Zusammenfassung
Der Beitrag beginnt mit dem aktuellen Streit, ob politische Bildung neutral sein müsse oder vielmehr Haltungen vermitteln sollte. Es folgt ein kurzer historischer Rückblick auf die Geschichte der politischen Erziehung nach 1945. Argumentationslinien der Kontroverse um politische Erziehung werden vorgestellt, das spezifisch deutsche Begriffspaar „Erziehung“ und „Bildung“ auf Gemeinsamkeiten und Unterschiede hin untersucht sowie Konturen zeitgemäßer politischer Erziehung skizziert und zur Diskussion gestellt. Der Beitrag plädiert nachdrücklich für mehr staatliche Verantwortung im Bereich der politischen Erziehung.
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Notes
- 1.
Im angloamerikanischen Sprachraum steht der Begriff „Education“ für Erziehung und Bildung. Im Werk von Dewey lassen sich sowohl für den Terminus „Erziehung“ wie auch für den Terminus „Bildung“ Bedeutungen aufzeigen. Barišić verdeutlicht das durch die Begriffe ‚allgemeine Ausbildung‘ und ‚angemessene Erziehung‘.
- 2.
Vgl. den Qualifikationskatalog der Richtlinien, abgedruckt in Stiller (2017, S. 47).
- 3.
Vgl. die Dokumentation des Ablösungsprozesses in Politisches Lernen Heft 4/2001 – 1/2002.
- 4.
Ausnahmen Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Vgl. Reuter (2003, S. 32).
- 5.
Polemisch könnte man das Zitat von Lenzen & Luhmann umkehren: „Bildung“ unter dem PISA-Regime ist eine Zumutung, Erziehung ein dialogisches Angebot!
- 6.
Grundrechte, Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaat stehen unter Veränderungsschutz nach Art. 79 (3) GG und sind nicht daher verhandelbar.
- 7.
Nicht nur ausgewählte Programmschulen, die sich dem Demokratieanspruch freiwillig verbunden fühlen.
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Stiller, E. (2020). Soll Politische Bildung Haltungen vermitteln? Zur Kontroverse um politische Erziehung. In: Haarmann, M., Kenner, S., Lange, D. (eds) Demokratie, Demokratisierung und das Demokratische. Bürgerbewusstsein. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-29556-1_7
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