Zusammenfassung
Im Beitrag wird erläutert, warum Märchen im Therapieprozess wichtige Hilfen sein können: Die Annahme des Patienten, dass solch „Kinderkram“ ohne Wirkung bleiben werde, vermindert Reaktanz. Zugleich sind die Brüder Grimm Autoritäten, auf die, kaum hinterfragbar, Übertragungen durchgeleitet werden können. Märchen psychologisieren nicht, sie legen Lösungen auch nicht indirekt nahe (Metaphern). Handlungsabläufe bleiben holzschnittartig, so entsteht genug Raum für Bedeutungszuschreibungen des Patienten (Selbstexploration). Märchen geben Antworten auf Fragen, die erst während des Hörens auftauchen. Erst die Antwort, dann die Frage führt zu Suchfelderweiterungen. Märchenwunder zu befragen bedeutet, auch wunderbare Veränderungsprozesse im Therapieprozess denkbar zu machen. Märchen erleichtern das Reframing von bedrückenden Problemen in unerfüllte (aber erfüllbare) Wünsche. Märchen sind probate Hilfen bei Patienten, denen die Therapie von außen auferlegt wurde. Märchen verkürzen durch verstärkte Erlebnisintensität die Therapiedauer.
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Freund, U. (2015). Wirkfaktor Grimm: Märchen in der Hypnotherapie. In: Revenstorf, D., Peter, B. (eds) Hypnose in Psychotherapie, Psychosomatik und Medizin. Springer, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-642-54577-1_26
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