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1 Methoden und Ansätze der Rechtswissenschaft

Die Rechtswissenschaft ist zunächst eine Geisteswissenschaft, die sich mit der Erkenntnis und Interpretation von in Text gefassten Rechtsnormen befasst. Es geht dabei darum, den richtigen Inhalt von Rechtsnormen (z. B. Gesetzen wie dem Sozialgesetzbuch – Neuntes Buch – Rehabilitation und Teilhabe von Menschen mit Behinderungen – SGB IX; Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) durch Anwendung rechtsdogmatischer Methoden zu erkennen. In der Rechtswissenschaft geschieht dies in Form von Monografien, Gutachten, Kommentaren oder Lehrbüchern, die sich an einzelnen abstrakten Rechtsproblemen, Rechtsgebieten, Rechtssätzen, Gesetzen oder Gesetzbüchern orientieren und sie ausdeuten.

In der Rechtspraxis durch einzelne Personen, Behörden, z. B. die Träger der Eingliederungshilfe, und insbesondere durch Gerichte, z. B. Sozialgerichte, werden Rechtsnormen genutzt und auf konkrete Lebenssachverhalte angewandt, z. B. wenn im Streit steht, wem welche Teilhabeleistung oder eine Erwerbsminderungsrente zusteht. Die Ermittlung des für die Rechtsanwendung relevanten Lebenssachverhalts erfordert die Wahrnehmung und (Re-)Konstruktion individueller und sozialer Wirklichkeiten. Dabei und bei der Reflexion dieses Vorgangs stehen Rechtspraxis und Rechtswissenschaft im Austausch mit anderen Wissenschaften, deren Erkenntnisse z. B. in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren rezipiert werden, z. B. mit der Sozialmedizin oder der Psychologie, wenn der Gesundheitszustand relevant dafür ist, wer eine Leistung bekommt, oder mit der (Sozial-)Pädagogik oder Pflegewissenschaft mit Blick auf die mögliche Ausgestaltung von Leistungen. Insoweit ist die Rechtswissenschaft auch Sozialwissenschaft.

In der Rechtserkenntnis und Rechtsanwendung mischen sich normative und empirische, geistes- und sozialwissenschaftliche Momente. Die Ergebnisse dieses Prozesses lassen sich nicht als „wahr“ oder „falsch“, sondern allenfalls als „richtig“ und „unrichtig“ kategorisieren, oft auch nur als „besser vertretbar“ und „weniger vertretbar“. Die Rechtswissenschaft ist insoweit eine diskursive Wissenschaft, in der oft mehr als eine Meinung zum richtigen Inhalt des Rechts vertretbar ist. Ob eine Rechtsmeinung vertretbar ist, wird meist danach beurteilt, ob ihre Begründung den Regeln des juristischen Diskurses folgt, die sich vor allem aus den Auslegungsmethoden ergeben, die im Einzelnen aber auch diskursiv umstritten sind.

Jedenfalls in der Rechtspraxis ist der zu Grunde liegende Diskurs am Ende nicht herrschaftsfrei (vgl. Habermas, 1994), denn die Institutionen der Gesetzgebung, Rechtsanwendung und Rechtsprechung stehen in hierarchischen Verhältnissen zueinander: Gerichte und Behörden sind an das Gesetz gebunden, die Behörden sind an die Rechtsinterpretation der Gerichte gebunden, obere Gerichte können Entscheidungen unterer Gerichte aufheben. Insoweit wird von der Rechtswissenschaft oft nicht nur eine Aussage über das „eigentlich richtige“ Recht erwartet, sondern auch (manchmal vor allem) eine Prognose darüber, zu welchen Ergebnissen zum Beispiel bestimmte Gerichte – etwa das für das Teilhabe- und Rehabilitationsrecht letztinstanzliche Bundessozialgericht – in ihrer oft argumentativ pfadabhängigen Praxis kommen könnten. Solche Prognosen sind wichtig, um vorherzusagen, ob eine bestimmte gewünschte Praxis bei gegebener Rechtslage umsetzbar ist, unabhängig davon, was man selbst für richtig hält.

Rechtswissenschaft ist, wie Medizin, Pädagogik oder Ingenieurwissenschaft, eine Handlungswissenschaft, die durch ihre Funktion für die Rechtspraxis definiert ist. Zugleich muss sie – wie auch andere Handlungswissenschaften – grundsätzliche Reflexion ihrer Grundlagen leisten. Dazu dienen die Methoden der Rechtsgeschichte und des Rechtsvergleichs, die die Entwicklung und Vielgestalt des Rechts in Raum und Zeit verdeutlichen. Mit der Rechtsphilosophie wird die Frage formuliert, ob und wie Recht legitim ist und ob es dafür Maßstäbe außerhalb des Rechts geben kann. Die Rechtssoziologie betrachtet Akteure und Institutionen des Rechts wie die Parlamente, Verwaltung, Gerichte, Juristinnen und Juristen und die vom Recht Gebrauch machenden und ihm unterworfenen Menschen empirisch und theoretisch.

