Zusammenfassung
Politische Bildung muss an den politischen (Zukunfts-)Themen von Jugendlichen, an ihren besorgten Wahrnehmungen und (Ohnmachts-)Erfahrungen mit gesellschaftlichen Krisen anschließen, sie thematisieren und hinterfragen. Dafür kann die Zusammenarbeit von Schule und sozialen Bewegungen gewinnbringend sein.
Im Fokus des vorliegenden Beitrags stehen deshalb in-Kooperationen-besuchte, außerschulische Lernorte zwischen formellen Bildungsrahmungen und bewegungsnahem Bildungsaktivismus. In den Lernarrangements emanzipatorischer Bildungsbewegungen wirken verschiedene Gestaltungsmerkmale zusammen (hier: Sprecher*innen, Lernorte und methodisch-didaktische Zugänge) und entfalten besondere Lernpotenziale – beispielsweise, durch die Begegnungen mit Aktivist*innen als „interessanten Erwachsenen“ (Hafeneger), durch die Re-Politisierung vermeintlich unpolitischer Alltagsorte und -phänomene oder durch das Lernen in pädagogischen Aktionen im öffentlichen Raum. Es wird diskutiert, unter welchen Bedingungen die entstehenden Spannungsfelder als Kooperationspotenziale für politische Lernprozesse genutzt werden können.
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Notes
- 1.
https://www.attac.de/bildungsangebot/bildungsmaterial/selbstverstaendnis-bildung/ (abgerufen am 01.01.2021).
- 2.
https://www.klimacamp.org/ (abgerufen am 01.01.2021).
- 3.
Im August 2019 fand mit mehr als 1400 Teilnehmer*innen der selbstorganisierte Sommerkongress der Fridays-for-Future-Bewegung statt, https://kongress.fridaysforfuture.de/ (abgerufen am 01.01.2021).
- 4.
Es sind insbesondere macht- und herrschaftskritische Perspektiven, die in dieser Debatte weitestgehend unberücksichtigt bleiben. Wünschenswert wäre bspw. die Integration von Perspektiven nicht nur der kritisch-emanzipatorischen politischen Bildung, sondern auch der kritischen Geografie und der kritischen Kunst- und Kulturvermittlung.
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Emde, O. (2021). „Bewegt Euch!“ – Demokratisches Lernen in Kooperationen zwischen Schule und sozialen Bewegungen. In: Deichmann, C., Partetzke, M. (eds) Demokratie im Stresstest. Politische Bildung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-33077-4_16
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