Durkheim in der/und die Schule der Annales der Zwischenkriegszeit. Ein vieldeutiger Bezug?

Zusammenfassung

Der Beitrag eruiert den Bezug der Historiker der Annales-Schule (der école d’Annales d’histoire économique et sociale) um Marc Bloch und Lucien Febvre zur Schule um Émile Durkheim (zur école française de sociologie): Beide paradigmatischen Projekte haben sich je um eine Zeitschrift gebildet; zugleich hat die Annales-Schule einen starken inhaltlichen Bezug zu Durkheims Denkweise – und einen kritischen Bezug. Ausgehend von expliziten Bezügen auf Durkheim in der Annales arbeitet der Beitrag heraus, was die Historiker dem Autor des Selbstmords, als den sie Durkheim vor allem sahen, schulden; wie sie ihn erwähnen, was sie entleihen und aus welchen Gründen sie sich zugleich (produktiv) von Durkheim distanzieren. In einem ersten Teil wird deutlich, wie insbesondere Lucien Febvre an Durkheim anschließt – an seine epistemologischen Positionen ebenso wie an das kollektive Werk um die Année sociologique. Im zweiten Teil werden die Kritiken an Durkheim und Maurice Halbwachs untersucht, die Marc Bloch äußerte. Im dritten Teil geht es um neuere Hinwendungen zur Durkheim-Soziologie in der französischen Geschichtswissenschaft (Pierre Nora, Roger Charters und Gérard Noiriel).