Skip to main content

Wrestling with the Angels und Engelmord: Hollywoods Hollowing Histories von antirassistischen Kämpfen (Steven Spielberg, Spike Lee, Jordan Peele)

  • Chapter
  • First Online:
Genre und Race

Part of the book series: Neue Perspektiven der Medienästhetik ((NPM))

  • 1086 Accesses

Zusammenfassung

Der Beitrag versucht, einige Film-Motive und einige Theorie-Motive beziehungsreich und eng zu verknüpfen. Herauskommen soll dabei eine Anordnung politischer Problematisierungen und Verdrehungen, und zwar in Bezug auf aktuelle Hollywood-Formen, die Geschichte antirassistischer Schwarzer Kämpfe – inklusive deren Marginalisierung – vermitteln. Die Motive sind: Stuart Halls „wrestling with the angels“, womit eine Aneignung von Beständen kritischer großer weißer Denker gemeint ist; Araba Evelyn Johnston-Arthurs Wortbild vom „Engelmord“ (ihr Wortbild für eine Kritik daran, wie rassismuskritische Weiße anstelle Schwarzer sprechen); schließlich eine holeyness, korrespondierend zur angelischen holiness, vermittelt in Raum-Zeit-Motiven von hollowing und Umstülpen, inside out, in Inszenierungen dreier US-Filmemacher: Steven Spielberg, Spike Lee und Jordan Peele. Nämlich: Spielbergs Schwarze Engel, die eine Great White Man History ansatzweise umstülpen, sowie Hohlräume von Blackness/Druckerschwärze unter weißen Worten und weißem Tuch (Lincoln, The Post); Lees Black-Jewish-Alliances von Outsidern, die als engelsgleiche Inside Men in Hohlräumen agieren, sowie Grenzen dieses liberalen Projekts (Inside Man, BlacKkKlansman); schließlich Peeles Verdrehung/Umstülpung von Innen-Außen- und Loch-Situierungen, von Stellvertretungen und Begehrensdynamiken, sowie Aneignung von Horror-Genrebeständen samt „Engelmord“ an White Liberals (Keanu, Get Out).

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Chapter
USD 29.95
Price excludes VAT (USA)
  • Available as PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
eBook
USD 49.99
Price excludes VAT (USA)
  • Available as EPUB and PDF
  • Read on any device
  • Instant download
  • Own it forever
Softcover Book
USD 64.99
Price excludes VAT (USA)
  • Compact, lightweight edition
  • Dispatched in 3 to 5 business days
  • Free shipping worldwide - see info

Tax calculation will be finalised at checkout

Purchases are for personal use only

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    Deshalb, und auch weil es sich bei meinen Referenzen durchwegs um niedrigschwellige, leicht greifbare und präsumtiv bekannte Mainstream-Filme handelt, möchte ich in diesem Text nicht durch lange Synopsen oder Szenenbeschreibungen, die das ‚Filmschauen‘ ersetzen können sollen, den Eindruck erwecken, meine Überlegungen würden viel an Sinn machen auch für Leser*innen, denen ‚solche Filme‘ generell fremd sind.

  2. 2.

    „I want to suggest a different metaphor for theoretical work: the metaphor of struggle, of wrestling with the angels. The only theory worth having is that which you have to fight off, not that which you speak with profound fluency. […] wrestling with the angels – a metaphor you can take as literally as you like. […] We read German idealism, we read Weber upside down, we read Hegelian idealism, we read idealistic art criticsm.“ (Hall 1996, S. 265)

  3. 3.

    „[…] you should hear the term problematic in a genuine way, not just in a formalist-theoretical way: as a problem; as much about struggling against the constraints and limits of that model as about the necessary questions it required us to address. “ (Hall 1996, S. 265) – „There’s always something decentred about the medium of culture, about language, textuality, and signification, which always escapes and evades the attempt to link it, directly and immediately, with other structures. And yet, at the same time, the shadow, the imprint, the trace of those other formations, of the intertextuality of texts in their institutional positions, of texts as sources of power, of textuality as a site of representation and resistance, all of those questions can never be erased from cultural studies.“ (Hall 1996, S. 270) – Cultural Studies „holds theoretical and political questions in an ever irresolvable but permanent tension. It constantly allows the one to irritate, bother and disturb the other, without insisting on some final theoretical closure.“ (Hall 1996, S. 271)

  4. 4.

