Zusammenfassung
Parteien, Parlamentsfraktionen, Verbände und Bewegungsorganisationen haben es mit drei ähnlichen Organisationsproblemen zu tun. Sie lassen sich als Probleme der Mobilisierung, der Kontribution und der Delegation begreifen. Dabei geht die Bearbeitung von zwei dieser Anforderungen zulasten der jeweils dritten. Diese Perspektive erlaubt es, von einem empirisch feststellbaren Typus der politischen Organisation zu sprechen. Der Typus wird zudem auf einen bestimmten sozialen Erfahrungsbereich hin konkretisiert. Organisationen können demnach als politisch bezeichnet werden, wenn sie primär darauf ausgerichtet sind, Einfluss darauf zu nehmen, dass, wie und durch wen Verantwortung für offene gesellschaftliche Probleme übernommen werden soll (und sie ich möglicherweise selbst für die Verantwortungsübernahme in Position bringen).
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Notes
- 1.
Wir wechseln bei der Benennung von Akteurs- oder Personengruppen wahllos zwischen den grammatischen Geschlechtern.
- 2.
Wenn wir von formalen Organisationen sprechen, legen wir einen allgemeinen Organisationsbegriff zugrunde, der in der Organisationssoziologie seit Langem üblich ist (Blau/Scott 1963: 2 ff.; Luhmann 1964: 29 ff.; Mayntz 1963: 85 ff.; siehe dazu auch die Einleitung in diesem Band). Mitgliedschaft basiert hier nicht primär auf Herkunft, zufälliger Anwesenheit, ideologischer Einstellung, langjähriger Bekanntschaft mit der Vorsitzenden oder auf einer Spende an die betreffende Organisation. Mitglied kann nur werden, wer sich erklärtermaßen selbst verpflichtet, die geltenden formalen Verhaltenserwartungen und die fortlaufenden Entscheidungen der jeweiligen Organisation auch zukünftig anzuerkennen (Luhmann 1964: 42). Formal sind Erwartungen also dann, wenn sie gleichermaßen für alle Mitglieder gelten und ein Zuwiderhandeln die weitere Mitgliedschaft infrage stellt. Dieser Aspekt klingt banaler als er ist, wie der „american exceptionalism“ in der Parteienforschung zeigt (Ware 2006). In der angloamerikanischen Literatur werden Parteien oftmals als Sozialgebilde begriffen, die keine klaren Regeln dafür kennen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt Mitglied ist und wer nicht. Soziologisch betrachtet handelt sich hier eher um soziale Bewegungen. Im Anschluss daran beschreibt auch Steininger (1984: 115) Parteien als nahezu totales, auf die gesamte Bevölkerung ausgreifendes Phänomen – und nicht als formale Organisation.
- 3.
Katz und Mair (2009) unterscheiden in „party in public office“ (Parlamentsfraktion), „party in central office“ (Parteiführung) und „party on the ground“ (Parteibasis).
- 4.
Fraktionen sind ein Spezifikum parlamentarischer Demokratien. Dementsprechend ist auch die Forschung kontextuell gebunden.
- 5.
Trotz dieser Eingrenzung gelingt die Abgrenzung zu anderen interessengeleiten Zusammenschlüssen nicht immer. Auch die Eingrenzung des Begriffs ist nicht unproblematisch und bleibt daher umstritten (siehe dazu z. B. Sebaldt/Straßner 2004: 19 ff.).
- 6.
In dieser Dreierlogik wirkt die soziologische Beschreibung einer „Doppellogik von Administration und Repräsentation“ nach, die Child et al. (1973) insb. mit Blick auf Gewerkschaften formuliert haben. Gewerkschaften können in der Regel weder auf die Vorteile bürokratisch strukturierter („Kontrolle durch Wenige“) noch auf die demokratisch strukturierter („Kontrolle durch Viele“) Entscheidungsprozesse verzichten (siehe dazu auch Lipset 1972).
- 7.
In der Politikwissenschaft wird dieses Phänomen unter dem Begriff des „agenda setting“ (Kingdon 2011) diskutiert.
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Hoebel, T., Fischer, D. (2023). Politische Organisationen: Parteien, Parlamentsfraktionen, Verbände, Bewegungsorganisationen. In: Apelt, M., Tacke, V. (eds) Handbuch Organisationstypen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-39559-9_6
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