Zusammenfassung
Fremdheit im Sinne reduzierter persönlicher Vertrautheit miteinander sowie räumliche Nähe kennzeichnen das urbane Zusammenleben auf der parochialen Ebene des Quartiers, also in der Nachbarschaft, in Communitys und Netzwerken aus Bekanntschaften. Empirische Studien zeigen nun, dass parochiales soziales Handeln gerade nicht auf die Herstellung größerer Nähe, sondern auf die Konservierung eines nachbarschaftlichen Verhältnisses abzielt, das Parameter von Fremdheit enthält und schützt. Differenz und Diversität erweisen sich in parochialen Fremdheitskonstrukten als positiv bewertete Grundelemente der konvivialen Kultur. Fremdheit ist somit weder ein abzubauender Störfaktor im urbanen Zusammenleben noch ein Quartierseffekt. Fremdheit kann aus postmigrantischer Perspektive als intendierte Handlungsfolge von Quartierbewohner*innen beschrieben werden und wird im urbanen parochialen Raum letztlich sogar zum Garanten für Freiheit.
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Notes
- 1.
Die Autorinnen operationalisieren „socioeconomic positions“ (SEP) (Tersteeg und Albeda 2020, S. 195) wie folgt: „low“ SEP mit einem monatlichen Haushaltseinkommen von weniger als 1670 € und einem niedrigeren Bildungsabschluss, „medium“ SEP bei Vorliegen eines mittleren Bildungsabschlusses und einem monatlichen Haushaltseinkommen von 1670 bis 3300 € und „high“ SEP bei Vorliegen eines Universitäts- oder Fachhochschulabschlusses und einem monatlichen Haushaltseinkommen von mehr als 3300 € (Tersteeg und Albeda 2020, S. 204, Endnote 6). Welcher Kategorie Personen zugeordnet werden, bei denen die Niveaus von Einkommen und Bildungsabschluss nicht in dieser Weise miteinander einhergehen, bleibt offen.
Literatur
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Frenzel, S. (2023). Fremdheit und Freiheit – Neue Formen der Normalität im urbanen Zusammenleben. In: Bukow, WD., Rolshoven, J., Yildiz, E. (eds) (Re-) Konstruktion von lokaler Urbanität. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-39635-0_17
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