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Psychodramatische Aufstellungsarbeit: Aktionssoziometrie mit der Seelenlandkarte für Therapie und Weiterbildung im Einzel- und Gruppensetting

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Praxishandbuch Aufstellungsarbeit

Zusammenfassung

Wir beschreiben eine psychodramatische Aktionsmethode, eine Aktionssoziometrie mit der Seelenlandkarte (Schabel (1994) ursprünglich als Lebenslandkarte bezeichnet, modifiziert von Hübner, Hausdörfer und Köhler − unveröffentlicht, mit freundlicher Genehmigung der Autoren), die verfahrensübergreifend in verschiedenen Formaten einsetzbar ist. Wir stellen zunächst den theoretischen Rahmen zur Seelenlandkarte vor. Danach wird die Anwendung im Gruppensetting für die Bereiche Therapie und Weiterbildung gezeigt, dann im Einzelsetting für Erwachsene und Kinder. Die Seelenlandkarte ermöglicht diagnostisch und prozessbegleitend die aktuelle innere Lage und Beziehungslandschaft eines Menschen im Außen, psychodramatisch gesprochen auf der äußeren Bühne, sichtbar zu machen. Vorgegebene räumliche Metaphern, wie die Ortsbezeichnungen auf der hier verwendeten Landkarte erleichtern die Verortung in Beziehungen zu sich selbst und zu anderen. Zusätzlich kann durch verbale Interventionen der Leitung eine zeitliche Perspektive hinzugenommen werden. Entweder wird die Prozessbeobachtung in den Fokus gerückt, oder mittels psychodramatischer Surplus-Reality werden erwünschte Veränderungen durch Probehandlungen erlebbar gemacht. Die hierdurch angeregten mentalen Vorstellungen über sich selbst bewirken emotionale, somatische und psychische Erlebenszustände (Was stelle ich mir vor, wo befinde ich mich? Wie bin ich hier und jetzt?). Diese Selbstreflexionen werden innerhalb einer Prozessbeobachtung (z. B. Therapieverlauf, Seminarverlauf etc.) zu unterschiedlichen Zeitpunkten wiederholt eingesetzt. Wird die Kategorie Zeit mit der Seelenlandkarte zur Entwicklung einer Zukunftsvorstellung verwendet, im Sinne des Dort und Dann (Wo und wie sehe, fühle und denke ich dann?) entstehen mittels eines psychodramatischen Rollenwechsels mit dem zukünftigen Ich (das heutige Ich des Klienten/der Klientin wechselt in eine Zukunftsvorstellung von sich selbst) Fantasien, die erprobt werden können. Hieraus resultiert das Erleben einer zukünftigen Wirklichkeit und damit kann Hoffnung bis hin zur Überzeugung gestärkt werden: „Es ist möglich!“.

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Notes

  1. 1.

    Das Einrichten der äußeren Bühne schafft einen klaren Schutzraum für die subjektive Inszenierung der inneren Bühne/Erlebniswelt der ProtagonistInnen.

  2. 2.

    Unter Mentalisierungsprozess verstehen wir nach Krüger (2015, S. 44 f.), die innere Prozessarbeit, mit der der Mensch sich selbst und andere versteht, Konflikte verarbeitet und löst und Pläne entwickelt, um diese realitätsgerecht durchzuführen. „Das psychodramatische Spielen […] fördert über den Regelkreis zwischen dem Spielprozess auf der äußeren Bühne und dem inneren Mentalisieren die Spontanität und Kreativität in der psychischen Selbstorganisation […] und damit die Fähigkeit, auf eine neue Situation angemessen und auf eine alte Situation neu zu reagieren“ […].

  3. 3.

    Der Szenenaufbau im Psychodrama dient dem Sammeln, Sortieren und Verstehen aller für den Klienten wichtigen Aspekte („Was wird erzählt?“). Durch Requisiten oder Personen werden diese symbolisch auf der Bühne platziert und geben einen orientierenden und verdeutlichenden Rahmen für die Handlung.

  4. 4.

    „[…] Das Doppel ist eine geschulte Person, geschult darin, die gleichen Verhaltensmuster, die gleichen Gefühlsmuster, Gedankenmuster, die gleiche verbale Kommunikation, die der Patient hervorbringt, zu produzieren.“ (Moreno, zitiert aus Hutter und Schwehm 2012, S. 323). Indikation des Doppelns: „Immer wenn der Protagonist den Kontakt zu sich selbst verloren hat bzw. innere Prozesse nicht mehr verbalisieren kann, ist Doppeln hilfreich. Doppeln verbessert in diesem Sinne den inneren Dialog […]. Die doppelnde Anregung von ‚außen‘ hilft dem Patienten dabei, sich zu finden, seine Beziehungen zu sich selbst […] zu verbessern.“ (Stadler 2014, S. 121 f.)

  5. 5.

    Hier vornehmlich Rollenspiel in eigener Rolle mit Rollenwechsel in ein vorgestellt zukünftiges Ich. Entwicklung der eigenen Rolle über Stegreifspiel.

  6. 6.

    Kreativer Zirkel: 1. Ein Handlungsproblem (neue situative Anforderungen oder blockierende Wiederholungen) startet den Prozess. 2. In der Erwärmungsphase wird nach passenden Handlungsalternativen gesucht. 3. In der Spontanitätslage kann eine neue Handlungsalternative erstmalige ausprobiert werden. 4. Die kreative Phase konsolidiert/bestätigt neues Verhalten. 5. Eine neue Rollenkonserve entsteht durch etabliertes neues Rollenverhalten, nach Stadler 2010 (S. 147).

  7. 7.

    Von den Autoren der Seelenlandkarte liegen keine Informationen über Auswahl und Gestaltung der Ortsbezeichnungen vor.

  8. 8.

    Surplus-Realität definieren wir als den „Modus der Erfahrung“, der in jeder psychodramatischen Arbeit durch die Externalisierung der (subjektiven) Wirklichkeit der Klientinnen entsteht (Moreno, 1965, zitiert nach von Ameln, 2009, S. 229). Einschränkungen der Alltagsrealität werden imaginativ überwunden, indem zum Spiel notwendige Elemente – ob Mensch, Tiere, Natur, Fabelwesen, Dinge, Zeiten und Orte – symbolisch repräsentiert werden. In der Phantasie des Spiels ist alles – symbolisch – inszenierbar.

  9. 9.

    Zur persönlichen Verwendung kann auf Anfrage der Kontakt zu den Urhebern durch die Verfasserinnen hergestellt werden.

  10. 10.

    Hier: Die Patientin/der Patient verbalisiert ihre/seine Wahrnehmungen und Erleben in der Rolle des zukünftigen Ich. Grundsätzlich dienen Rollenfeedbacks dazu die Empfindungen, Gedanken etc. als sogenanntes Hilfs-Ich aus der entsprechenden Rolle dem/der jeweiligen ProtagonistIn mitzuteilen.

  11. 11.

    Anamnestisch mehrere im mittleren Erwachsenenalter verstorbene Geschwister. Sie ist überzeugt, nicht alt zu werden.

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McClymont-Nielitz, M., Meents, A. (2019). Psychodramatische Aufstellungsarbeit: Aktionssoziometrie mit der Seelenlandkarte für Therapie und Weiterbildung im Einzel- und Gruppensetting. In: Stadler, C., Kress, B. (eds) Praxishandbuch Aufstellungsarbeit. Springer, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-18152-9_37-1

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