1.1 Rechtsdogmatik

Die Rechtsdogmatik bedient sich der juristischen Auslegungsmethoden, die hier nur knapp dargestellt werden können (ausführlich: Müller & Christensen, 2013).

Die Auslegung nach dem Wortlaut („grammatisch“) bemüht sich um den intersubjektiv feststellbaren Inhalt von Rechtssätzen. Diese Methode soll nach gängiger und auch vom Bundesverfassungsgericht geteilter Auffassung vorrangig sein. Sie stößt jedoch auf Grenzen, nicht nur bei stark ausfüllungsbedürftigen Begriffen wie „angemessen“ und „notwendig“, sondern auch bei Begriffen, die in (Fach-)Diskursen stetig verändert werden und dort selbst umstritten sein können wie „Rehabilitation“, „Teilhabe“ und „Behinderung“. Zudem besteht zwischen Begriffen und ihrem Gebrauch im Recht eine Wechselwirkung, sodass es oft keinen nur zu rezipierenden „allgemeinen Sprachgebrauch“ gibt: Wenn sie nicht in Gesetzen verwendet würden, wären Behinderung, Teilhabe und Rehabilitation nicht als die Begriffe in Gebrauch, die die Öffentlichkeit und der Fachdiskurs heute kennen.

Die Auslegung nach der Systematik versucht, Rechtssätze im Kontext anderer Rechtssätze zu verstehen. Dies kann im Lichte einer Normenhierarchie geschehen, insbesondere eines Vorrangs zum Beispiel von Verfassungsrecht vor einfachem Recht („verfassungskonforme Auslegung“), und von (im Einzelfall wegen anderer konkurrierender Regeln widerlegbarer) Vermutungsregelungen, wie dem Vorrang des jüngeren vor dem älteren Recht („lex posterior“) und des spezielleren vor dem allgemeineren Recht („lex specialis“). Im Verhältnis gleichrangiger Rechtsnormen geht es darum, zu insgesamt widerspruchsfreien Ergebnissen zu kommen („Einheit der Rechtsordnung“) und gegenläufige Gesichtspunkte zu berücksichtigen („Konkordanz“, „Abwägung“), zum Beispiel im Verhältnis von Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit einer Teilhabeleistung.

Die Auslegung nach der Entstehungsgeschichte („historisch“) versucht, den konkreten gesetzgeberischen Willen zu rekonstruieren und bedient sich dabei insbesondere der Dokumente aus dem Gesetzgebungsdiskurs (Entwurfsbegründung, Protokolle und Wortbeiträge aus den Gesetzgebungsorganen). Diese Methode stößt an Grenzen, weil „der Gesetzgeber“ sich aus vielen Personen (etwa in Koalitionsregierungen) und mehreren Institutionen (z. B. Bundestag und Bundesrat; im Entstehungsprozess Ministerien und Parlamentsausschüsse) zusammensetzt, die legitim unterschiedliche Interessen, Ziele und Sichtweisen haben.

Daher konstruieren Rechtswissenschaft und Rechtspraxis Sinn und Zweck einer Rechtsnorm („teleologisch“, nach Altgriechisch Telos, der Zweck) auch über die Vorstellungen des historischen Gesetzgebers hinaus, gerade bei älteren Gesetzen. Diese Methode hat den Vor- und Nachteil, dass sie besonders gut geeignet ist, die jeweiligen Vorverständnisse, Wertvorstellungen und Interessen aufzunehmen, zum Beispiel bei der Frage, ob Leistungen zur Teilhabe vor allem individuellen Interessen von Menschen mit Behinderungen oder auch solchen z. B. der Arbeitgeber, der Leistungserbringer oder „der Solidargemeinschaft“ dienen sollen.

