Zusammenfassung
Wird im öffentlichen Diskurs Delinquenz im Kindes- und Jugendalter thematisiert, folgen in aller Regel zwei Dinge: Erstens werden – gerade nach medialer Berichterstattung über besonders schwerwiegende Straftaten – Forderungen nach Strafverschärfungen und z. B. der Absenkung des Strafunmündigkeitsalters erhoben und zweitens folgt nahezu zwangsläufig der Ruf nach (mehr) Prävention – häufig verbunden mit hohen Erwartungen an die Kinder- und Jugendhilfe. Kontinuierlich hat in den letzten drei Jahrzehnten die Forderung nach mehr Prävention an Bedeutung gewonnen. Prävention hielt entsprechend nicht nur in den Fachdiskursen der Sozialen Arbeit Einzug, sondern ebenso in der Polizei und der Justiz.
Dieser Beitrag basiert auf dem Vortrag „Prävention – ein verlockendes Konzept mit Nebenwirkungen. Kritische Anmerkungen zum Diskurs“ im Rahmen der Ringvorlesung „Schnittstellen innovativer Erziehungshilfe“ an der Universität Köln am 25. Juni 2019, zu dem der Autor von Philipp Walkenhorst eingeladen worden ist. Grundlage des Beitrages bilden die intensiven Diskussionen, die ich in den letzten zwei Jahrzehnten mit Kolleg*innen aus der Abteilung Jugend und Jugendhilfe am DJI, insbesondere mit Christian Lüders, Sabrina Hoops und Diana Willems, zu diesem Thema geführt habe. In diesem Zusammenhang sind verschiedene Aufsätze (u. a. Holthusen et al., 2011; Holthusen & Hoops, 2011; Hoops & Holthusen, 2015; Lüders, 2011b) entstanden, auf die der Beitrag aufbaut.
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Holthusen, B. (2021). Prävention – ein verlockendes Konzept mit Nebenwirkungen. Kritische Anmerkungen. In: Kaplan, A., Roos, S. (eds) Delinquenz bei jungen Menschen. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31601-3_21
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