Zusammenfassung
Um die Integration junger Menschen mit Fluchterfahrung zu fördern, spielt die Freizeitgestaltung eine relevante Rolle: Hier werden u. a. soziale Kontakte aufgebaut und vertieft und es werden relevante (u. a. sprachliche) Kompetenzen erworben. Die Analyseergebnisse sozialräumlicher Nutzer_innenforschung zeigen, dass Freizeitgestaltung – ebenso wie die Menschen selber – stark heterogen ist; dennoch werden Orte, Räume sowie Einrichtungen und Institutionen sichtbar, welche für die Zielgruppen besonders relevant sind, präferiert werden und einen (hohen) Gebrauchswert haben bzw. einen (hohen) Nutzen aufweisen. Hierauf aufbauend wurden anhand von nutzer_innenorientierter und sozialräumlicher Forschung die Nutzungs- und Nichtnutzungsgründe sowie die Ursachen der Attraktivität bzw. Unattraktivität von Orten herausgearbeitet, um schließlich Empfehlungen für die Verbesserung des Nutzens und der Qualität von Räumen, Angeboten etc. zu entwickeln.
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Notes
- 1.
Der Fokus auf Jugendliche und junge Erwachsene ist auch deshalb von besonderem Interesse, da unter den Personen, die in Deutschland in den Jahren 2015 bis 2018 Asyl suchten, der Anteil der Antragsteller_innen am größten ist, die jünger als 30 Jahre alt sind.
- 2.
Unter Integration werden hier ein gesamtgesellschaftlicher Prozess und eine gesamtgesellschaftliche sowie politische Querschnittsaufgabe verstanden. In Bezug auf das Thema Flucht bedeutet dies, dass sich sowohl die Menschen der Aufnahmegesellschaft als auch die Ankommenden integrieren (müssen) (vgl. Schlee und Jepkens 2017a, S. 4; Treibel 2015, S. 44 f.). Im Fokus steht hier die Sozialintegration, welche die Integration von individuellen Akteur_innen und ihren Einbezug in bestehende soziale Systeme beschreibt (vgl. Esser 2001).
- 3.
So definieren bspw. Bundesgesetze die Aufenthaltstitel, liegen Integrationskurse in der Hand des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und werden Zugänge zu Bildung und Kultur jeweils auf Landesebene gestaltet. Auch auf die lokale Arbeitsmarkt- und Wohnraumsituation kann Sozialraumarbeit nur begrenzt Einfluss nehmen. Zusammenfassend kann also festgehalten werden, dass der Sozialraum auf der institutionellen Ebene im Hinblick auf die Zielgruppe Menschen mit Flucht- und Zuwanderungsgeschichte in den letzten Jahren eine Aufwertung erfahren hat und Integration maßgeblich vor Ort geschieht sowie dort – in Abhängigkeit und Kontextualisierung zu den jeweiligen politischen und gesellschaftlichen Bedingungen – gefördert werden kann (vgl. van Rießen und Bleck 2020).
- 4.
Im Folgenden sind jene Begriffe im Text, die mit doppelten Anführungszeichen gekennzeichnet sind, wörtliche Zitate aus den Befragungen mit den Jugendlichen und jungen Erwachsenen aus dem Jahr 2018.
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Jepkens, K., Scholten, L., van Rießen, A. (2020). Raumerleben junger Geflüchteter. Sozialräumliche Nutzer_innenforschung zu Orten und Räumen der Freizeitgestaltung junger Menschen mit Fluchterfahrung – Präferenzen und (Nicht-)Nutzung. In: Jepkens, K., Scholten, L., van Rießen, A. (eds) Integration im Sozialraum. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-28202-8_15
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