Zusammenfassung
Dieser Beitrag widmet sich der Verkörperung von Transkulturalität auf der zeitgenössischen Bühne. Als theoretische Skizze dient die von Günther Heeg entwickelte Perspektive Das transkulturelle Theater (2017), die mit dem Satyr – ein mythologisches Mischwesen der griechischen Antike – als einer paradigmatisch transkulturellen Figur enggeführt wird. Auf Basis dieser historischen Denkfolie nimmt der Beitrag die zeitgenössische Soloarbeit Macho Dancer (2013) der philippinischen Tänzerin Eisa Jocson in den Blick: Jocson’s choreographische Auseinandersetzung mit marginalen Tanzpraktiken, die durch ihren spezifisch erotischen Kontext determiniert sind, dient als künstlerisches Werkzeug, um dominante und komfortable Sichtweisen zu destabilisieren. Exemplarisch wird in diesem Beitrag an zwei Beispielen herausgearbeitet, wie transkulturelle und geschlechterkritische Setzungen am Körper die herrschende Ordnung der eigenen Kultur zum Vorschein bringen und ‚theatral‘ stören. (Die Überlegungen basieren auf einem Dissertationsprojekt, das der antiken Figur des griechischen Satyrs als das dionysisch ‚Andere‘ ein kreatives Potential für Gegenwartskonzepte zuspricht und seine zeitgenössischen Figurationen in den szenischen Künsten untersucht. Die Hauptaspekte dieses Beitrags orientieren sich an den Überlegungen von Heeg, der seine Idee eines transkulturellen Theaters 2017 publizierte).
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Notes
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Zitiert aus dem Vortrag „Das transkulturelle Theater. Grenzüberschreitungen der Theaterwissenschaft“ im Rahmen der Ringvorlesung Theaterwissenschaft „Aus Tradition Grenzen überschreiten“ am 3. Juli 2014, Universität Leipzig.
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Die Ausführungen zu Dionysos basieren zum Teil auf dem Vortrag „Chorische Resonanzen der Euripideischen Bakchen in den szenischen Künsten der Gegenwart: Marlene Montero Freitas’ Bacchae – Prelude to a Purge und Marta Górnickas Magnificat“ am 6. Juni 2019, Universität Salzburg.
- 3.
Primavesi, Patrick: „Überschreitung des Theaters“ im Rahmen der Tagung „Postdramatisches Theater als transkulturelles Theater“, 14.–16. April 2016, Universität Innsbruck.
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Basierend auf dem Ansatz, dass „antike Kulturen die Referenz sind für Transformationen in nachantiken Gesellschaften“ und geht hervor aus dem Sonderforschungsbereich Bd. 49: Antike als Transformation (2017) hrsg. v. Helmrath, Johannes/Hausteiner, Eva Marlene/Jensen, Ulf.
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Hörmann, J. (2020). Hybride Identitäten: Zur Verkörperung von Transkulturalität auf der Bühne der Gegenwart. In: Hausbacher, E., Herbst, L., Ostwald, J., Thiele, M. (eds) geschlecht_transkulturell. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30263-4_13
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Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden
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