Zusammenfassung
Üblicherweise erfolgt eine Zuordnung der wirtschaftlichen Aktivitäten in drei Sektoren: Betriebe des primären Sektors (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei) erzeugen materielle Güter organischer Natur (z. B. Agrarprodukte), im sekundären Sektor (z. B. Handwerk, Industrie) werden materielle Güter verarbeitet bzw. anorganische Urprodukte bearbeitet (z. B. Bergbau), und Betriebe des tertiären Sektors (Dienstleistungen) erbringen immaterielle Leistungen. Als wichtige Merkmale der immateriellen Leistung des Dienstleistungssektors (z. B. Beratung, Transport oder Haarschnitt) gelten deren fehlende Lagerfähigkeit, sowie dass Anbieter und Nachfrager in unmittelbaren Kontakt treten müssen (Interaktion), während die Leistung erbracht wird (Uno-actu-Prinzip). Diese Merkmale der Aktivitäten haben Standortkonsequenzen. Die materiellen Produkte des primären und sekundären Sektors können getrennt von der Nachfrage erstellt und dann zu den Nachfragern transportiert werden; entsprechend beeinflussen spezielle komparative Standortvorteile die Standortwahl und Standortverteilung. Dagegen müssen bei der Erstellung von immateriellen Dienstleistungen Anbieter und Nachfrager an einem Standort zusammenkommen; dies führt zu einer räumlichen Streuung der Standorte entsprechend der Verteilung der Nachfrager. Die Zuordnung von Aktivitäten in die drei Sektoren basiert auf betrieblichen Einheiten und weist dadurch Unschärfe auf. Denn große Industriebetriebe erstellen intern vielfältige selbst benötigte Dienstleistungen und Dienstleistungsbetriebe erbringen auch handwerkliche Leistungen. Auch relativiert sich die Immaterialität der Leistungen des Dienstleistungssektors durch moderne Technologien teilweise (eine CD speichert die Musik eines Konzerts, Einkommenssteuersoftware ist permanent zuhause verfügbar) und der unmittelbare Kontakt zwischen Anbieter und Nachfrager kann in manchen Bereichen über moderne Kommunikationsmedien erfolgen (Anruf in einem Call-Center). In hoch entwickelten Wirtschaften hat der Dienstleistungssektor dominierende Bedeutung und deshalb erfolgt eine weitere Untergliederung in einen tertiären Sektor, mit eher klassischen arbeitsintensiven Leistungen (z. B. Friseur, Einzelhandel, Wartung, Wachschutz), und einen quartären Sektor mit humankapitalintensiven Leistungen (z. B. Forschung, Marketing, Werbung).
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Kulke, E. (2023). Sektoraler Wandel der Wirtschaft. In: Kulke, E. (eds) Wirtschaftsgeographie Deutschlands. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-65070-7_1
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