Zusammenfassung
In den beiden Artikeln, welche ich unter obiger Aufschrift im vorigen Bande der Zeitschrift gegeben habe, betrachtete ich die Einflüsse, welche die großen Zeitereignisse auf Kritik und Kunst auszuüben geeignet sind; ich deutete hin auf die tiefe Demoralisation in Leben und Kunst, die vor dem Umschwung durch dieselben vorhanden war, und sprach das Resultat aus, daß Belebung, daß erneute Kräftigung in Aussicht stehe. Werden die Errungenschaften der Neuzeit richtig verstanden, so ist eine Reformation im socialen Leben davon unzertrennlich; das ist erst die wahre Vollendung der Bestrebungen, das ist das Ziel, welches angestrebt werden muß, vor dessen Erreichung nicht geruht werden kann. So wird zugleich der gesammte Hintergrund, auch für die Kunstschöpfungen, ein anderer. Der alte, morsch gewordene Bau in Staat und Sitte stürzt zusammen; täuscht er zur Zeit noch mit dem Schein des Bestehens, so wird solche Täuschung nicht lange mehr dauern. Soll nun in Zukunft von einer lebendig fortschreitenden Tonkunst die Rede sein, so muß sie diese Einflüsse in sich aufnehmen. Ein Beharren in dem Bisherigen ist unmöglich; entweder die Tonkunst stirbt ab, oder sie geht neu verjüngt aus den Bewegungen hervor. Damit ist keineswegs gesagt, daß schon der Augenblick große Kunstwerke hervorrufen müßte; das ist nicht wahrscheinlich, das ist kaum möglich. Erst wenn aus der Bewegung feste Gestaltungen resultirt sind, ist der richtige Moment gekommen. Aber schon das ist ein großer Gewinn, daß dem alten Trödel ein Ende gemacht wird, der unwürdigen Stellung der Kunst, der Lüge und dem Schein.
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von Roth, D., Roesler, U. (2020). Nr. 14 | Franz Brendel, „Fragen der Zeit. III. Die Forderungen der Gegenwart und die Berechtigung der Vorzeit“, in: NZfM 15 (1848), Bd. 29, Nr. 19 (2. September), S. 101–105.. In: von Roth, D., Roesler, U. (eds) Die Neudeutsche Schule – Phänomen und Geschichte. J.B. Metzler, Stuttgart. https://doi.org/10.1007/978-3-476-04923-0_14
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Publisher Name: J.B. Metzler, Stuttgart
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Online ISBN: 978-3-476-04923-0
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