Zusammenfassung
Der Beitrag analysiert den Erlanger Doppelmord von 1980 als rechtsterroristische Tat und betont die besondere Bedeutung der Opfer für Rechtsterroristen, indem er das Konzept des „betroffenen Dritten“ in die Debatte über die Definition von Terrorismus einführt. Ausgangspunkt ist dabei die problematische zeitgenössische Debatte über Terrorismus. Zugleich beschreibt der Text die Opfer, die Wehrsportgruppe Hoffmann, aus der der Täter stammte, sowie die Wirkung des Doppelmords, die auf die jüdische Opfergruppe beschränkt und ansonsten von einem weitgehenden Vergessen geprägt ist.
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Notes
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In gewisser Hinsicht setzte sich dies zunächst in der sozialwissenschaftlichen und dann auch in der historischen Forschung fort. So existieren umfassende und durchaus bedenkenswerte Überblicksdarstellungen zur bundesrepublikanischen Geschichte des Terrorismus, die gar nicht auf Rechtsterrorismus eingehen (z. B. Weinhauer 2004). Konstatiert wurde das Manko in letzter Zeit durchaus (vgl. Dietze 2020). Neuere Arbeiten zum Rechtsterrorismus (Hof 2015; Virchow 2016; Manthe 2018, 2020) gehen einen anderen Weg.
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Da die Auseinandersetzung in Tübingen die erste Aktivität der WSG außerhalb Bayerns darstellte und damit später die Zuständigkeit des Bundes für die Einschätzung der WSG begründet werden konnte, ist dieser Fall in den Akten des Bundesinnenministeriums genauestens dokumentiert: BArch, BMI B106/78958, Bd. 3.
Quellen- und Literaturverzeichnis
Akten und Dokumente
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Jensen, U. (2023). Der Erlanger Doppelmord als rechtsterroristische Tat. In: Puls, H., Virchow, F. (eds) Rechtsterrorismus in der alten Bundesrepublik. Edition Rechtsextremismus. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-40505-2_3
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