Zusammenfassung
Es genügt nicht, die Schadwirkungen der Wirtschaft zu adressieren, z. B. den CO2-Ausstoß zu reduzieren. Das ist zweifellos notwendig. Ebenso notwendig ist die Frage nach den Ursachen: Welche Haltung und welche Ethik gegenüber Mensch und Natur ist in Unternehmen vorhanden? Das Modell der Gemeinwohl-Ökonomie (GWÖ) beinhaltet den Bezug auf ethische Werte, die demokratische Gesellschaften und das Augenmerk auf Nachhaltigkeit hervorgebracht haben. Die Ethik der Gemeinwohl-Ökonomie befähigt zu ganzheitlichen und grundsätzlichen Lösungen, die mit den Denk- und Handlungsstrategien kapitalistischer Marktwirtschaften nicht gedacht werden können. Mit der Einführung der Nachhaltigkeitsberichterstattung war die Hoffnung verbunden, dass die Transparenz und die öffentliche Diskussion eine Veränderung der Geschäftsmodelle zu nachhaltigeren Wirtschaftsweisen bewirken könne. Diese Hoffnung hat sich nicht erfüllt. Die Gesetzgeber:innen auf EU Ebene arbeiten deshalb an einem Berichtsmodell, das Transparenz und Vergleichbarkeit herstellt und damit politische Steuerung ermöglicht. Das Berichtsmodell der Gemeinwohl-Ökonomie erfüllt diese Erwartungen bereits heute und wird von Hunderten von Unternehmen im Mittelstand angewendet. Die Bestrebungen des Gesetzgebers haben mehrere Konzerninitiativen ausgelöst – eine in Deutschland namhafte, die Value Balancing Alliance (VBA), wird diskutiert. Deren Modell beansprucht, die Aufgabe der Transformation zu nachhaltigen Geschäftspraktiken durch die Monetarisierung der Wertschöpfung bewirken zu können. Die Monetarisierung bedingt jedoch dieselbe Blickverengung, die auch der konventionellen Wirtschaft zugrunde liegt: nur was einen monetären Wert hat, kann in Entscheidungen einfließen. Die VBA sucht einen Ausweg aus diesem Dilemma, findet ihn aber nicht. Da die konventionelle Wirtschaftsweise die Natur willentlich beschädigt und die Menschenwürde nicht willentlich fördert, braucht es Berichtsrahmen und -methoden, die in der Lage sind, diese Werte, die ihrer Beschaffenheit nach nicht monetär sind, zu erfassen, zu bewerten und vergleichbar darzustellen. Die Methode der Gemeinwohl-Ökonomie leistet dies und wird in groben Zügen dargestellt. Ein weiteres Merkmal der GWÖ-Methode: Sie siedelt die ethische Kompetenz zur Entscheidung, welche Produktionsprozesse und Produkte angewendet werden, im Unternehmen an und delegiert es nicht an den Staat. Der Staat soll zwar ein „level playing field“ im Sinn einer permanenten Entwicklung zu höherwertigen, ethischeren Wirtschaftsweisen schaffen und ermöglichen, aber die ethische Verantwortung bleibt bei der Unternehmensführung.
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Notes
- 1.
Vgl. Lautermann und Pfriem (2011, S. 208).
- 2.
WBCSD hat seinen Sitz in Genf und wurde 1995 im Nachgang der Konferenz der Vereinten Nationen über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro von verschiedenen Unternehmens- bzw. Konzernvertreter:innen gegründet; vgl. WBCSD (2021).
- 3.
Der UN Global Compact ist die freiwillige Verpflichtung von Unternehmen zu verantwortungsvoller Unternehmensführung auf Basis von zehn Prinzipien (wie z. B. die Achtung und der Schutz internationaler Menschenrechte). Die Initiative entstand 1999 durch eine Zusammenarbeit mit den Vereinten Nationen und umfasst weltweit mittlerweile mehr als 17.000 Unternehmen und Organisationen (Stand: Juli 2021); vgl. Global Compact Netzwerk Deutschland (2021).
- 4.
Vgl. Jonker et al. (2011, S. 5).
- 5.
Eingang in nationales Recht in Deutschland fand die genannte EU-Richtlinie durch die Verabschiedung des CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetzes (CSR-RUG) im Jahr 2017. Betroffen sind davon vor allem große, kapitalmarktorientierte Unternehmen.
- 6.
Vgl. Europäisches/r Parlament/Rat (2014, L 330/1ff.).
- 7.
Vgl. Europäisches/r Parlament/Rat (2014, L330/2).
- 8.
Vgl. Deinert (2019, S. 6).
- 9.
Vgl. Auswärtiges Amt (2021, S. 5).
- 10.
Vgl. Europäisches/r Parlament/Rat (2021, S. 6ff.).