Mit diesen Methoden können zu vielen strittigen Rechtsfragen unterschiedliche Ergebnisse gewonnen werden. Zum Beispiel bekommen Versicherte nach § 37 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) häusliche Krankenpflege auf Kosten der Krankenkasse, wenn sie in einem eigenen Haushalt leben. Strittig in Politik und Rechtsprechung ist seit vielen Jahren, was das für Versicherte in verschiedenen Arten von Behinderteneinrichtungen bedeutet. Leben sie in einem eigenen Haushalt? Nach dem Wortlaut könnte man auf das eigene „haushalten“ abstellen. Systematisch steht die Regelung im Zusammenhang der ambulanten und stationären Leistungen der Krankenbehandlung, die vor allem zwischen Krankenhaus und Nicht-Krankenhaus unterscheiden. Nach der Entstehungsgeschichte wäre es wichtig, was der Gesetzgeber regeln wollte, als er das Merkmal im Gesetz verankert hat. Das war allerdings mit der Reichsversicherungsordnung (RVO) von 1911 zu einem Zeitpunkt, als es Behinderteneinrichtungen der heutigen Art nicht gab und Behinderte in Einrichtungen typischerweise nicht sozialversichert waren. Also wäre danach zu fragen, was heute Sinn und Zweck der Regel ist. Stellt man darauf ab, dass häusliche Krankenpflege Einweisungen ins Krankenhaus vermeiden soll, spricht der Zweck für eine weite Auslegung. Sieht man den Sinn eher darin, zwischen der Verantwortlichkeit verschiedener Sozialleistungsträger abzugrenzen, geht es um die Kostenabgrenzung zwischen Krankenkassen und Eingliederungshilfe. Die Auslegungsmethoden führen also nicht zu einem eindeutigen Ergebnis, sondern ziehen den Rahmen berücksichtigungsfähiger Ergebnisse. Was gelten soll, kann der Gesetzgeber klarstellen – der mittlerweile in § 37 SGB V „besondere Wohnformen“ in den Text aufgenommen hat – und das oberste zuständige Gericht, das Bundessozialgericht (BSG), das eine differenzierte Rechtsprechung entwickelt hat, wonach die Einrichtungen nur für „einfachste Behandlungspflege“ verantwortlich sind, wie sie auch ein Haushaltsangehöriger erbringen könnte (vgl. zuletzt BSG, Urteil vom 7.5.2020, Aktenzeichen B 3 KR 4/19 R).

Wenn Recht trotzdem soweit wie möglich eine verlässliche und akzeptierte Ordnung bilden soll, bedarf seine Auslegung stets des kritischen Diskurses, der Vorverständnisse und Interessen offenlegt und nach der Legitimität und Akzeptabilität von Ergebnissen fragt. Dieser Diskurs sollte mit Respekt vor der juristischen Methodik geführt werden, kann aber im demokratischen und sozialen Rechtsstaat nicht auf Juristinnen und Juristen beschränkt sein, sondern ist grundsätzlich offen. Wissenschaft und Praxis der Rehabilitation und Teilhabe können also legitimerweise ihre Erkenntnisse in die Diskussion über die richtige Rechtsauslegung einbringen. Sie können dies wirksamer tun, wenn ihnen die juristische Methodik als Ordnung des Rechtsdiskurses bekannt ist.

1.2 Rezeption der Erkenntnisse anderer Wissenschaften

Wissenschaftliche Erkenntnisse können im Gesetzgebungsverfahren von Regierungen, Fraktionen und Abgeordneten herangezogen werden. Evaluationen, Gutachten und Sachverständigenanhörungen gehen vielen Gesetzgebungsakten voraus (vgl. etwa zur Reform des leistungsberechtigten Personenkreises der Eingliederungshilfe Bundestags-Drucksache 19/4500 vom 13.09.2018). Grundsätzlich ist Gesetzgebung aber kein Nachvollzug wissenschaftlicher Erkenntnis, sondern ein politisch voluntativer Akt. Macht sich der Gesetzgeber aber bestimmte Ziele ausdrücklich zu eigen – und dies ist gerade im Sozial- und Teilhaberecht häufig – muss er sich möglicherweise im Rahmen einer systematischen oder teleologischen Auslegung zumindest daran messen lassen, ob er diese Ziele mit den gewählten Mitteln überhaupt erreichen kann und ob er ein wissenschaftliches Konzept – zum Beispiel der Ermittlung des Existenzminimums (Knickrehm, 2015), des medizinisch Notwendigen (Huster, 2015) oder der ICF (Hirschberg, 2016; Fuchs, 2018) – widerspruchsfrei nachvollzieht.

Jede Rechtsanwendung setzt eine Konstruktion des Sachverhalts voraus. Verwaltungen und Gerichte bedienen sich dabei häufig wissenschaftlicher Methodik aus Stellungnahmen und Gutachten. Rechtsbegriffe wie Krankheit (§ 27 SGB V), Behinderung (§ 2 SGB IX), Pflegebedürftigkeit (§ 14 Sozialgesetzbuch – Elftes Buch – Soziale Pflegeversicherung – SGB XI) und Erwerbsminderung (§ 43 Sozialgesetzbuch – Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – SGB VI) können ohne wissenschaftliches und professionelles Wissen kaum ausgefüllt werden. Insoweit baut Rechtsanwendung auf einer im Gesetz angelegten und in der Praxis konstruierten Wissensordnung auf (Brockmann, 2015). Recht und Rechtsanwendung weisen insofern nicht unerheblich den in der Teilhabeforschung vertretenen Disziplinen und Professionen Rollen zu und strukturieren die Entscheidungsprozesse in der Praxis. So haben rechtlich bestimmte Verfahren und Entscheidungsgrundlagen bei Anträgen auf Erwerbsminderungsrente großen Einfluss darauf, was Sozialmedizin und klinische Rehabilitationspraxis bearbeiten. Andererseits kann Recht nur auf vorhandene Wissensbestände zurückgreifen. Das Einfügen eines neuen Rechtsbegriffs wie „Teilhabe“ garantiert noch nicht, dass sich Rechtspraxis ändert, wenn dafür in der Wissensordnung keine Operationalisierung gefunden werden kann. Die bloße Behauptung von Wissen über „Teilhabe“ genügt dafür nicht, wenn es sich nicht mit Methodik und Systematik von u. a. rechtlichen Wissensordnungen verknüpfen lässt.

