Abstract
The contribution considers the later (post 1980) phase of Dieter Henrich’s theory of subjectivity. In distinction to the earlier phase, in which Henrich attempted to provide a reconstructive explanation of self-consciousness, he now moves towards the conviction that self-consciousness as such cannot be explained. We must assume a ground for self-consciousness. The contribution presents Henrich's later understanding of self-consciousness and his conception of the ground of self-consciousness.
Access this chapter
Tax calculation will be finalised at checkout
Purchases are for personal use only
Notes
- 1.
Zu den Veröffentlichungen, in welchen er seine eigene systematische Position vorlegt, gehören hauptsächlich die Textsammlungen Fluchtlinien aus dem Jahre 1982, Bewußtes Leben aus dem Jahre 1999 und die bisher ausführlichste Darstellung seiner eigenen Position in Denken und Selbstsein aus dem Jahre 2007. Als sein erstes systematisches Buch nennt Henrich (2021, S. 210) Versuch über Kunst und Leben aus dem Jahre 2001.
- 2.
- 3.
Im Rückblick auf seinen Aufsatz aus dem Jahre 2017 schreibt Henrich: „Schließlich bleibt es immer noch wichtig, Heideggers phänomenologischen Methodengedanken als Muster für das Ziel philosophischer Erschließungsarbeit und ebenso als Grundlage seiner Kantinterpretation im Blick zu behalten: Heidegger meint, man dürfe sich nicht von dem aus der Naturerklärung hergeleiteten Modell von ‚Kräften in ihrem Zusammenwirken‘ das Ziel jeder philosophischen Einsicht vorgeben lassen. An die Stelle dieses Modells, das eine unangemessene Vergegenständlichung einschließt, hat für ihn das Programm eines Aufweises von ‚phänomenal Gegebenem‘ zu treten – und damit der Gedanke eines Gefüges von Momenten in einem allseitigen Wechselbezug. Diese Momente sind in ‚gleicher Ursprünglichkeit‘ nicht nur voneinander verschieden, sondern in dieser ihrer Verschiedenheit miteinander verfugt. So bilden sie ein Ganzes aus, dem sie ebenso wesentlich zugehören wie es ohne sie nicht denkbar ist. Aufgabe der Philosophie ist es, dies Gefüge in der ihm eigenen Ganzheit, die zwar unmittelbar gegeben ist, die aber nicht offen zutage liegt, immer tiefer zu erschließen. Heidegger zufolge soll Kant dieses Gefüge als Einbildungskraft und damit als eigenständig-einige Verfassung der Zeitlichkeit in den Blick gebracht haben.“ (Henrich 2020, S. 1 f.)
- 4.
Eine eingehende Analyse der Bedeutung des Einleitungssatzes des § 16 in einem sachlichen Zusammenhang mit dem Interpretationsvorschlag Dieter Henrichs liefert Konrad Cramer (Cramer 1987). Er erklärt die Problematik des Begleitenkönnens durch das ‚Ich denke‘ im Zusammenhang mit der sprachanalytischen Bedeutung der ‚self-ascription‘ (Cramer 1987, S. 180). Er versucht wie Henrich, eine sachlich angemessene Übersetzung des am Begriff der Vorstellung orientierten cartesianischen Paradigmas, zu dem auch Kants Denken gehört, in das Paradigma der sprachanalytischen Philosophie, das sich an der Problematik des Satzes und der Satzform orientiert, zu leisten.
- 5.
Zu dieser Analogie Cramer (1986, S. 78, Anm. 30).
- 6.
- 7.
Die Darstellung der drei Formeln aus dem Gesichtspunkt des Aufsatzes selbst enthält der Text von Holger Gutschmidt in diesem Band. Zum Thema vgl. auch andere Beiträge in diesem Band.
- 8.
- 9.
