Zusammenfassung
Das Ziel des vorliegenden Beitrags ist es zu erforschen, welche Folgen der zunehmende Einfluss rechter Akteure und die vermehrte Zustimmung zu fremdenfeindlichen Einstellungen, die sich nicht nur in gewalttätigen Eskalationen, sondern aufgrund einer Normalitätsverschiebung im lokalen Kontext auch in alltäglichen Abwertungen und fehlenden Gegenpositionierungen zeigen, auf die Stadtgesellschaft und die Zivilgesellschaft hat. Dabei dienen Annahmen des Konzepts feindseliger Orte (Kurtenbach 2018), basierend auf dem Konzept Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit (Heitmeyer 2002) als theoretische Grundlage. Gleichzeitig wird am Beispiel des Steinhaus Bautzen e.V. betrachtet, ob und wie es der Zivilgesellschaft möglich ist, unter diesen Bedingungen für zivile Werte einzustehen und eine lokale demokratische Stadtentwicklung zu fördern. Grundlage sind die Ergebnisse einer 5-wöchigen Feldforschung in Bautzen, bei welcher 32 qualitative Interviews mit zivilgesellschaftlichen Akteuren geführt worden sind. Dieser Beitrag beinhaltet außerdem eine Reflektion der methodischen und persönlichen Herausforderungen der Feldforschung.
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Notes
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Daraus ist die Masterarbeit „Die normative Kraft der „Zivil“gesellschaft – Reziprokes Verhältnis von Zivilgesellschaft und Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit am Beispiel Bautzen“ an der Universität Kassel entstanden. Dieser Artikel bezieht sich auf Annahmen und Ergebnisse der Arbeit.
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Neben diesen und weiteren gewalttätigen Übergriffen erfolgten zwei Brandanschläge auf Flüchtlingsheime im Jahr 2016.
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Die Feldforschung fand mit drei weiteren Wissenschaftler*innen, Dr. Sebastian Kurtenbach, Dr. Ahmad Al Ahjan und Elisa Ribbe, des Instituts für Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld (IKG) statt. An dieser Stelle möchte ich dem Team und dem IKG danken. Einen Gesamtüberblick über alle Ergebnisse liefert Kurtenbach (2018).
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Abkürzung: Zivilgesellschaft, Interview 10.
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Diese kann vor allem von Kindern nicht eingeordnet werden: Ein geflüchteter Vater betonte, dass er mit der Ausgrenzung umgehen kann, sich allerdings um seine Kinder sorgt.
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In einem Kontext, in dem eine Normalitätsverschiebung auf lokaler und zivilgesellschaftlicher Ebene wissenschaftlich analysiert werden soll, müssen auch eigene Normalitäten immer wieder hinterfragt werden.
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Schäfer, I. (2019). Herausforderungen und Chancen der Feldforschung zur Zivilgesellschaft unter den Bedingungen einer lokalen feindseligen Normalitätsverschiebung – Das Beispiel Bautzen. In: Behrensen, B., Westphal, M. (eds) Fluchtmigrationsforschung im Aufbruch. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26775-9_18
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