Im klassischen Rehabilitationsrecht haben vor allem Sozialmedizin (und Psychologie) eine herausgehobene Rolle als Disziplinen, deren Erkenntnisse rezipiert werden können und müssen (Gagel & Schian, 2002; Welti, 2015a). Für das Teilhaberecht von Sozialleistungen besteht ein (nicht ganz so enger) Zusammenhang zur Sozialpädagogik und Sozialen Arbeit (Niediek, 2016; Welti, 2016a). Bei Fragen der Barrierefreiheit ist technische, aber auch sozialwissenschaftliche Expertise gefragt (Welti, 2021a). Insofern ist im Verwaltungs- und Gerichtsverfahren die Arbeitsteilung zwischen der juristischen und der weiteren professionellen Expertise ein Schlüssel zum Verständnis der Produktion rechtsförmiger Entscheidungen.

1.3 Rechtsgeschichte

Verbindliche und mit Sanktionen durchgesetzte Normen bestehen seit Jahrtausenden. Ihre geschichtliche Entwicklung im Kontext der ökonomischen, kulturellen, sozialen und politischen Verhältnisse zu betrachten, bietet Erkenntnismöglichkeiten, gerade auch des Sozialrechts (Tennstedt, 1981; Stolleis, 2003).

Das gegenwärtige deutsche Rehabilitationsrecht lässt sich auf eine kontinuierliche Entwicklung mindestens bis zu den Sozialversicherungsgesetzen der 1880er Jahre zurückverfolgen. Für das heutige Recht relevante Prägungen lassen sich etwa aus den Situationen nach dem ersten und zweiten Weltkrieg, aus der Erfahrung mit dem Nationalsozialismus, durch die international aufkommende Behindertenbewegung seit den 1970er Jahren und aus der sozialen Selbstverwaltung belegen (Welti, 2005, S. 183 ff.; Welti, 2019a, b; Ramm et. al., 2021), auch aus der deutschen Vereinigung (Ramm, 2017). Nach den Weltkriegen wurde das Rehabilitationsrecht ganz von der Wiedereingliederung Kriegsversehrter geprägt. Seit den 1970er Jahren gewinnt der Aspekt der Gleichbehandlung und Selbstbestimmung aller Menschen mit Behinderungen an Bedeutung. Mit dem Bundessozialhilfegesetz 1961 wurden diejenigen Leistungen stärker verrechtlicht, die heute als Leistungen zur Sozialen Teilhabe und zur Teilhabe an Bildung ausgewiesen sind. Der Begriff der Leistungen zur Teilhabe wurde 2001 mit dem SGB IX ins Sozialrecht aufgenommen.

1.4 Rechtsvergleich

Der Vergleich zwischen den meist nationalen Rechtsordnungen bietet die Möglichkeit, gemeinsame Grundmuster bei der rechtlichen Ordnung eines Sachproblems sowie Varianzen, Entwicklungspfade, grundlegende Unterschiede und wechselseitige Einflüsse in der Rechtsentwicklung zu identifizieren und zu untersuchen (Kischel, 2015). Dabei können zum horizontalen Vergleich auch strukturierende vertikale Elemente aus dem internationalen und transnationalen Recht etwa der Europäischen Union (EU) und der Vereinten Nationen (UNO) hinzugezogen werden (Zacher, 1978).

So unterscheiden sich Zuordnungen und Gliederungen des Rehabilitations- und Teilhabesystems innerhalb des Sozialrechts oder in der Zuordnung zu Sozialrecht oder Arbeitsrecht, z. B. zwischen Deutschland und Frankreich (Igl, 1987). Die geschützte Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen wird in unterschiedlichen Kontexten entwickelt und gestaltet (Chou, 2021). Das Antidiskriminierungsrecht für Menschen mit Behinderungen hat sich zuerst in liberalen Rechtsordnungen entwickelt, während es in Staaten mit entwickelter Sozialversicherung und Fürsorge erst später und spezifisch rezipiert worden ist (Fuerst, 2009; Heyer, 2015). Mit dem koordinierenden Sozialrecht der EU, das die Freizügigkeit der Arbeitsmärkte flankiert, der EU-Behindertenpolitik (Ferri, 2021), dem internationalen Arbeits- und Sozialrecht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) und dem europäischen und internationalen Menschenrechtsschutz (Welti, 2015b; Banafsche, 2015; Eichenhofer, 2018) haben sich strukturierende und konvergierende Elemente entwickelt.

