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„Social Credit“ bei der Auswahl von Mitgliedern des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft

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Social Credit Rating

Zusammenfassung

Der Aufsichtsrat ist verpflichtet, der Hauptversammlung die Mitglieder des nächsten Aufsichtsrats vorzuschlagen, und ist damit de facto für die Auswahl der Aufsichtsratsmitglieder verantwortlich. Daraus können Schadenersatzansprüche in Form eines Auswahlverschuldens gegen ihn entstehen. Zudem können daraus auch Reputationsrisiken für die Unternehmen erwachsen, deren Tragweite sehr weitreichend sein können und die nicht unterschätzt werden sollten.

Digitalisierung, Vernetzung, wachsende Datenspeicher- und -verarbeitungskapazitäten verändern die industrielle Landschaft massiv und dringen in alle Lebensbereiche ein. Es gehört zur Professionalität eines Aufsichtsrats, sich dem nicht zu verschließen. Big Data-Analysen und -Technologien können im Auswahlprozess neuer Aufsichtsratsmitglieder zu einer besseren Auswahl führen sowie Haftungsrisiken für den Aufsichtsrates und letztlich auch für das Unternehmen reduzieren, auch wenn Algorithmen nur ein Element im Auswahlverfahren sein können und die letzte Entscheidung sowie die Haftung immer bei dem Gremium verbleiben muss.

Angesichts der Komplexität von Big Data-Technologie muss die Aufbereitung der Daten, auf die der Aufsichtsrat zugreift, von darauf spezialisierten Unternehmen geleistet werden, am besten in privatrechtlicher, nicht öffentlich-rechtlicher Form, jedoch unbedingt kontrolliert von einer staatlichen Aufsicht, zum Beispiel nach dem Vorbild der beaufsichtigen Ratingagenturen. Bewertung und Gewichtung der Informationen werden dabei eine ständige Herausforderung bleiben.

Eine solche Innovation bei der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern wäre nicht vergleichbar mit dem Social Credit System der chinesischen Regierung, mit dem sie das ganze Land flächendeckend überwachen will. Sie wäre aber in jeden Fall auch weit von den engen Datenschutzbedenken entfernt, die in Deutschland vorherrschen. Das schwedische Beispiel zeigt, dass Transparenz von Personendaten durchaus mit Demokratie und Meinungsfreiheit vereinbar ist.

Social Credit ist kein Allheilmittel, bei der richtigen Ausgestaltung kann es jedoch ein wichtiges Tool sein bei der Auswahl von Aufsichtsratsmitgliedern und folglich dabei helfen, die Professionalisierung der Aufsichtsratstätigkeit weiter zu entwickeln.

Die Autorin dankt Dr. Katrin Burkhardt, Berlin, für die anregende Diskussion und die kritischen Anmerkungen sowie Felix Schatten, 01PC, Bad Soden, für die hilfreichen und interessanten Anregungen zu den Debatten betr. Social Media, Algorithmen und digitale Zukunft.

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Notes

  1. 1.

    Ausnahme: Soweit sie nicht in den AR zu entsenden oder als Aufsichtsratsmitglieder der Arbeitnehmer nach dem Mitbestimmungsgesetz, dem Mitbestimmungsergänzungsgesetz, dem Drittelbeteiligungsgesetz oder dem Gesetz über die Mitbestimmung der Arbeitnehmer einer grenzüberschreitenden Verschmelzung zu wählen sind.

  2. 2.

    Allgemeine Definition: Ein Algorithmus ist eine formale Handlungsvorschrift zur Lösung von Instanzen einer bestimmten Problemklasse, Algorithmen sind Anwendungen, die im Netz besonders zum Sammeln und Auswerten von Daten genutzt werden; vgl. u. a. zur Theorie und praktischen Relevanz K. Mehlhorn, P. Sanders: Algorithms and Data Structures – The Basic Toolbox (Springer 2008), http://www.mpi-inf.mpg.de/∼mehlhorn/Toolbox.html.

  3. 3.

    Hinweis: Eine Menge von Suchmaschinen wird auf Soziale Medien angewandt. Viele sind mit den geltenden Gesetzen, wie z. B. der DSGVO, unvereinbar und in zahlreichen Fällen auch unethisch (Schlagwort „Recht auf Vergessenwerden“). Solange sich ein Social Credit System aus diesen Datenquellen speist, werden die gesammelten Daten möglicherweise Lücken aufweisen. Es bietet sich an, die Daten im Rohformat, den Quellen mit Crawlern direkt, getaktet zu entnehmen und in unstrukturierten Datensätzen (Data-Lakes) zu hinterlegen. Nach Bedarf können diese strukturiert in Datenbanken (Datawarehouses) eingepflegt werden, um sie danach zum Beispiel durch Online Analytical Processing (OLAP) Systeme zu analysieren und visualisieren. Durch dieses Data-Mining, als Methode der Bewältigung der Big Data, in einem Zusammenspiel mit Computerlinguistik (die versucht die natürliche Sprache algorithmisch zu verarbeiten), ist ein Großteil der geschöpften Daten analysierbar. Weitere Methoden können sein, Sentiment Detection, Named-entity Recognition oder künstliche neuronale Netze. Ein Novum in der Speicherung von Daten verspricht die Blockchain Technologie. Zusammengefasst kann diese Technologie durch mathematische Formeln, Rohdaten oder referenzierte Daten unzertrennlich aufeinander aufbauen und diese auch dezentral verteilen, mit oder ohne öffentlichen Zugang. Referenzierte Daten können abänderbar und löschbar bleiben, DSGVO konform. Siehe u.a. Xu X, Weber I, Staples M, 2019, Architecture for Blockchain Applications. Springer International Publishing,Cam, S. 18.

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Bellavite-Hövermann, Y. (2020). „Social Credit“ bei der Auswahl von Mitgliedern des Aufsichtsrates einer Aktiengesellschaft. In: Everling, O. (eds) Social Credit Rating. Springer Gabler, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29653-7_30

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