Henrich unterscheidet zwischen ‚ich‘ und ‚Ich‘ in folgendem Sinne: „Ich bemühe mich […] das Wort ‚ich‘ klein nur dann zu schreiben, wenn es im Sinne des deiktischen Ausdrucks verwendet wird. In Großschreibung erscheint es immer dann, wenn es in irgendeinem theoriebeladenen Kontext, etwa in Bezug auf eine Entität ‚Subjekt‘, verwendet wird.“ (Henrich 2019, S. 284, Anm. 147).
- 10.
Vgl. Henrich (1982a, S. 121): „Was die kodifizierten Religionen etwa ‚Glauben‘ nennen, heißt für das Denken ‚Leben in und aus Ideen‘.“
- 11.
Ich danke Dieter Henrich und Manfred Frank für wichtige Hinweise.
Literatur
Cramer, Konrad. 1986. ‚Gegeben‘ und ‚Gemacht‘. Vorüberlegungen zur Funktion des Begriffs ‚Handlung‘ in Kants Theorie der Erkenntnis von Objekten. In Handlungstheorie und Transzendentalphilosophie, Hrsg. Gerold Prauss, 41–81. Frankfurt a. M.: Klostermann.
Cramer, Konrad. 1987. Über Kants Satz: Das Ich denke, muß alle meine Vorstellungen begleiten können. In Theorie der Subjektivität, Hrsg. Konrad Cramer, Hans Friedrich Fulda, Rolf-Peter Horstmann, und Ulrich Pothast, 167–202. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Cramer, Konrad. 1993. Einheit des Bewußtseins und Bewußtsein der Einheit. Ein Problemaufriß in der Perspektive Kants. In Systeme im Denken der Gegenwart, Hrsg. Hans-Dieter Klein, 123–151. Bonn: Bouvier.
Heidegger, Martin. 1986. Sein und Zeit. Tübingen: Niemeyer.
Henrich, Dieter. 1955. Über die Einheit der Subjektivität. Philosophische Rundschau 3: 28–69.
Henrich, Dieter. 1966. Fichtes ursprüngliche Einsicht. In Subjektivität und Metaphysik. Festschrift für Wolfgang Cramer, Hrsg. Dieter Henrich und Hans Wagner, 188–232. Frankfurt a. M.: Klostermann.
Henrich, Dieter. 1976. Identität und Objektivität. Eine Untersuchung über Kants transzendentale Deduktion. Heidelberg: Winter.
Henrich, Dieter. 1982a. Das Selbstbewußtsein und seine Selbstdeutungen. Über Wurzeln der Religionen im bewußten Leben. In Fluchtlinien. Philosophische Essays, Dieter Henrich, 99–124. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Henrich, Dieter. 1982b. Selbstbewußtsein und spekulatives Denken. In Fluchtlinien. Philosophische Essays, Dieter Henrich, 125–181. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Henrich, Dieter. 1988. Identität des Subjekts in der transzendentalen Deduktion. In Kant. Analysen – Probleme – Kritik, Hrsg. Hariolf Oberer, Gerhard Seel, 39–70. Würzburg: Königshausen & Neumann.
Henrich, Dieter. 1989. Noch einmal in Zirkeln. Eine Kritik an Ernst Tugendhats semantischer Erklärung von Selbstbewußtsein. In Mensch und Moderne. Beiträge zur philosophischen Anthropologie und Gesellschaftskritik, Hrsg. Clemens Bellut und Ulrich Müller-Schöll, 93–132. Würzburg: Königshausen & Neumann.
Henrich, Dieter. 1999a. Bewußtes Leben. Einleitung und Übersicht zu den Themen des Bandes. In Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivität und Metaphysik, Hrsg. Dieter Henrich, 11–48. Stuttgart: Reclam.
Henrich, Dieter. 1999b. Subjektivität als Prinzip. In Bewußtes Leben. Untersuchungen zum Verhältnis von Subjektivität und Metaphysik, Hrsg. Dieter Henrich, 49–73. Stuttgart: Reclam.