1.5 Rechtsphilosophie

In der Interpretation sehr grundsätzlicher Rechtsbegriffe wie der Menschenwürde, Gleichheit, Selbstbestimmung oder Teilhabe greifen Rechtswissenschaft und Gerichte auf philosophische Theorien und Diskurse zurück (Radbruch, 1964). So hat die Philosophie von Immanuel Kant großen Einfluss auf das Verständnis der Menschenwürde als unbedingter Anerkennung von Rechtssubjektivität und eines Mindestmaßes an Selbstbestimmung und Teilhabe (Welti, 2005, S. 383 ff.). Zur Begründung sozialstaatlicher Rechte auf Rehabilitation kann etwa auf die neuere Sozialvertragstheorie von John Rawls oder auf den Fähigkeiten-Ansatz in der Fassung von Martha Nussbaum zurückgegriffen werden (Nussbaum, 2010; Welti, 2012). Nach Rawls muss eine Gesellschaft so konzipiert sein, dass Menschen ihren Grundsätzen zustimmen können, wenn sie nicht wissen, in welchem Gesundheitszustand oder welcher sozialen Lage sie sich darin befinden. Nach Nussbaum muss die Gesellschaft die grundlegenden Fähigkeiten von Menschen schützen und berücksichtigen.

1.6 Rechtssoziologie

Die empirische Rechtssoziologie untersucht Institutionen und Personen, die bei der Rechtsanwendung eine Rolle spielen. So können soziale Merkmale und Einstellungen der das Recht prägenden Personen („Rechtsstab“) ermittelt und Arbeitsabläufe und Verfahren in Gerichten oder Verwaltungen untersucht werden, um herauszufinden, welche Arten von Wertungen und Wissensbeständen in die Rechtsproduktion – also der Herstellung rechtsförmiger Entscheidungen im Einzelfall – einfließen, zum Beispiel beim sozialrechtlichen Widerspruchsverfahren (Höland & Welti 2018, Welti 2019a, b), in dem auch über Teilhabeleistungen entschieden wird. Die Rechtssoziologie kann die Mobilisierung von Recht, also seine Nutzung durch Personen, denen ein Recht zustehen kann, untersuchen, auch mit Blick auf Menschen mit Behinderungen (Rambausek, 2017; Nebe & Weber, 2012). Werden Bescheide, Verträge und andere Rechtsquellen, die keine Gesetze sind, systematisch zusammengetragen, spricht man von Rechtstatsachenforschung.

Die theoretische Rechtssoziologie versucht den Platz des Rechts in der Ordnung der Gesellschaft zu bestimmen. So kann das Recht systemtheoretisch im Anschluss an Niklas Luhmann als ein Teilsystem der Gesellschaft identifiziert werden, das in besonderem Maße Schnittstellen zwischen den Teilsystemen – z. B. zwischen Medizin und Verwaltung – bereitstellt (Luhmann, 1995). Diskurstheoretisch ist das Recht, im Anschluss an Jürgen Habermas, idealerweise Gegenstand und Ergebnis gesellschaftlicher Diskurse (Habermas, 1994). Mit Blick auf politische, soziale und ökonomische Machtverhältnisse kann Recht mit Sonja Buckel materialistisch als Medium und zugleich als Schranke von Machtausübung interpretiert werden (Buckel, 2015).

Empirische und theoretische Rechtssoziologie (zusammenfassend: Baer, 2021), international die socio-legal studies (Adler, 2010), können einen erheblichen Beitrag zum Verständnis des Rehabilitations- und Teilhabesystems leisten, das einerseits stark verrechtlicht ist, in dem andererseits viele offene Fragen daran bestehen, wie weit und unter welchen Bedingungen soziale Rechte denjenigen zu Gute kommen, die ihre Adressatinnen und Adressaten zu sein scheinen. Beispielsweise kann empirisch erforscht und theoretisch interpretiert werden, wie das Wunsch- und Wahlrecht (§ 8 SGB IX) in der Verwaltungspraxis angewandt wird und woran das liegt (Pohontsch et. al., 2011) oder wie der Begriff der wesentlichen Behinderung in der Eingliederungshilfe konkretisiert worden ist.

2 Behinderung, Rehabilitation und Teilhabe im Recht

Für die Arbeit mit dem Rehabilitations- und Teilhaberecht im Kontext der Rehabilitationswissenschaften und der Rehabilitationspraxis können die eingangs vorgestellten Ansätze und Methoden der Rechtswissenschaft fruchtbar gemacht werden. Im Folgenden sollen einige grundsätzlich bedeutende inhaltliche Perspektiven auf das Teilhabe- und Rehabilitationsrecht dargestellt werden.