    Vgl. die „Tradition der Unterdrückten“, der „Engel der Geschichte“, die „rächende Klasse“ in Benjamin 1977.

  5. 5.

    Dieses Wiener- bzw. Heurigenlied heißt „Heut kommen d´Engerln auf Urlaub nach Wean“.

  6. 6.

    Um anstelle einer anderswo zu leistenden Diskursanalyse nur eine – nämlich eine reinheitsmotvisch symptomatisch aufgeladene – Leitvokabel des seit 2017 (mit kurzer Unterbrechung 2019) amtierenden österreichischen Bundeskanzlers zu zitieren: Das „Anpatzen“ wurde ab dem Wahlkampf von Sebastian Kurz 2017 zu dessen bevorzugtem neo-infantilistischem Synonym für Kritik, die er eben durch Hinweis auf zu unterlassende Verunreinigung routinemäßig delegitimierte. Bezeichnender Weise hatte Kurz seine bundespolitische Karriere 2011 als junger Staatssekretär für Integration mit einer Kampagne begonnen, die vorgab, migrationsgesellschaftliche Wirklichkeiten in der Öffentlichkeit ausschließlich positiv darzustellen: nämlich mit „Integrationsbotschaftern“ of color und beiderlei Geschlechts – sowie, sozusagen als Preis dafür, mit dem Gebot, öffentliche Kritik an Rassismus fürderhin zu unterlassen (siehe das Verdikt gegen das „Anpatzen“). Die tokenistisch vorgeführten „Integrationsbotschafter“ waren rasch entnervt, gaben auf und sind längst Geschichte, die Delegitimierung von Rassismuskritik hingegen hat sich seit 2011 verfestigt.

  7. 7.

    Die Google-Suche nach diesem Wort liefert im Mai 2019 im Grunde nur Kriminalroman-Titel.

  8. 8.

    Zur Unterscheidung des Sinns, zumal als Wirkung, von der Bedeutung (darin etwa das Moment des Aufschubs) siehe Deleuze 1993.

  9. 9.

    In späteren Szenen übernehmen etwa der Schwarze Butler und die Schwarze Haushälterin der Familie Lincoln diese Funktion.

  10. 10.

    Dies in einer Art Gegenbewegung, ‚Retourkutsche‘, zu der bekannten Zeitreise des weißen Kleinbürgersohns, der 1985 in Back to the Future Chuck Berry – dessen Klassiker „Johnny B. Goode“ – zitiert und Berry durch diese Appropriierung erst retroaktiv auf seine Bahn bzw. auf seinen neuen Sound bringt.

  11. 11.

    Bei Spielberg geht es seit seinem ersten Blockbuster Jaws – Der weiße Hai (USA 1975) oft um Great Whites.

  12. 12.

    Den Gedanken der Gegenläufigkeit einer Erfolgsstory und eines Szenarios der Trauer über die eklatante Unzulänglichkeit ein- und desselben Projekts, vermittelt in ein- und demselben Film, trägt Thomas Elsaesser an Spielberg heran anhand von Saving Private Ryan (USA 1998), gelesen als triumphalistische Rettungserzählung wie auch Survivor´s Guilt-Perspektive über ausgebliebene Rettung (als Topos des Geschichtsgedächtnisses der Shoah) (Elsaesser 2013).

  13. 13.

    Um aus Fredric Jamesons dichter politischer Allegorese dieses Films, im Kontext von Verschwörungsszenarien des New Hollywood nach 1970, nur einen Aspekt herauszugreifen: Jameson (1992, S. 67) weist darauf hin, dass die beiden Washington Post-Reporter beim Befragen von Informant*innen in gewisser Weise brutal, intrusiv und fast sadistisch vorgehen; dass somit ihr Status als engelsgleiche, von Meinunsfreiheit und Bromance-Habitus inspirierte Heilsbringer relativiert wird, ist plausibel – und zugleich ein Eindruck, der sich in heutiger Sicht (vor dem Hintergrund von Trumps Innenpolitik) auf diesen kanonischen Film kaum mehr aufdrängt.

