Skip to main content

Innerparteiliche Entscheidungsprozesse

Interne Machtverhältnisse und Modi der Entscheidungsfindung

  • Living reference work entry
  • First Online:
Handbuch Regierungsforschung
  • 265 Accesses

Zusammenfassung

Parteien kommt bei der Rekrutierung von Personal für Wahlen und öffentliche Ämter sowie bei der Formulierung von politischen Inhalten praktisch eine Monopolstellung im politischen System Deutschlands zu. Dabei ist die Parteiorganisation horizontal und vertikal fragmentiert, die einzelnen Organisationseinheiten sind nur lose miteinander verkoppelt. Es lassen sich vier innerparteiliche Akteursgruppen unterscheiden, die unterschiedliche Ziele verfolgen und Ressourcen besitzen: die Parteiführung, die Parteispitze, mittlere Parteieliten und die Parteibasis. Grundsätzlich variiert die Machtverteilung von Partei zu Partei erheblich, so dass allgemeine Aussagen nur Tendenzen aufzeigen können.

This is a preview of subscription content, log in via an institution to check access.

Access this chapter

Institutional subscriptions

Notes

  1. 1.

    So unter anderem die Entscheidung über die Kanzlerkandidatenfrage in der Union vor der Bundestagswahl 2002 zwischen Angela Merkel und Edmund Stoiber (D’Antonio und Werwath 2012; Langguth 2005, S. 225 ff.). In der FDP drängte Guido Westerwelle Wolfgang Gerhardt gleich zweimal erfolgreich aus Führungsämtern in Partei und Fraktion (Treibel 2012b).

  2. 2.

    Genau diesen Verlauf nahmen die Prozesse in der Linken und der FDP zur Verabschiedung neuer Grundsatzprogramme 2011 bzw. 2012 (Oppelland und Träger 2012; Treibel 2012b). Aufgrund der dialogischen Konsenssuche vor der formalen Abstimmung konnten die neuen Programme erfolgreich ohne große Auseinandersetzung auf den jeweiligen Parteitagen verabschiedet werden.

  3. 3.

    Die große Bedeutung der Parteiführung bei knappen Mehrheitsverhältnissen wurde zum Beispiel 1999 bei Bündnis 90/Die Grünen in der Debatte um einen möglichen deutschen Militäreinsatz im Kosovo-Konflikt deutlich (Switek 2012). Joschka Fischers engagierter Redebeitrag auf dem Bielefelder Parteitag sicherte schließlich dem Realo-Lager eine knappe Mehrheit.

  4. 4.

    Beispiele hierfür sind der kontroverse Mitgliederentscheid in der FDP zum Euro-Rettungsschirm ESM im Herbst 2011 (Treibel 2012b) oder der heftige Streit um die Bildung einer neuen Parteiführung in der Linken auf dem Göttinger Parteitag im Juni 2012.

Literatur

  • Alemann, Ulrich von, Philipp Erbentraut, und Jens Walther. 2018. Das Parteiensystem der Bundesrepublik Deutschland, 4. Aufl. Wiesbaden: Springer VS.

    Google Scholar 

  • Bogumil, Jörg, und Josef Schmid. 2001. Politik in Organisationen: Organisationstheoretische Ansätze und praxisbezogene Anwendungsbeispiele. Opladen: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • D’Antonio, Oliver, und Christian Werwath. 2012. Die CDU: Innerparteiliche Willensbildung zwischen Gremienarbeit und Grauzone. In Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Zeitschrift für Politikwissenschaft (Sonderband 2012), Hrsg. Karl-Rudolf Korte und Jan Treibel, 35–61. Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Detterbeck, Klaus. 2001. Der Wandel politischer Parteien in Westeuropa. Opladen/Göttingen: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Detterbeck, Klaus. 2011. Parteien und Parteiensystem. Konstanz: UTB/UVK.

    Google Scholar 

  • Eldersveld, Samuel J. 1964. Political parties: A behavioral analysis. Chicago: Cambridge University Press.

    Google Scholar 

  • Grunden, Timo. 2009. Politikberatung im Innenhof der Macht: Zu Einfluss und Funktion der persönlichen Berater deutscher Ministerpräsidenten. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Herzog, Dieter. 1997. Die Führungsgremien der Parteien: Funktionswandel und Strukturentwicklungen. In Parteiendemokratie in Deutschland, Hrsg. Oscar W. Gabriel, 301–322. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung.

    Google Scholar 

  • Hirschman, Albert O. 1970. Exit, voice and loyalty: Responses to decline in firms, organizations, and states, 6. Aufl. Cambridge, MA: Harvard University Press.