Henrich, Dieter. 2001. Versuch über Kunst und Leben. Subjektivität – Weltverstehen – Kunst. München: Hanser.
Henrich, Dieter. 2004. Grundlegung aus dem Ich. Untersuchungen zur Vorgeschichte des Idealismus. Tübingen – Jena (1790–1794). Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Henrich, Dieter. 2005. Hölderlins Philosophische Grundlehre. In der Begründung, in der Forschung, im Gedicht. In Anatomie der Subjektivität. Bewusstsein, Selbstbewusstsein und Selbstgefühl. Hrsg. Thomas Grundmann, Frank Hoffmann, Catrin Misselhorn, Violetta L. Waibel, und Véronique Zanetti, 300–324. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Henrich, Dieter. 2007. Denken und Selbstsein. Vorlesungen über Subjektivität. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.
Henrich, Dieter. 2010a. Selbstbewusstsein und Gottesgedanke. In Selbstbewusstsein und Gottesgedanke. Ein Wiener Symposion mit Dieter Henrich über Philosophische Theologie, Hrsg. Rudolf Langthaler und Michael Hofer, 9–22. Wien: Braunmüller.
Henrich, Dieter. 2010b. Wie ist Subjektivität zu begreifen? Dieter Henrich zu Ulrich Barth. In Selbstbewusstsein und Gottesgedanke. Ein Wiener Symposion mit Dieter Henrich über Philosophische Theologie, Hrsg. Rudolf Langthaler und Michael Hofer, 54–80. Wien: Braunmüller.
Henrich, Dieter. 2010c. Die Genesis von Grundgedanken. Dieter Henrich zu Dietrich Korsch. In Selbstbewusstsein und Gottesgedanke. Ein Wiener Symposion mit Dieter Henrich über Philosophische Theologie, Hrsg. Rudolf Langthaler und Michael Hofer, 119–132. Wien: Braunmüller.
Henrich, Dieter. 2016. Sein oder Nichts. Erkundungen um Samuel Beckett und Hölderlin. München: Beck.
Henrich, Dieter. 2019. Das Ich, das viel besagt. Fichtes Einsicht nachdenken. Frankfurt a. M.: Klostermann.
Henrich, Dieter. 2020. Endlichkeit des Subjektes. Im Rückblick auf ‚Über die Einheit der Subjektivität (1955)‘. e-Journal. Philosophie der Psychologie 26: 1–9. http://www.jp.philo.at/texte/HenrichD2.pdf.
Henrich, Dieter. 2021. Ins Denken Ziehen. Eine philosophische Autobiographie. Im Gespräch mit Matthias Bormuth und Ulrich von Bülow. München: Beck.
Kant, Immanuel. 1902 ff. Gesammelte Schriften. Berlin: de Gruyter (= AA).
Kant, Immanuel. 1990. Kritik der reinen Vernunft. Hrsg. Raymund Schmidt. Hamburg: Meiner (= KrV).
Schulz, Walter. 1953/1954. Über den philosophiegeschichtlichen Ort Martin Heideggers. Philosophische Rundschau 2 (3): 65–93.
Schulz, Walter. 1977. „…als ob Heraklit danebensteht“. In Erinnerung an Martin Heidegger, Hrsg. Günther Neske, 223–228. Pfullingen: Neske.
Author information
Authors and Affiliations
Corresponding author
Editor information
Editors and Affiliations
Rights and permissions
Copyright information
© 2022 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer-Verlag GmbH, DE, ein Teil von Springer Nature
About this chapter
Cite this chapter
Kuneš, J. (2022). Rückgang in den Grund. In: Frank, M., Kuneš, J. (eds) Selbstbewusstsein. Abhandlungen zur Philosophie. J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-63683-1_3
Download citation
DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-662-63683-1_3
Published:
Publisher Name: J.B. Metzler, Berlin, Heidelberg
Print ISBN: 978-3-662-63682-4
Online ISBN: 978-3-662-63683-1
eBook Packages: J.B. Metzler Humanities (German Language)