Zusammenfassung
Der 1984 erschienene Roman – das umfangreichste und komplexeste, aber auch umstrittenste Prosawerk des Autors – gehört nach dessen eigener Aussage „zu einer Periode seiner schriftstellerischen Versuche und Erkundungen, die sich immer nur auf die Welt der Literatur erstrecken“. Der für Strauß' Autorschaft konstitutive ‚Glaube‘ an das ‚große Archiv‘ der literarischen Überlieferung kommt in diesem Roman durch die transformierende Aneignung vielfältiger Traditionselemente im Sinne eines verwickelten Spiels mit intertextuellen Bezügen zur Geltung: Überaus anspielungsreich kombiniert Der junge Mann Motive und Strukturmerkmale des Bildungs- und Künstlerromans sowie des Zeitromans (in jenem Doppelsinn, den Thomas Mann im Zauberberg (1924) etabliert hat: zeitkritischer Gesellschaftsroman und zugleich Roman über das philosophische Phänomen ‚Zeit‘) mit einer heterogenen, multiperspektivischen Fülle von Erzählformen, zu denen Fabeln, Märchen, Mythenzitate, phantastische und allegorische Erzählungen ebenso gehören wie essayistische Reflexionen über gesellschaftstheoretische oder naturwissenschaftliche Themenkomplexe. Dabei setzt Strauß sein zu Beginn der 1980er Jahre begonnenes Projekt einer „Mythenumschrift“ bundesrepublikanischer Verhältnisse konsequent fort, indem er, wie es in der Einleitung zum Roman heißt, als „empfindlicher Chronist“ der zeitgenössischen Gesellschaft „Schaltkreise [...] zwischen dem Einst und Jetzt“ zu schließen und eine „lebendige Eintracht von Tag und Traum, von adlergleichem Sachverstand und gefügigem Schlafwandel“ herzustellen sucht.
Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH
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Bibliographie
Literatur
F. Wefelmeyer: B. S.' ‚Der junge Mann‘ und die Literaturkritik. Überlegungen und zwei fromme Wünsche, in: Literaturmagazin 17, 1986, 51–70.
M. Krajenbrink: Intertextualität als Konstruktionsprinzip. Transformationen des Kriminalromans und des romantischen Romans bei Peter Handke und B. S., 1996.
N. Saul: Experimentelle Selbsterfahrung und Selbstdestruktion: Anatomie des Ichs in der literarischen Moderne, in: Ästhetische Moderne in Europa. Grundzüge und Problemzusammenhänge seit der Romantik, Hg. S. Vietta/D. Kemper, 1998, 321–342.
L. Pikulik: Romantisierung als Inszenierung. Magisches Welttheater bei Novalis und B. S., in: ‚Blüthenstaub‘. Rezeption und Wirkung des Werkes von Novalis, Hg. H. Uerlings, 2000, 389–410.
F. Schößler: Die Aufhebung des Bildungsromans aus dem Geist Nietzsches. Zu B. S.' Roman ‚Der junge Mann‘, in: Germanisch-Romanische Monatsschrift 53, 2003, 1, 75–93.
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Roberg, T. (2020). Strauß, Botho: Der junge Mann. In: Arnold, H.L. (eds) Kindlers Literatur Lexikon (KLL). J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-05728-0_19363-1
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