Zusammenfassung
Die Familientransmission der Werte und Normen zwischen den Generationen und den Geschlechtern gerade auch mit Blick auf adoleszente und post-adoleszente Prozesse im Migrationsgeschehen zu erfassen, war Ziel eines deutsch-französischen Forschungsprojekts. Auf der Basis biographisch-narrativer Interviews mit den Mitgliedern dreier Generationen nach Deutschland und Frankreich eingewanderter Familien aus Südeuropa, der Türkei und Nordafrika wurden generationale Perspektivenwandel am Beispiel von Bildungsaufstieg und Heiratsstrategien im Kontext sich verändernder Geschlechterbeziehungen analysiert.
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Notes
- 1.
“Biographical achievements and negotiations of belongings among the descendants of immigrant families. A qualitative comparative study on the impact of policies in two generations in the metropolitan areas of Strasbourg and Frankfurt am Main, May 2017 – December 2019“ (http://www.usias.fr/fellows/fellows-2017/ursula-apitzsch/).
- 2.
“Reversal of the Gender Order? Male Marriage Migration to Germany by North African and Turkish Men: Consequences for Family Life, Work and the Socialization of the Next Generation”, Projekte 2011–2016 am Cornelia Goethe Centrum der Goethe-Universität Frankfurt, gefördert vom Hessischen Ministerium für Wissenschaft und Kunst (HMWK) im Rahmen des Forschungsschwerpunkts “Dimensionen der Kategorie Geschlecht – Frauen- und Geschlechterforschung in Hessen” (Projektleitung Ursula Apitzsch, Projektmitarbeiterin Anil Al-Rebholz).
- 3.
Alle Namen und Orte in diesem Interview sind maskiert.
- 4.
Unsere biographischen Forschungen zeigen übereinstimmend, dass die Heiratsmigration (in der Regel gut ausgebildeter) türkischer Männer nach Deutschland häufig für sie selbst mit großen Hindernissen und Diskriminierungserfahrungen verbunden ist, während ihre Frauen in Deutschland durchaus das emanzipatorische Ziel der Weiterführung anspruchsvoller beruflicher Tätigkeit auch nach der Familiengründung realisieren können (vgl. Apitzsch 2018).
- 5.
Der Fall einer lesbischen Beziehung ist in unserem Sample nicht aufgetaucht.
- 6.
Die Zeitangabe in der Klammer bezeichnet eine Sprechpause.
- 7.
S.o.
- 8.
Die von uns an der Goethe-Universität im Rahmen mehrerer vom HMWK geförderter Projekte durchgeführten biographischen Interviews wurden gestartet parallel zu einer quantitativen Untersuchung des BAMF von Tobias Büttner und Anja Stichs (2014) über „Die Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Ehegattinnen und Ehegatten“. Darin zeigt sich auch die quantitative Dimension dieser Möglichkeit der Partnerwahl.
- 9.
Ein Erfolgstitel war 1978 der – später sprichwörtlich immer wieder zitierte- Band von Baumgartner-Karabak und Landesberger über „Die verkauften Bräute“, Reinbek: Rowohlt.
- 10.
Eine Ausnahme ist die Forschung von Leutloff-Grandits (2021) über männliche Heiratsmigranten aus dem Kosovo nach Österreich. Sie betont die erheblichen Probleme, denen diese Männer im Aufnahmeland der Migration begegnen. Selten und nur für Hochqualifizierte realisieren sich Aufstiegsperspektiven.
- 11.
Von den Frauen der Geburtsjahrgänge 1970 bis 1980 nimmt die Bevölkerungsforschung in der BRD an, dass 22 % kinderlos bleiben werden. Bei den Akademiker*innen der Jahrgänge 1969 bis 1973 sind es gar 30 %. (Kinderwunsch-Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung 2015). Trotz weiterhin bleibend hohen Kinderwunsches wird als einer der Hauptgründe für dessen Scheitern die fehlende „solide Partnerschaft“ angegeben: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/familie/kinderwunsch-studie-der-bevoelkerungsforschung-13493239.html (letzter Zugriff 30.04.2021).
- 12.
Vgl. Anm. 5
- 13.
Diese scherzhafte Bezeichnung verwendeten viele unserer Interview-Partnerinnen.
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Apitzsch, U. (2023). Migration, Biographie und Geschlechterverhältnisse. Zur Dialektik von Generations- und Familienorientierungen. In: Benzel, S., King, V., Koller, HC., Meurs, P., Weiß, H. (eds) Adoleszenz und Generationendynamik im Kontext von Migration und Flucht. Adoleszenzforschung, vol 11. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-42009-3_2
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