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Die komplexe Geschichte des Imaginären

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Das kleine Buch der Zahlen
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Zusammenfassung

Die Verwendung der Algebra ist kennzeichnend für die moderne Mathematik. Sieht man irgendwo ein x und y, weiß man, dass es hier um richtige Mathematik geht und nicht mehr nur um Arithmetik, also das reine Rechnen mit Zahlen. In der Schule werden mathematische Probleme, selbst solche in der Geometrie, meist auf Gleichungen reduziert, und ihre Lösung erfordert den Umgang mit algebraischen Symbolen nach den Regeln der Algebra, also den gewöhnlichen Rechenregeln, angewandt allerdings auf Symbole statt auf bestimmte Zahlen. Der häufige Gebrauch von Koordinatensystemen zur Behandlung räumlicher Probleme unterstreicht die Tendenz, alles so schnell wie möglich auf Gleichungen und später auf Zahlen zurückzuführen. Sogar der Satz des Pythagoras – die Summe der Quadrate über den kürzeren Seiten eines rechtwinkligen Dreiecks ist gleich dem Quadrat über der Hypotenuse – wird gewöhnlich in einer Gleichung zusammengefasst: a 2 + b 2 = c 2. Diese Art des Denkens war den Griechen in der Antike vollkommen fremd.

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Notes

  1. 1.

    Es war Regiomontanus (1436–1476), der als erster Algebra und Geometrie in dieser Weise zusammenführte, um die Verfahren der arabischen Algebraiker anwenden zu können. Allerdings drückte er seine Methoden rein rhetorisch aus, ohne die Vorteile des algebraischen Formalismus auszunutzen. Seine Arbeit verschwand im Dunkeln, bis ungefähr ein Jahrhundert nach seinem Tod. Von ungefähr 1575 an hatte sie einen großen Einfluss, nachdem die lateinische Version seiner Arithmetica veröffentlicht wurde.

  2. 2.

    Eine erstaunliche Einsicht des persischen Dichters und Mathematikers Omar Khayyam (ungefähr 1100 n. Chr.) soll nicht unerwähnt bleiben: „Wer auch immer denkt, die Algebra sei ein Trick zur Bestimmung von Unbekannten, denkt vergeblich. Man sollte dem Unterschied im Erscheinungsbild von Algebra und Geometrie keine Bedeutung beimessen: Algebren sind geometrische Tatsachen, die bewiesen sind.“

  3. 3.

    Zum ersten Mal taucht eine einzelne negative Zahl in einer Gleichung in dem Werk Triparty en la science des nombres von Nicolas Chuquet um 1500 auf: \(4^{1}\) egaulx a \(\overline{m.2.^{{0}}}\) – d. h. \(4x=-2\).

  4. 4.

    Die Gleichungen sind \(x+y=15\) und \(xy=36\). Wir ersetzen in der zweiten Gleichung \(y\) durch \(15-x\) und erhalten \(x^{2}-15x+36=(x-3)(x-12)=0\), also \(x=3\) und \(y=12\), bzw., was demselben Rechteck entspricht, \(x=12\) und \(y=3\).

  5. 5.

    Cardano machte für sich zumindest einen väterlichen Einfluss geltend, indem er schrieb, dieses Verfahren „stammt von Luigi Ferrari, der es auf meinen Wunsch hin entwickelte“.

  6. 6.

    Die Arbeiten von del Ferro wurden erst im Jahre 1923 in der Bibliothek der Universität von Bologna von Ettore Bortolotti wiederentdeckt. Als das Jahr seiner Entdeckung wird heute 1515 angegeben, rund zehn Jahre später als ältere Datierungen.

  7. 7.

    Fior forderte im Jahre 1535 Tartaglia öffentlich zu einem mathematischen Wettstreit heraus, wobei es um kubische Gleichungen ging, wurde jedoch von dem überlegenen Mathematiker gedemütigt. Manch einer setzt die Schere an und kommt selbst geschoren nach Hause.

  8. 8.

    Das Wort Algebra leitet sich von dem Buchtitel Al-jabr wa'l muqabalah ab, das von al-Khawarizmi stammt. Sein Name findet sich in unserem Wort Algorithmus wieder, womit eine mechanische Liste von Instruktionen gemeint ist. Trotzdem gab es in den klassischen arabischen Werken keine algebraische Schreibweise.

  9. 9.

    Rafael Bombelli (ca. 1526–1573) übernahm die Ausdrücke von Cardano, und mithilfe von etwas, das er komplex konjugierte Zahlen nannte, konnte er zeigen, dass die formalen Ausdrücke von Cardano tatsächlich mit den bekannten Wurzeln der Gleichungen übereinstimmten. Damit er seine Manipulationen durchführen konnte, musste er diese Wurzeln allerdings schon kennen: Jeder Versuch, die Wurzeln algebraisch bestimmen zu wollen, führte in diesem Fall immer wieder auf dieselbe Gleichung, mit der man auch schon begonnen hatte.

  10. 10.

    Das iterative Verfahren von al-Kashi, das heute als Horner-Schema bekannt ist, gelangte nach Samarkand vermutlich von China, wo die Technik fan fa genannt wurde und auf den Mathematiker Chu Shih-chieh aus dem 13. Jahrhundert zurückging.

  11. 11.

    Das norwegische Genie Neils Abel (1802–1829) bewies diese Tatsache mit 19 Jahren. Übertrumpft wurde sein Verfahren schließlich von jemandem, der sogar noch jünger starb: Evariste Galois (1811–1832). Die Galois-Theorie wurde zu einem der Eckpfeiler der modernen Algebra. Der erste ernsthafte Versuch, die Unlösbarkeit der quintischen Gleichung zu beweisen, wurde 1799 von Paolo Ruffini (1785–1822) veröffentlicht.

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Higgins, P.M. (2013). Die komplexe Geschichte des Imaginären. In: Das kleine Buch der Zahlen. Springer Spektrum, Berlin, Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-8274-3016-8_9

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