Zusammenfassung
Die bildungspolitischen Aktivitäten von Stiftungen haben seit dem Jahr 2000 sichtbar zugenommen. Dies wird zum Anlass genommen, das Auftreten dieses neuen Akteurs in die Strukturveränderungen von Staat und (Bildungs-)Politik einzubetten. In einer pfad- und feldtheoretischen Perspektive wird die These vertreten, dass die zunehmende Integration privater und zivilgesellschaftlicher Akteure ein Indiz für eine neue bildungspolitische Pfadentwicklung darstellen könnte, die durch eine verstärkte Privatisierung von Bildung charakterisiert ist. Sie zeichnet sich nach der Deregulierung und Privatisierung in Arbeits- und Sozialpolitik nun auch für den Bildungsbereich ab, was etwa die Zunahme von privaten Schulen und Universitäten zeigt. Zudem wird feld- und machttheoretisch aufgezeigt, dass die (erweiterten) Spielräume staatlich-politisch hoch reguliert sind und damit einen wichtigen Teil staatlicher Governance darstellen. Staat und Stiftungen schaffen damit den neuen politischen Handlungsspielraum an der Schnittstelle privater und zivilgesellschaftlicher Interessen und formen gemeinsam den bildungspolitischen Privatisierungspfad.
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Notes
- 1.
Und daher nicht selten als Steuersparmodell vor allem von Unternehmen genutzt wird.
- 2.
Auf der Liste der höchstdotierten Stiftungen privaten Rechts verfügen zehn Stiftungen alleine über ein Stiftungsvermögen von mehr als eine Milliarde Euro. Unter ihnen befinden sich acht Unternehmensstiftungen wie Bosch, Volkswagen oder Krupp (Bundesverband deutscher Stiftungen 2012).
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Höhne, T. (2016). Stiftungen & Staat auf dem Privatisierungspfad. In: Heinrich, M., Kohlstock, B. (eds) Ambivalenzen des Ökonomischen. Educational Governance, vol 29. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-658-10084-1_3
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