  14. 14.

    Dieser Spielberg-Signatur-Totale, 1970er klassisch mit Abgang der Stars im Hintergrund, folgen eine Vignette vom wütend gegen die freien Medien hetzenden Machthaber im Weißen Haus – damals – und die erwähnte Szene mit dem Wachmann im Watergate Building.

  15. 15.

    Diese beruft sich auf einen integralen, identitären, rassistisch, klassistisch und heteronormativ purifizierten Populus als Subjekt-Fantasma und delegitimiert Spielräume einer politisch-agonalen Artikulation des antagonistisch gespaltenen demos. (Rancière 2002)

  16. 16.

    Das Motiv des demos als People of Color im Abgang ist verlinkt mit dem Thema der – so wie die Druckerei-Maschinerie – in den Vordergrund tretenden, ihr silencing nicht länger hinnehmenden Infrastruktur der Frauen, nämlich in der Figur einer jungen Latina Bürogehilfin im Foyer des Verfassungsgerichtsgebäudes: Die Akten schleppende Frau wünscht der von der Nixon-Regierung wegen Veröffentlichung der Pentagon-Papers angeklagten Washington Post-Eigentümerin alles Gute für den anstehenden Prozess – und entpuppt sich dann als Angestellte der Gegenseite, also der Anklagevertretung (und bekommt von ihrem weißen Macho-Boss einen ungerechtfertigten Anschiss).

  17. 17.

    Als wäre es ein ernstgemeintes Reenactment einer Einsatzvorbereitungs-Szene in der Action-Parodie Hot Shots! Part Deux (USA 1993, R.: Jim Abrahams): Ein Schwarzer Soldat reagiert beleidigt, als sein weißer Kamerad, der sich eben das Gesicht geschwärzt hat, ihm den Schwarz-Stift weiterreicht.

  18. 18.

    Der Schwarze Wachmann beendet in The Post eine Serie peripherer, aber markanter Schwarzer Figuren, die durchwegs als uniformiertes Wachpersonal auftreten: von den über den weißen Whistleblower wachenden GI’s der Vietnam-Szene über Wachmänner bei der RAND-Corporation bzw. im New York Times-Büro bis zur Flugbegleiterin, die mit dem behüteten Transport der Pentagon Papers assoziiert ist.

  19. 19.

    Dazu ein Hauch von Rainbow Coalition rund um die seit langem in homosexuellen Partnerschaften lebende Jodie Foster als Kapital-Lobbyistin, die mit ihrem Auftraggeber bricht.

  20. 20.

    Dieses zeigt, als ein im Film nicht vorkommendes Sujet, eine KKK-Kapuzengestalt mit einem afrikanistisch konnotierten Kamm, der auf einen Afro (oder, for that matter, „Jewfro“) als Haartracht verweist.

  21. 21.

    Inside Man handelt zur Gänze von dem komplizierten Umweg, den Wahrheitsfindung nehmen muss, damit dem Holocaust-Profiteur Recht gesprochen werden kann; am Ende von BlackKklansman wird weitere Strafverfolgung obrigkeitlich abgewürgt, sodass gegenüber dem Klans-Führungspersonal fast nur die Rache eines großangelegten polizeilichen Pranks bleibt.

  22. 22.

    In einer frühen Form praktizierte diese verfremdende, an einen Automatismus gemahnende (Nicht-)Bewegungs-Inszenierung etwa James Wong Howe am Beginn von Seconds (USA 1966, R.: John Frankenheimer). Bei Lee sind etwa Einstellungen in Do the Right Thing (USA 1989) oder auf den Titelhelden von Malcolm X (USA 1992) prominent.

  23. 23.

    Vekörpert von Denzels Sohn John David Washington (mit der Staats-Zentralgewalt schon im Nachnamen).

  24. 24.

    Zu seinem jüngsten Film Us (USA 2019) siehe Robnik 2019.

  25. 25.

