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Anything Goes 2.0: Zur Selbstdefinition der Medienberufe im digitalen Informationszeitalter

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Verschwimmende Grenzen zwischen Journalismus, Public Relations, Werbung und Marketing

Part of the book series: Forschung und Praxis an der FHWien der WKW ((FPGHW))

Zusammenfassung

Die rasante technologische Entwicklung der globalen Informationsverarbeitung und -distribution setzt die traditionellen Medienberufe mit ihrem spezifischen Ausbildungs- und Tätigkeitsprofil unter starken Veränderungsdruck. Die Digitalisierung und Medialisierung der Wirklichkeit führt zu einem individuell und kollektiv spürbaren Anstieg von Geschwindigkeit, Simultaneität und Multioptionalität (Bunz 2012). Dies hat viel diskutierte soziale und kulturelle Implikationen, vor allem jedoch harte wirtschaftliche Konsequenzen (Schirrmacher 2009). Die Medienbranche in ihrer tradierten Form – Verlage und Sendeanstalten – bekommt dies besonders schmerzhaft zu spüren. Doch wie wirkt sich die Branchentransformation der Medien auf Berufsbild und Selbstverständnis der Kommunikatoren aus? Der Beitrag beleuchtet einige Aspekte dieser Entwicklung aus praktischer Perspektive und benennt neue Möglichkeiten der Orientierung in einer zunehmend unübersichtlichen Medienwelt.

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Notes

  1. 1.

    Mit dem inflationär gebrauchten und auch hier anklingenden Begriff der Revolution, ideologisch und historisch ohnehin kontaminiert, muss man naturgemäß vorsichtig umgehen. In diesem Zusammenhang ist eine umfassende, alle relevanten gesellschaftlichen Bereiche ergreifende, extrem schnelle und außerordentlich zerstörerische Kraft mit eindeutig ökonomischer Ausrichtung gemeint. Digitaler Wandel und Ökonomisierung der menschlichen Existenz bilden ein eng zusammenhängendes Begriffspaar.

  2. 2.

    Dies erklärt auch den fulminanten Erfolg der digitalen Dystopie „The Circle“ von Dave Eggers (2013).

  3. 3.

    Auf diese Schieflage verweist zumindest Günter Nonnenmacher in seinem Interview „Das bürgerliche Leitmedium“ (2015).

  4. 4.

    Diese neuartige Begriffsbildung ist umso bemerkenswerter, als sie das professionelle Selbstverständnis des Journalismus radikal infrage stellt.

  5. 5.

    Eine Ausnahme machen hier ausdrücklich Business-to-Business-Formate, die sich durch spezielle, unmittelbar berufsrelevante Informationen einen festen Rezipientenkreis sichern konnten. In diesem Feld gibt es keine nennenswerte Konkurrenz durch digitale Informationsformate. Der Verfasser dankt Peter Klotzki vom Verband der deutschen Zeitschriftenverleger (VDZ) für diesen Hinweis.

  6. 6.

    Für einen ersten Vorgeschmack auf das Medienverhalten der Zukunft genügt es eigentlich schon, die Lesegewohnheiten unter Studierenden zu beobachten. Das Smartphone hat hier längst die Zeitung verdrängt, von intensiver Buchlektüre gar nicht erst zu reden. Für die sogenannte „Generation Y“ (ein zugegebenermaßen problematischer Begriff) spielen Druckerzeugnisse keine dominierende Rolle mehr für das eigene Mediennutzungsverhalten.

  7. 7.

    Auffallend ist dabei das Verlagern der Werbebudgets von Print zu Digital. Die angelsächsische Werbeholding WPP kündigte an, für 2015 digitale Anzeigen im Wert von rund 3,5 Mrd. US-Dollar bei Google zu schalten, weitere 800 Mio. auf Facebook (vgl. Löhr 2015).

  8. 8.

    Vgl. hierzu auch die Beobachtung von Paul Blanchard von der Londoner Agentur Right Angels: „Journalists are becoming wiser about a PR-led market in which they can earn additional fees.“ (Lloyd und Toogood, 2015, S. 101) Der Widerspruch zwischen Journalismus und Public Relations ist demnach streckenweise bereits aufgehoben.

  9. 9.

    Als Beispiel sei das ausführliche FAZ-Interview genannt, welches die mittlerweile zurückgetretenen Vorstände der deutschen Bank gaben – ein Signal sowohl für die Öffentlichkeit als auch für die Mitarbeiter (Braunberger et al. 2014).

  10. 10.

    In dem Artikel „Jetzt erzählen sie ihre Geschichten selbst“ in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 20. Oktober 2014 heißt es: „Der britische Unternehmer Richard Branson etwa schwärmt davon, wie er mit Interviews über philantropische Themen in Zeitungen die Aufmerksamkeit für sein Unternehmen Virgin gesteigert habe.“ Zitat Richard Branson: „Jetzt haben wir einen Weg gefunden, um Leute zu erreichen, die lesen, was wir sagen.“ Mit anderen Worten, das kritische Medium wird unfreiwillig zum Träger von marketingrelevanten Informationen und vertritt damit die wirtschaftlichen Interessen derjenigen Korporation, die eigentlich distanziert hinterfragt werden sollte (Hauser und Kohn 2014).

  11. 11.

    Bekanntlich betreiben u. a. Bertelsmann, der dazugehörige Verlag Gruner + Jahr, Hoffmann & Campe, der Societätsverlag und die Georg von Holtzbrinck Gruppe bereits seit Jahrzehnten Tochterunternehmen im Bereich Corporate Publishing. Die oft angeführte, auch ethisch stark belegte Differenz zwischen Journalismus und Unternehmenskommunikation ist verlegerisch also überhaupt nicht vorhanden. Auch im Branchenverband VDZ sind sowohl klassische Publikumsverlage als auch Corporate-Communications-Verlage gleichberechtigt vertreten. Die zum Teil aggressiv geführte Debatte um Journalismus und Public Relations scheint vor diesem Hintergrund völlig überzogen.

  12. 12.

    Die Übernahme des Hamburger Verlages Gruner + Jahr durch Bertelsmann in 2014/2015 war nicht von ungefähr mit einer drastischen Verkleinerung der journalistischen Belegschaft verbunden. Umgekehrt jedoch führte die Reetablierung der Lokalredaktion der „Welt“ Hamburg zu vielen Neueinstellungen. Die vermeintliche Unabhängigkeit der Journalisten endet im Regelfall mit dem Ausbleiben des monatlichen Gehaltes.

  13. 13.

    Zum überaus fruchtbaren und weiterführenden Begriff der Verflüssigung vgl. die brillanten soziologischen Essays von Zygmunt Baumann (2003, 2009 u. a.). Ironischerweise ist der Begriff Verflüssigung (liquidization) selbst ein fließender, der in der Wirtschaftswissenschaft ebenso zur Anwendung kommt wie in der Schnapsbrennerei oder der robusten politischen Praxis als symbolische oder physische Liquidierung des Gegners.

Literatur

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Pietzcker, D. (2017). Anything Goes 2.0: Zur Selbstdefinition der Medienberufe im digitalen Informationszeitalter. In: Gonser, N., Rußmann, U. (eds) Verschwimmende Grenzen zwischen Journalismus, Public Relations, Werbung und Marketing. Forschung und Praxis an der FHWien der WKW. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-13578-2_5

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