Zusammenfassung
Im Zuge der wirtschaftsdidaktischen Diskurse über Handlungs- und Situationsorientierung und der damit einhergehenden Modifikation curricularer Vorgaben ist davon auszugehen, dass dies Veränderungen in der Gestaltung von Unterricht herbeiführt. Diesbezüglich geben domänenspezifische Untersuchungen der jüngeren Vergangenheit jedoch Anlass zur Skepsis. Nach wie vor wird kritisiert, dass Methodenmonotonie und Lehrer*innendominanz vorherrschen und dass in der Unterrichtsrealität keine grundlegenden Veränderungen auf der Ebene der Sichtstrukturen nachgewiesen werden können.
Zu diesen Ergebnissen kommen auch die sog. BESUB-Studien für den kaufmännisch-verwaltenden Unterricht an berufsbildenden Schulen (vgl. Götzl, Jahn & Held 2013; Jahn & Götzl 2014a, 2014b, 2014c, 2015a). In diesen Beobachtungsstudien (1.214 Stunden) werden in drei Erhebungen die Sichtstrukturen als Aspekte der didaktischen Gestaltung beruflichen Lernens in den Vordergrund gestellt und insbesondere Sozialformen und Unterrichtsphasen untersucht. Es wird deskriptiv erfasst, wie Unterrichtszeit genutzt wird sowie welche Sozialformen (additional differenziert) und Unterrichtsphasen in welcher zeitlichen Intensität auftreten. Darüber hinaus werden mittels clusteranalytischer Verfahren typische Unterrichtsmuster bezüglich der Sozialformen und Unterrichtsphasen identifiziert.
Da das Unterrichtsangebot domänenspezifisch und in den Daten eine gewisse Varianz hinsichtlich der Gestaltung des Unterrichts festzustellen ist, ist zu erwarten, dass im übungsintensiven Rechnungswesenunterricht (als eine Teildomäne kaufmännisch-verwaltender Bildung) spezifische, andere Phasen- und Sozialformstrukturen auftreten. Diese These wird in diesem Beitrag mithilfe der BESUB-Beobachtungsdaten untersucht.
Die Ergebnisse zeigen, dass sich Rechnungswesenunterricht signifikant von anderen Lernbereichen unterscheidet. Dieser ist auf der Ebene der Sozialformen im Vergleich zum übrigen kaufmännischen Unterricht durch höhere Anteile von Einzel- und Partnerarbeit – zulasten von Gruppenarbeiten und Schülervorträgen – geprägt. Hinsichtlich der Unterrichtsphasen weist er höhere Anteile von Ergebnissicherungen (insb. Übungen) auf. Insofern dominiert hier ein lehrendenzentrierter, teilweise individualisierter Unterrichtstypus.
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Jahn, R.W. (2020). Noch mal anders?! Analyse unterrichtlicher Sichtstrukturen im Rechnungswesenunterricht. In: Berding, F., Jahncke, H., Slopinski, A. (eds) Moderner Rechnungswesenunterricht 2020. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-31146-9_2
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