    Etwa anknüpfend an Key & Peeles irrwitzigen, 1942 in Nazi-Deutschland spielenden Whitefacing-Sketch Das Negros, dem zufolge das einzige zutreffende rassistische Stereotyp die notorische Vorliebe von „negroes“ für cat toys ist.

Literatur

  • Benjamin, Walter. 1977. Über den Begriff der Geschichte. In Illuminationen. Ausgewählte Schriften 1, Hrsg. Siegfried Unseld, 251–261. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Deleuze, Gilles. 1993. Logik des Sinns. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Derrida, Jacques. 1995. Marx’ Gespenster. Der verschuldete Staat, die Trauerarbeit und die neue Internationale. Frankfurt a. M.: Fischer.

    Google Scholar 

  • Elsaesser, Thomas. 2013. Saving Private Ryan: Retrospektion, Überlebensschuld und affektives Gedächtnis. In Mobilisierung der Sinne. Der Hollywood-Kriegsfilm zwischen Genrekino und Historie, Hrsg. Hermann Kappelhoff, David Gaertner, und Cilli Pogodda, 61–88. Berlin: Vorwerk 8.

    Google Scholar 

  • Hall, Stuart. 1996. Cultural studies and its theoretical legacies. In Critical dialogues in cultural studies, Hrsg. David Morley und Kuan-Hsing. Chen, 261–274. London: Routlege.

    Google Scholar 

  • Jameson, Fredric. 1985. Class and Allegory in Contemporary Mass Culture: Dog Day Afternoon as a Political Film. In Movies and Methods, Bd. 2, Hrsg. Bill Nichols, 715–733. Berkeley/Los Angeles: Univ. of California Press.

    Google Scholar 

  • Jameson, Fredric. 1992. The Geopolitical Aesthetic. Cinema and Space in the World System. Bloomington: Indiana UP.

    Google Scholar 

  • Johnston-Arthur, Araba Evelyn. 2012. Diskussionsstatement. In dorftv.open house: Rassismus ist white supremacy. maiz im Gespräch mit Araba Evelyn Johnston-Arthur, Jude Sentongo, Stephanie Twumasi; Moderation: Edith Paule und Marissa Lobo. DORF TV, 1. Juni 2012. https://dorftv.at/video/4354. Zugegriffen: 3. Mai 2019.

  • Mbembe, Achille. 2014. Kritik der schwarzen Vernunft. Berlin: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Rancière, Jacques. 2002. Das Unvernehmen Politik und Philosophie. Frankfurt a. M.: Suhrkamp.

    Google Scholar 

  • Robnik, Drehli. 2013a. Django Delinked, Lincoln chained. The initial is silent? Getting dirty keeping house mit Tarantino & Spielberg. kolik.film 19: 81–91.

    Google Scholar 

  • Robnik, Drehli. 2013b. The Unsilent Initial: Monuments, Swamps and Politics Before the Law in Steven Spielberg’s Lincoln. In https://www.photogenie.be, issue 1: Just the Facts – A New Realist Cinema?, November. https://www.photogenie.be/photogenie_blog/article/f-unsilent-initial. Zugegriffen: 9. Mai 2019.

  • Robnik, Drehli. 2018. Druck ausüben. Das Volk und seine Setzung in Spielbergs The Post. kolik.film 29: 89–91.

    Google Scholar 

  • Robnik, Drehli. 2019: How the Other Half Lives. Filmrezension zu Jordan Peeles Us – Wir. filmgazette.de, Upload 27. März. https://filmgazette.de/2019/03/27/wir/. Zugegriffen: 27. September 2019.

Filmografie

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Drehli Robnik .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2021 Der/die Autor(en), exklusiv lizenziert durch Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this chapter

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this chapter

Robnik, D. (2021). Wrestling with the Angels und Engelmord: Hollywoods Hollowing Histories von antirassistischen Kämpfen (Steven Spielberg, Spike Lee, Jordan Peele). In: Gradinari, I., Ritzer, I. (eds) Genre und Race. Neue Perspektiven der Medienästhetik. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-32187-1_8

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-32187-1_8

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-32186-4

  • Online ISBN: 978-3-658-32187-1

  • eBook Packages: Social Science and Law (German Language)

Publish with us

Policies and ethics