Zusammenfassung
Ein zentrales Motiv der 1919 erschienenen Erzählung ist das Wort des Evangeliums, wonach der Blinde nicht sündigt. Ein protestantischer Pfarrer erzählt in tagebuchartigen Eintragungen, wie er eines Tages in eine ärmliche Hütte zu einer im Sterben liegenden alten Frau gerufen wird. Bei seinem Eintreffen ist sie jedoch bereits tot. Ihre einzige Hinterbliebene ist ihre Nichte Gertrude, ein verwahrlostes, blindes 15-jähriges Mädchen, das stumm in der Ecke kauert. In einem spontanen Akt der Nächstenliebe nimmt der Pfarrer sie mit nach Hause. Gegenüber seiner Frau Amélie, die von der Last, die ihr zu ihren eigenen fünf Kindern aufgebürdet wird, wenig angetan ist, beruft er sich auf das Gleichnis vom verirrten Schäflein (Mt 18, 12). Als Gertrude nach langem geduldigem Bemühen zum ersten Mal lächelt, erfasst ihn „ein Elan der Dankbarkeit“. Von nun an wandelt sich Gertrude zusehends in ein menschlich ‚gesittetes‘ Wesen. Aus der Welt, wie der Pfarrer sie ihr darstellt, sind „das Böse, die Sünde und der Tod“ verbannt. Eines Tages jedoch, nach einem Konzert, will sie wissen, ob das, was man sehe, ebenso schön sei wie die Pastoralsymphonie, die sie eben gehört habe. Die ausweichenden Antworten des Pfarrers wecken in ihrer Seele die ersten Zweifel an der Vollkommenheit der Welt und der Menschen.
Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH
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Literatur
S. M. Sprenger: G.'s Narcissm, in: Echoes of Narcissus, Hg. L. Spaas, 2000, 151–165.
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Theisen, J. (2020). Gide, André: La symphonie pastorale. In: Arnold, H.L. (eds) Kindlers Literatur Lexikon (KLL). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_3785-1
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