Voúlgaris, Evgénios: Stochasmoí eis tous paróntas krisímous kairoús tou krátous tou othomanikoú

Zusammenfassung

Unter den Werken des griechischen Aufklärers gilt der durch den russisch-türkischen Krieg von 1768 (bis 1774) inspirierte, 1771 oder 1772 erschienene politische Essay als der dezidiert politischste Text. Voúlgaris analysiert darin die zeitgenössische europäische Politik gegenüber dem Osmanischen Reich im Hinblick auf die Emanzipationsbestrebungen der Griechen. Seine Argumentation orientiert sich an der für das politische Denken des 18. Jh.s zentralen Theorie des Gleichgewichts der Kräfte. Seine Hauptthese ist, dass die Unterstützung der drei mächtigsten Handelsnationen (Großbritannien, Frankreich und Niederlande) für das Osmanische Reich allein deren wirtschaftlichen Interessen geschuldet sei, und nicht, wie von ihnen behauptet, in Anbetracht des russischen Expansionismus der Aufrechterhaltung des politischen Gleichgewichts im östlichen Mittelmeerraum diene. Übersehen werde dabei, so Voúlgaris, dass die Osmanen eine große Gefahr für Europa darstellten, weil sie, entgegen der Annahme der Europäer, durchaus zum Fortschritt in der Lage seien und zugleich aufgrund ihrer Religion Europa dauerhaft feindselig gegenüberstünden. Die Gründung eines griechischen Staats sei daher für die christlichen Mächte nicht nur eine moralische Pflicht, sondern langfristig die einzige Garantie für das politische Gleichgewicht in der Region.

Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH