Zusammenfassung
Industrie 4.0 umfasst ein Bündel vielfältiger Technologien. Wie sie konkret im Unternehmen zum Einsatz kommen, ist hochgradig gestaltungsbedürftig. Bei aktuellen Formen der partizipativen Gestaltung (agile Methoden, Design Thinking, Open Innovation) werden zwar Kunden stärker direkt eingebunden, kaum aber die eigenen Beschäftigten in der Produktion (dem Shopfloor). Wollen die Engineering-Beschäftigten, die Industrie 4.0 gestalten, den Shopfloor überhaupt einbeziehen? Der Artikel präsentiert bislang unveröffentlichte Ergebnisse zu Erhebungen im Engineering eines Automobilwerks. Speziell wurden die Sichtweisen, Erfahrungen und Zukunftsvorstellungen der Engineering-Beschäftigten darüber ermittelt, wie die Produktion bei der Umsetzung von Industrie 4.0 integriert werden kann. Die qualitativen und quantitativen Erhebungen mit Q-methodologischem Anteil zeigen einerseits gute Erfahrungen mit und eine hohe Bereitschaft zur Beteiligung. Andererseits ist diese voraussetzungsvoll, es fehlt nicht nur an Zeit und Gelegenheiten, sondern auch an Phantasie und Initiative, um die bisherigen formalen, auf nachholende Optimierung verengten Verfahren zu durchbrechen.
Vollständig neuer Original-Beitrag.
Die Auswertungen und konzeptionellen Arbeiten für diesen Artikel entstanden im Verbundprojekt „Gute agile Projektarbeit in der digitalisierten Welt (diGAP)“. Dieses Forschungs- und Entwicklungsprojekt wird im Rahmen der Förderprogramme „Zukunft der Arbeit“ und „Innovationen für die Produktion, Dienstleistung und Arbeit von morgen“ vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und dem Europäischen Sozialfonds (ESF) gefördert und vom Projektträger Karlsruhe (PTKA) betreut.
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Notes
- 1.
Der Datensatz (IG Metall 2013) umfasst 514.134 Personen aus über 8400 Unternehmen.
- 2.
Für die Auswertung werden nur Befragte zwischen 15 und 65 Jahren einbezogen, um in die Befragung eingegangene Mitglieder auszuschließen, die sich in Rente oder Schulpraktika befinden.
- 3.
Nach einer Horn (1965) und Glorfeld (1995) folgenden Parallelanalyse mittels auf Q-Daten angepasster Monte-Carlo-Simulation (Held 2017) verbleibt nur die erste Hauptkomponente mit einem korrigierten Eigenwert größer 1 (Kaiser-Guttman-Kriterium). Dieser strikte Standard der Komponentenextraktion ist besonders bei den vorliegenden hochdimensionalen Daten mit geringen Fallzahlen (HDLSS) angezeigt: Bei 233 Teilnehmenden, aber nur 25 Items muss von erheblichen zufälligen Kovarianzen ausgegangen werden. Die Parallelanalyse erfolgte aus technischen Gründen (wie üblich) basierend auf dem Pearson’s Koeffizienten, nicht dem hier sonst verwendeten und besser für Q geeigneten Spearman’s Rangkoeffizienten. Auch bei einer Spearman’s Korrelationsmatrix fallen allerdings die Eigenwerte nach der ersten Komponente scharf ab (Scree-Kriterium), sodass eine Ein-Komponentenlösung die sicherere Wahl zu sein erscheint. Die Analyse erfolgte mit der pensieve Software (Held 2017) für die R Statistik Plattform (R Core Team 2012).
- 4.
Streng genommen legt die o. g. Parallelanalyse nur einen negativen Standard an: Die verbleibenden Kovarianzen außerhalb der ersten Hauptkomponente (Residualmatrizen) können nicht mit großer Wahrscheinlichkeit (p = 0,05) von zufälligen Mustern unterschieden werden und sollen daher hier sicherheitshalber nicht interpretiert werden. Solch ein in Q eher untypisches Ergebnis lässt sich erklären durch eine unzureichende Eignung der Items, große Homogenität der Teilnehmenden und ein ungünstiges Verhältnis von Teilnehmenden und Anzahl der Items, hier vor allem der letzten beiden. Da sich auch bei den nicht korrigierten, „rohen“ Eigenwerten ein extremer Abfall nach der ersten Komponente verzeichnen lässt, kann aber trotz dieser beschränkten „Auflösung“ des Messinstruments von einer tatsächlichen Übereinstimmung ausgegangen werden.
- 5.
Wir verwenden hier den ladungsgewichteten Durchschnitt der Rohdaten, auch bekannt als „Regression Scores“ (Thompson 2004).
- 6.
Es handelt sich um die ladungsgewichtete Standardabweichung der Ränge in den Rohdaten (vgl. Held 2017).
- 7.
Die große Streuung in den extremen Items bei gleichzeitig teilweise sehr geringer Streuung in der neutralen Mitte stellt aus Sicht der Q-Methodologie eine Anomalie dar. Tatsächlich wäre zu erwarten, dass die Items in den extremen Rängen wenig streuen, schließlich haben Kovarianzen in den Extremen großen Einfluss auf die Hauptkomponentenanalyse. Möglicherweise sehen wir hier die Spuren eines seltenen, aber grundsätzlichen Dissenses, der insgesamt mit einem aufwendigen Messinstrument (mehr Items) und entsprechender Rotation der Ladungen klarer zutage treten würde.
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Pfeiffer, S., Held, M., Lee, H. (2018). Digitalisierung „machen“ – Ansichten im Engineering zur partizipativen Gestaltung von Industrie 4.0. In: Hofmann, J. (eds) Arbeit 4.0 – Digitalisierung, IT und Arbeit. Edition HMD. Springer Vieweg, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-21359-6_7
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Publisher Name: Springer Vieweg, Wiesbaden
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