Rehabilitation und Behinderung sind erst im 20. Jahrhundert zugleich Rechtsbegriffe und Begriffe des allgemeinen Sprachgebrauchs geworden (Welti, 2005, S. 7 ff.). Waren die heute entsprechend bezeichneten Tatbestände zunächst noch in verschiedenen Gesetzen und Rechtsgebieten spezifisch bezeichnet, hat sich inzwischen, auch unter dem Einfluss des Grundgesetzes und der UN-Behindertenrechtskonvention, begriffliche Konvergenz ergeben. Insbesondere „Behinderung“ ist heute ein in allen Rechtsgebieten vorfindlicher Begriff; „Rehabilitation“ ist, mittlerweile im Begriffspaar mit „Teilhabe“, ein übergreifender Begriff des Sozialrechts und des Gesundheitsrechts.

2.1 Rehabilitation, Teilhabe und Behinderung in den Grund- und Menschenrechten

Schon die (nicht mehr gültige) Transition from War to Peace Recommendation No 71 der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) von 1944 hatte auf Arbeiter mit Behinderung Bezug genommen. Seit 1983 besteht die ILO-Konvention Nr. 159 über Berufliche Rehabilitation.

Seit 1994 lautet Art. 3 Abs. 3 Satz 2 Grundgesetz (GG) „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Dass dies Teil einer internationalen Entwicklung ist, kann daran gesehen werden, dass seit 1997 im Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft in der Fassung des Amsterdamer Vertrags (EG-Vertrag), heute in Art. 19 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (EU), eine Grundlage für Antidiskriminierungsvorschriften der EU enthalten ist und Art. 26 der Charta der Grundrechte der EU die Integration von Menschen mit Behinderung als soziales Gleichheitsrecht nennt. 2006 beschloss die Generalversammlung der Vereinten Nationen (UNO) die UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK), die 2008 von Deutschland ratifiziert worden ist. Die volle und wirksame Teilhabe an der Gesellschaft und Einbeziehung (inclusion) in die Gesellschaft ist ein Grundsatz der UN-BRK (Art. 3 lit. c UN-BRK) und wird in Art. 19 UN-BRK über die unabhängige Lebensführung und in Art. 26 UN-BRK (Habilitation und Rehabilitation) in Bezug genommen.

Durch die grund- und menschenrechtliche Verankerung sind Behinderung, Teilhabe und Rehabilitation stärker Teil des rechtswissenschaftlichen Grundsatzdiskurses geworden, der wiederum in die Rechtsprechung wirkt (Waddington & Lawson, 2018; Eichenhofer, 2018; Welti, 2016a, 2021b). Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, des Europäischen Gerichtshofs und des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte sowie des Ausschusses der Vereinten Nationen über die Rechte von Menschen mit Behinderungen geben dem Diskurs hochrangiges und beachtetes Material für die Rechtsauslegung. Gerichte und Verfahrensbeteiligte argumentieren mit den dort entwickelten Auffassungen. Gerade die regelmäßigen Staatenprüfungen des UN-Ausschusses ermöglichen eine internationale Diskussion (Aichele, 2021).

2.2 Rechtssubjektivität und Selbstbestimmung

Die grund- und menschenrechtliche Dimension lenkt den Blick auf die grundsätzliche Rechtsfähigkeit von Menschen mit Behinderungen und die gebotenen Vorkehrungen, um diese auch effektiv herzustellen (Welti, 2005, S. 489 ff.). In diesem Zusammenhang stehen das Recht der gesetzlichen Betreuung (§ 1896 ff. BGB; Beetz, 2013) und Regelungen des Sozialrechts und Prozessrechts, die einen gleichberechtigten Zugang zu Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sichern sollen.

Selbstbestimmung im Sozialleistungsbezug und durch Sozialleistungen ist als grundsätzliches Ziel in § 1 SGB IX verankert und soll sich etwa im Wunsch- und Wahlrecht bei Leistungen zur Teilhabe (§ 8 SGB IX) und im Persönlichen Budget (§ 29 SGB IX) realisieren. Die selbstbestimmte Wahrnehmung von Rechtspositionen gilt aber gleichermaßen im zivilrechtlichen Verhältnis der Leistungsberechtigten zu den Leistungserbringern. Hier ist in der medizinischen Rehabilitation der Behandlungsvertrag (§ 630a Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) einschlägig (Nebe, 2016), bei Pflege- und Teilhabeleistungen in Wohneinrichtungen das Wohn- und Betreuungsvertragsgesetz (WBVG), bei Werkstätten für Menschen mit Behinderungen das Arbeitsrecht und bei anderen Leistungserbringern der Dienst-, Werk- oder Kaufvertrag. Im Verhältnis zu Leistungsträgern wie zu Leistungserbringern ist eine gleichberechtigte Rechtsposition von Bedeutung, über deren tatsächliche Voraussetzungen noch viele empirische Erkenntnisse fehlen.

