Müntzer, Thomas: Streitschriften

Zusammenfassung

Der nach eigenem Verständnis vom Geist Gottes erfüllte kämpferische, für das Recht der Schwachen und gesellschaftlich Deklassierten eintretende Theologe und entschiedene Widerpart Martin Luthers hat – von liturgischen Texten abgesehen – ein schmales literarisches Werk hinterlassen. Es setzt sich im Wesentlichen aus Streitschriften zusammen. In ihnen nimmt Müntzer eine ähnliche, von Antiklerikalismus und Reformwillen bestimmte Position ein. Deutlich wird dies bereits im Prager Manifest, 1521 in zwei deutschen, einer lateinischen und einer tschechischen Fassung in Prag veröffentlicht. Mit dem Eifer eines enthusiasmierten Predigers, der an alttestamentliche Propheten erinnert, auf die er sich vielfach beruft, kündigt er die bevorstehende große Wende an. Für ihn ist es die „Ernte“ des Endgerichts. Er selbst versteht sich als einer der Schnitter Gottes, der zu diesem Zweck seine „Sichel scharf gemacht“ hat. Ziel ist die Begründung der „neuen apostolischen Kirche“, ein Motiv, das ihm kirchengeschichtliche Studien vermittelt haben. Entscheidend ist ihm hier und in den späteren Verlautbarungen, dass Gott nicht nur zu den Vätern und Propheten geredet hat. Das Wort der Offenbarung wolle heute in den spirituell geöffneten Menschen in neuer Weise sprechen. Voraussetzung dafür ist, dass im einzelnen Menschen der Prozess einer mystischen „Entgröbung“, d. h. einer geistlichen Reinigung, einer Wandlung und Erneuerung erfolgt. Der Mensch soll „christförmig“ werden.

Ursprünglich veröffentlicht unter © J.B. Metzler’sche Verlagsbuchhandlung und Carl Ernst Poeschel Verlag GmbH