Zusammenfassung
An das Programm von öffentlich-rechtlichen Medien bzw. Public-Service-Medien (PSM) sind gesetzliche Auflagen gerichtet, die mit hohen Erwartungen in Bezug auf die Qualität dieser Medienangebote verbunden sind. In konvergenten Medienwelten wird es dabei immer schwieriger, den vielfältigen Ansprüchen unterschiedlicher gesellschaftlicher Gruppen gerecht zu werden und diese auch entsprechend ihrer Mediennutzung zu erreichen. Die Entwicklung hin zur vermehrt digitalen Mediennutzung, die individuell und zeitlich unabhängig stattfindet, verändert dabei stark die Nutzungsgewohnheiten der massenmedial sozialisierten Rezipientinnen und Rezipienten. Im vorliegenden Beitrag wird in diesem Zusammenhang die Frage nach der Haltung des Publikums gegenüber dem PSM-Angebot (in Österreich) heute und die dahinterliegende Argumentation näher beleuchtet. Die vorgestellten Ergebnisse beruhen auf der Analyse von insgesamt 48 Leitfaden-Interviews aus dem ersten Halbjahr 2015 mit Interviewpartnerinnen und Interviewpartnern unterschiedlichen Geschlechts, Ausbildung und Altersgruppen. Insgesamt ist die Haltung des Publikums von einer strengen Beurteilung und anspruchsvollen Haltung geprägt. PSM stehen dabei für Nachrichtenformate bzw. Information und sollen weiterhin von Privaten unterscheidbar sein. Bei Unterhaltungsformaten können PSM dagegen weniger überzeugen und der Vorwurf schlechter Qualität zugunsten höherer Quoten wird kritisch gesehen. Dabei zeigen die Befragten durchaus Bewusstsein in Bezug auf politische Einflussfaktoren bei PSM und ökonomischen Druck bei Privaten. Der Wettbewerb und die Co-Existenz beider Unternehmensformen wird gesamt als positiv bewertet.
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Notes
- 1.
Die später vorgestellten Daten entstammen einem von der Magistratsabteilung 23 für „Wirtschaft, Arbeit und Statistik“ der Stadt Wien geförderten Projekts (siehe auch die Einleitung des Sammelbandes).
- 2.
Der Bildungsstand „niedrig“ entspricht maximal einem Hauptschulabschluss, „mittel“ entspricht dem Abschluss einer weiterführenden Schule mit Matura und „hoch“ entspricht dem Abschluss einer tertiären Bildungseinrichtung, z. B. Universitätsstudium. Diese Einteilung entspricht den Bildungskategorien gängiger Bevölkerungsstatistiken und der formalen Struktur des österreichischen Bildungswesens (Statistik Austria 2017).
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Gonser, N., Reiter, G. (2018). Öffentlich-rechtliche Medienangebote und die Haltung des Publikums. In: Gonser, N. (eds) Der öffentliche (Mehr-)Wert von Medien. Forschung und Praxis an der FHWien der WKW. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-20498-3_10
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