2.3 Gleichheit, Differenz und Diskriminierungsschutz

Das Benachteiligungsverbot im Grundgesetz und die UN-BRK sind wesentlich Ausdruck eines materiell verstandenen Gleichheitsrechts (vgl. Welti, 2005, S. 401 ff.), bei dem nicht nur formale Rechtsgleichheit, sondern effektive Gleichheit von Rechten, Chancen und Teilhabe von Bedeutung sind. Entsprechend fordern diese Vorschriften die Weiterentwicklung der Rechtsdogmatik. Diese hat sich insbesondere im Recht auf angemessene Vorkehrungen niedergeschlagen (Fuerst, 2009; Welti et al., 2019). Dadurch werden individuelle Maßnahmen gefordert, die gleiche Rechte bei Behinderung möglich machen. Sie haben zentrale Bedeutung beim Zugang zu Arbeit, Bildungs- und Gesundheitsleistungen sowie zu Gütern und Dienstleistungen allgemein. Zugänglichkeit (Art. 9 UN-BRK) bzw. Barrierefreiheit (§ 3 Behindertengleichstellungsgesetz – BGG) steht für die Prävention von Benachteiligungen durch die Gestaltung von Infrastrukturen (Welti, 2021a). Damit wird deutlich, dass effektive Gleichheit die Differenz auch von Gesundheitsbeeinträchtigungen berücksichtigen muss.

Die Behindertengleichstellungsgesetze von Bund und Ländern für Bundes-, Landes- und Kommunalbehörden, verstärkt durch besondere Gleichheitssätze in §§ 17, 33c Sozialgesetzbuch – Allgemeiner Teil (SGB I), § 19a Sozialgesetzbuch – Sozialversicherung (SGB IV) und § 2a SGB V für die Sozialleistungsträger, sowie das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) für zivilrechtliche Beziehungen konkretisieren die Pflichten zu angemessenen Vorkehrungen und Barrierefreiheit, auch im Gesundheitswesen (Hlava, 2018).

2.4 Teilhabe an Rechten und an ihren Voraussetzungen

Diskussionen um Teilhaberechte als soziale Dimension der Grundrechte wurden insbesondere seit dem Numerus-Clausus-Urteil des Bundesverfassungsgerichts geführt. Hier ging es um das Recht auf einen Studienplatz als Teilhabe an staatlichen Bildungseinrichtungen und Voraussetzung für die freie Berufswahl. Das Bundesverfassungsgericht sagte darin, das Freiheitsrecht wäre ohne die tatsächliche Voraussetzung, es in Anspruch nehmen zu können, wertlos (BVerfG 18.07.1972, BVerfGE 33, 303–358). Diese Anerkennung des Zusammenhangs zwischen Rechten und sozialen Realitäten prägt die unter dem Begriff des Teilhaberechts vorgenommene soziale Interpretation der Grund- und Freiheitsrechte. Diese wurde auch prägend für die im sozialstaatlichen Antidiskriminierungsrecht mögliche Synthese von Freiheits- und Gleichheitsrechten als Recht auf gleiche Teilhabe an Freiheitsvoraussetzungen (Welti 2005, S. 535 ff.; Fuerst, 2009). Die Nutzung des Begriffs der Teilhabe ist dabei nicht auf Menschen mit Behinderungen beschränkt. Sie findet sich im deutschen Sozialrecht mittlerweile auch im Recht der Sozialhilfe und der Grundsicherung für Arbeitsuchende bei den Leistungen für Bildung und Teilhabe in armen Haushalten (§ 34 SGB XII; § 28 SGB II; vgl. zusammenfassend Welti, 2011). In der UN-BRK (Art. 3 Abs. 1 lit c) wird der enge Zusammenhang zwischen Teilhabe und Inklusion deutlich: Die individuelle Teilhabe an Freiheitsrechten und materiellen Gütern ist die Voraussetzung der Inklusion als Position in der Gesellschaft (vgl. Degener, 2019; Wansing, 2012).

2.5 Politische Teilhabe und Partizipation

Im deutschen Sprachgebrauch werden meist die lateinisch-stämmige Partizipation und die englische participation, auch in der Übersetzung von Rechtstexten, mit Teilhabe gleichgesetzt, was sprachlich auch korrekt ist. Es wird aber auch ein Bedeutungsunterschied behauptet, da teilweise Teilhabe in Deutschland materiell und sozial verstanden wird, nicht jedoch politisch, und sich der politische Bedeutungsgehalt in das Fremdwort Partizipation verlagert hat (vgl. Hirschberg, 2011). Diese Bedeutungsreduktion von Teilhabe ist jedoch keineswegs zwingend, man denke nur an das alte und aktuelle Schlagwort der Arbeiterbewegung von der „Teilhabe am Haben und Sagen“ zur Begründung von Wirtschaftsdemokratie (SPD, 2007, S. 43).