    Google Scholar 

  • Höhne, Benjamin. 2010. Strukturmuster, Selektionsprämissen und Resultate von Kandidatenaufstellungen zu Bundestags- und Europawahlen in Deutschland: Eine längsschnitt- und querschnittanalytische Objektivierung subjektiver Anreiz- und Verteilungsstrukturen. In Parteien als fragmentierte Organisationen: Erfolgsbedingungen und Veränderungsprozesse, Hrsg. Uwe Jun und Benjamin Höhne, 85–121. Opladen: Verlag Barbara Budrich.

    Google Scholar 

  • Jun, Uwe. 2018. Direkte innerparteiliche Demokratie in der parlamentarischen Demokratie: Das Beispiel der Mitgliederpartei SPD. Zeitschrift für Parlamentsfragen 49(4): 940–950.

    Article  Google Scholar 

  • Jun, Uwe, und Benjamin Höhne. 2010. Parteien als fragmentierte Organisationen: Erfolgsbedingungen und Veränderungsprozesse. Opladen: Verlag Barbara Budrich.

    Google Scholar 

  • Katz, Richard S., und Peter Mair. 1993. The evolution of party organizations in Europe: The three faces of party organization. American Review of Politics 14(Special issue): 593–617.

    Google Scholar 

  • Kießling, Andreas. 2004. Die CSU: Machterhalt und Machterneuerung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Köllner, Patrick, und Matthias Basedau. 2006. Faktionalismus in politischen Parteien: Eine Einführung. In Innerparteiliche Machtgruppen: Faktionalismus im internationalen Vergleich, Hrsg. Patrick Köllner, Matthias Basedau und Gero Erdmann, 7–38. Frankfurt a. M.: Campus.

    Google Scholar 

  • Korte, Karl-Rudolf, und Manuel Fröhlich. 2009. Politik und Regieren in Deutschland: Strukturen, Prozesse, Entscheidungen, 3. Aufl. Paderborn: UTB/Schöningh.

    Google Scholar 

  • Korte, Karl-Rudolf, und Jan Treibel, Hrsg. 2012. Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Zeitschrift für Politikwissenschaft (Sonderband 2012). Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Langguth, Gerd. 2005. Angela Merkel. München: dtv.

    Google Scholar 

  • Lösche, Peter, und Franz Walter. 1992. Die SPD: Klassenpartei – Volkspartei – Quotenpartei. Zur Entwicklung der Sozialdemokratie von Weimar bis zur deutschen Vereinigung. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft.

    Google Scholar 

  • Michels, Robert. 1989. Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie: Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens, 4. Aufl. Stuttgart: Alfred Kröner Verlag.

    Google Scholar 

  • Niedermayer, Oskar. 1993. Innerparteiliche Demokratie. In Stand und Perspektiven der Parteienforschung in Deutschland, Hrsg. Oskar Niedermayer, 230–250. Opladen: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Nullmeier, Frank, Tanja Pritzlaff, und Achim Wiesner. 2003. Mikro-Policy-Analyse: Ethnographische Politikforschung am Beispiel Hochschulpolitik. Frankfurt a. M.: Campus.

    Google Scholar 

  • Oppelland, Torsten, und Hendrik Träger. 2012. Die Linke. Die Macht der Strömungen. In Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Zeitschrift für Politikwissenschaft (Sonderband 2012), Hrsg. Karl-Rudolf Korte und Jan Treibel, 189–217. Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Pannes, Tina. 2011. Dimensionen informellen Regierens: Entstehungsbedingungen, Ausprägungen und Anforderungen. In Regierungszentralen: Organisation, Steuerung und Politikformulierung zwischen Formalität und Informalität, Hrsg. Martin Florack und Timo Grunden, 35–91. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Poguntke, Thomas. 2005. Parteien ohne (An)bindung: Verkümmern die organisatorischen Wurzeln der Parteien? In Zwischen Anarchie und Strategie: Der Erfolg von Parteiorganisationen, Hrsg. Josef Schmid und Udo Zolleis, 43–62. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Rebenstorf, Heike. 2005. Parteieliten: Zwischen Organisationsinteressen, öffentlichem Auftrag und persönlichen Ambitionen. In Zwischen Anarchie und Strategie: Der Erfolg von Parteiorganisationen, Hrsg. Josef Schmid und Udo Zolleis, 114–129. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Reiser, Marion. 2011. „Wer entscheidet unter welchen Bedingungen über die Nominierung von Kandidaten?“: Die innerparteilichen Selektionsprozesse zur Aufstellung in den Wahlkreisen. In Die Parteien nach der Bundestagswahl 2009, Hrsg. Oskar Niedermayer, 237–259. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Richter, Saskia. 2005. Führung ohne Macht?: Die Sprecher und Vorsitzenden der Grünen. In Die Parteivorsitzenden in der Bundesrepublik Deutschland 1949–2005, Hrsg. Daniela Forkmann und Michael Schlieben, 167–214. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Schieren, Stefan. 1996. Parteiinterne Mitgliederbefragungen: Ausstieg aus der Professionalität?: Die Beispiele der SPD auf Bundesebene und in Bremen sowie der Bundes-F.D.P. Zeitschrift für Parlamentsfragen 27(2): 214–229.

