Zusammenfassung
Die Pragmatik beschäftigt sich mit dem Sprachgebrauch in Kommunikationssituationen – dem kommunikativen Sinn, wie wir ihn in Kap. 5 genannt haben. Diese grobe Charakterisierung grenzt die Pragmatik von der Semantik ab, die sich ja mit der Bedeutung von Wörtern und Sätzen an sich auseinandersetzt, die Kommunikationssituation also außer Acht lässt.
Eine andere Sichtweise auf Pragmatik ist, vom wörtlich Gesagten (dem Gegenstandsbereich der Semantik) zum Gemeinten zu gelangen. Was hat der Sprecher mit seiner Äußerung gemeint, was war seine Intention, und welches Wissen ist für diesen Übergang vom Gesagten zum Gemeinten nötig?
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Literatur
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Appendices
Antworten zu den Selbstfragen
Selbstfrage 1
Nur implikatiert per Konvention: nichts bzw. niemand sonst (Zum Beispiel: Nur die Bananen kosten weniger als zwei Euro). Überdies implikatiert per Konvention: der Inhalt des Folgesatzes ist ein Zuschlag zum vorherigen Inhalt (Beispiel: Lena kann fließend Spanisch sprechen. Überdies kann sie Gedichte auf Spanisch schreiben).
Selbstfrage 2
Die Implikatur lautet: Sie müssen 18 Jahre oder älter sein.
Selbstfrage 3
Referierende Ausdrücke sind bestimmte (definite) NPs sowie (koreferente) Pronomen: Die Gegend, sie, ich, meinen […] Gehrock, mein Mantel, ihn, die scharfe Luft, meinen Holzapfelstock, die nasse Erde, meine blaugekleidete Gestalt, den steilen Aufstieg des Hügels, diese Haltung, den Kopf, ihm, die Welt, darüber.
Selbstfrage 4
Die Lokaldeixis wird mittels des lokalen Adjektivs bzw. Adverbs direkt und hier sowie mit diversen lokalen Präposionalphrasen etabliert. Angegeben wird eine sukzessive Verortung in Dortmund. Interessant ist die Semantik von hier: Es bleibt im Unklaren, welcher Umgebungsraum des Autors intendiert ist.
Für die Temporaldeixis werden neben den Tempora die Adverbien jetzt und damals verwendet sowie eine Jahresangabe. Die exakten Zeitintervalle, die die beiden Adverbien denotieren, bleiben unklar.
Selbstfrage 5
Es gelten dieselben Bedingungen wie im Deutschen.
Selbstfrage 6
1: Sie haben offensichtlich einen guten Geschmack!
2: Hier tritt das Problem auf, den Kleidungsstil seines Chefs loben zu wollen, ohne unterwürfig zu wirken.
3: Es ist schwierig, ein Lob bei einer ambivalenten bzw. gestörten Beziehung auszusprechen.
Aufgaben
6.1
\(\bullet\) Beobachten Sie einen Tag lang das Gesprächsverhalten Ihrer Mitmenschen (Fremde, Bekannte, Freunde, Familienmitglieder usw.). Notieren Sie sich zwei Beispiele für Implikaturen, die beim Verstehen einer Äußerung angestoßen wurden.
6.2
\(\bullet\) Lesen Sie die Formulierung der Grice’schen Konversationsmaximen. Welche Maximen sind unscharf formuliert?
6.3
\(\bullet\bullet\) Welche Maximen überschneiden sich inhaltlich?
6.4
\(\bullet\) Betrachten Sie die folgenden Sätze:
-
a.
Die Farbe ist getrocknet.
-
b.
Die Farbe ist nicht getrocknet.
-
c.
Die Farbe ist nicht getrocknet; sie war niemals flüssig!
-
d.
Die Farbe ist getrocknet, falls sie jemals flüssig war.
Satz (a) enthält zwei Präsuppositionen. Erläutern Sie, welchen Effekt die Modifikationen in den Sätzen (b)–(d) auf die Präsuppositionen haben.
6.5
\(\bullet\) Aus der Tatsache, dass wir fünf Finger pro Hand besitzen, folgt, dass der Daumen auch ein Finger ist. Dennoch schließen wir aus der Äußerung des Sprechers: Ich habe mir gestern einen Finger gebrochen, dass dies wahrscheinlich nicht der Daumen war. Erläutern Sie diesen Interpretationseffekt pragmatisch.
6.6
\(\bullet\bullet\) Sätze wie die Folgenden besitzen unterschiedliche Wahrheitsbedingungen:
-
a.
Wenn Larissa beschimpft wird und das Geschirr nicht spült, ist sie unglücklich.
-
b.
Wenn Larissa das Geschirr nicht spült und beschimpft wird, ist sie unglücklich.
Inwieweit unterscheiden sich die Wahrheitsbedingungen? Wie kann man den Unterschied zwischen den Wahrheitsbedingungen pragmatisch erklären?
6.7
\(\bullet\bullet\) Aus der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung vom 31.12.2013:
-
a.
… die Enttäuschung des Jahres – vermeldet im Videotext von SAT.1: „Uruguay verpasst den Afrika-Cup 2014“!
-
b.
… die Erklärung des Jahres – aufgeschnappt in der Kreisliga. Spieler zum Trainer: „Warum spiele ich in der Zweiten?“ Trainer zum Spieler: „Weil wir keine Dritte haben.“
Analysieren Sie beide Textausschnitte auf lexikalischer Ebene: Wo sind semantische Phänomene zu erkennen?
Welche Präsuppositionen müssen erfüllt sein? Treten Implikaturen auf?
6.8
\(\bullet\bullet\) Betrachten Sie die Verwendung von hier in diesen Kontexten:
-
a.
Ich bin hier hinten! (Gerufen in einem Wald zu Freunden)
-
b.
Wie schön es hier ist! (Gesprochen, während der Sprecher mit den Armen in die Gegend weist)
-
c.
Hier tut es weh. (Mit der Hand auf dem Bauch beim Arzt)
-
d.
Sie wohnten hier, aber wir wohnten hier. (Auf eine Landkarte zeigend)
Was sind die Unterschiede zwischen den Verwendungen von hier? Wie lässt sich die Semantik von hier beschreiben?
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Klabunde, R. (2023). Pragmatik – sprachliches Schließen und Handeln. In: Klabunde, R., Mihatsch, W. (eds) Linguistik. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-66612-8_6
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