- 11.
Wir gehen mit diesem Beitrag nicht weiter auf die Kritik an der CSRD-Richtlinie bzw. dem LkSG ein, sondern konzentrieren uns auf den Ansatz der VBA sowie der Perspektive der GWÖ.
- 12.
Vgl. Value Balancing Alliance (2021, S. 2).
- 13.
Vgl. Value Balancing Alliance (2021, S. 2).
- 14.
Vgl. Value Balancing Alliance (2021, S. 2).
- 15.
Vgl. Value Balancing Alliance (2021, S. 9 f.).
- 16.
Vgl. Value Balancing Alliance (2021, S. 5).
- 17.
Vgl. Value Balancing Alliance (2021, S. 5).
- 18.
Vgl. Elkington (1998).
- 19.
Vgl. Value Balancing Alliance (2021, S. 11).
- 20.
Vgl. Elkington (2018).
- 21.
Vgl. Kant (1785, GMS, AA 04: S. 434.31ff.).
- 22.
Vgl. Quarta Vista (2021). Eine ausführliche Beschäftigung mit dem Ansatz von Quarta Vista findet sich unter anderem hier: https://www.hm-practices.org/wp-content/uploads/2021/06/Quarta-Vista_GH1.pdf.
- 23.
Vgl. Antoni-Komar et al. (2016, S. 365).
- 24.
Vgl. Pfriem (2011, S. 237).
- 25.
Vgl. Felber (2012, S. 35 ff.).
- 26.
Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Artikel 14 (2).
- 27.
Verfassung des Freistaates Bayern, Artikel 151 (1).
- 28.
Stand: Juli 2021, vgl. International Federation for the Economy for the Common Good e. V. (2021a).
- 29.
Stand: Juli 2021, vgl. International Federation for the Economy for the Common Good e. V. (2021a).
- 30.
Vgl. Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (2015, S. 2 ff.).
- 31.
Vgl. Bündnis 90 die Grünen Baden-Württemberg und CDU Baden-Württemberg (2021, S. 16).
- 32.
Vgl. Landeshauptstadt Stuttgart, Abteilung Wirtschaftsförderung (2019, S. 7).
- 33.
Vgl. Landeshauptstadt Stuttgart, Abteilung Wirtschaftsförderung (2019, S. 10 ff.).
- 34.
Vgl. International Federation for the Economy for the Common Good e. V. (2021b).
- 35.
Vgl. Universitat de Valencia, Càtedra EBC Economia del Bé Comú (2017, S. 3 ff.).
- 36.
Unternehmen mit Gemeinwohl-Bilanzen gibt es mittlerweile in den meisten Branchen. Eine Übersicht der bilanzierenden Unternehmen findet sich hier: https://audit.ecogood.org/firmenauskunft/.
- 37.
Vgl. International Federation for the Economy for the Common Good e. V. (2021c, S. 10 f.).
- 38.
Vgl. VAUDE (2020).
- 39.
Vgl. International Federation for the Economy for the Common Good e. V. (2021c, S. 26 f.).
- 40.
Eine Auswahl an weiteren Good-Practice-Beispielen findet sich unter anderem hier: https://web.ecogood.org/media/filer_public/cb/6e/cb6ef91a-31d9-41b5-b9a3-dc14d8bf9d46/2021-04-26-good-practices-web.pdf.
- 41.
Vgl. Institute for Advanced Sustainability Studies (2020, S. 27 ff.).
- 42.
Vgl. Heidbrink et al. (2018, S. 4).
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Europäisches/r Parlament/Rat (2014) Richtlinie 2014/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Richtlinie 2013/34/EU im Hinblick auf die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen, Straßburg
Europäischer Wirtschafts- und Sozialausschuss (2015) Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema: Die Gemeinwohl-Ökonomie: Ein nachhaltiges Wirtschaftsmodell für den sozialen Zusammenhalt, ECO/378 Gemeinwohl-Ökonomie, Brüssel
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Verfassung des Freistaates Bayern in der Fassung der Bekanntmachung vom 15. De-zember 1998 (GVBI. S. 991, 992, BayRS 100–1-I), zuletzt geändert durch die Gesetze vom 11.11.2013 (GVBI. S. 638,639, 640, 641, 642)
WBCSD (2021) The birth of WBCSD, in www.wbcsd.org. https://www.wbcsd.org/Overview/Our-history. Zugegriffen: 7. Juli 2021
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Hofielen, G., Kasper, M. (2022). Der Berichtsrahmen der Gemeinwohl-Ökonomie: Transformationsbrücke in die Zukunft. In: Schwager, B. (eds) CSR und Nachhaltigkeitsstandards. Management-Reihe Corporate Social Responsibility. Springer Gabler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-64913-8_9
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