Zusammenfassung
Gegenstand der Überlegungen ist die Differenz von Gründung und Positivität. Der Beitrag unternimmt einen Versuch, aufzuzeigen, dass die positive Instituierung und Ausgestaltung der Differenz von Politik und Recht jeweils in Abhängigkeit zentraler Gründungsfiguren steht. Die Argumentation beruht auf einem Dreischritt. 1) Sie startet mit der skeptischen Verneinung der Möglichkeit des Rechts als zentralem Bezugsproblem 2) moderner Demokratietheorie, um die Pluralität der Gründungen wie auch die gemeinsame Struktur der Montagen der Rechtmäßigkeit zu behaupten, die 3) mit der psychoanalytischen Rechtstheorie Pierre Legendres schließlich eine theoretische Form erhalten. Die Zusammenstellung macht die Referenz der jeweiligen Relationierung von Politik und Recht auf sinnstiftende Vorannahmen sichtbar und zeigt das konkurrierende Nebeneinander von Diskursreihen um die Ausgestaltung der Differenz von Politik und Recht auf.
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Notes
- 1.
Vor allem Luhmanns Begriff des Schemas erweist sich für die Form einer relativ festen Kopplung von Sinnelementen – die hier analog als Kausalitätsketten oder auch Figurationen gefasst werden – als brauchbar, weil er Regelhaftigkeit und Abweichung mitführt: „Schemata sind die Form, in die die Kommunikation Urteile gerinnen läßt und Gedächtnis kondensiert. Da aber Schemata ihren Gebrauch in der Kommunikation noch nicht determinieren, da sie jedenfalls nicht schematisch angewandt werden können, erklärt dieser Begriff noch nicht, wie in bestimmten historischen Lagen Plausibilität gewonnen und gegebenenfalls umgearbeitet wird“ (Luhmann 1997, S. 248).
- 2.
Vgl. auch Marcharts (2013, S. 242) kritische Auseinandersetzung mit der Kriegssemantik Foucaults.
- 3.
Die Haltung existentieller Offenheit, die Abgrenzung zum Dogmatismus philosophischer Systeme, wie auch die gleichzeitige Zurückweisung eines unnachgiebigen Skeptizismus’ und die notwendige geistige Fähigkeit der Dynamis schreibt Eric Voegelin der Pyrrhonischen Skepsis zu (Voegelin 2001, S. 130). Die Formulierungen erweisen sich hier als treffend. Es lohnt aber auch Voegelins Urteil über diese Form der Skepsis anzuführen: „Er“, Pyrrhon, „ließ die Geschichte über sich hinweggehen, wie es sich für den Untertanen eines Reiches schickte“ (Voegelin 2001, S. 133).
- 4.
Auch Carl Schmitt referiert die Tradition der Metaphysik der Freiheit über die Stationen Suarez, Pufendorf und Rousseau. Seine Wertung jedoch schreibt sich in den Kontext seiner Geschichte der Neutralisierungen und Entpolitisierungen: „Es läßt sich im einzelnen verfolgen, wie Suarez in zahllosen populären Schriften weiter wirkt; für manche fundamentalen Begriffe der Moral und der Staatstheorie ist Pufendorff nur ein Epigone von Suarez, und schließlich der contrat social Rousseaus wieder nur eine Vulgarisation Pufendorffs. […] Auch der Romantizismus von Rousseau sprengt noch nicht bewußt den Rahmen der moralischen Kategorien“ (Schmitt 1991b, S. 82). Ökonomisches und technisches Denken dagegen verlieren in der Folge vollends die Vorstellung der Personalität.
- 5.
Anders Leo Strauss: Wenn auch die Freiheit den Menschen gegenüber dem Tier auszeichnet, so gründet die Beweisführung in der Abhandlung über den Ursprung der Ungleichheit unter den Menschen nicht auf der dualistischen Metaphysik. Rousseau sieht, dass sich die Bestimmung des Menschen als Freiheitswesen in eine Auseinandersetzung von Materialisten und Immaterialisten einschreiben würde und umgeht mit dem Begriff der Perfektibilität dieser Auseinandersetzung (Strauss 1989, S. 277). Auch im Contrat Social geht Rousseau der metaphysischen Auseinandersetzung um die Freiheit des Willens aus dem Weg: Er habe schon genug dazu gesagt und „der philosophische Gehalt des Wortes Freiheit ist hier nicht mein Gegenstand“ (Rousseau 1996b, S. 284).
- 6.
Siehe dazu Kap. 3.
- 7.
Siehe zu den Differenzen jedoch Abschn. 2.2.2.
- 8.
So charakterisiert Leo Strauss (1989, S. 177) den Hobbesschen Ordnungsentwurf. Die Skepsis begleitet den Dogmatismus wie ein dunkler Schatten. Man entledigt sich ihm nur, indem man die ihm innewohnende Wahrheit aufnimmt und ein dogmatisches Gebäude auf der Grundlage des extremen Skeptizismus errichtet.
- 9.
Hubertus Buchstein (1997, S. 88 f.) sieht in den Federalist Papers die Vorfahren gegenwärtiger Rational-Choice-Ansätze.
- 10.
„All plans of government, which suppose great reformation in the manners of mankind, are plainly Imaginary“ (Hume 1974, S. 501).
- 11.
So Marx an dieser Stelle über Mandeville.
- 12.
Diese Exklusion leistet die Differenz von verfassungsgebender und verfasster Gewalt.
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Schlee, T. (2018). Zur Struktur der Organisation der Rechtmäßigkeit – Demokratische Gründungsreden im Blickfeld der dogmatischen Anthropologie Pierre Legendres. In: Knobloch, J., Schlee, T. (eds) Unschärferelationen. Politologische Aufklärung – konstruktivistische Perspektiven. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-19662-2_4
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