: ders.: Das Rauschen der Sprache. (Kritische Essays IV). Frankfurt a. M. 2005, S. 57–63.

    Google Scholar 

  • Barthes, Roland: Sade Fourier Loyola. Frankfurt a. M. 1974.

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  • Bataille, Georges: Hegel, der Mensch und die Geschichte. Berlin 2018.

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  • Benjamin, Walter: „Über den Begriff der Geschichte“. In: ders.: Gesammelte Schriften, Bd. II.1. Unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno hg. von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser. Frankfurt a. M. 1977 S. 691–704

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  • Blanchot, Maurice: „Museumskrankheit“. In: ders.: Die Freundschaft. Berlin 2011, S. 58–68.

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  • Bloom, Harold: Shakespeare. Die Erfindung des Menschlichen. Berlin 2000.

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  • Davis, Colin: After Poststructuralism. Reading, Stories and Theory. London/New York 2004.

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  • Deleuze, Gilles/Guattari, Félix: Was ist Philosophie? Frankfurt a. M. 2000.

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  • Derrida, Jacques: Marx’ Gespenster. Der verschuldete Staat, die Trauerarbeit und die neue Internationale. Frankfurt a. M. 2003.

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  • Derrida, Jacques: Ein Portrait von Geoffrey Bennington und Jacques Derrida. Frankfurt a. M. 1994.

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  • Docherty, Thomas: After Theory. Edinburgh 1996.

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  • Eagleton, Terry: After Theory. London 2003.

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  • Easterlin, Nancy/Riebling, Barbara: After Poststructuralism. Interdisciplinarity and Literary Theory. Evanstown, Ill. 1993.

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  • Foucault, Michel: „Was ist ein Autor? (Vortrag)“. In: ders.: Dits et Ecrits. Schriften 1954–1969, Bd. 1. Hg. von Daniel Défert. Frankfurt a. M. 2001, S. 1003–1041.

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  • Foucault, Michel: „Das Leben der infamen Menschen“. In: ders.: Dits et Ecrits. Schriften 1976–1979, Bd. 3. Hg. von Daniel Défert. Frankfurt a. M. 2003, S. 309–332.

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  • Foucault, Michel: Die Ordnung der Dinge. Frankfurt a. M. 1974.

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  • Geisenhanslüke, Achim: Textkulturen. Literaturtheorie nach dem Ende der Theorie. Paderborn 2015.

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  • Graeber, David: Bürokratie. Die Utopie der Regeln. Stuttgart 2016.

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  • Groys, Boris: Politik der Unsterblichkeit. Vier Gespräche mit Thomas Knoeffel. München/Wien 2002.

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  • Gumbrecht, Ulrich: „Die Gegenwart wird (immer) breiter“, in: ders.: Präsenz. Berlin 2012, S. 66–90.

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  • Harris, Wendell: Beyond Poststructuralism. The Speculations of Theory and the Experience of Reading. Pennsylvania 1996.

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  • Horn, Eva: „Herbst der Theorie“. In: Zeitschrift für Kulturwissenschaften 1 (2016), S. 119f.

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  • Jauß, Hans Robert: Literaturgeschichte als Provokation. Frankfurt a. M. 1970.

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  • Laclau, Ernesto/Mouffe, Chantal: Hegemonie und radikale Demokratie. Zur Dekonstruktion des Marxismus. Wien 1991.

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  • McQuillian, Martin u. a. (Hg.): Post-Theory. New Directions in Criticism. Edinburgh 1999.

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  • Merleau-Ponty, Maurice: „Der Philosoph und sein Schatten“. In: ders. Das Auge und der Geist. Philosophische Essays. Hamburg 2003, S. 243–275.

    Google Scholar 

  • Nietzsche, Friedrich: Ecce Homo. In: ders.: Kritische Studienausgabe, Bd. VI. Hg. von Giorgio Colli und Mazzino Montinari. München/New York 1980, S. 255–374.

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  • Paoli, Guillaume: Die lange Nacht der Metamorphose. Über die Gentrifizierung der Kultur. Berlin 2017.

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  • Paret, Christoph: „‚Wenn der Epigone kommt, ist die Party vorbei‘. Geoffrey Bennington, Jacques Derrida und die Post-Theorie“. In: Merkur 867 (2021), S. 18–28.

    Google Scholar 

  • Sloterdijk, Peter: Nicht gerettet. Versuche nach Heidegger. Frankfurt a. M. 2001.

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  • Sloterdijk, Peter: Über die Verbesserung der guten Nachricht: Nietzsches fünftes ‚Evangelium‘. Rede zum 100. Todestag von Friedrich Nietzsche, gehalten in Weimar am 25. August 2000. Frankfurt a. M. 2001.

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  • Trüper, Henning: Seuchenjahr. Berlin 2021.

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  • Wittgenstein, Ludwig: „Bemerkungen über die Farben. Über Gewißheit. Zettel. Vermischte Bemerkungen.“ In: ders.: Werkausgabe, Bd. 8. Frankfurt a. M. 1984.

    Google Scholar 

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Paret, C. (2023). „Für Spinoza noch zu früh“ – Theorie-Eröffnungszüge. In: Eggers, M., Robanus, A. (eds) Topik der Theorie. LiLi: Studien zu Literaturwissenschaft und Linguistik, vol 6. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66813-9_7

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  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-66813-9_7

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  • Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg

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