Gordon, Jehuda Leib: Das lyrische Werk

Zusammenfassung

Der Autor gilt als wichtigster Dichter der hebräischen Haskala-Bewegung und gleichzeitig als einer der maßgeblichen Erneuerer der hebräischen Literatur und Wegbereiter u. a. für den Nationaldichter Bialik. Seine frühen episch-romantischen Dichtungen kreisen um biblische Episoden (Ahawat David u-Michal, 1857, Die Liebe Davids und Michals; „Dawid u-Varsilaj“, 1851–1856, Dawid und Barsilai) und spiegeln die Hinwendung der jüdischen Aufklärung zum Alten Testament und zur romantisierten biblischen Vergangenheit. Die zweite Phase seines Schaffens, bekannt als die ‚realistische Phase‘, steht im Zeichen seiner kritischen Auseinandersetzung mit den Missständen in der jüdischen Gesellschaft seiner Zeit. So ist das Schicksal der von ihrem Ehemann verlassenen, mittellosen Bat-Shua (Genesis 38:12) in dem Gedicht „Kozo schel Jod“, 1876 (Das I-Tüpfelchen), mit dem oft zitierten Vers „Hebräische Frau, wer kennt Deine Lebenswege?“ ein literarisches Fanal für Gordons Kampf gegen soziale Benachteiligung und Diskriminierung. In der Verbannung entsteht das historisch-biblische Gedicht „Zidkijahu be-Vejt ha-Pekuddot“, 1879 (Zedekia im Gefängnis), in dem der Dichter seine eigenen Erfahrungen im Gefängnis am Schicksal des Königs Zedekia aufarbeitet.

Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH