Zusammenfassung
Geht man von den Begriffen und ihrer Semantik aus, so wird man Straffälligenhilfe (oder ihre Zweige Bewährungshilfe oder Haftentlassenenhilfe) zunächst intuitiv als allgemein unterstützendes und inklusives, als ein sich als solches verstehendes und legitimierendes Unterfangen interpretieren. Mit dieser im deutschen Sprachraum besonderen Begriff lichkeit geht eine (Helfer-)Motivzuschreibung einher. Im Fachdiskurs der professionellen Sozialarbeit findet indessen eine Distanzierung von altruistischen Helfermotiven statt, wird Professionalität mit notwendiger persönlicher Distanz zu „Klienten“ und mit der zumindest gleichwertigen Verpflichtung gegenüber institutionellen öffentlichen Auftraggebern und auf deren differenzierte Ziele gleichgesetzt. Bei der Sozialen Arbeit mit Straffälligen steht die Hilfe- und Helferterminologie in einem besonders auffälligen Widerspruch zum ausgeprägten Zwangs- und Sanktionskontext, in dem sie geschieht, zur strafrechtlichen Kriminalitätskontrolle.
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Pilgram, A. (2021). Straffälligenhilfe und soziale Ausschließung. In: Anhorn, R., Stehr, J. (eds) Handbuch Soziale Ausschließung und Soziale Arbeit. Perspektiven kritischer Sozialer Arbeit, vol 26. Springer VS, Wiesbaden. https://doi.org/10.1007/978-3-531-19097-6_47
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