Politische Teilhabe an Entscheidungen, die die eigene rechtliche und soziale Teilhabe betreffen, ist ein Grundanliegen der UN-Behindertenrechtskonvention (Art. 4 Abs. 3 UN-BRK). Sie kann sich insbesondere über Verbände von Menschen mit Behinderungen sowie über Beauftragte auf verschiedenen staatlichen Ebenen, in Betrieben durch die Schwerbehindertenvertretung (§ 178 SGB IX) und in der Gerichtsbarkeit durch ehrenamtliche Richterinnen und Richter (vgl. § 14 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz – SGG) vermitteln. Über Bedingungen und Erfolg politischer Teilhabe von Menschen mit Behinderungen besteht noch erheblicher Forschungsbedarf (vgl. Grigoryan, 2021).

2.6 Rehabilitation und Teilhabe als Sozialleistungen

Das SGB IX – Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen – und die Leistungsgesetze der Rehabilitationsträger regeln Ansprüche auf medizinische, berufliche und soziale Rehabilitation als Sozialleistung. Damit ist die Teilhabe und Rehabilitation eingebunden in das Sozialgesetzbuch und dessen systematischen Kontext (Welti, 2015c).

Rehabilitation steht traditionell im engen Zusammenhang mit Rentenleistungen und anderen Geldleistungen zum Lebensunterhalt, die durch Rehabilitation vermieden werden sollen (Gagel & Schian, 2002) sowie mit anderen Sach- und Dienstleistungen insbesondere der Prävention, Krankenbehandlung (Liebold, 2007; Fuchs, 2008), Langzeitpflege (Wilcken, 2011) und Arbeitsförderung (Kohte, 2011), die jeweils auch rehabilitativen Zwecken dienen können. Entsprechend muss die rechtliche und empirische Forschung auch diese Sozialleistungen systematisch mit in den Blick nehmen, was nur zum Teil auch geschieht. Gleiches gilt für die Verknüpfung der Leistungen zur Teilhabe mit denen der Hochschulen (Welti, 2019b), Schulen und Jugendhilfe (Conrad-Giese, 2020).

2.7 Soziale Infrastruktur

Rehabilitation und Teilhabeleistungen als Sozialleistungen setzen voraus, dass eine soziale Infrastruktur von Diensten, Einrichtungen und Professionsangehörigen der Rehabilitation vorhanden ist, die diese Ansprüche erfüllen können. Entsprechend sind diejenigen Rechtsnormen in den Blick zu nehmen, die die Bedingungen für diese Infrastruktur regeln. Hierzu gehören insbesondere das Berufsrecht der Gesundheitsberufe (Goldbach, 2019) und das Ordnungsrecht der Einrichtungen.

Mit zunehmender Bedeutung der Gleichstellung und Zugänglichkeit sind auch andere Regelungsbereiche zu betrachten, mit denen die Barrierefreiheit der Arbeitswelt, der Sozial-, Bildungs- und Gesundheitseinrichtungen (Hlava, 2018; Welti, 2021a) geregelt wird.

3 Zusammenfassung und Ausblick

Die Rechtswissenschaft hat sich als Teil der mit Teilhabe und Rehabilitation befassten Wissenschaften etabliert und diese sind immer stärker eine Bezugswissenschaft für Rechtsetzung und Rechtsanwendung geworden. In einem menschenrechtlichen Verständnis von Behinderung, Teilhabe und Rehabilitation wird diese Verbindung noch stärker werden.

Teilhabe und Rehabilitation in Deutschland sind durch Rechtsnormen strukturiert. Um wissenschaftliche Fragestellungen in ihrem Kontext zu bearbeiten, kann es erforderlich sein, diese Rechtsnormen zu kennen und zu verstehen, was sie bedeuten und wie sie angewandt werden. Die Anwendung und Auslegung der Rechtsnormen durch Behörden und Gerichte folgt den rechtsdogmatischen Auslegungsmethoden, die den Diskurs über die richtige Bedeutung von Rechtsnormen strukturieren. In diesen Diskurs können auch Argumente Eingang finden, die aus Wissenschaft und Praxis der Teilhabe und der Rehabilitation stammen. Recht und Rechtsanwendung werden von der Rechtswissenschaft im Zusammenwirken mit anderen Disziplinen kritisch betrachtet und theoretisch eingeordnet, insbesondere mit den Methoden der Rechtsgeschichte, der Rechtsphilosophie, der Rechtsvergleichung und der Rechtssoziologie.

Die Entwicklung des Rehabilitations- und Teilhaberechts in den letzten Jahrzehnten ist geprägt von der wachsenden Bedeutung der Grund- und Menschenrechte von Menschen mit Behinderungen, namentlich durch die UN-Behindertenrechtskonvention. Damit wird das Recht von Menschen mit Behinderungen in neue Kontexte gestellt, insbesondere von Teilhabe, Selbstbestimmung, Diskriminierungsschutz und Barrierefreiheit.