Zusammenfassung
Worin besteht Wissen? Wo existiert es, und in welcher Form kommt es vor? Gehört Wissen zu den Sachverhalten in der Welt, auf die es sich richtet? Muss es in sich selber repräsentiert sein? Die Arbeiten des amerikanischen Neurophysiologen, Psychiaters und Kybernetikers Warren S. McCulloch markieren wissenschaftsgeschichtlich eine Schwelle, an der die Idee einer Einheitswissenschaft in Gestalt einer Physiologie des Wissens theoretisch wie experimentell vor einem Durchbruch steht. Das als logischer Prozess verstandene Denken wird in den Strukturen der lebendigen Materie angesiedelt und die Logik in eine Neuro-Logie auf empirischer Basis verwandelt, um das Projekt der Philosophie mit naturwissenschaftlichen Mitteln zu vollenden. Neuronale Netze wie das Gehirn weisen demnach die Struktur von „computing machines“ auf, die im Prinzip beliebig reproduzierbar sind. Gegen Whitehead argumentiert McCulloch, dass Formen der Wahrnehmung und des Denkens in Mustern auftreten, die in vergangenen Verknüpfungen angebahnt werden, aber unabhängig von ihren Ursprüngen existieren. McCullochs experimentell begründete Überlegungen liefern das Modell einer Neubeschreibung philosophischer Problemstellungen und zielen auf eine form- bzw. logik- und informationstheoretische Einebnung klassischer Differenzierungen zwischen Geist und Materie, Subjekt und Objekt, die traditionelle Disziplingrenzen hinfällig erscheinen lässt.
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Literatur
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Rustemeyer, D. (2021). Gehirnmaschinen. In: Baecker, D. (eds) Schlüsselwerke der Systemtheorie. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33415-4_5
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