    Google Scholar 

  • Schimank, Uwe. 2002. Organisationen: Akteurkonstellation – korporative Akteure – Sozialsysteme. In Soziologie der Organisation. Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie Sonderheft 42, Hrsg. Jutta Allmendinger und Thomas Hinz, 29–54. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Schmid, Josef. 2011. Mikropolitik. Pluralismus mit harten Bandagen? In Pluralismus – Strategien – Entscheidungen, Hrsg. Nils C. Bandelow und Simon Hegelich, 324–345. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

    Google Scholar 

  • Schüttemeyer, Suzanne S., und Roland Sturm. 2005. Der Kandidat – das (fast) unbekannte Wesen: Befunde und Überlegungen zur Aufstellung der Bewerber zum Deutschen Bundestag. Zeitschrift für Parlamentsfragen 36(3): 539–553.

    Google Scholar 

  • Seidel, Klaus. 1998. Direkte Demokratie in der innerparteilichen Willensbildung. Frankfurt a. M.: Peter Lang.

    Google Scholar 

  • Switek, Niko. 2012. Bündnis 90/Die Grünen: Modi der innerparteilichen Entscheidungsfindung am Beispiel grüner Bundesparteitage. In Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Zeitschrift für Politikwissenschaft (Sonderband 2012), Hrsg. Karl-Rudolf Korte und Jan Treibel, 121–154. Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Träger, Hendrik. 2015. Innerparteiliche Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse zur Bundestagswahl 2013: Eine Urwahl, zwei Mitgliederentscheide und neue Verfahren der Wahlprogrammerarbeitung. In Die Bundestagswahl 2013, Hrsg. Karl-Rudolf Korte, 269–289. Wiesbaden: Springer VS.

    Google Scholar 

  • Trefs, Matthias. 2007. Faktionen in westeuropäischen Parteien: Italien, Großbritannien und Deutschland im Vergleich. Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Treibel, Jan. 2012a. Was bedeutet innerparteiliche Willensbildung? Forschungsstand und theoretische Zugänge. In Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Zeitschrift für Politikwissenschaft (Sonderband 2012), Hrsg. Karl-Rudolf Korte und Jan Treibel, S. 7–34. Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Treibel, Jan. 2012b. Die FDP: Entscheidungsprozesse zwischen hierarchischer Führung, Konsenssuche und Mehrheitsentscheidungen. In Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Zeitschrift für Politikwissenschaft (Sonderband 2012), Hrsg. Karl-Rudolf Korte und Jan Treibel, S. 155–187. Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Treibel, Jan. 2014. Formales und informelles Führen und Folgen in Parteien: Ein mikropolitischer Ansatz zur Analyse von internen Entscheidungsprozessen am Beispiel der FDP. In Informelle Politik. Konzepte, Akteure und Prozesse, Hrsg. Stephan Bröchler und Timo Grunden, 323–349. Wiesbaden: Springer VS.

    Google Scholar 

  • Weigl, Michael. 2012. Die CSU. Abschied von der „Ein-Mann-Demokratie“. In Wie entscheiden Parteien? Prozesse innerparteilicher Willensbildung in Deutschland. Zeitschrift für Politikwissenschaft (Sonderband 2012), Hrsg. Karl-Rudolf Korte und Jan Treibel, 63–91: Baden-Baden: Nomos.

    Google Scholar 

  • Wiesendahl, Elmar. 1998. Parteien in Perspektive: Theoretische Ansichten der Organisationswirklichkeit politischer Parteien. Opladen: Westdeutscher Verlag.

    Google Scholar 

  • Wiesendahl, Elmar. 2011. Volksparteien: Aufstieg, Krise, Zukunft. Opladen: Verlag Barbara Budrich.

    Google Scholar 

Download references

Author information

Authors and Affiliations

Authors

Corresponding author

Correspondence to Jan Treibel .

Editor information

Editors and Affiliations

Rights and permissions

Reprints and permissions

Copyright information

© 2021 Springer Fachmedien Wiesbaden GmbH, ein Teil von Springer Nature

About this entry

Check for updates. Verify currency and authenticity via CrossMark

Cite this entry

Treibel, J. (2021). Innerparteiliche Entscheidungsprozesse. In: Korte, KR., Florack, M. (eds) Handbuch Regierungsforschung. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-30074-6_53-1

Download citation

  • DOI: https://doi.org/10.1007/978-3-658-30074-6_53-1

  • Received:

  • Accepted:

  • Published:

  • Publisher Name: Springer VS, Wiesbaden

  • Print ISBN: 978-3-658-30074-6

  • Online ISBN: 978-3-658-30074-6

  • eBook Packages: Springer Referenz Sozialwissenschaften und Recht

Publish with us

Policies and ethics