Zusammenfassung
Vor dem Hintergrund der Adressierung von Organisationsmitgliedern als „unternehmerisches Selbst“ beschäftigt sich der Beitrag aus bildungstheoretischer Perspektive mit Offenheit als Moment pädagogischer Verantwortung in Organisationen. Geißlers Begründung der Organisationspädagogik hin zu Plessners Anthropologie folgend, wird zunächst ein Verständnis von Offenheit herausgearbeitet, das die Annahme der Gestaltbarkeit menschlichen Lebens (mithin die Gestaltbarkeit von Organisation) als Voraussetzung und Ziel (organisationaler) Lernprozesse identifiziert. Davon ausgehend wird Offenheit aus bildungstheoretischer Perspektive inhaltlich näher bestimmt. Hierbei erweisen sich das Offenhalten von Entscheidungs- und Handlungsspielräumen sowie die zentrale Rolle des Nicht-Verstehens und das Aushalten von Differenz als wesentliche Aspekte einer (organisations-)pädagogischen Grundlegung von Verantwortung. Offenheit wird als widerständiges Moment in einem relationalen Prozess von Selbst- und Weltverständigung gedacht, in dem das Weltgeschehen der Organisation und ihren Akteuren tendenziell mächtig bis bemächtigend gegenübertritt. Sie wird damit zu einem zentralen Aspekt einer humanen und in diesem Sinne verantwortungsbewussten Weiterentwicklung von Organisationen.
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Röseler, C., Sausele-Bayer, I. (2020). Offenheit als Moment einer bildungstheoretischen Grundlegung pädagogischer Verantwortung in Organisationen. In: Fahrenwald, C., Engel, N., Schröer, A. (eds) Organisation und Verantwortung. Organisation und Pädagogik, vol 27. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-26248-8_6
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